Wie bewerten Sie die Finanzausstattung des ÖPNV mit Blick auf die Zukunft?

Wie bewerten Sie die Finanzausstattung des ÖPNV mit Blick auf die Zukunft?

Den Ausführungen von Herrn Linnenbrink und Herrn Schmier habe ich allerdings entnommen, dass sich insbesondere im ländlichen Raum die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs als besonders schwierig darstellt. Meine Frage ist vielleicht ein wenig sarkastisch: Es ist doch ein Ding, dass es insbesondere zu Regierungszeiten einer Partei, die den ländlichen Raum für sich besonders reklamiert, zu den stärksten Kürzungen beim ÖPNV im ländlichen Raum kommt. Diesbezüglich möchte ich Sie um Ihre Einschätzung bitten.

Stellv. Vorsitzender Bernhard Schemmer: Herr Wißen, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie nach Ihren anfangs getätigten Äußerungen, die etwas beleidigend waren, nun kein Koreferat halten würden. Wir haben es über einen langen Zeitraum geschafft, dass sich die Abgeordneten auf Fragen reduzieren. Insofern wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie nun Ihre Frage stellen würden.

Bodo Wißen (SPD): Herr Schemmer, ich nehme an, dass sich Ihre Äußerungen auf den Abgeordneten Lorth und Ihre eigene Person als Abgeordneter beziehen.

Die Frage ist: Die Kürzungen im ländlichen Raum scheinen sich härter auszuwirken als die im städtischen Raum. Ist das so?

(Dietmar Brockes [FDP]: Das hätte man auch kürzer fragen können!) Stellv. Vorsitzender Bernhard Schemmer: Bitte schön, Herr Dr. Rüberg.

Dr. Burkhard Rüberg (BOGESTRA, Bochum): Wenn der Eindruck entstanden ist, man könne noch weiter kürzen, dann ist dieser Eindruck nicht gewollt, und er ist auch der Sache nicht angemessen.

Richtig ist, dass die Kürzung der Mittel mit der Restrukturierung von Unternehmen einherging. Das Motto war: Weg vom Monopol und hin zu wettbewerbsnahen Einrichtungen. ­ Das füge ich auch hinzu: Ordnungspolitisch war es nicht besonders lustig, der Belegschaft zu sagen: Ihr müsst Lohn- und Einkommensverzichte hinnehmen. Ihr müsst mehr arbeiten, und als Gegenleistung bekommt ihr dafür vom Bund und vom Land weniger Geld.

Ich schaue mir die anderen Aufwendungen an. Für den Energieaufwand fielen in 1999 7,9 Millionen und in 2008 14 Millionen an. Das ist alles mit verarbeitet worden. Da können Sie Dieselpreissicherungsgeschäfte und andere Dinge machen.

Was aber sicherlich nicht geht, ist eine weitere Kürzung. Und was überhaupt nicht geht, ist eine Stagnation.

Was machen wir mit der Infrastruktur? ­ 13 Verkehrsminister der Länder haben unterschrieben, dass ein Investitionsbedarf besteht.

Ich darf vielleicht noch eines zum Stichwort Wettbewerb hinzufügen: Wenn eine Kommune ein Unternehmen hat, das Leistungen erbringen soll, dann soll es die Leistungen zu wettbewerbsnahen Konditionen erbringen. Sie werden auch bei Opel niemanden finden, der für den Vorstand Fahrzeuge von Ford kauft. Der wäre ja dämlich.

Wir kooperieren und agieren wettbewerbsnah. Entscheidend ist, dass wir uns ständig vergleichen und uns durch Kooperationen gegenseitig helfen, wenn es eng wird. Das ist der vernünftige Umgang miteinander.

Werner Linnenbrink (Westfälische Verkehrsgesellschaft, Münster): Herr Wißen, Sie fragten, wo sich die Kürzungen stärker auswirken. Bei uns im ländlichen Raum kam es bei einigen Unternehmen zu Kürzungswellen als notwendige Folgemaßnahme vergangener Entwicklungen bei § 45a. Wir haben uns Fahrten angeschaut, die mit weniger als fünf Fahrgästen bestückt waren. Dann kam es zu einer Kürzungswelle. Ein paar Jahre später gab es Fahrten mit weniger als zehn Gästen. Wiederum kam es zu einer Kürzungswelle. Wenn es jetzt noch zu weiteren Kürzungswellen kommt, dann ist bald überhaupt nichts mehr da.

Man kann generell sagen: In der Fläche wirken sich diese Kürzungen und Maßnahmen substanzieller aus, weil dann die Infrastruktur in Form eines vorhandenen Angebots überhaupt nicht mehr vorhanden sein wird.

In Stadtverkehren gibt es noch Fünfzehn-, Dreißig- oder Sechzigminutentakte. Wenn man dort am Tagesrand oder am Wochenende Fahrten kürzt, dann fällt das nicht ganz so dramatisch auf.

Was das Volumen angeht, so kann ich Ihnen sagen, dass es bei uns in den letzten zehn Jahren zu einer Kürzung um 2,5 Millionen Buskilometer gekommen ist. Das ist umgerechnet eine Größenordnung von 40 bis 45 Bussen. Die könnten heute noch fahren, wenn es nicht zu diesen Kürzungen gekommen wäre. Insofern sind es gravierende Entwicklungen, die wir als Unternehmen und auch unsere Fahrgäste schleichend hingenommen haben, und diese Entwicklungen werden in den nächsten Jahren zu dramatischen Auswirkungen in den Flächenregionen führen.

Stellv. Vorsitzender Bernhard Schemmer: Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Ausführungen. Ich wünsche Ihnen eine schöne Restwoche und eine gute Heimfahrt.