Und wir brauchen einen Rechtsanspruch auf Schutz Zuflucht und Beratung bei Gewalt gegen

Diese müssen den betroffenen Frauen und ihren Kindern kostenlos zur Verfügung stehen.

Und wir brauchen einen Rechtsanspruch auf Schutz, Zuflucht und Beratung bei Gewalt gegen Frauen.

Die Vorteile, die Sie auch in Ihrem Anschreiben abgefragt haben, liegen auf der Hand. Alle Frauen erhalten dann unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, ihrem Einkommen oder ihrem Wohnort kostenlose Beratung, Unterstützung und Zuflucht vor Gewalt. Die Übernahme sämtlicher Sach- und Personalkosten auch für Aufgaben wie Prävention, nachgehende Beratung, Rufbereitschaft, Kooperation und Öffentlichkeitsarbeit wäre gewährleistet. Damit kann die Beratung und Unterstützung in Umfang und Qualität bedarfsgerecht gestaltet werden. Der Verwaltungsaufwand wird sich für die Finanzierungsträger ebenso wie für die Frauenhäuser und nicht zuletzt ­ das bitte ich hier auch noch einmal zu bedenken ­ für die Betroffenen selbst erheblich reduzieren.

Wir bitten Sie: Setzen Sie diese Anforderungen in einen konkreten Gesetzentwurf um, möglichst noch in diesem Halbjahr! Wir sind gerne bereit, Sie dabei aktiv zu unterstützen.

Nicola Leiska-Stephan (Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

Sehr geehrte Frau van Dinther! Sehr geehrte Frau Rühl! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich bin wissenschaftliche Referentin des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge und betreue dort seit etwa drei Jahren die Arbeitsgruppe Frauenhaus.

Zunächst möchte ich mich auch im Namen des Deutschen Vereins für die Einladung zu der heutigen Expertenrunde und der Gelegenheit zur Stellungnahme bedanken, denn wir möchten uns für eine gesicherte Frauenhausfinanzierung einsetzen.

Mit diesem sehr komplexen Thema beschäftigt sich die Arbeitsgruppe Frauenhaus, in der verschiedene staatliche Ebenen, aber auch die freien Träger und das Frauenhausunterstützungssystem vertreten sind. Hintergrund ist, dass bis heute keine spezifische Rechtsgrundlage für die Problemlagen gewaltbetroffener Frauen oder auch für die Finanzierung von Frauenhausleistungen und Beratungsstellen existiert und die bundesweit sehr unterschiedliche Finanzierungspraxis für die vor häuslicher Gewalt geflohenen Frauen und deren Kinder uneinheitliche Bedingungen schafft, was den Zugang und den Aufenthalt in einem Frauenhaus angeht.

Die Probleme, vor allem bei der Tagessatzfinanzierung, aber auch bei der freiwilligen Finanzierung wurden schon von meinen Vorrednerinnen ausführlich dargestellt und finden sich auch in den Stellungnahmen wieder. Im Ergebnis lassen sich hier viele unfinanzierte Bereiche feststellen. Insoweit besteht ein hohes Risiko, dass nicht allen betroffenen Frauen und Kindern der dringend erforderliche Schutz gewährt wird.

Die Arbeitsgruppe Frauenhaus ist dabei, das Thema inhaltlich aufzubereiten. Sie möchte zu unterschiedlichen Finanzierungskonzepten Stellung nehmen und Empfehlungen entwickeln, die sich zugunsten von Gewalt betroffener Frauen und ihrer Kinder auswirken sollen. Eine Fertigstellung der Empfehlung ist Mitte diesen Jahres geplant. So ist also die öffentliche Anhörung auch für uns von großem Interesse.

Gerade in finanziell schwierigen Zeiten wird bei freiwilligen Leistungen und Tagessätzen zunehmend nach Einsparpotenzialen gesucht. In der Folge werden und wurden Frauenhäuser geschlossen. Eine grundlegende Verbesserung wäre es insofern, wenn die Leistungen an von Gewalt bedrohten Frauen und Kindern in pflichtige Aufgaben umgewandelt werden. Hierfür wäre die Schaffung einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage für die Erbringung einer Schutzunterkunft, Beratung und Betreuung und weitere Maßnahmen für von Gewalt betroffene Personen notwendig.

Um gleichwertige Zugangs- und Schutzmöglichkeiten für alle Betroffenen zu erhalten, ist eine bundesweit vergleichbare, auskömmliche und verbindlich gestaltete Finanzierung des Hilfesystems anzustreben. In der Arbeitsgruppe werden hierzu verschiedene Lösungsvorschläge diskutiert. Fachlich optimal und sinnvoll wäre ein eigenständiges Gesetz. Eine bundesgesetzliche Lösung würde viele Probleme in Bezug auf Zugang, Qualität, vergleichbares Leistungsspektrum, Kostenerstattung, den Ausschlüssen bestimmter Leistungen und auch Personengruppen lösen können.

Aber die Anhörung des Familienausschuss hatte gezeigt, dass eine Bundeszuständigkeit von den Verfassungsrechtlern nach wie vor zumindest stark bezweifelt wurde, sodass wir davon ausgehen müssen, dass kurzfristig mit einer bundesgesetzlichen Lösung nicht zu rechnen ist.

Die Arbeitsgruppe Frauenhaus hat trotzdem vor, in den Empfehlungen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes mit ihren Grenzen darzustellen. Denn ob sich die verfassungsrechtlichen Hürden einmal überspringen lassen bzw. genommen werden können, lässt sich letztlich nur anhand eines konkreten Gesetzentwurfs überprüfen und ist gegebenenfalls abhängig von einer noch zu schaffenden, gesicherten Datenlage, zum Beispiel vom Lagebericht der Bundesregierung. Denn es steht die Frage im Raum, ob die Bundesländer und Kommunen derzeit ihre Pflichten in Bezug auf von Gewalt betroffene Frauen und Kinder erfüllen.

Auch Länderregelungen vergleichbaren Inhalts können aber weiter helfen. Dann sind Vereinbarungen über Länderausgleichsregelungen, was die Kostenerstattung angeht, erforderlich. Auch ist eine Einigkeit der Länder notwendig, sich auf ähnliche Kostenbestandteile, Rechnungsgrößen festzulegen.

Aus Sicht der Arbeitsgruppe ist das Modell Schleswig-Holsteins empfehlenswert, das wurde auch schon mehrfach angesprochen. Als Vorteile sehen auch wir, dass dieses Modell nahezu allen Betroffenen einen fast gleichwertigen und niedrigschwelligen Zugang gewährt, nicht nur zu Frauenhäusern, sondern auch zu einem erweiterten Hilfsspektrum. Es ist nicht abhängig vom Vorliegen bestimmter leistungsrechtlicher Voraussetzungen. Das bereitgestellte Geld wird über den kommunalen Finanzausgleich gebündelt. Es gibt landeseinheitliche Standards und eine Qualitätssicherung in den Richtlinien zum Finanzausgleichsgesetz. Da dieses Modell aber den betroffenen Frauen und Kindern keinen Rechtsanspruch vermittelt, wäre eine denkbare Lösung, es mit einem gesetzlichen Leistungsanspruch und gegebenenfalls auch mit einer Kostenerstattungsregelung zu verknüpfen.

Wir haben uns noch keine Gedanken darüber gemacht, ob dieses Modell auch auf andere Bundesländer, in diesem Fall auf das Land Nordrhein-Westfalen, übertragbar ist. Wir haben zwar keine haushaltsrechtliche Expertise, insgesamt wurde es aber positiv eingeschätzt, da es sich strukturell um Zweckzuweisungen für soziale Zwecke handelt. Diese Zweckzuweisungen kennen auch andere kommunale Finanzausgleichsrechtssysteme. Ohne es eingehend geprüft zu haben, würden wir das doch grundsätzlich für übertragbar halten.

Soweit keine Lösung innerhalb eines Rechtsrahmens erreichbar wäre, käme letztlich auch eine Verbesserung der Angebote und Infrastrukturen in den Sozialleistungsgesetzen in Betracht. Jedenfalls in den Leistungsgesetzen muss eine tatbestandliche Verankerung und damit eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Erbringung von Beratung, Unterstützung und weiterer Maßnahmen für von Gewalt betroffene Personen geschaffen werden.

Viele Schwierigkeiten bei der Finanzierung über die Leistungsgesetze resultieren aber bereits heute aus der Gliederung des Leistungssystems in das SGB II und SGB XII und auch aus anderen Rechtsgrundlagen, auf die man bei der Frauenhausfinanzierung zurückgreift. Daher wäre eine denkbare Lösung durch gesetzliche Klärung und Konkretisierung, Schnittstellen- und Abgrenzungsfragen auf ein Minimum zu reduzieren.

Anpassungen sind in jedem Fall für die ausgeschlossenen Personengruppen und Leistungen erforderlich. Der Einsatz von Einkommen und Vermögen und die Kostenerstattung führen nach wie vor eher zu weiteren Rechtsstreitigkeiten, als dass sie Lösungen herbeigeführt hätten. Das große Problem wird sein, wie man die unterschiedlich angesetzten Tagessätze miteinander vergleichen kann.

Bei einer Lösung im Rahmen bestehender Sozialleistungsgesetze werden von unserer Seite aus verbleibende Lücken und Schwierigkeiten befürchtet. Deshalb ist das für uns nicht die ideale Lösung.

Zum Schluss lässt sich sagen, dass mit einer politischen Entscheidung, die Finanzierung der Leistungen an gewaltbetroffene Frauen und Kinder gesetzlich bundeseinheitlich und auskömmlich abzusichern, den Betroffenen und natürlich auch den Frauenhäusern am meisten geholfen wäre. Das Modell Schleswig-Holstein bildet hierfür ein gutes Beispiel.

Vorsitzende Elke Rühl: Vielen Dank, Frau Leiska-Stephan. ­ Ich habe jetzt von den Abgeordneten die ersten Wortmeldungen. Frau Westerhorstmann, bitte schön.

Maria Westerhorstmann (CDU): Frau Vorsitzende! Meine Damen! Vielen Dank für Ihre sehr aufschlussreichen Vorstellungen. Da sich das Gespräch heute Morgen in erster Linie um die bundeseinheitliche Finanzierung, aber auch um die mangelnde Tagessatzfinanzierung dreht, habe ich dazu einige Fragen: Wie müsste, wenn Sie von einer bundeseinheitlichen Finanzierung sprechen, diese dann aussehen? In welcher Höhe müsste sie sein? Wie müsste sie sich gestalten?

Zum anderen wäre meine Frage an Frau Troost: Sie haben unter anderem auch auf das Schleswig-Holstein-Modell hingewiesen. Könnten Sie sich vorstellen, dass die Kommunen zu einem höheren Satz in die Finanzierung einsteigen würden?