Dr Peter Asmuth Stadtwerke Aachen AG Ich sehe das als einen Zukunftsmarkt an

Ist das ein Minusgeschäft? Oder stellt es für die Stadtwerke einen Zukunftsmarkt dar?

Dr. Peter Asmuth (Stadtwerke Aachen AG): Ich sehe das als einen Zukunftsmarkt an. Grundsätzlich führt die Elektromobilität dazu, dass unser Geschäft besser wird und der Absatz steigt. Man muss dieses Geschäft erst einmal aus dieser Sicht sehen. Zum großen Teil ­ da gebe ich Herrn Wörz recht ­ wird zu Hause geladen. In der Garage befindet sich eine normale Steckdose, die man entsprechend umrüstet.

Dort verkauft man möglicherweise auch ein neues Produkt, nämlich Fahrstrom. Das ist erst einmal positiv zu sehen.

Nun komme ich zum Geschäft mit Ladestationen in der Innenstadt. Dort haben wir schon die ersten Ladestationen in Parkhäusern ­ APAG ist ja unser Partnerunternehmen ­ aufgebaut. Das wurde natürlich mit Bordmitteln gemacht und war daher überschaubar. Mit Blick auf das gesamte System ­ man muss den Fahrstrom verkaufen und Abrechnungssysteme aufbauen ­ stehen wir natürlich vor einer Bugwelle. Zunächst muss man wie bei jedem Neugeschäft erst einmal investieren. Nach einer gewissen Zeit kommt man dann sicherlich in die Phase, in der man auch Geld damit verdient. Langfristig wird es nach unserer Einschätzung kein Negativgeschäft sein.

Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zur Batterietechnologie. Aus Sicht der Energiewirtschaft sollten wir die Wertschöpfung der Batterien erhöhen. Bisher haben wir die Batterien nur als Speicher für die Fahrzeuge gesehen. Es bietet sich aber auch ein interessantes Modell an, um die Batterien mit zu finanzieren. Wie wir in einem Gespräch mit einem Vertreter der RWTH Aachen erfahren haben, stehen über die Lebensdauer einer Batterie 3.000 bis 5.000 Zyklen zur Verfügung ­ wenn das Modell funktioniert, auch für die Energiewirtschaft. Dann könnte man die Fahrzeugbatterien als Speicher für die Energiewirtschaft nutzen. Wenn wenig Regenerative da sind, könnte man Energie aus diesen Speichern einspeisen. Bei zu viel Wind könnte man die überschüssige Energie in die Batterien fahren. Damit könnte man über eine zusätzliche Wertschöpfung zur Finanzierung dieser Batterien beitragen.

Conrad Troullier (Stadtwerke Solingen Ich sehe uns als Energieversorgungsunternehmen natürlich als wesentlichen Bestandteil des ganzen Konzeptes, auch wenn die Entwicklung der Fahrzeuge selbst von anderen zu leisten ist. Wie Herr Asmuth bereits gesagt hat, können wir natürlich Stromanschlüsse in Parkhäusern zur Verfügung stellen. Das ist sicherlich im gesamten Stadtgebiet möglich.

Durch solche Nachlademöglichkeiten wird auf jeden Fall die Flexibilität erhöht ­ wobei ich davon ausgehe, dass es zu Beginn erst einmal Sinn macht, eine zu haben, also von zu Hause zum Betrieb zu fahren oder andere konkrete Wege zurückzulegen, auf denen man eine Distanz von vielleicht 50 km überbrücken muss. Wenn es dann noch Ladestationen in den Städten gibt ­ diesbezüglich sehe ich uns Stadtwerke natürlich als Partner des Ganzen ­, wird dadurch ohne Frage die Flexibilität für die Elektrofahrzeugnutzer erhöht. Vorsitzender Franz-Josef Knieps: Herr Dr. Gutsch, früher hat man gesagt, dass man Batterien hin und wieder ganz entladen soll, um dem Jo-Jo-Effekt entgegenzuwirken. Seit es Lithium-Ionen-Batterien gibt, hört man diesen Ratschlag kaum noch.

Wie sieht es denn bei einem Elektrofahrzeug aus, wenn ich mit voller Batterie von zu Hause wegfahre, 20 % der gespeicherten Energie verbrauche und die Batterie an der Arbeitsstelle oder im Parkhaus wieder auflade? Tritt dann kein negativer Effekt mehr auf?

Dr. Andreas Gutsch (Evonik Industries AG): Diesen Effekt sieht man bei den Lithium-Ionen-Batterien nicht mehr. Teilladungsvorgänge ­ 20 % entladen und stehen lassen ­ sind für etwaige Alterungsmechanismen nahezu irrelevant.

Eher kritisch zu sehen ist etwas anderes. Diesbezüglich macht uns das voraussichtliche Nutzerverhalten noch ein bisschen Sorge. Wir vermuten nämlich, dass der Elektrofahrzeugbesitzer dazu neigen wird, sein Fahrzeug möglichst immer voll geladen zu haben. Das ist der Zustand, in dem die Batterie am schnellsten altert. Wir befürchten also, dass der Besitzer das Fahrzeug ununterbrochen an der Steckdose hat. Wahrscheinlich wird er das aus Sorge so machen. In Bezug auf die Beschaltung müssen wir uns noch überlegen, wie wir ihm das technisch abgewöhnen. Die Batterie fühlt sich nämlich immer dann am wohlsten, wenn sie arbeitet, aber nicht ständig nachgeladen wird.

Reiner Priggen (GRÜNE): Ich weiß, dass der Vorsitzende auf die Zeit guckt. Weil wir Sie schon hier haben, möchte ich aber noch eine Frage an den Batteriefachmann richten. Stellen Sie sich bitte einmal folgendes theoretische Szenario vor: Wir haben bei uns in Aachen 100.000 Elektroautos. 60.000 davon hängen am Netz; es fahren ja nicht immer alle. Bisher muss die STAWAG zur Bedienung der Stromspitzen um 19 Uhr teuren Spitzenstrom kaufen. Künftig kann sie dann auf die Autos zugreifen.

Ich habe ein Pendlerauto, das voll geladen ist. Dann kann die STAWAG aus meinem Auto um 19 Uhr 30 oder 40 % der Energie abziehen ­ jetzt geht das Licht im Saal aus ­ und es nachts wieder vollladen.

Halten Sie als Batteriehersteller so etwas für Spinnerei? Oder kann uns genau dies nach einer gewissen Anlaufzeit ­ nicht mit 50 Autos in der Stadt, aber mit einer großen Anzahl ­ helfen, Stromspitzen abzufangen, sodass wir damit ein Potenzial hätten, das uns die teuren Gaskraftwerke für den Spitzenstrom ersparen würde?

Dr. Andreas Gutsch (Evonik Industries AG): Das ist keine Vision. Sie beschreiben ja das Modell Vehicle-to-Grid, also die Kommunikation des Fahrzeugs mit dem Netz.

Irgendwann wird man das sicherlich in der Praxis sehen. Es ist allerdings nicht ganz unkompliziert, weil man die Kommunikation zum Fahrzeug sicherstellen muss.

Im Übrigen bieten wir schon heute so etwas als kommerzielles Produkt an. Dabei handelt es sich um eine Fahrzeugbatterie, die aber nicht in ein Fahrzeug eingebaut ist, sondern bei Ihnen im Keller steht und exakt das tut, was Sie gerade beschrieben haben. Der Vorteil ist, dass diese Batterie viel günstiger hergestellt werden kann, weil sie nicht den hohen Anforderungen der Automobilindustrie genügen muss. Sie muss nicht spritzwasserfest sein, nicht geschüttelt und gerührt werden und nicht bei plus 60 Grad und minus 40 Grad funktionieren, sondern steht an einem geschützten Ort als stationärer Energiespeicher ­ und macht genau das von Ihnen eben Beschriebene. Dabei handelt es sich um ein kommerziell verfügbares Produkt, das Sie sich auf der Hannover Messe gerne angucken können.

Reiner Priggen (GRÜNE): Ich wollte keine stationäre Batterie kaufen, sondern bin davon ausgegangen, dass es in Aachen 50.000 oder 100.000 solcher Fahrzeuge gibt. Die Frage lautet: Ist das die Lösung? Oder sagen Sie, dass Sie das noch nicht können?

Dr. Andreas Gutsch (Evonik Industries AG): Der Markt wird es anders entscheiden, weil die Preisdifferenz zwischen der stationären Batterie und der mobilen Batterie so hoch ist, dass die stationäre Batterie sich für diese Anwendung durchsetzen wird.

Vorsitzender Franz-Josef Knieps: Schönen Dank. ­ Meine Damen, meine Herren, ich nehme nicht an, dass das Licht im Saal eben ausgegangen ist, weil wir von Batterien gesprochen haben. Vielleicht lag es ja daran, dass die angepeilte Zeit von 16 Uhr erreicht war. Wir haben aber fast eine Punktlandung hingelegt. Ich muss Sie sehr für die Disziplin loben, die Sie alle ­ sowohl die Abgeordneten als auch die Experten ­ an den Tag gelegt haben. Dafür darf ich mich recht herzlich bedanken.

Ich denke, dass wir alle ein bisschen schlauer geworden sind ­ zumindest wir Abgeordnete.

Ich danke Ihnen für die interessanten Wortbeiträge und wünsche Ihnen einen guten Nachhauseweg. ­ Die Sitzung ist geschlossen.