Anlage 3 Beweisbeschlüsse Abweichende Meinung der Abgeordneten Weyh und Döring SPD Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses

Verfahrensablauf

B. Untersuchungsergebnisse in bezug auf den ehemaligen Regierungsbevollmächtigten, Ministerpräsident a.D. Duchac I.Tatsachenfeststellungen

II. Beweiswürdigung

III. Ergebnis der Untersuchungen

IV. Bewertung

C. Untersuchungsergebnis bezüglich Innenminister a.D. Böck I.Tatsachenfeststellungen

II. Beweiswürdigung

III. Ergebnis der Untersuchungen der im Untersuchungsauftrag in bezug auf Innenminister a.D. Böck gestellten Fragen

IV. Bewertung Anlage 1: Beschluß des Landtags zur Einsetzung eines zweiten Untersuchungsausschusses (Drucksache 1/853) Anlage 2: Zeugenliste unter Berücksichtigung der Vernehmungstermine und der zugrundeliegenden Beweisbeschlüsse

Anlage 3: Beweisbeschlüsse Abweichende Meinung der Abgeordneten Weyh und Döring (SPD) Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses I/2

Der Untersuchungsausschuß I/2 des Thüringer Landtags hatte zu klären, ob Mitglieder der Landesregierung außerhalb der jedermann zugänglichen Quellen über Wirtschaftsstraftaten und über Stasi-Verwicklungen von Amtsträgern in Nordthüringen informiert waren, ob sie einschlägige Kontakte gepflegt haben und ob dadurch persönliche Vorteile entstanden sind.

A. Verfahrensablauf

Am 10. September 1991 stellte Herr Abgeordneter Büchner (damals N F/ GR/DJ) Mündliche Anfragen zum Ergebnis des Abschlußberichtes des Untersuchungsausschusses des Landkreises Worbis (Drucksache 1/701), zu den Hintergründen des Rücktritts des Worbiser Landrats (Drucksache 1/702), zu Kriminellen Handlungen bei der Eichsfeld-Bau Leinefelde (Drucksache 1/703) und zur Wirtschaftskriminalität in Thüringen (Drucksache 1/704), die in der 29. Sitzung des Landtags am 25. September 1991 vom damaligen Innenminister Böck beantwortet wurden. Im unmittelbaren Anschluß daran fand zur letzten erwähnten Anfrage eine Aussprache statt.

In Reaktion auf die Anfragen, deren Beantwortung sowie die Aussprache im Plenum brachten am darauffolgenden Tag Abgeordnete aus den Fraktionen CDU, SPD, NF/GR/DJ und LL-PDS einen Antrag auf Einsetzung eines zweiten Untersuchungsausschusses ein (Drucksache 1/761). Der Antrag wurde in der 30. Plenarsitzung am 26. September 1991 beraten und an den Justizausschuß überwiesen. Diesem ließ Herr Abgeordneter Büchner eine Auflistung von Dokumenten, verbunden mit einer kurzen Erklärung über deren Bezüge zu dem im Antrag auf Einsetzung eines zweiten Untersuchungsausschusses umrissenen Untersuchungsgegenstand, zukommen (Vorlage 1/346). Der Justizausschuß gab nach mehreren Sitzungen eine Beschlußempfehlung ab (Drucksache 1/818), auf deren Grundlage der Landtag in seiner 32. Sitzung am 24. Oktober 1991 den Beschluß zur Einsetzung eines zweiten Untersuchungsausschusses faßte (Drucksache 1/853, siehe Anlage 1). Der Landtag wählte den Abgeordneten Kurt Weyh (SPD) zum Vorsitzenden und den Abgeordneten Fritz Schröter (CDU) zum stellvertretenden Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses. In der Folge benannten die Fraktionen als weitere Ausschußmitglieder folgende Abgeordnete, und zwar als ordentliche Mitglieder die Abgeordneten Siegfried Jaschke, Bernd Wolf, Werner Grünert, Andreas Trautvetter (CDU), Günter Pohl (SPD), Cornelia Nitzpon, geb.

Geithner (LL-PDS), Achim Häßler (F.D.P.), Matthias Büchner (NF/GR/DJ) und als Ersatzmitglieder die Abgeordneten Dr. Hans-Peter Häfner, Egon Primas (CDU), Peter Friedrich, Hans-Jürgen Döring (SPD), Dr. Roland Hahnemann (LL-PDS), Maria-Elisabeth Grosse, Dr. Andreas Kniepert (F.D.P.) und Siegfried Geißler (NF/GR/DJ). Ab der dritten Ausschußsitzung trat der Abgeordnete Hans-Jürgen Döring für Günter Pohl in den Ausschuß ein, Herr Pohl wurde zum Ersatzmitglied bestimmt. Mit der fünften Sitzung wurde das Ausschußmitglied Trautvetter durch den Abgeordneten Werner Ulbrich ersetzt. Ab der 13. Sitzung kam Herr Dr. Joachim Koch als weiteres Ersatzmitglied hinzu; der Ausschußsitz der F.D.P. wurde ab der 15. Sitzung von der Abgeordneten Frau Grosse wahrgenommen, während der Abgeordnete Häßler zum Ersatzmitglied bestimmt wurde. Die Abgeordneten Büchner und Geißler verloren infolge ihres Ausscheidens aus der Fraktion Bündnis 90/Grüne/Neues Forum gemäß § 7 Abs. 3 des Landesgesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen (Untersuchungsausschußgesetz - UAG -) mit der 15. Sitzung ihren Status als Ausschußmitglieder. Die Fraktion, die mittlerweile die Bezeichnung Bündnis 90/Die Grünen trägt, hat auf die Besetzung des ihr zustehenden Ausschußsitzes verzichtet.

Der Untersuchungsausschuß I/2 wurde am 12. November 1991 konstituiert und hat sich insgesamt zu 23 Sitzungen getroffen. Er befaßte sich zunächst mit der Sichtung der vom Abgeordneten Büchner vorgelegten Dokumente. Da diese nur in einfachen Kopien vorlagen, bat er die Adressaten um die Vorlage der Originale. Zur Frage der Beweiserheblichkeit der vorgelegten Dokumente wurde ein Gutachten von dem Strafprozeßrechtler Dr. Walter Gollwitzer eingeholt. Dieser kam unter Heranziehung der Vorläufigen Landessatzung, des Untersuchungsausschußgesetzes und des Untersuchungsauftrages des Landtags zu dem Ergebnis, dass die von einem

Ausschußmitglied beantragte Beweisaufnahme nicht wegen Beweisunerheblichkeit abgelehnt werden darf.

Der Ausschuß hat wiederholt bei anderen Dienststellen um Akteneinsicht nachgesucht. So haben dem Ausschuß wiederholt Akten eines Zivilrechtsstreits vor dem Kreisgericht Worbis vorgelegen, der mit dem zu untersuchenden Sachverhalt in Beziehung stand. Darüber hinaus wurden Akten der Strafverfolgungsbehörden, der Landesregierung und des Außenarchivs Erfurt des Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes angefordert. Den Aktenvorlage- und Auskunftsersuchen ist im wesentlichen entsprochen worden. Der Untersuchungsausschuß selber hat zweimal der Staatsanwaltschaft Erfurt sowie dem Anwalt eines Zeugen Akteneinsicht gewährt.

Der Untersuchungsausschuß hat in sechs öffentlichen Beweisaufnahmen insgesamt 19 Zeugen vernommen (vgl. dazu die Zeugenliste in Anlage 2 und den Wortlaut der Beweisbeschlüsse in Anlage 3). Den Zeugen Duchac und Böck wurde der Betroffenenstatus nach § 15 Abs. 1 UAG zuerkannt. Alle Zeugen blieben unvereidigt.

Für den Abschlußbericht lagen dem Untersuchungsausschuß Entwürfe des Abgeordneten Grünert und des Ausschußvorsitzenden Weyh vor. Der Untersuchungsausschuß entschied sich dafür, seinem Bericht den Entwurf des Abgeordneten Grünert zugrundezulegen.

B. Untersuchungsergebnisse in bezug auf den ehemaligen Regierungsbevollmächtigten, Ministerpräsident a.D. Duchac

I. Tatsachenfeststellungen

Die Untersuchungen des Untersuchungsausschusses bezüglich des ehemaligen Regierungsbevollmächtigten, Ministerpräsident a.D. Duchac, erbrachten folgende Sachverhaltsfeststellungen:

Mit Schreiben vom 14. August 1990 wandte sich der ehemalige Betriebsdirektor des früheren Straßen- und Tiefbaukombinats (STK) Erfurt, Betrieb Leinefelde, und Geschäftsführer der daraus hervorgegangenen Firma Eichsfeld-Bau Leinefelde, Arnold Conradi (Petent), an den ehemaligen Regierungsbevollmächtigten, Ministerpräsident a.D. Duchac. Das Schreiben hatte im wesentlichen folgenden Inhalt: Mit Wirkung vom 01.07.1990 wurde ich von der Treuhandanstalt Berlin Außenstelle Erfurt als Geschäftsführer eingesetzt...

Bis zum 23.07.1990 gab es eine absolut optimistische Stimmung und Haltung im Betrieb! Bis plötzlich am 23.07.1990 ein angeblicher Unternehmensberater, Herr Roland Buttler, wohnhaft in Seesen (BRD), 4, auftauchte. Sein angeblicher Auftrag von der Treuhandstelle Erfurt bestand nach seiner Aussage darin, das Unternehmen Eichsfeld-Bau Leinefelde vollkommen zu entflechten.

Mit der Konsequenz, sofort Entlassungen in Größenordnungen zu veranlassen.

Zitat Buttler: Herr Conradi, wenn Sie alles das machen was ich will, können Sie in kurzer Zeit ein reicher Mann sein; wenn nicht, mache ich Sie kaputt und werde Sie eigenhändig entlassen....

Auf die Frage nach der Meinung der Treuhandstelle Erfurt zu seinen Vorstellungen antwortete er: Zitat Buttler: Dort sitzt ein Herr Gieseler, das ist mein Mann der macht was ich will. Mit diesem Herrn habe ich keine Probleme. Buttler weiter: Also Herr Conradi, ab heute habe ich in Ihrem Unternehmen das Sagen, ohne mich läuft ab heute nichts mehr....

Er sagte: Herr Conradi ich kenne Ihren Charakter, kenne Ihren Willen, aber Sie haben das zu machen, was ich sage, ansonsten lasse ich Sie fallen.

Ich mußte bald feststellen, dass es dem Herrn Buttler nur um sein eigenes Ich ging! Die Rede war nur noch von Provisionen, Bestechungen und Schmiergeldern.

Zitat Buttler:... Herr Conradi, Sie wissen doch, es gibt genügend Material gegen Ihre Person, aber das können wir alles vergessen machen... Herr Conradi, Sie haben sich umgehend eine schwarze Kasse zu schaffen, damit wir beide flüssig sind.

Dann merken Sie sich eins, ohne Geld läuft nichts... Zitat Buttler: Mein Ziel ist es, die Baumwollspinnerei Leinefelde (5.000 Beschäftigte) zu schließen. Dies kläre ich mit dem Staatsanwalt... Buttler sagte: Wir müssen uns beeilen, heute Mittag habe ich einen Termin beim Staatsanwalt Herrn Pfeifer. Mit dem Ziel die Baumwollspinnerei zu schließen und den Konkurs anzugehen. Denn ich bin der Beauftragte Konkursverwalter....