Denkmalpflege

Gemäß § 2 Abs. 2 des Thüringer Denkmalschutzgesetzes in der Fassung vom 7. Januar 1992 hat das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege die Stollenanlage im Kohnstein bei Nordhausen unter Denkmalschutz gestellt.

In einem Schreiben vom 1. Januar 1993 an die Südharzer Anhydrit-Werke AG in Niedersachswerfen ist der Umfang der Denkmalausweisung genau und umfassend dargestellt. Im Kaufvertrag zwischen der Leuna AG, der Treuhand und der Firma Wildgruber, Garching bei München, vom 10. November 1992 ist unmißverständlich ausgewiesen: Das Tunnelsystem (des Kohnsteins) ist nicht Gegenstand des Vertrages.

Trotz dieser klaren Vertrags- und Gesetzeslage kommt es zwischen den Harzer Anhydrit-Werken und der Mahnund Gedenkstätte Mittelbau Dora in jüngster Zeit immer häufiger zu Konflikten über den Zugang zu den Stollensystemen und den Wirkungen der Sprengungen zum Abbau und der für das Stollensystem gefährlichen Nähe des Anhydritabbaus (Zitat P.Eckardt-Brief).

Ich frage die Landesregierung:

1. Was hat dieselbe bis heute unternommen, um diese Konflikte zu beseitigen?

2. Wie gedenkt die Landesregierung, die Probleme von kommerziellen privaten Gewinninteressen und der Erhaltung eines Denkmals der Unmenschlichkeit aus der nationalsozialistischen Zeit in Übereinstimmung zu bringen?

3. Welche Vorstellungen hat die Landesregierung diesbezüglich für die absehbare Zukunft?

Das Thüringer Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat im Einvernehmen mit dem Thüringer Ministerium für Umwelt und Landesplanung und dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft und Verkehr die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 28. Juli 1993 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Nachdem bereits Mitte Juni dieses Jahres Wissenschaftlern der Zugang verwehrt worden war und am 30. Juni auch den Mitarbeitern der unteren Denkmalschutzbehörde sowie der Gedenkstätte - trotz schriftlicher Genehmigung durch den Minister für Umwelt und Landesplanung - die Befahrung unmöglich war, da die Firma Harzer (HAW) alle Zugänge verschweißt hatte, hat das Ministerium für Wissenschaft und Kunst den Geschäftsführer der HAW schriftlich um Mitteilung der Gründe für die Verweigerung gebeten. Der Geschäftsführer wurde noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass das Stollen-Kammer-System mit den Kammern 1 bis 47 einschließlich der Verbindungsstollen in die Denkmalliste eingetragen und den Denkmalschutz und -fachbehörden der Zutritt zu gewähren ist. Außerdem wurde das Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Firma wissenschaftliche Untersuchungen zur Aufklärung der Verbrechen im Zweiten Weltkrieg und zur Aufarbeitung der deutschen Geschichte behindert. Es solle doch vielmehr das gemeinsame Anliegen sein, durch Kooperation die bestehenden Probleme zu lösen.

Gleichzeitig wurde das Ministerium für Umwelt und Landesplanung gebeten, seinen Einfluß geltend zu machen, damit die Untersuchungen im Stollensystem entsprechend dem Kabinettsbeschluß vom 15. Oktober 1991 auch durchgeführt werden können.

Zu 2.: Die Landesregierung gedenkt, die Probleme von kommerziellen privaten Gewinninteressen und der Erhaltung eines Denkmals der Unmenschlichkeit aus der nationalsozialistischen Zeit dadurch zu lösen, dass der Kabinettsbeschluß vom 15. Oktober 1991 und die denkmalrechtlichen Auflagen sowie die im Vertrag vom 10. November 1992 mit der Firma Wildgruber vereinbarten unmißverständlichen Regelungen zum Tunnelsystem strikt eingehalten werden.

Zu 3.: Die Landesregierung beabsichtigt, mit der Errichtung einer gemeinsamen Stiftung für die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora einen geeigneten Rahmen für eine abgestimmte Gedenkstättenarbeit zu schaffen.

Mit der Errichtung dieser Stiftung - voraussichtlich im Herbst dieses Jahres - wird ein Kuratorium von Wissenschaftlern und Zeitzeugen berufen, das die konzeptionelle Arbeit begleiten wird. Eine vorbereitende Sitzung ist bereits für den 4. Oktober 1993 vorgesehen. Die Interessenabgrenzung zwischen HAW und Gedenkstätte wird die Gremien der Stiftung - also auch den Stiftungsrat - vorrangig beschäftigen.