Hessisches Staatsbad Bad Wildungen

Antrag der Landesregierung betreffend Hessisches Staatsbad Bad Wildungen

- Übertragung des Staatsbadbetriebes auf die Stadt Bad Wildungen zum 1. Januar 2002 mit Ausnahme der Fachklinik Fürstenhof

- Übertragung landeseigener bebauter und unbebauter Grundstücke mit insgesamt rund 724.086,41 m² aus Flur 1 bis 4, 11, 12, 16 bis 20 und 22 auf die Stadt Bad Wildungen, mit Ausnahme der mit der Fachklinik Fürstenhof überbauten Grundstücksfläche Flur 16, Flurstücke 27 und 230/28, mit insgesamt 10.597 m2 im Zuge der Kommunalisierung des Kurbetriebs zum 1. Januar 2002 hier: Zustimmung zum Vertragswerk sowie Zustimmung zur Übertragung der Grundstücke durch den Hessischen Landtag nach § 64 Abs. 2 LHO

Dem Landtag wird der Antrag unterbreitet, der Übertragung des Staatsbadbetriebes Bad Wildungen, mit Ausnahme der Fachklinik Fürstenhof, auf die Stadt Bad Wildungen zum 1. Januar 2002 und den im Zuge der Kommunalisierung des Staatsbadbetriebes erforderlichen Grundstücksübertragungen in einer Größenordnung von rund 724.086 m2 nach § 64 Abs. 2 LHO zuzustimmen.

Begründung:

1. Vorbemerkung:

Das Land hatte das Staatsbad Bad Wildungen dem 1952 gegründeten, zunächst insgesamt fünf Einzelbäder umfassenden Landesbetrieb als eines von zwei großen Traditionsbädern eingegliedert (Bad Hersfeld kam 1963 im Rahmen der Zonenrandförderung als sechstes Bad hinzu).

Der Staatsbadbetrieb arbeitete bis Mitte der Achtzigerjahre rentabel, der laufende Betrieb trug sich selbst.

Im Zuge des sich spätestens Ende der Siebzigerjahre abzeichnenden tief greifenden bundesweiten Strukturwandels im Bereich der Sozialversicherungskuren, insbesondere bei ambulanten Kurmitteln, und als Folge mehrerer seit 1981 verabschiedeter Bundesgesetze zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen erzielte auch der Bäderbetrieb Bad Wildungen nachhaltige Verluste.

Bereits Anfang der Neunzigerjahre hatte das Land zur Reduzierung des Betriebsverlustes das traditionsreiche, gleichwohl defizitäre Badehotel an einen privaten Hotelkonzern verkauft.

Weitere einschneidende Maßnahmen zur Gegensteuerung, wie z.B. die 1990 begonnene Kooperation mit der benachbarten Bad Reinhardsquelle GmbH, führten trotz Freisetzung von Synergie- und Kostenvorteilen in gemeinsamen Geschäftsfeldern nicht zu nachhaltigen Verlustreduzierungen bei den Betriebsergebnissen, obwohl das "Bäderzentrum Bad Wildungen-Reinhardshausen" noch bis Mitte der Neunzigerjahre bei Kurgast- und Übernachtungszahlen bundesweit an zweiter Rangstelle gelegen hatte (nach Bad Füssing; inzwischen ist das Bäderzentrum auf die neunte Rangstelle zurückgefallen).

1997 setzten Bestrebungen der Landesregierung ein, den Landesbetrieb Hessische Staatsbäder mittelfristig durchgreifend neu zu strukturieren und dabei auch sich bietende Chancen zur Privatisierung und/oder Kommunalisierung zu nutzen.

Auch in Bad Wildungen wurden im Rahmen einer Arbeitsgruppe Gespräche mit der Stadt geführt, die sich zunächst nur auf die Gründung einer gemeinsamen Marketinggesellschaft bezogen. Wegen unterschiedlicher Auffassungen beider Gesprächspartner über den Umfang der geplanten Veränderungen führten die Erörterungen zu keinem greifbaren Ergebnis.

2. Kommunalisierung:

Mit dem Wechsel der Landesregierung wurden die unterbrochenen Gespräche mit der Stadt Bad Wildungen Mitte 1999 wieder aufgenommen.

Nach intensiven und langwierigen Verhandlungen wurde folgendes Ergebnis erreicht:

Das Verhandlungspaket:

Der Staatsbadbetrieb Bad Wildungen geht mit Wirkung zum 1. Januar 2002 mit dem gesamten Anlage- und Umlaufvermögen sowie dem zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Personalbestand auf die Stadt Bad Wildungen über.

Für den Übergang der beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter wird von der Stadt Bad Wildungen kein Kaufpreis gezahlt. Dafür verzichtet die Stadt auf die Zahlung eines Risikozuschlages insbesondere für die nicht absehbare Entwicklung im Gesundheitswesen.

Für das zu übertragende Anlagevermögen gilt folgende Sonderregelung:

Bei der Bewertung des im Betriebsvermögen des Staatsbadbetriebes Bad Wildungen befindlichen Anlagevermögens (bebaute und unbebaute Grundstücke sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung) - mit Ausnahme der Fachklinik Fürstenhof - gehen die Parteien einvernehmlich von einem Gesamtwert in Höhe von 12,5 Mio. DM aus.

Die Stadt Bad Wildungen verpflichtet sich, das Land für die Dauer von zehn Jahren bei jedem Grundstücksverkauf mit 50 v.H. an etwaigen Veräußerungsgewinnen (nach Abzug entsprechender Veräußerungskosten) zu beteiligen, soweit bei einem Verkauf höhere Preise erzielt werden, als sie in der gemeinsam erstellten Grundstücks- und Gebäudeliste festgelegt sind.

Zum Ausgleich der auch nach der Übernahme durch die Stadt zu erwartenden betrieblichen Verluste aus dem Betrieb des Bades leistet das Land fünf Jahre lang, beginnend ab dem Jahre 2002, Betriebszuschüsse in einer Gesamthöhe von 11,5 Mio. DM wie folgt: 2002 2,5 Mio. DM, 2003 2,4 Mio. DM, 2004 2,3 Mio. DM, 2005 2,2 Mio. DM, 2006 2,1 Mio. DM.

Die Zahlungen können in den einzelnen Jahren in jeweils 3 Teilbeträgen geleistet werden.

Diese Zahlungen gelten pauschal die Übernahme des gesamten Personals durch die Stadt ab. Geht nicht das gesamte Personal über, verringern sich die vorgenannten Beträge entsprechend.

Im Übrigen überlässt die Stadt Bad Wildungen dem Land für den Betrieb der Klinik Fürstenhof unentgeltlich für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren noch im Einzelnen zu bestimmendes Personal in einem Gesamtumfang von fünf Arbeitskräften.

Zur Abgeltung des Instandhaltungsrückstaus bei der Wandelhalle zahlt das Land der Stadt pauschal 5 Mio. DM, zahlbar in 2002 und 2003 mit jeweils 2,5 Mio. DM.

Sollte die Stadt für die Wandelhalle ein zukunftsweisendes Projekt entwickeln und auch umsetzen, wird das Land ab 2004 einen weiteren Zuschuss von 5 Mio. DM, zahlbar in drei Jahresraten, an die Stadt leisten.

Sollte die Stadt nach Ablauf von fünf Jahren weiterhin noch jährliche Verluste aus der Übernahme des Staatsbadbetriebes erwirtschaften und sind bis zu diesem Zeitpunkt trotz Bemühungen des Landes keine weiteren Kommunalisierungen oder Teilkommunalisierungen der vorhandenen Staatsbäder erfolgt, werden Land und Stadt die Möglichkeit eines weiteren, allerdings gegenüber den bisherigen Zahlungen erheblich verringerten Verlustausgleichs durch das Land für zwei weitere Jahre prüfen.

Um der Stadt die Fortführung der Bezeichnung "Staatsbad" nach der Übernahme zu ermöglichen, gründet das Land zuvor eine Kapitalgesellschaft mit der Bezeichnung "Staatsbad Bad Wildungen GmbH" mit einem Gründungskapital von 25.000 und veräußert sämtliche Anteile an der GmbH zum 1. Januar 2002 an die Stadt.

Das Land als Gesellschafter der Bad Reinhardsquelle GmbH und die Stadt Bad Wildungen streben nach der Kommunalisierung eine enge Kooperation zwischen der GmbH und der Stadt an. Die Stadt Bad Wildungen bietet der Bad Reinhardsquelle GmbH an, ihre rechtlichen Möglichkeiten bei der Kurtaxerhebung für die Bad Reinhardsquelle GmbH auszuschöpfen, wenn diese es wünscht.

Die Kosten für die notarielle Beurkundung der Grundstückskaufverträge und die Kosten etwaiger weiterer im Zuge der Kommunalisierung erforderlich werdender notarieller Verträge trägt die Stadt. Das Land wird ergänzend auf seine Kosten die mit dem Übergang des Staatsbadbetriebes weitgehenderen rechtlichen Fragen, insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts, klären.

3. Zur haushaltsrechtlichen Umsetzung sind über die im Haushaltplan 2001 bei der Haushaltsstelle Kap. 17 04 - ATG 78 veranschlagten Verpflichtungsermächtigungen hinaus überplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen in einer Gesamthöhe von 1,9 Mio. DM zulasten der Haushaltsjahre 2002 bzw. 2003 bewilligt worden (2002: 1 Mio. DM, 2003: 0,9 Mio. DM).

4. Einzig realistische Alternative zur Kommunalisierung durch die Stadt wäre die Beibehaltung des Status quo, was nicht gewünscht ist.

Die Zustimmung des Hessischen Landtags ist nach § 64 Abs. 2 LHO erforderlich, weil die Übertragung des Staatsbadbetriebs Bad Wildungen und die im Zuge dieser Kommunalisierung notwendigen Grundstücksübertragungen nicht im Haushaltsplan 2001 vorgesehen sind.

Der Entwurf des Vertrages mit der Stadt Bad Wildungen ist als Anlage beigefügt.