Dr Olaf Bischopink Baumeister Rechtsanwälte Ich fasse mich sehr kurz
Wieweit sich das alles in Zukunft auch noch über eine Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie, über die Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie in das deutsche Recht, die in diesem Jahr auch ansteht und wozu im nächsten Monat die Anhörung im Bundestag erfolgt, entwickeln wird, alles das kann ich persönlich noch nicht endgültig absehen, sodass ich zu der Auffassung käme: Nach bisherigem Recht würden diese Fragen keine Rolle spielen. Ob das aber in Zukunft noch hält, muss mit einem doch etwas größeren Fragezeichen behandelt werden.
Dr. Olaf Bischopink (Baumeister Rechtsanwälte): Ich fasse mich sehr kurz. Wenn schon Herr Stüer zu diesem zweiten Teil, zu dem Ausblick, keine abschließende Meinung hat, dann habe ich sie erst recht nicht. Vielmehr möchte ich mich auf den ersten Teil, auf die Frage des konkreten Rechtschutzes gegen den einzelnen Planfeststellungsbeschluss, beschränken.
Würde sich die Bedarfsplanung insbesondere wenn sie nicht bis zum Stichtag im Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird tatsächlich wegen Verstoßes gegen das Europarecht, weil SUP-pflichtig, als rechtswidrig erweisen, dann könnte die Vorgabe des § 1 Landesstraßenausbaugesetz, nämlich die bindende Wirkung des Bedarfsplans für die Feststellung des Bedarfs durch die Planfeststellungsbehörde, die auch die Gerichte dann bindet, nicht eingreifen, und im Klageverfahren gegen Planfeststellungsbeschlüsse könnte der Kläger rügen, dass der Bedarf für die Straße nicht besteht oder nicht richtig in die Abwägung eingestellt worden ist.
Das würde zunächst einmal aber nur dazu führen, dass dies überhaupt zum Gegenstand des Prozesses wird. Materiell müsste im Verfahren natürlich die Frage geklärt werden, ob denn nun Bedarf für die Straße besteht, sodass dann die Frage zu beantworten ist, die natürlich auch der Bedarfsplanung zugrunde lag: Besteht nun objektiv Bedarf für die Straße oder nicht? Wenn ich unterstelle, dass diese Feststellung bei der Bedarfsplanung zutreffend getroffen worden ist, würde sie wohl auch ein Gericht nachvollziehen. Im Ergebnis würde zwar eine Mehrarbeit auf das Gericht zukommen, weil es den Bedarf überprüfen müsste, den es sonst nicht überprüfen darf, weil er gesetzgeberisch vorgegeben ist, aber wenn der Gesetzgeber bei der Feststellung des Bedarfs richtig gearbeitet hat, könnte ja an der Stelle auch das Gericht nicht zu einem anderen Ergebnis kommen.
Vorsitzender Wolfgang Röken: Gibt es weitere Nachfragen an die beiden Herren?
Das ist nicht der Fall. Dann können wir diesen Block abschließen. Herzlichen Dank.
Wir kommen zum nächsten Teil, insbesondere zu methodischen und verkehrsplanerischen Gesichtspunkten. Ich schlage Ihnen vor, dass wir die Blöcke 3 a und 3 b zusammenfassen. Danach würde dann die Mittagspause vorgezogen werden. Sind Sie damit einverstanden. Dann verfahren wir so.
Ich rufe nun für die Projektgruppe IGVP in Nordrhein-Westfalen Herrn Dr. Röhling auf.
Bitte.
Dr. Wolfgang Röhling (Projektgruppe IGVP NRW): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ich darf mich bedanken, dass wir als Projektgruppe IGVP unsere Stellungnahme hier abgegeben dürfen. Wie Sie wissen, haben wir die gesamten Arbeiten in einem interdisziplinären Team erarbeitet, und die Kollegen Frau Nestmann und Herr Dr. Walther werden nachher noch zu Spezialpunkten Stellung nehmen. Ich möchte zunächst noch einmal tabellarisch und in Stichworten kurz erläutern, welche Punkte eigentlich abgearbeitet worden sind und was wir im Rahmen der IGVP in dieser Zeit gemacht haben.
Zunächst wurde ein umfangreiches Modellinstrumentarium aufgebaut, um die Schätzung der Personen- und Güterverkehre zu ermöglichen und um ein prognosefähiges Modellinstrumentarium zu haben. Es wurde eine Situationsanalyse aufbereitet, um den Istzustand beschreiben zu können sozusagen als Ausgangsbasis für die Prognose.
In intensiven Diskussionen wurde ein Zielsystem aufgestellt. An der Stelle möchte ich gleich noch einmal die Bemerkungen des Vorredners kurz aufgreifen: Gerade dieses Zielsystem wurde in den regionalen Arbeitskreisen und in den Lenkungskreisen sehr intensiv diskutiert. Die Vorschläge, die von der Seite kamen, wurden auch eingebracht.
Das hat dazu geführt, dass da auch entsprechende Änderungen durchgeführt worden sind, sodass wir jetzt ein Zielsystem haben, das die drei Bereiche Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in gleicher Weise abdeckt.
Aus diesem Zielsystem wurde ein Indikatorsystem abgeleitet, das die Grundlage für globale Bewertungen und für die Bewertung von Einzelmaßnahmen darstellt. Auf diesem Indikatorsystem aufbauend wurde dann ein Bewertungssystem erstellt, das ich als innovativ bezeichnen möchte. Denn wenn man sich anschaut, welche Bewertungssysteme es in anderen Untersuchungen gibt, so muss sich unser Bewertungssystem durchaus nicht verstecken.
Darauf aufbauend wurde dann in NRW-Szenario formuliert. Es wurden intensive Vorschläge von allen möglichen Planungsbeteiligten auf allen verschiedenen Ebenen eingereicht, mitberücksichtigt und in dem Szenario verarbeitet. Auf diesem Szenario bauen dann die Prognosen auf, die praktisch den Bezugsfall für die Bewertungen darstellen.
Parallel zu diesem gesamten Prozess wurden detaillierte Materialien in Form von Netzbelastungen aufbereitet, Verkehrsmatrizen, die nun auch für weiterführende Untersuchungen zur Verfügung stehen. Weiterhin wurde dazu parallel eine Sammlung von Einzelvorhaben und Maßnahmen durchgeführt. Insgesamt haben wir über 1.900 Maßnahmen und Vorhaben gesammelt, von denen dann 600 in die Bewertung kamen.
Insgesamt wurde mit diesen Arbeiten ein effizientes Instrumentarium zusammengestellt, das die Möglichkeit gibt, das Verkehrssystem in Nordrhein-Westfalen zu analysieren, Prognosen zu machen und Bewertungen durchzuführen.
Bei all diesen Arbeiten wurde natürlich der integrative Aspekt sehr intensiv berücksichtigt. Es wurde eben mehrfach gesagt, dass eine parallele oder unabhängige Bewertung und Betrachtung der Verkehrssysteme durchgeführt worden ist. So war es nicht. Bis zur Bewertung sind die Wechselwirkungen, die Interdependenzen zwischen den Verkehrsträgern, zwischen den Planungsbereichen berücksichtigt worden und in die Arbeiten mit eingegangen.
Die ganzen Arbeiten wurden durch einen umfangreichen Beteiligungsprozess und durcheine intensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Die Ergebnisse, die Methodik, die Vorgehensweise im Rahmen unserer Arbeiten wurden im Lenkungskreis diskutiert. Wir hatten sechs regionale Arbeitskreise, in denen intensive Diskussionen stattgefunden haben. Was eben an Bemerkungen gefallen ist, kann ich wiederum nicht ganz verstehen; denn soweit ich weiß, haben wir viele Anregungen aufgenommen und in unsere Arbeiten umgesetzt.
Wir haben Diskussionen im wissenschaftlichen Beirat geführt, im Wesentlichen auch über die Methodik. Und es gab themenbezogene Arbeitskreise, die sich mit ganz spezifischen Fragen beschäftigt haben, um Planungen aus kommunaler Ebene mit in unsere Arbeiten zu integrieren. Und es haben auch bilaterale Gespräche in einzelnen kleineren Arbeitsgruppen zu speziellen Fragen in den Kommunen stattgefunden. Das heißt also: Vorschläge und Korrekturen konnten im Laufe des Prozesses eingebracht werden und wurden auch berücksichtigt.
Ein wesentlicher Punkt ist auch die Öffentlichkeitsarbeit, die in Form einer sehr umfangreichen und informativen Internetseite zur Verfügung gestellt wurde. Dort konnte man sich die Methodik anschauen. Dort wurden die Methodenbände dargestellt. Es wurden ebenso die Netzmodelle, die Verkehrsbelastungen von ÖV und IV dargestellt, sodass jeder dort sich anschauen konnte, wie die Modelle arbeiten, wie die Situation abgebildet ist, um entsprechend auch seine Kommentare abzugeben.
Insgesamt ist mit diesen Arbeiten ein sehr effizientes und auch zukunftsträchtiges Planungssystem aufgebaut worden. Und vor allem der Beteiligungsprozess hat dazu gedient, dass diese komplexen Prozesse etwas durchschaubarer gemacht worden sind.
Ulrike Nestmann (Planungsgruppe Ökologie und Umwelt): Herr Vorsitzender! Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen der IGVP-Projektgruppe bin ich für die Bearbeitung der Umweltbelange zuständig gewesen und möchte mich an dieser Stelle auf ein paar grundsätzliche Überlegungen und Grundvoraussetzungen beschränken, die für uns für die Bearbeitung der Umweltbelange in diesem ja doch sehr großen Vorhaben maßgebend waren. Im Anschluss daran möchte ich auch noch kurz auf die praktische Umsetzung dessen eingehen, was für uns maßgebend gewesen war.
Die Umweltbelange sind im gesamten Planungsprozess von Anfang bis zum Ende vertreten gewesen, angefangen von der Situationsanalyse über die Szenarien bis hin zur Vorhabenbewertung. Die Beteiligung der Umweltbelange umfasst insoweit eben auch die Mitwirkung an der Ausstellung des schon erwähnten IGVP-Ziel- und Bewertungssystems.
Dieses Zielsystem, das speziell für die IGVP entwickelt worden ist, stellt also wirklich eine Besonderheit dar, die unter Umweltgesichtspunkten auch durchaus positiv zu erwähnen ist, und erforderte bestimmte methodische Herangehensweisen.
Die umweltbezogenen Bewertungsmethodiken mussten also in der Lage sein, für die vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorgaben, also zum Beispiel IGVP-Gesetz, Bundes- und Landesnaturschutzgesetzgebung und auch Teile der europäischen Umweltschutzgesetzgebung.