Verfahrenseinstellung

Eine Einstellung der Ermittlungen nach den genannten Vorschriften setzt voraus, dass das Verfahren den Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 StGB) zum Gegenstand hat; eine Verfahrenseinstellung scheidet daher bei dem Verdacht eines Verbrechens (§ 12 Abs. 1 StGB) aus.

- Im Falle des § 153 StPO ist eine Einstellung (ohne Auflagen) nach dem +Wortlaut der Vorschrift im Übrigen dann ausgeschlossen, wenn die Schuld des Täters als nicht gering zu werten ist oder ein öffentliches Interesse an der Verfolgung der Tat besteht.

- Im Falle des § 153a StPO ist eine Einstellung dann ausgeschlossen, wenn das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung nicht durch die Erteilung von Auflagen oder Weisungen beseitigt werden kann oder die Schwere der Schuld dem Absehen von der Verfolgung entgegensteht.

Frage 10. Hat der Hinweis auf Vorstrafen Einfluss auf eine Einstellung bzw. Nichteinstellung und wie lange müssen Vorstrafen zurückliegen, damit es zu einer eventuellen Einstellung kommt?

Vorstrafen des Beschuldigten sind bei der Bemessung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung von Bedeutung. So sieht auch die für den Bereich des Ladendiebstahls durch Erwachsene erlassene Rundverfügung des Generalstaatsanwalts bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 28. September 2000 vor, dass eine Einstellung nach §§ 153, 153a StPO in der Regel nur für Ersttäter in Betracht kommt. Für Wiederholungstäter ist sie danach grundsätzlich ausgeschlossen, sofern nicht besondere Umstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters vorliegen. Die Rundverfügung sieht im Übrigen vor, dass eine des Ladendiebstahls verdächtige erwachsene Person ausnahmsweise wie ein Ersttäter behandelt werden kann, wenn sie während der letzten drei Jahre vor der Tat nicht wegen einer gleichartigen oder im Unrechtsgehalt vergleichbaren Tat verurteilt oder durch ein nach den §§ 153, 153a StPO eingestelltes Ermittlungsverfahren gewarnt worden ist.

Für die Praxis der Finanzbehörden ist zu ergänzen: Bei einer nachgewiesenen Steuerhinterziehung kommt eine Verfahrenseinstellung nach §§ 153, 153a StPO generell nur bei Ersttätern und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen (vgl. Antwort zu Frage 9) in Betracht. Im Bereich der Finanzverwaltung gibt es keine Regelung, nach der ein Wiederholungstäter (mit entsprechender Vorstrafe) nach Ablauf einer bestimmten Frist wieder wie ein Ersttäter behandelt werden und bei einer nachgewiesenen Steuerhinterziehung mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach §§ 153, 153a StPO rechnen kann.

Frage 11. Wie ist das Verfahren bei Einstellungen im Rahmen von Sexualstraftaten?

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung teilweise (§§ 176a, 176b, 177, 178) um Verbrechen handelt, bei denen unbesehen der Umstände des Einzelfalls eine Einstellung nach den §§ 153, 153a StPO von vornherein ausgeschlossen ist.

Aber auch soweit der Verdacht eines Vergehens gegen die sexuelle Selbstbestimmung den Gegenstand des Verfahrens bildet, dürfte eine Verfahrenserledigung im Rahmen der genannten Opportunitätsvorschriften kaum in Betracht kommen, da insoweit ein öffentliches Interesse an der Verfolgung regelmäßig zu bejahen sein wird.

Verwaltungsvorschriften existieren hierzu im Geschäftsbereich des Hessischen Ministeriums der Justiz nicht.

Frage 12. Wann ist die Einstellung eines Strafverfahrens ausgeschlossen?

Die sehr allgemeine Frage kann für das Ermittlungsverfahren nur durch einen Hinweis auf das Legalitätsprinzip in § 152 Abs. 2, § 160 StPO, die Ausnahmevorschriften in den §§ 153 bis 154e StPO, § 31a BtMG, § 398 AO sowie die Regelung über die Verfahrenseinstellung in § 170 Abs. 2 StPO beantwortet werden. Eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft oder die Finanzbehörden ist danach ausgeschlossen, wenn und solange

- zureichende Anhaltspunkte für eine verfolgbare Tat vorliegen und

- die Voraussetzungen der Opportunitätsvorschriften in den §§ 153 bis 154e StPO, § 31a BtMG, § 398 AO nicht gegeben sind und

- nach Ausschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten ein hinreichender Tatverdacht im Sinne von § 170 Abs. 2, § 203 StPO nicht zu verneinen ist.

Im gerichtlichen Verfahren kommt die Einstellung des Verfahrens neben den in § 153 Abs. 2, § 153a Abs. 2, § 153b Abs. 2, § 153e Abs. 2, § 154 Abs. 2,

§ 154a Abs. 2, § 154b Abs. 4, § 154e Abs. 2 StPO geregelten Fällen bei längerer Abwesenheit oder anderer Verhinderung des Angeschuldigten (§ 205 StPO), bei Bestehen eines Verfahrenshindernisses (§§ 206a, 260 Abs. 3 StPO) sowie in bestimmten Fällen einer Änderung des Gesetzes vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 206b StPO) in Betracht.

Frage 13. Gibt es bei der Einstellung für Eigentums- und Vermögensdelikte eine Wertgrenze?

Die Rundverfügung des Generalstaatsanwalts bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 28. September 2000 sieht für Strafverfahren wegen des Verdachts des Ladendiebstahls gegen Erwachsene vor, dass eine Einstellung in der Regel nur erfolgen kann, wenn der Wert der entwendeten Sache(n) nicht mehr als 10,22 (20 DM) beträgt. Im Falle der vorläufigen Einstellung nach § 153a StPO beträgt dieser Grenzwert 51,13 (100 DM). Neben diesen für die Staatsanwaltschaften in Hessen verbindlichen - Maßgaben sind Regelungen zu entsprechenden Wertgrenzen weder im Gesetz noch für den Geschäftsbereich des Hessischen Ministeriums der Justiz auf der Ebene von Verwaltungsvorschriften ersichtlich.