Hans Joachim Sistenich Aachener Verkehrsverbund AVV Aachen. Die Kollegen haben eigentlich schon alles gesagt

Martin Husmann (Verkehrsverbund Rhein-Ruhr [VRR], Gelsenkirchen): Ich will es bestätigen und verstärken: Wir sind ganz klar der Auffassung, dass es insbesondere der Knoten Köln ist. Wenn man konzentriert Investitionsmittel in die Hand nehmen würde, dann würden auch die beiden auszubauenden Gleise zwischen Düsseldorf und Duisburg sowie einzelne Punkte im sonstigen System nicht nur das gesamte System in Nordrhein-Westfalen pünktlicher und verlässlicher machen, sondern das hätte auch eine Ausstrahlungswirkung auf den Bund. Diese Position haben wir immer vertreten. Wir sagen das, ohne eifersüchtig zu sein. Vielmehr ist das rein der Sache geschuldet.

Hans Joachim Sistenich (Aachener Verkehrsverbund [AVV], Aachen): Die Kollegen haben eigentlich schon alles gesagt. ­ Eines ist völlig klar: Die Leistungsfähigkeit des Schienennetzes hält nicht Schritt mit der Entwicklung des Verkehrs. Das kann man am Knoten ganz deutlich sehen. Wenn wir versuchen, dort einen Fahrplan zu ändern, dann geht das so gut wie überhaupt nicht. Insofern ist das, was Herr Husmann sagt, völlig richtig: Wir müssen den Schwerpunkt auf die neuralgischen Punkte legen und zu einer Priorisierung kommen, um die Verlässlichkeit des Gesamtsystems zu steigern, bevor wir weitere Prestigeprojekte in die Welt setzen. Diesen Rückschluss muss man ziehen, und man muss auch darüber nachdenken ­ das hat auch Herr Ebbers gesagt ­, wo wir durch zielgerichtete Netzschlüsse Effekte im gesamten System erreichen. Denn wir befinden uns in der leidigen Situation, dass Hochgeschwindigkeitsverkehr, internationaler Güterverkehr und vertakteter SPNVVerkehr in der Regel auf zwei Gleisen stattfinden, und das kann auf Dauer so nicht funktionieren.

Stellv. Vorsitzender Bernhard Schemmer: Vielen Dank. ­ Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, sodass wir nun dazu kommen, die Blöcke IV und V zusammen abzuhandeln. Als Erstes hat für den Verband der Omnibusunternehmen Herr Krems das Wort. Bitte schön.

Johannes Krems (Verband Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen [NWO], Langenfeld): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Bevor ich hier zu dem Antrag der Grünen Stellung nehme, möchte ich meinen Eindruck wiedergeben, den ich heute Vormittag gewonnen habe. Wir sprechen jetzt fast drei Stunden über den Bereich der Finanzierung des ÖPNV, und davon behandeln 80 bis 90 % den Schienenverkehr. Ist der Schienenverkehr aber wirklich das Hauptstandbein im ÖPNV? ­ Ich möchte einmal die Daten des nordrheinwestfälischen Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik zugrunde legen. Wir hatten in Nordrhein-Westfalen 2,4 Milliarden Fahrten. Davon wurden im SPNV 0,33 Milliarden Fahrten durchgeführt. Dagegen wurden im Omnibusbereich 1,4 Milliarden Fahrten durchgeführt. Der Rest erfolgte mit Straßenbahnen. Das heißt, es wird immer nur über den SPNV gesprochen, aber es wird überhaupt nicht berücksichtigt, dass der Busbereich bei Weiten den größeren Anteil aufweist.

Deswegen möchte ich auf zwei Aspekte, die speziell den Omnibusbereich betreffen, eingehen. Ein Bereich ist schon angesprochen worden, nämlich die §-45-a-Gelder.

Der zweite Bereich betrifft die alte Fahrzeugförderung. Herr Becker hat gesagt, es solle ein ÖPNV-Konjunkturprogramm aufgelegt werden, und dieses solle auf Bundesebene abgesprochen werden. Wir brauchen gar nicht auf die Bundesebene zu schauen. Wir hatten bis Ende 2007 ein ÖPNV-Konjunkturprogramm auf Landesebene, nämlich die landesweite Fahrzeugförderung. Diese landesweite Fahrzeugförderung wurde in den 70er-Jahren eingeführt und führte dazu, dass in Nordrhein Westfalen moderne Verkehrsmittel gefördert wurden. Sie führte dazu, dass sich der Niederflurbus durchsetzte, und sie führte dazu, dass wir die Umweltstandards zeitnah einhalten konnten.

Das Land hat die Mittel aus der Fahrzeugförderung in die allgemeine ÖPNVAufgabenträgerpauschale überführt, allerdings keine Bindung an die Fahrzeugförderung vorgenommen. Die Folge war: Man hat sich natürlich vorgestellt, die Aufgabenträger würden miteinander sprechen und die Fahrzeugförderung fortführen. ­ Das hat zumindest auf dem Gebiet der Verkehrsverbünde ­ insbesondere erwähne ich den AVV und VRR ­, aber leider nicht auf anderen Gebieten stattgefunden. Wir stellen fest, dass die Aufgabenträger eigene Konzepte entwickeln, ohne sich miteinander abzusprechen, und das führt zu Problemen.

Ich möchte es am Beispiel des Rheinisch-Bergischen Kreises und der Stadt Leverkusen verdeutlichen: Die Stadt Leverkusen hat sich noch im Jahr 2009 entschlossen, die Fahrzeugförderung fortzuführen. Der Rheinisch-Bergische Kreis führt die Fahrzeugförderung im Jahre 2009 nicht mehr fort, mit der Folge, dass die Busse, die aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis Fahrgäste nach Leverkusen bringen, nicht an der Stadtgrenze von Leverkusen anhalten und sagen: Jetzt steigt bitte in moderne Busse um, die die Stadt Leverkusen weiterhin bezuschusst. ­ Also, hier ist der Kreis Trittbrettfahrer der Fahrzeugförderung der Stadt Leverkusen. Ich habe in unserer Stellungnahme geschrieben: Es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange sich die Stadt Leverkusen das ansieht. ­ Ich kann es Ihnen sagen: Die Zeit ist gekommen. Die Stadt Leverkusen hat beschlossen, ab 2010 keine Fahrzeugförderung durchzuführen.

Das heißt, der Ansatz, die Mittel aus der Fahrzeugförderung auf die Aufgabenträgerebene runterzubrechen, hat nicht berücksichtigt, dass auch der Bus-ÖPNV nicht aufgabenträgerscharfbezogen durchgeführt wird. Vielmehr wird er über die Grenzen hinaus durchgeführt. Deswegen plädieren wir wiederum dafür, die Fahrzeugförderung als landesweite Aufgabe zu übernehmen, damit wir wieder einheitliche Standards haben. Andere Flächenländer wie beispielsweise Bayern oder führen sie fort.

Zu den §-45-a-Mitteln. Das eine Problem sind die Kürzungen. Das zweite und viel massivere Problem, das uns betrifft, ist die Regelung im ÖPNV-Gesetz, dass die §45-a-Mittel ab 2011 in die ÖPNV-Aufgabenträgerpauschale überführt werden, und zwar ohne Bindung an die Schülerbeförderung. Unsere Erfahrungen mit der Fahrzeugförderung zeigen: Jeder wird mit den Mitteln etwas Eigenes entwickeln, sodass die Förderung der ermäßigten Schülertarife nicht mehr fortgeführt wird. Dann haben wir ein Problem. Hier wurde schon angesprochen, dass die §-45-a-Mittel das Rückgrat der Finanzierung des ÖPNV im flachen Land sind.

Wir haben in den letzen Jahren aufgrund der Finanznöte festgestellt, dass einzelne Kommunen durch Gutachten festzustellen versuchten, ob es nicht billiger wäre, den Schülerverkehr in den freigestellten Schülerverkehr zurückzuüberführen. Alle Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass es nicht zielführend ist, weil die §-45-a-Mittel für diesen Verkehr nicht vorgehalten werden, und damit ist auch der freigestellte Schülerverkehr teurer. Wenn aber nicht einmal diese Mittel da sind, rechnen wir damit, dass der freigestellte Schülerverkehr im flachen Land vordringen wird, und damit wird das ÖPNV-Angebot insbesondere in den Regionen massiv eingeschränkt. Deswegen plädieren wir dafür, dass entweder die Regelung des § 45a über 2011 weiter beibehalten wird oder dass man als Kompromiss zumindest die Bindung an die Schülerbeförderung aufrechterhält; das Modell haben wir zusammen mit dem Verkehrsministerium entwickelt.

Dr. Burkhard Rüberg (BOGESTRA, Bochum): Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, dass ich nach den vielen Beiträgen nicht nur Neues erzählen kann. Ich denke allerdings, dass es einige Differenzierungen gibt, die man aussprechen darf.

Zunächst einmal kann man feststellen, dass die im Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen gehandelten Zahlen zugrunde gelegt werden können; das gilt insbesondere für das Koch/Steinbrück-Papier und die Regionalisierungsmittel. Aus Sicht der BOGESTRA AG darf ich sagen ­ das ist hier auch schon an anderer Stelle zum Ausdruck gekommen ­, dass es trotz dieser Kürzungen keine dramatischen Leistungseinschränkungen gegeben hat und dass es auch zu keinen Verschlechterungen in der Qualität des Leistungsangebots gekommen ist.

Dieses Ergebnis stimmt. Die gelegentlich gehörte Begründung, den kommunalen Unternehmen gehe es so gut, die hätten so viel Speck und das könnten die locker verkraften, ist schlicht und ergreifend falsch. Denn seit Beginn der Restrukturierung ­ dieses Stichwort ist auch genannt worden ­ haben wir eine kumulierte Reduktion.

1995 hat man gesagt: Ihr kriegt nicht mehr als das, was 1995 auf dem Deckel steht. ­ Da haben wir eine kumulierte Reduktion von 338 Millionen als Unternehmen BOGESTRA. Davon profitieren die Städte mit 244 Millionen und Bund und Land ­ Koch/Steinbrück-Papier ­ mit 94 Millionen. Das ist eine richtige Nummer und hat nicht allein den Hintergrund, dass die kommunale Finanzausstattung mager ist ­ um es einmal diplomatisch auszudrücken ­, sondern dass wir auch nach der zitierten EU-Verordnung wettbewerbsnah zu produzieren haben. Es ist richtig, dass mit Einführung des TV-N ­ der Tarifvertrag ist genannt worden ­ und auch durch Beiträge der Altbelegschaft, durch Reduktion sowie durch Einkassieren von Betriebsvereinbarungen diese Erfolge erreicht werden konnten.

Eines möchte ich an dieser Stelle mit Blick auf Stefan Pfeifer und Herrn Neufeld sagen: Wir machen jetzt keine Tarifverhandlungen. ­ Nein, ich sage es einmal so: Die Tarifverhandlungen laufen ja. Wir sollten sie an dieser Stelle nicht fortsetzen, aber wir sollten weiterhin daran festhalten, dass der genannte Tarifvertrag der Referenztarifvertrag für die Finanzierung im VRR ist ­ auch für ein Tariflohndelta ­ und dass wir nicht riskieren dürfen, dass diese Basis durch andere Tarifverträge in Zweifel gezogen wird.