Hiltrud Limpinsel LAG Autonomer Frauenhäuser betont die Frauenhäuser stünden hier in der Tat vor einer schwierigen Situation

Walter Kern (CDU) appelliert an die Fürsorgepflicht der Frauenhäuser gegenüber zufluchtsuchenden Frauen: Es sei unvorstellbar, eine Frau, die zu Hause nicht mehr leben könne, einfach zurückzuschicken. Sicher arbeiteten die Frauenhäuser mit den Sozialämtern zusammen.

Hiltrud Limpinsel (LAG Autonomer Frauenhäuser) betont, die Frauenhäuser stünden hier in der Tat vor einer schwierigen Situation. Man schicke eine zufluchtsuchende Frau selbstverständlich nicht einfach zum prügelnden Partner zurück, sondern versuche, sie in einem anderen Frauenhaus, das noch über freie Kapazitäten verfüge, unterzubringen. Dies stelle allerdings einen erheblichen, kostenverursachenden Arbeitsaufwand sowohl für die Frauenhäuser als auch für die Verwaltungen dar.

Im Autonomen Frauenhaus Duisburg würden im Jahr zwischen 70 und 90 Frauen mit ihren Kindern untergebracht. Manche von ihnen blieben nur einen Tag oder ein Wochenende, andere länger als sechs Monate. Die relativ günstige Wohnungssituation in Duisburg trage dazu bei, dass viele Frauen nicht länger als drei Monate im Frauenhaus verweilten. Erfahrungsgemäß sei eine Frau bei ihrem Auszug aus einem Frauenhaus desto stabiler, je länger sie und gegebenenfalls ihre Kinder sich dort aufhielten und die Gewalterfahrungen aufarbeiten könnten. Je kürzer die Aufenthaltsdauer ausfalle, desto größer sei die Gefahr, dass sie wieder mit dem gleichen Gewalttäter oder einem anderen Gewalttäter zusammenkämen. Für die betroffenen Kinder bedeute es zudem eine große psychische Belastung, mit der Mutter oder auch dem Vater zusammen immer wieder den Wohnort zu wechseln und damit den bisherigen Freundeskreis, die Schule und anderes aufzugeben und neu anzufangen.

Da ein Frauenhaus nicht nur ein Leben in einem geschützten Rahmen biete, sondern eben auch die Möglichkeit zur Aufarbeitung der Gewalterfahrungen und zur notwendigen Stabilisierung, seien Frauen in einer normalen Wohnung, in der dies alles nicht gewährleistet werden könne, weniger gut aufgehoben.

Auch behindertengerechte Plätze müssten in ausreichender Zahl vorgehalten werden. Da die Frauenhäuser mit Blick auf die Tagessatzfinanzierung aber immer auf die Belegung aller Plätze drängen müssten, stünden nicht genügend behindertengerechte Plätze zur Verfügung.

Dass die Finanzierung der Frauenhäuser in anderen Bundesländern schlechter sei als in Nordrhein-Westfalen, bedeute nicht, dass dieses Land über eine gute Finanzierung verfüge. Aus genau diesem Grund sollte mit dem Vorstoß auf Bundesebene eine gute Lösung für alle erreicht werden. Dazu sei auf das Modell in Schleswig Holstein verwiesen, das statt der Einzelfallfinanzierung eine bedarfsgerechte, an die Institution Frauenhäuser gerichtete Finanzierung vorsehe, was dort als Erleichterung empfunden werde.

Jährlich wechselnde ABM-Kräfte könnten Fachkräfte nicht ersetzen. Die Frauenhäuser müssten die ihnen für ein Jahr zugeteilten Frauen zunächst ein halbes Jahr mit erheblichem Aufwand einarbeiten, damit diese dann vielleicht ein weiteres halbes Jahr halbwegs selbstständig einsetzbar seien. Zudem verfügten diese Kräfte nicht immer über die notwendigen Qualifikationen und hätten manchmal sogar selber persönliche Probleme.

Claudia Eckern (LAG Autonomer Frauenhäuser) fügt an, der Beratungsbedarf sowohl der betroffenen Frauen als auch ihrer Kinder sei gestiegen, was sicher auch an dem zunehmenden Wegfall anderer sozialer Beratungsstellen liege. Die völlig verunsicherten und psychisch oft sehr angeschlagenen Frauen bräuchten bei allem Unterstützung und Begleitung. Sie stünden vor Multiproblemlagen, die sich außer in der Gewalt durch den Partner in Gewalterfahrung in der eigenen Kindheit, in Problemen mit der Erziehung ihrer Kinder, in ihrem Aufenthaltsstatus und in ihren Schulden äußerten.

Die Frauenhäuser benötigten Zeit, die Frauen zu stabilisieren und mit ihnen einen Weg aus der Gewaltbeziehung hin zu einem selbstbestimmten Leben zu finden. In der Regel hätten die Frauen selbstständiges Leben verlernt, verfügten teilweise nicht über ein eigenes Konto oder den Zugang zu eigenen finanziellen Mitteln. In dieser komplexen, komplizierten Situation nehme der Druck auf die Betroffenen noch zu, wenn zum Beispiel die Jobagentur bei einer Frau nachfrage, wie lange sie noch im Frauenhaus bleiben werde. Das versetze diese Frau in Panik, da sie sich zu einem möglichst baldigen Auszug gedrängt fühle. Dabei sei die Verweildauer auch von der Wohnraumsituation abhängig, da selbst stabilisierte Frauen nicht aus dem Frauenhaus ausziehen könnten, wenn sie wegen des in Ballungsgebieten knappen Wohnraums keine eigene Wohnung fänden.

Es sei davon auszugehen, dass aufgrund der Finanzierung aus unterschiedlichen Töpfen auch in den Verwaltungen ein immenser Aufwand an Arbeit und Zeit betrieben werde. Die Frage der Kostenerstattung führe zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, zu Streit unter den Kommunen, zu Auseinandersetzungen mit den örtlichen Frauenhäusern sowie mit deren Bewohnerinnen, die ihr Recht einklagen wollten.

Hier bestehe noch Einsparpotenzial.

Staatssekretärin Dr. Marion Gierden-Jülich (Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration) führt aus, die Frage einer bundeseinheitlichen Finanzierung der Frauenhäuser sei nahezu so alt wie das erste Frauenhaus und ihr selbst 1984 das erste Mal begegnet. Bisher habe es dafür trotz unterschiedlicher Anläufe, die durchaus sinnvoll gewesen seien und auch immer wieder unternommen werden sollten, aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Lösung gegeben.

Nordrhein-Westfalen habe im Rahmen des GFMK-Vorsitzes einen weiteren Vorstoß gemacht und im Kamingespräch seinen Antrag gegenüber dem Bund thematisiert, sich in dieser Frage zu engagieren und vor dem Hintergrund, dass viele der hier in Rede stehenden Leistungen auf der Grundlage von Bundesgesetzen wie dem SGB II und dem BAföG erbracht würden, zumindest die gesetzlichen Lücken zu schließen.

Die anderen Bundesländer hätten sich diesem Antrag Nordrhein-Westfalens jedoch nicht angeschlossen und unisono die Meinung vertreten, dass die Finanzierung von Frauenhäusern zur kommunalen Daseinsvorsorge gehöre, sodass eine Vereinheitlichung des Leistungsspektrums nicht infrage komme. Es habe also nicht an politi5 schem Willen gemangelt, eine bundeseinheitliche Lösung zu finden, so die Rednerin, sondern es gebe objektive Hinderungsgründe, nämlich die gesetzlichen Zuständigkeiten, und Befindlichkeiten im Rahmen der Bund-Länder-Kompetenzzuweisung.

Das schleswig-holsteinische Modell habe in der Tat den Vorteil der Finanzierung aus einem Topf. Jedoch weise es auch den entscheidenden Nachteil der einzelfallabhängigen Finanzierung auf, der zufolge Belegschwankungen Förderungsschwankungen nach sich zögen. Dagegen fördere das Land Nordrhein-Westfalen drei Personalstellen unabhängig von der Belegung, was eine größere Konstante darstelle.

Gerade die aufwendige Suche nach freien Plätzen in anderen Frauenhäusern sei der Grund für die Schaffung des Frauen-Info-Netzes gewesen, das über Ampelsymbole nahezu auf einen Blick freie Kapazitäten erkennen lasse. Derzeit sei die Situation in den Ruhrgebietsstädten sehr ausgeglichen, während es im Köln-Bonner Raum Engpässe gebe. Ein Aufstocken der Landesförderung allein helfe aber nicht weiter, wenn die kommunale Ebene nicht die erforderliche Grundausstattung anbiete. Bisher hätten sich die Kommunen in dieser Angelegenheit nicht an das Land gewandt.

Die Zahl der in Frauenhäusern aufgenommenen Frauen sei in den Jahren 2001 bis 2008 konstant gesunken. Man habe in den Jahren 2006 bis 2008 auch keinen Belegknick festgestellt, der logischerweise zumindest im Jahr 2007 hätte auftreten müssen, wenn zwischen dem Wegfall der vierten Personalstelle und Kapazitätsengpässen ein ursächlicher Zusammenhang bestünde. Die Zahl der aufgenommenen Frauen sei um 14 %, die der Kinder um 22 %, die der aufgenommenen Personen insgesamt um 18 % gesunken. Dagegen sei die Verweildauer in den Jahren 2001 bis 2008 nahezu gleich geblieben. Die Belegquote weise in diesem Zeitrahmen leichte Schwankungen zwischen 75 % und 78 % auf. Dem stünden nach der Statistik des Innenministers 12.000 Wegweisungen pro Jahr gegenüber.

Insgesamt stehe Nordrhein-Westfalen mit seinen Frauenhäusern und der darunter angesiedelten Beratungs- und Hilfeinfrastruktur im Ländervergleich nicht schlecht da.

Gleichwohl könnte die Situation auch besser sein. Es lasse sich gut nachvollziehen, welchen Aufwand das Agieren mit unterschiedlichen Finanzierungstöpfen bedeute.

Mit dem von Frau Steffens angesprochen Erlass seitens des MAGS sei eine auch für das MGFFI missliche Situation entstanden, die allerdings inzwischen habe bereinigt werden können, indem sich unter Einbeziehung der Frauenhäuser alle Beteiligten an einen Tisch gesetzt hätten, um angesichts der unterschiedlichen Herangehensweisen eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Das MAGS habe mit diesem Erlass versucht klarzustellen, wer wann für welche Finanzierung zuständig sei und welche Kriterien dabei zugrunde gelegt werden müssten. Konkret gehe es um die Finanzierungsgrundlage SGB II mit Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, die SGB-II-Grundsicherung, die Aufschlüsselung von Kosten der Frauenhäuser, den Antrag auf Erstattung der Kosten für den Umzug von einem Frauenhaus in ein anderes, den Ersatz von Erstausstattungskosten für neue Wohnungen und lange Frauenhausaufenthalte. Offensichtlich habe sich die Verwaltungspraxis in den Kommunen zuvor sehr unterschiedlich dargestellt, sodass es zu Streit bei der Kostenübernahme gekommen sei.