Beratungsstelle

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Durchführung die volle Verantwortung. Im obliegt es, ein angemessenes Beratungsangebot sicherzustellen.

Eine Beratung, die den dargestellten inhaltlichen Anforderungen genügen soll, muss von persönlich und fachlich qualifiziertem Personal durchgeführt werden, dessen Zahl so bemessen sein muss, dass ein Beratungsgespräch nicht unter Zeitdruck steht. In Fällen, in denen es um die Beratung einer besonders schwierigen Lage geht, muss es möglich sein, auf Sachverständige zurückzugreifen, die über die jeweils erforderlichen Fachkenntnisse verfügen. Sehr geehrte Damen und Herren, vor diesem Hintergrund bestürzt es uns doch sehr, dass die Landesregierung zukünftig für Schwangerschaftskonfliktberatung das Abschlussdiplom in Sozialarbeit oder -pädagogik ohne jede Zusatzqualifikation und ohne einschlägige Berufserfahrung für ausreichend und die Eingruppierung der Fachkräfte in Vergütungsgruppe IV b für angemessen hält. Begründet wurde dies damit, dass es sich bei der Beratung lediglich um die Weitergabe von Informationen handeln würde.

Die Beschäftigung von Ärzten/Ärztinnen und Psychologen/Psychologinnen in den Beratungsstellen wird zukünftig - wenn der Gesetzentwurf und die Anerkennungsrichtlinien unverändert verabschiedet werden - nicht mehr möglich sein. Die Landesregierung vertritt hier die Auffassung, dass zwar die Beratung unverzüglich erfolgen muss, nicht aber die im Schwangerschaftskonfliktgesetz vorgesehene Hinzuziehung anderer, insbesondere ärztlicher, fachärztlicher oder psychologischer Fachkräfte.

Nicht nur wir, sondern auch die einschlägigen Kommentare und die Schrift. Die Bundesregierung informiert von 1995, herausgegeben von der damaligen Ministerin Nolte, bewerten das so, dass natürlich auch diese weiteren Fachkräfte - sofern es notwendig ist -?unverzüglich hinzugezogen werden müssen.

Aber auch nach dem gesunden Menschenverstand macht doch alles andere keinen Sinn. Stellen Sie sich vor, eine Frau kommt in der neunten oder sogar zehnten Schwangerschaftswoche in die Konfliktberatung. Es stellt sich heraus, dass ein medizinisches oder ein psychisches Problem mit dem Schwangerschaftskonflikt verknüpft ist.

Soll die Beraterin zukünftig sagen: Wir arbeiten da mit mehren Praxen und Honorarkräften zusammen. Ich rufe mal an, ob und wann ich einen Termin für Sie bekomme.

Schade, aber die Frau Doktor hat erst in drei Wochen wieder einen Termin frei.? - Das kann doch nicht im Sinne des Gesetzgebers sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe mich in meinen mündlichen Ausführungen auf die Anforderungen an die Qualität der Beratung und die Qualifikation der Beratungskräfte konzentriert, weil diese Gesichtspunkte für Pro Familia existenziell und für die Frage wesentlich sind, ob auch zukünftig hier in Nordrhein-Westfalen Schwangerschaftskonfliktberatung im Einklang mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts stattfinden kann. Zu allen anderen Gesichtspunkten haben wir uns sehr ausführlich in unserer schriftlichen Stellungnahme geäußert.

Selbstverständlich sind wir gerne bereit, alle anderen Fragen hier zu beantworten. Mit mir sind hier neben dem Landesgeschäftsführer Herrn Berkemann Frau die Leiterin unserer größten Beratungsstelle in Köln, Frau Kleinschmidt, Ärztin und langjährige Leiterin unseres medizinischen Arbeitskreises, sowie Herr 13 von 34

Gemeinsame Sitzung (öffentlich) fi wasschy, der Diplompsychologe ist. Sie sind gerne bereit, auch Fragen aus der Praxis der Beratung hier zu beantworten.

Jörg Syllwasschy (Pro Familia Bochum): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Eine kurze Ergänzung zum Thema Qualität aus Sicht der Zielgruppe. Die Bochumer Beratungsstelle ist eine relativ große Beratungsstelle, und wir arbeiten mit ungefähr 2.500 Jugendlichen im Jahr.

Man muss sich die Themen minderjährige Schwangere und Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen sowie die Begleitung von minderjährigen Schwangeren vor Augen führen. Das heißt, wenn wir unter einem Dach mit mehreren Berufsgruppen im Sinne von Wir gehen mit einem Mädchen zur Ärztin rein, weil die Ärztin da ist, und wir können jetzt nach einem Schwangerschaftstest sofort klären, warum es überhaupt zu dieser Situation gekommen ist, die die Schwangerschaft nach sich gezogen hat, dann können wir zum Beispiel unter dem Aspekt Prävention eine vernünftige Verhütung sicherstellen.

Eines wissen wir aber aus der psychosozialen Erfahrung: Je mehr Menschen wir in Krisensituation weiterleiten und je mehr Adressen dazwischengeschaltet sind, desto mehr Menschen gehen unterwegs verloren. Dann passieren genau die Geschichten, von denen wir heute Morgen vielleicht in der Zeitung gelesen haben: Dann zeigt eine junge Frau, ein junges Paar oder ein junger Mann in Panik irgendwelche Reaktionen, die bei einer Begleitung nicht passiert wären.

Ich will den anderen Teil noch anführen. Denn es geht nicht nur um die Begleitung der minderjährigen Schwangeren, sondern es geht auch um die jungen Männer, die mit drin sind. Das bedeutet doch, dass die Leute hoch qualifiziert sein müssen, also nicht durch reine Informationsweitergabe den Menschen helfen können. Es geht hier um wesentlich mehr.

Petra Söchting (Landesverband AWO): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal begrüßt die AWO, dass es heute diesen Anhörungstermin gibt und wir so die Möglichkeit haben, unsere Positionen in die Beratung einfließen zu lassen. Wir haben aufgrund der Kürze der Zeit zwischen Einladung und Anhörungstermin heute die Stellungnahme der AWO vorgelegt, die wir im November letzten Jahres zum Referentenentwurf des Gesetzes abgegeben haben, und ich möchte die wesentlichen Punkte dieser Stellungnahme zunächst noch einmal kurz darstellen.

Grundsätzlich begrüßt es die AWO, dass es in Nordrhein-Westfalen ein Landesgesetz zur Finanzierung der Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz geben wird.

Wir erkennen in dem vorliegenden Gesetzentwurf auch das Ziel, durch die Aufteilung in Trägerbereiche Pluralität zu gewährleisten und durch die Neustrukturierung der Versorgungsgebiete die gewachsene Beratungslandschaft möglichst zu erhalten.

Aber: Bei der Förderung soll nicht unterschieden werden, ob Träger Beratung nach § 2 und §§ 5 und 6 anbieten oder ob sie nur Beratung nur nach § 2 vorhalten. Daher sehen wir die Gefahr einer Unterversorgung im Bereich der Schwangerschaftskonfliktberatung, und wir würden es begrüßen, wenn vorrangig die Beratungsstellen gefördert werden, die sowohl nach § 2 wie auch nach §§ 5 und 6 beraten.

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Änderungs- und Nachbesserungsbedarf sehen wir auch in anderen Punkten des vorliegenden Gesetzentwurfs, und ich möchte zunächst drei Punkte herausgreifen. - Eben bereits ausführlich angesprochen war die Frage der Qualitätsstandards. Auch da sind wir der Meinung, dass grundsätzlich nicht von den bisherigen Qualitätsstandards abgewichen werden kann und darf. Kritisch in diesem Zusammenhang sehen wir auch, dass zum Beispiel für Beratungsstellen, die nur nach § 2 beraten, überhaupt kein Anerkennungsverfahren vorgesehen ist und auch Qualitätskriterien für eine Förderfähigkeit nicht beschrieben sind. Aus unserer Sicht sollte aufgrund des Umfangs der Aufgaben und des umfänglichen Auftrages, nach dem wir arbeiten, grundsätzlich festgelegt sein, nach welchen Standards und Qualitätskriterien diese Arbeit zu erfolgen hat, und das gilt für alle Beratungsstellen.

Der zweite Punkt, den ich kurz ansprechen möchte, ist die Anrechnung der anerkannten Ärztinnen und Ärzte. Es ist ja vorgesehen, diese mit 25 % auf den Versorgungsschlüssel anzurechnen. Wir sprechen uns dafür aus, dies noch einmal zu überprüfen und diesen Anteil zu verringern. Anerkannte Ärztinnen und Ärzte können nur einen Teilbereich der Beratung nach dem Schwangerschaftskonflikt abdecken. Sie bieten zum Beispiel keine umfassenden Informationen über soziale und wirtschaftliche Hilfen für Schwangere. Anders als Beratungsstellen können sie im Rahmen ihrer Praxistätigkeit für Schwangerschaftskonfliktberatungen sicher nur eingeschränkte Kapazitäten zur Verfügung stellen. Es liegen bislang leider keine Zahlen über die ärztlichen Beratungsleistungen im Rahmen der Schwangerschaftskonfliktberatung vor. Wir gehen aber davon aus, dass sie nicht 25 % des Beratungsbedarfs abdecken können.

Zum Schluss möchte ich auf die Eingruppierung der Beratungsfachkräfte, die zukünftig nach IV b vorgesehen ist, eingehen. Das heißt, es wird zukünftig keine Ärztinnen und Psychologinnen in der Beratung nach dem Schwangerschaftskonflikt geben, und damit sind die bisher gültigen abgestimmten und bewährten Qualitätsstandards außer Kraft gesetzt. Der umfassende Beratungsauftrag, den das Schwangerschaftskonfliktgesetz vorgibt, ist aus unserer Sicht nicht mehr zu erfüllen.

Das derzeitig niederschwellige multiprofessionelle und am Bedarf der Ratsuchenden orientierte Beratungsangebot ist nicht mehr gewährleistet. Es geht in den Beratungen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz um mehr als die bloße Weitergabe von Informationen. Gerade in diesen Beratungen haben sich schon immer in besonderem Maße auch gesellschaftliche Realitäten, Problemlagen und Veränderungen abgebildet.

Das betrifft sowohl die Konfliktberatungen wie auch die Beratungen nach § 2.

Die Themen in der Beratung berühren jeweils auch medizinische und psychologische Aspekte. Aktuelle Stichworte sind zum Beispiel pränatale Diagnostik und der Wunsch nach einem gesunden Kind, der Anstieg der Infektionsraten von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, später Kinderwunsch, Familienplanung, ungewollte Kinderlosigkeit und die Entwicklung in der Reproduktionsmedizin, Teenagerschwangerschaften.

Wir sind der Auffassung, dass nur durch eine entsprechende Besetzung mit fest angestellten Psychologinnen und Ärztinnen in den Beratungsstellen diese Themen auch effektiv bearbeitet werden können. Das gilt für Einzel- und Paarberatungen ebenso wie für sexualpädagogische Präventionsangebote.