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Landtag Nordrhein-Westfalen Ausschussprotokoll 14/155

9. Sitzung (öffentlich) St-rt sein muss, bedarf keiner besonderen Begründung und wird meines Wissens auch von niemandem ernsthaft angezweifelt. Widersinnig ist es dann aber, diese landesweit wahrzunehmende Aufgabe einem allenfalls regional zuständigen Organisationsteil unterstellen zu wollen.

Nochmals sei hier auf Schleswig-Holstein verwiesen, wo die Wasserschutzpolizei gerade nach der Organisationsreform dem landesweit zuständigen Landespolizeiamt zugeordnet ist. Das erscheint vernünftig und ist konsequent in der Strukturierung. Warum die Stellungnahme aus Schleswig-Holstein dann allerdings zu dem Schluss kommt, dass die Eingliederung der WSP NRW zu einer nur örtlich begrenzt aktiven Organisationseinheit, dem PP Duisburg, ein Schritt in die richtige Richtung sei, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Insgesamt bin ich der festen Überzeugung, dass die Wasserschutzpolizei Nordrhein Westfalens in ihrer heutigen Struktur gut aufgestellt ist und eine Eingliederung in das PP Duisburg weder nennenswerte Synergieeffekte noch Effizienzgewinne oder größere Bürgernähe bringen kann. Sie können sicher sein, dass ich als Vertreter einer großen deutschen Reederei weiß, wovon ich beim Thema Verwaltungskostenreduzierung rede.

Dies brächte jedoch Unsicherheit für die Beschäftigten und würde die Gefahr in sich bergen, dass die Polizei des vom damaligen EU-Verkehrskommissars Karl Van Miert so bezeichneten vergessenen Verkehrsträgers Binnenschifffahrt, der inzwischen wegen seiner anerkannt hohen Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Sicherheit allenthalben wieder aus der Ecke herausgeholt worden ist, durch das Vorhaben des Innenministeriums im Abseits landet.

Wenn aus Gründen, die nicht sachlicher, sondern strategischer Natur sind, an dem Vorhaben festgehalten wird, sollte in jedem Fall der so genannte Unabdingbarkeitskatalog beachtet werden, den ich in meiner schriftlichen Stellungnahme zu Frage 12 bereits ausführlich dargelegt habe. Für weitere Fragen stehe ich selbstverständlich gern zur Verfügung. Herzlichen Dank.

Vorsitzender Winfried Schittges: Herr Hötte, herzlichen Dank. ­ Ich darf nun Herrn Dugas, Inspekteur der Polizei a. D. aus Lünen, um sein Wort bitten. Bitte schön, Herr Dugas.

Ulrich Dugas (Inspekteur der Polizei a. D., Lünen): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Verehrte Damen und Herren! Die derzeitige Polizeiorganisation ist von einer übergroßen Anzahl von Behörden mit sehr unterschiedlicher Leistungsfähigkeit und von stark zersplitterter Zuständigkeit geprägt. Das macht die Polizei in Nordrhein-Westfalen unwirtschaftlich. Ihre Leistungsfähigkeit ist wesentlich beeinträchtigt. Der vorliegende Gesetzesentwurf ändert hieran nichts Entscheidendes. Die Reduzierung um drei Polizeibehörden ist völlig unzureichend. Zuständigkeiten werden nicht gebündelt, sondern verschoben. Unterschiedliche Leistungsfähigkeiten werden nicht ausgeglichen.

Ein Gesamtkonzept zur Neuorganisation der Polizei liegt nicht vor. Meines Erachtens ist es zwingend erforderlich, weil es die Vor- und Nachteile von einzelnen Organisationsentscheidungen bewertbar machen würde. Mit diesem Gesetzentwurf wird sozusagen

9. Sitzung (öffentlich) St-rt ins Blaue organisiert, auch auf die Gefahr hin, dass die Organisationsinhalte ­ bezogen auf ein mögliches Gesamtkonzept ­ unverträglich sind.

Dem Vernehmen nach sind weitere Organisationsveränderungen beabsichtigt. Man darf gespannt sein, wohin diese die nordrhein-westfälische Polizei führen wird. Ich bin mir sicher, dass dieses scheibchenweise Vorgehen nicht zu einer Polizeiorganisation aus einem Guss ­ wie Herr Richter sagt ­, sondern zu Dauerstress in der Polizei führen wird. Dies dürfte negative Auswirkungen auf die Arbeitsmotivation der Beschäftigten und damit auf die Qualität und die Ergebnisse polizeilicher Leistungen haben.

Schließlich stellt sich mir persönlich die Frage, was aus den Landratsbehörden, insbesondere aus den Minibehörden wird. Sind sie unantastbar? Unter dem Strich komme ich zu folgendem Ergebnis: Eine sachgerechte Neuorganisation, wie sie die nordrheinwestfälische Polizei verdient hat, und die die Wirtschaftlichkeit und die Leistungsfähigkeit entscheidend verbessern sowie auf Dauer gesehen für mehr Bürger- und Beschäftigtenzufriedenheit sorgen würde, wird mit diesem Gesetzesentwurf nicht erreicht. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender Winfried Schittges: Auch Ihnen ein herzliches Dankeschön, Herr Dugas.

­ Ich darf nun den Polizeipräsidenten der Stadt Münster, Herrn Hubert Wimber, um sein Wort bitten.

Hubert Wimber (Polizeipräsident, Münster): Sehr geehrter Vorsitzender! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben seit mehr als einem Jahr mit dem Bericht der Scheu-Kommission ein Fachkonzept für die Neuorganisation der Kreispolizeibehörden in Nordrhein-Westfalen auf dem Tisch liegen, an dem sich auch der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung messen lassen muss.

Der Bericht der Scheu-Kommission war von dem Grundsatz getragen, Behörden in Nordrhein-Westfalen so zu organisieren, dass alle Behörden in der Lage sind, das polizeiliche Aufgabenspektrum nach § 1 Polizeiorganisationsgesetz möglichst umfassend wahrzunehmen. Ich glaube, dass dieser Grundgedanke auch in der Nachfolgediskussion weiterhin richtig und alternativlos ist. Insofern bedaure ich, dass die Umsetzung des Berichts der Scheu-Kommission gegenwärtig keine parlamentarische Mehrheit hat. Ich muss diesen Umstand aber auch zur Kenntnis nehmen.

Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung eine suboptimale Lösung, geht aber, bezogen auf das Ende der organisatorischen Selbständigkeit von Spartenpolizei, nach meiner Auffassung in die richtige Richtung. Ich glaube nicht, dass die Beibehaltung einer Spartenpolizei bei Akzeptanz aller Spezialisierungen ein zukunftgerichtetes Modell ist. Die gegenwärtige Organisationsform ist tradiert und aus meiner Sicht überholt. Wir haben es bei der Polizei mit einer Vielzahl von Spezialisierungen zu tun, etwa im Bereich der Ermittlung, im Bereich der Wirtschaftskriminalität.

Niemand käme ernsthaft auf die Idee, auf Grund dieser Spezialisierung eine gesonderte Organisationsform für diese Art polizeilicher Aufgabenwahrnehmung einzurichten.

Gründe dafür liegen im Wesentlichen darin, dass Personalentwicklung so, wie wir sie heute verstehen, vor dem Hintergrund der Ausbildung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in einer Art Spartenpolizei nicht realisierbar sind.

9. Sitzung (öffentlich) St-rt

Diese Ausführungen beruhen auf den Erfahrungen einer Großbehörde, die das gesamte Spektrum polizeilicher Aufgabenwahrnehmung durchführt. Die Ausführungen gelten nicht für die geplante Zusammenlegung der Polizeipräsidien Leverkusen und Köln sowie Essen und Mülheim. Auch hier scheint mir aus den Gründen, die meine Vorredner schon erläutert haben, kein systemischer Ansatz vorhanden, sondern eher das Zufallsprinzip entscheidungsleitend zu sein.

Lassen Sie mich eine zweite Bemerkung machen. In der politischen Diskussion um den Gesetzentwurf wird häufig auch von gewerkschaftlicher Seite gesagt, dass die aufnehmenden Behörden die Autobahnpolizei sozusagen als personellen Steinbruch für die vermeintliche Personalmisere in ihren Behörden nutzen würden. Ich finde diese Diskussion ärgerlich und unseriös. Unseriös finde ich sie insbesondere deswegen, weil alle potenziell begünstigten Behörden von dem Gesetzentwurf in der Vergangenheit bereits Erfahrungen mit der Wahrnehmung überörtlicher Aufgaben gesammelt haben, insbesondere auf der Grundlage der §§ 2 und 4 der Kriminalhauptstellenverordnung. Niemand hat in der Vergangenheit bisher ernsthaft den Vorwurf erhoben, wir würden das Personal für die Erledigung von Hauptstellenaufgaben für örtliche polizeiliche Bedürfnisse nutzen. Dies wird auch in der Zukunft nicht der Fall sein. In dieser Beziehung spreche ich auch für die vier Behördenleiter, die, wenn der Gesetzentwurf der Landesregierung Wirklichkeit wird, in der gleichen Situation sind wie wir.

Es gibt darüber hinaus natürlich die Möglichkeit, dass das Innenministerium im Rahmen der so genannten belastungsbezogenen Kräfteverteilung Sockelstellen für die Autobahnpolizei vorsieht, wenn es als Setzung eines Landesstandards sinnvoll und erforderlich ist. Insofern sollte man bei der Diskussion bei den Realitäten bleiben, aber nicht mit unseriösen Spekulationen arbeiten. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender Winfried Schittges: Herr Wimber, ich sage auch Ihnen ein herzliches Wort des Dankes. ­ Aus dem Innenministerium von Schleswig-Holstein darf ich nun den Abteilungsleiter der Polizei, Herrn Ministerialdirigenten Axel Lüdders, um sein Wort bitten. Bitte schön.

Axel Lüdders (Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium Schleswig Holstein, Kiel): Danke schön. Ich beziehe mich bei meinen Ausführungen auf meine schriftliche Stellungnahme und möchte nur einige Ergänzungen machen. Ziel der schleswig-holsteinischen Polizeireform, die am 01.01.2006 faktisch abgeschlossen war, war die Reduzierung des Stabs- und Führungspersonals durch die Reduzierung der Zahl der Polizeibehörden im Lande Schleswig-Holstein.

Wir haben von ursprünglich 24 Polizeibehörden auf 11 reduziert: acht Flächendirektionen, ein Landespolizeiamt, eine Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung der Bereitschaftspolizei und ein Landeskriminalamt und darüber die Polizeiabteilung im Innenministerium. - Auf diese Art und Weise haben wir etwa 5 % des gesamten Polizeipersonals herausgeholt, was ­ salopp formuliert ­ als mehr grün auf der Straße angekommen ist. Es ist eine Teilmenge angekommen. Wir sind noch nicht ganz fertig. Wir wollen auch noch die Zahl der Leitstellen von 15 auf vier reduzieren.