Verteilungskämpfe

Meines Erachtens geht es aber weniger um Neubau, sondern um die Nutzung dessen, was im Markt schon vorhanden ist.

Vorsitzender Wolfgang Röken: Gibt es noch weitere Nachfragen? - Herr Becker.

Horst Becker (GRÜNE): Zum einen würde ich gerne bei Ihnen, Herr von Grünberg, nachhaken. Der allgemeine Hinweis, dass man um die Haushaltsmittel streiten muss, ist zwar richtig, bringt aber vor dem Hintergrund der Haushaltslage und der Verteilungskämpfe nicht wirklich weiter. Ich würde Sie gerne noch einmal fragen, ob es nicht leichtfertig ist, auf die Einnahme von 34 Millionen oder nach Abzug der Verwaltungskosten netto 29 Millionen zu verzichten, solange man nicht ernsthaft davon ausgehen kann, dass andere Vorschläge - lassen wir einmal deren Bewertung außen vor - auch durchsetzungsfähig sind.

Ich glaube, dass Ihr Vorschlag, den ich am Schluss gehört habe, zurzeit nicht durchsetzungsfähig ist. Er würde im Übrigen auch nicht die volle Deckung bringen. Er erscheint mir jedenfalls nicht durchsetzungsfähig, denn die Landesregierung geht gerade den umgekehrten Weg und hat die Förderung im ländlichen Raum verstärkt, wenn wir uns die Zahlen ansehen. Das hat uns nicht gepasst, das haben wir kritisiert. Gleichwohl muss man das als Verband zur Kenntnis nehmen und kann nicht auf die reine Lehre zurückgreifen und sagen: Wir verzichten auf die Ausgleichsabgabe, eigentlich könnte man das so und so kompensieren. - Dazu würde ich gerne noch einmal etwas von Ihnen hören. Das fand ich nicht überzeugend.

Meine zweite Frage geht etwas quer zu der Reihenfolge. Ich beziehe mich auf die Stellungnahme der GAG. Deren Sprecher, Herr Ott, hat die Spitzenfinanzierung als eine Überlegung eingeführt vor dem Hintergrund der Problematik, dass die Kommunen wegen der Haushaltslage nun vermehrt dazu übergehen, keine verbilligten, also subventionierten Grundstücke mehr abzugeben. Dazu würde ich insbesondere die Vertreterin des Städtetages, Frau Kort-Weiher, fragen: Wäre diese Möglichkeit der sogenannten Spitzenfinanzierung, ich nenne es einmal die Heruntersubventionierung der Grundstückspreise - unabhängig davon, ob man das rechtlich durchsetzen kann -, aus Ihrer Sicht ein gangbarer Weg, um diese Problematik etwas zu umschiffen und künftig wieder andere Renditen in diesem Wohnungsbestand erreichen zu können?

Bernhard von Grünberg: Herr Becker, Sie sprechen von durchsetzungsfähig. Wir sind mit zwei Gesetzentwürfen konfrontiert und können sagen: 80 % des Landtags will praktisch den Ausstieg; man traut sich nur nicht, den Ausstieg richtig zu vollziehen. Dann davon zu träumen, die Fehlbelegungsabgabe beizubehalten oder vielleicht sogar die Einnahmen zu vermehren, sehe ich als mindestens genauso wenig durchsetzungsfähig an.

Mein Beitrag sollte dazu dienen, Ihnen klar zu machen, dass es große Probleme in diesem Land gibt, die man nicht vor allem auf Kosten der Einnahmen der Wenigen lösen kann, die noch in den Wohngebieten mit den sehr einseitigen Sozialstrukturen wohnen.

Denn die Situation ist so, dass Sie aus dem Bereich nicht mehr viel herausholen 25 von 39 nen. Da wohnen keine großen Zahlen von Fehlbelegern mehr. Es gibt nicht mehr die Situation von vor 30 Jahren, wo es sehr stark gemischte Wohngebiete gegeben hat.

Sie entnehmen ja den Berichten der Wfa, dass die Zahlen auch unabhängig von der Fehlbelegungsabgabe immer weiter heruntergegangen sind; die Bewohnerstruktur ist immer einseitiger geworden. Gehen Sie doch einmal durch die Siedlungen! Wo wohnen denn da noch reiche Menschen? Die wohnen doch nicht mehr im öffentlich geförderten Wohnungsbau; da lachen ja die Hühner! Dort gibt es immer einseitigere Sozialstrukturen. Zu glauben, daraus könnte man eine Gelddruckmaschine machen, und das sei die einzige Möglichkeit, noch Wohnungsbaufinanzierung zu machen, ist unrealistisch. Das darf auch nicht so sein. Sie haben in den Siedlungen die Ressourcen nicht mehr, um dort noch großartig Geld herauszupressen.

Sie haben außerdem dafür hier die Mehrheiten nicht, auch wenn natürlich bei den Fraktionen unterschiedliche Motivationen vorhanden sind. Das, was die Grünen in der Vergangenheit noch durchgesetzt haben, nämlich die Beibehaltung der Fehlbelegungsabgabe, wäre nach meiner Einschätzung ja schon vor längerer Zeit abgeschafft worden, wenn die Grünen nicht immer wieder darauf bestanden hätten. Zugleich haben die Grünen - das ist jedenfalls meine Erfahrung - zumindest zum Teil eine Wohnungsbauförderung verhindert, weil sie erstens gesagt haben sie wollten die Nachbarschaft vor dieser Art Mieterstrukturen schützen, und zweitens deshalb, weil sie natürlich ökologische Sonderprogramme durchführen wollten, die viel Geld gekostet haben.

Vorsitzender Wolfgang Röken: Betrachten wir das als Diskussionsbeitrag! - Herr Ott.

Günter Ott: Ich war zwar nicht angesprochen, aber vielleicht zu den Ausführungen des Mieterbundes: Ich denke, in unseren Städten bildet sich etwas anderes ab. Die Stadt sortiert sich natürlich, und die Menschen in einer Stadt sortieren sich auch. Das ist klar.

Aber den Zugang zu den Stadtvierteln, die vorhin angesprochen worden sind, hat sicherlich nicht die Mieterklientel, die bei uns in den Wohnvierteln wohnt. Die Alternativen sind nicht sonderlich groß, die Mieten sind aber hoch. Wir reden auch nicht von Reichen. Die Einkommensgrenzen sind relativ gering; Reiche sind das mit Sicherheit nicht.

Es sind Menschen, die etwas mehr Einkommen haben als andere, aber sicherlich nicht die, die Sie meinen, die sich in einer Stadt die Villa oder das Grundstück aussuchen und auch bezahlen können. Die Preise dafür liegen bekanntlich in einer Stadt wie Köln weit über der Millionengrenze.

Gesine Kort-Weiher: Es war gefragt worden, ob es eine sinnvolle Idee ist, Wohnraumfördermittel als Spitzenfinanzierung einzusetzen, um die Grundstückspreise herunterzusubventionieren, wenn ich das richtig verstanden habe, Herr Becker. - Das wäre sicherlich eine Idee, über die man nachdenken könnte. Ich weiß aber nicht, warum man diesen komplizierten Weg gehen sollte.

Fakt ist, dass sich offenbar die Investition in bestimmte Sozialwohnungsbauvorhaben nicht lohnt, weil die erzielbaren Mieten nicht ausreichen, um das Ganze wirtschaftlich zu gestalten. Dann kann man natürlich darüber nachdenken, ob man das über die Grundstücke regelt. Wenn entsprechende Grundstücksnachlässe nicht mehr da sind, muss das Land ja keine Spitzenfinanzierung für die Grundstücke geben, sondern vielleicht wäre es schon hilfreich, wenn man dann, wenn sich eine Wirtschaftlichkeit nicht darstellen lässt, darüber nachdenkt, ob die Fördersätze noch angemessen sind. Dann brauche ich den komplizierten Weg mit den Grundstücken nicht zu gehen.

Vorsitzender Wolfgang Röken: Danke schön. - Wir kommen zu dem nächsten Block, der wahrscheinlich auch einen gewissen Spannungsbogen enthält. Als Erster nimmt Herr Falk Kivelip Stellung.

Falk Kivelip (Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen NRW): Herzlichen Dank für die Einladung, hier zu Ihnen sprechen zu dürfen. Ich nehme an, Herr Vorsitzender, ich bin der eine Pol dieses Spannungsbogens, und die anderen kommen hinterher. Als Vertreter der Wohnungswirtschaft - Frau Sinz hat es ja schon angedeutet - hatte unser Verband gemeinsam mit dem Rheinland Westfalen und anderen wohnungswirtschaftlichen Verbänden in den letzten Jahren immer wieder zu diesem Thema Stellung genommen. Ich selbst bin jetzt 24 Jahre in dem Geschäft. Ich bin in die Verbandsarbeit zu dem Zeitpunkt eingetreten, als dieses Gesetz in Kraft getreten ist; ich begleite diese Sache also schon über fünf oder sechs Anhörungen. Die letzte Anhörung, an die ich mich sehr deutlich erinnere, war die von 1999, als wir, Frau Sinz, in einer ähnlichen Konstellation hier zu diesem Thema diskutiert haben. Damals war die SPD-Fraktion - Herr von Grünberg, Sie werden sich vielleicht erinnern - bestimmten Modellen noch eher zugänglich, die dann aber nicht zum Tragen kamen, weil es interkoalitionäre Probleme in der damaligen Regierung gab.

Aber ich will nicht zu sehr in die Vergangenheit schweifen. Frau Sinz hat die Stellungnahme der Wohnungswirtschaft bereits abgegeben. Ich will das nicht alles wiederholen, sondern habe mich auf ein Thema kapriziert, und zwar: Wie stellt man eigentlich den Subventionsvorteil fest? Und ist diese Feststellung eines Subventionsvorteils eigentlich vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1988 haltbar - mit den Instrumenten, mit denen wir das machen?

Zunächst einmal: Das Urteil von 1988, das Herr Becker ja schon zitiert hat, enthält sehr wohl einen Hinweis darauf, dass es möglicherweise sinnvoll ist, eine solche Abgabe zu erheben. Als Wohnungswirtschaft haben wir auch in der Anhörung von 1999 gesagt, dass es im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft geboten erscheint, eine Subvention, die nicht mehr berechtigt ist, in der einen oder anderen Weise zurückzufordern. Das zum Grundsätzlichen. Das spricht erst einmal für eine Beibehaltung der Abgabe.

Dennoch haben wir in unserer Stellungnahme darauf verwiesen, dass das Bundesverfassungsgericht auch gesagt hat, dass es zunächst einmal nur Aufgabe einer solchen Abgabe ist, den Subventionsvorteil abzuschöpfen. Es hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Abgabe keinen steuerartigen oder abgabeartigen Finanzierungscharakter haben sollte, für welchen Zweck auch immer. Deshalb erscheint mir die Diskussion darüber, ob das nun ein Finanzierungsinstrument für dieses oder jenes im Rahmen der Wohnungswirtschaft oder der Wohnungspolitik sein kann, obsolet, weil es im Grunde verfassungswidrig wäre.