JVA

Landtag Nordrhein-Westfalen - 5 - APr 14/1126 arzt konnte nur noch den Tod der Frau feststellen. Zur Feststellung der Todesursache soll am Nachmittag/Abend des heutigen Tages die Obduktion stattfinden. ­

Die Obduktion hat vorgestern stattgefunden; der Tod der Frau ist durch Strangulation eingetreten.

Meine Damen und Herren, jeder Langzeitbesuchsraum verfügt über eine Meldeeinrichtung, über die Besucher und Besuchte ein akustisches und optisches Signal in der Zentrale des Besuchsbereiches und an der Außenpforte auslösen können. Während des fraglichen Besuchs wurde die Einrichtung nicht betätigt.

Polizei und Rettungsdienste wurden sofort benachrichtigt. Der Gefangene wurde zunächst zur Behandlung in ein örtliches Krankenhaus und noch am selben Tag in das Justizvollzugskrankenhaus in Fröndenberg verlegt, wo er jetzt noch ist.

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelt zu dem furchtbaren Geschehen umfassend und mit großem Nachdruck. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Ermittlungen auch heute, wenige Tage nach der schrecklichen Tat, noch am Anfang stehen.

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Wuppertal hat mir aktuell berichtet, der Beschuldigte habe bei der polizeilichen Vernehmung am 12. April 2010 von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht.

Über den Fortgang der Ermittlungen werde ich vom Leitenden Oberstaatsanwalt in Wuppertal im Rahmen der mir obliegenden Fachaufsicht laufend unterrichtet. Das Ergebnis der Ermittlungen müssen wir abwarten. Deshalb handelt es sich bei dem, was ich heute sagen kann, um vorläufige, noch nicht endgültig gesicherte Erkenntnisse. Das gilt insbesondere im Hinblick auf das Motiv, die Tatwerkzeuge und den genauen Tathergang.

Der tatverdächtige Gefangene verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes. Das erkennende Gericht hat eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Die vom OLG Hamm auf 20 Jahre festgesetzte Mindestverbüßungsdauer wird am 14. Juni 2011 erreicht sein.

Der Gefangene wurde am 20. Juni 1991 verhaftet, die Verurteilung wurde am 15. Oktober 1992 rechtskräftig. Von der Einweisungsanstalt, der JVA Hagen, wurde der Gefangene zunächst in die JVA Geldern eingewiesen und von dort in die JVA Münster verlegt, um einen Schulabschlusskurs zu absolvieren.

Am 20. Juli 1995 wurde er in die JVA Remscheid verlegt und erreichte dort den Realschulabschluss. Auf eigenen Wunsch verblieb er im Anschluss in der Anstalt. Die Anstalt konnte ihm aufgrund seines Vollzugsverhaltens einen sogenannten Vertrauensarbeitsplatz in der Bücherei vermitteln, auf dem er seit August 2004 eingesetzt war. Seit März 2009 war er darüber hinaus auf seiner Abteilung als Essensträger eingesetzt, weil er als besonders zuverlässig galt. Sein Vollzugsverhalten galt als beanstandungsfrei.

Selbstständige Vollzugslockerungen konnten ihm noch nicht gewährt werden, weil Gutachter dies im Hinblick auf seine Persönlichkeit als problematisch erachteten.

Begründet wurde dies damit, dass der Gefangene trotz langjähriger Therapie seine Tat noch nicht hinreichend aufgearbeitet habe.

Zur Beziehung zwischen dem Gefangenen und seiner Partnerin lässt sich sagen, dass seit 2005 Besuchskontakte bestanden. Dem ersten Besuch am 3. Juli 2005 folgten 23 Besuche im selben Jahr, 32 Besuche im Jahr 2006, 14 im Jahr 2007, drei im Jahr 2008 und einer im Jahr 2009. Bei diesen gerade erwähnten Besuchen handelte es sich um Besuche in der normalen Besuchsabteilung unter Beaufsichtigung durch mindestens einen Vollzugsbediensteten.

Der Rückgang der Zahl dieser Besuche erklärt sich mit der am 16. Mai 2006 erfolgten Zulassung zu Langzeitbesuchen. Vor der Aufnahme der Langzeitbesuche hat der Gefangene selbst seine Partnerin über die Umstände der früheren Tat informiert.

Davon hat sich der Sozialdienst der Anstalt in einem Gespräch mit der Partnerin überzeugt.

Die Zahl der Langzeitbesuche, die ohne Überwachung durch Bedienstete stattfinden, belief sich auf 12 Besuche im Jahr 2006, 23 im Jahr 2007, 20 im Jahr 2008, 18 im Jahr 2009 und zwei Besuche 2010. Der letzte Langzeitbesuch hatte noch vor Kurzem, nämlich am 16. März 2010, stattgefunden. Nach gegenwärtigem Stand der Ermittlungen hat das Opfer in den vergangenen Wochen gegenüber dem Täter eine Trennungsabsicht geäußert. Dies war einer im Besuchsraum aufgefundenen Nachricht zu entnehmen.

Zu der gestern Abend über die Medien verbreiteten Äußerung, der Gefangene habe sich dem Vernehmen nach Bediensteten der Anstalt anvertraut und über eine Krise in der Beziehung zu seiner Lebensgefährtin berichtet, habe ich die Anstaltsleiterin um Bericht gebeten. Diese hat mir heute Morgen berichtet, dass sie mit den folgenden Personen gesprochen habe: Dem zuständigen Sozialarbeiter und Betreuer, der langjährigen Therapeutin, den ständigen Abteilungsbeamten, den die Ausführung regelmäßig begleitenden Beamten, dem früheren und jetzigen Leiter des Besuchsbereichs, dem katholischen Seelsorger, dem Personalratsvorsitzenden, welcher der Gewerkschaft ver.di angehört, der Inspektorin für Sicherheit und Ordnung, dem Vollzugsabteilungsleiter und mit mehreren langstrafig Inhaftierten, die mit dem Gefangenen H. vertraut oder sogar freundschaftlich verbunden waren.

All diese Personen hätten übereinstimmend angegeben, dass sie von Problemen in der Beziehung des Gefangenen keine Kenntnis gehabt hätten. Einige hätten sogar berichtet, dass sie den Gefangenen noch am vergangenen Wochenende ­ unmittelbar vor dem Langzeitbesuch ­ positiv gestimmt wahrgenommen hätten. Er habe sich auf den Besuch, den er durch die Zubereitung verschiedener Salate aufwendig vorbereitet habe, sehr gefreut.

Die Anstaltsleiterin hat weiter berichtet, dass die Informationsquelle für die in den Medien verbreitete Äußerung kein Bediensteter der Anstalt sein könne, der tatsächlich mit dem Gefangenen in engem Austausch gestanden habe.

Zum Grundsatz der Langzeitbesuche: Diese werden nur Gefangenen genehmigt, die als besonders zuverlässig gelten und über Besuchspartner ­ Ehegatten, Kinder, Partner ­ verfügen, die eine als förderungswürdig einzustufende Beziehung zu ihnen aufweisen.

Im konkreten Fall war der Genehmigung von Langzeitbesuchen am 16. Mai 2006 eine Prüfung vorausgegangen. Die Partnerin des Gefangenen war seit Juli 2005 regelmäßig zwei- bis fünfmal monatlich zum Besuch erschienen. Die bis dahin insgesamt 47 Begegnungen im Besuchsbereich waren von den Besuchsbeamten als einträchtig und förderungswürdig erlebt worden. Die Teilnehmer der Vollzugskonferenz entschieden daraufhin, den Gefangenen zum Langzeitbesuch mit seiner Partnerin zuzulassen.

Es erfolgten im Zeitraum vom August 2005 bis zum Januar 2010 zudem 14 Ausführungen des Gefangenen zu der Partnerin. Auch die diese Ausführungen begleitenden Bediensteten beschrieben den Umgang zwischen dem Gefangenen und seiner neuen Partnerin als sehr harmonisch und liebevoll. Der Gefangene hatte darüber hinaus nahezu täglich Telefonkontakt zu seiner Partnerin. Außerdem fand ein regelmäßiger Schriftwechsel statt.

Der Telefonkontakt wurde nicht generell überwacht, aber mehrere Telefonate des Gefangenen mit seiner Partnerin wurden mitgehört, zuletzt am 11. und 16. März 2010. Dabei ergaben sich keine Auffälligkeiten, die auf eine Verschlechterung der Beziehung hingedeutet hätten.

Der Schriftwechsel des Gefangenen mit seiner Partnerin unterlag nicht der inhaltlichen Überwachung. Es wurde lediglich eine sogenannte Sichtkontrolle durchgeführt, das heißt die Post auf verbotene Einlagen hin kontrolliert. Dies entspricht der Rechtslage. Für eine im Einzelfall gegebenenfalls darüber hinausgehende inhaltliche Kontrolle des Schriftwechsels bestand kein konkreter Anlass. Sie ist gemäß § 29 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz nur zulässig, soweit es aus Gründen der Behandlung, der Sicherheit oder der Ordnung erforderlich ist. Die über lange Jahre währende Beobachtung des Verhaltens des Gefangenen hatte keine Anhaltspunkte dafür ergeben.

Meine Damen und Herren, ich betone noch einmal, dass es sich um einen vorläufigen Bericht handelt. Wie Sie gehört haben, gibt es von den Angaben der Anstaltsleiterin abweichende Äußerungen. Was die Wahrheit ist, kann ich heute ebenso wenig feststellen wie Sie. Es ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die Wahrheit zu ermitteln.

Zum Abschluss möchte ich sagen: Trotz des furchtbaren Ereignisses warne ich nachdrücklich davor, den Stab über die Einrichtung des Langzeitbesuches zu brechen, die seit 1989 in Nordrhein-Westfalen praktiziert wird. Sehr hilfreich und im Sinne der Langzeitbesuche war das besonnene Verhalten von Frau Düker, der ich für ihren sofortigen Aufruf danke, dieses tragische Ereignis nicht für den Wahlkampf zu missbrauchen.

Landesweit werden jährlich Tausende von Langzeitbesuchen durchgeführt. In den vergangenen zehn Jahren waren es insgesamt knapp 80.000. Diese haben nicht nur keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben, sondern waren Ausgangspunkt für tragfähige Beziehungen, die sich auch nach der Haftentlassung bewährt und damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit der gesamten Gesellschaft geleistet haben. ­ Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.