Auszubildenden

Schulbezirke Berufskollegs/Zweiter Berufsschultag Öffentliche Anhörung (Hinzuziehung von Sachverständigen) gemäß § 56 GO Lt Vorsitzender Wolfgang Große Brömer: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie recht herzlich zu unserem Expertengespräch begrüßen. Ich freue mich, dass die Expertinnen und Experten mit wenigen Ausnahmen unserer Einladung gefolgt sind.

Dass nicht alle an dieser Anhörung teilnehmen können, liegt, glaube ich, in der Natur der Sache, weil die Einladungsfrist relativ knapp war. Das war aber leider nicht anders organisierbar. Abgesagt haben Frau Ernst, Herr Manegold, Herr Wichmann und Herr Hunecke.

In der Rednerabfolge ist noch ausgedruckt, dass sich Herr Brückner nicht zurückgemeldet hat. Das ist aber ein Versehen. Herr Brückner ist anwesend und wird auch gleich als Experte gehört werden. Wir haben damit insgesamt acht Expertinnen und Experten.

Nach der Hälfte der Beiträge werden wir eine Fragerunde machen. Das hat sich in der Vergangenheit bewährt.

Als erstem Redner erteile ich Herrn von Dreusche das Wort.

Markus von Dreusche (Arbeitgeber-Verband von Remscheid und Umgebung e. V.): Sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Ich darf mich Ihnen kurz vorstellen. Ich bin Markus von Dreusche, Geschäftsführer des Arbeitgeber-Verbandes von Remscheid und Umgebung e. V. Das Verbandsgebiet unseres Arbeitgeber-Verbandes umfasst die kreisfreie Stadt Remscheid sowie die Städte Hückeswagen, Wermelskirchen und Radevormwald. Letztere sind dem Oberbergischen Kreis und dem Kreis zugeordnet und gehören dem Regierungsbezirk Köln an, während die kreisfreie Stadt Remscheid dem Regierungsbezirk Düsseldorf angehört.

Des Weiteren bin ich Geschäftsführer des Berufsbildungszentrums der Remscheider Metall- und Elektroindustrie einer Institution, die derzeit im Verbund mit Unternehmen aus dem Bergischen Land ungefähr 110 Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr betreut und die Fachausbildung in den weiteren Ausbildungsjahren durch entsprechende Speziallehrgänge begleitet. Unser Berufsbildungszentrum bietet den weiterbildenden Schulen bis auf die Gymnasien das Angebot der Probierwerkstatt an. Hier können Schüler der 9. und 10. Klassen in einem Sonderpraktikum ihre Eignung in den Metall- und Elektroberufen überprüfen. Derzeit nehmen ca. 1.200 Schüler pro Jahr dieses Angebot wahr.

Des Weiteren bin ich Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Arbeit Remscheid die als Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft unter anderem das Ziel hat, jungen Menschen die Ausbildungsfähigkeit oder die Berufsfähigkeit zu vermitteln.

Der Arbeitgeber-Verband von Remscheid und Umgebung e. V. ist Ausbildungsbetrieb.

Wir bilden seit zwei Jahren eine Auszubildende im Beruf der Kauffrau für Bürokommunikation aus. Seit mehreren Jahren bezahlen wir die Ausbildung von fünf bis zehn 3 von 40 zubildenden, die im Berufsbildungszentrum angestellt werden. Es handelt sich dabei um junge Menschen, die am Ende der Bewerbungsphase eines jeden Ausbildungsjahres noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.

Ich habe dies vorangeschickt, um Ihnen zu verdeutlichen, dass mir die Berufsausbildung allein aus diesen Funktionen heraus sehr am Herzen liegt. Immer wieder versuchen wir, unsere Mitgliedsfirmen zu motivieren, mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Obwohl in Remscheid jährlich ca. 1.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verloren gehen, liegt die Ausbildungsquote noch stets auf dem Niveau von vor über zehn Jahren. Im letzten Jahr ist sogar eine erhebliche Steigerung der zusätzlich abgeschlossenen Ausbildungsverträge zu verzeichnen gewesen. Dies alles ist jedoch nur möglich, wenn gute Argumente für die Einrichtung eines Ausbildungsplatzes sprechen. Solche Argumente zu finden, ist bei der derzeitigen wirtschaftlichen Situation vieler Unternehmen sehr schwierig.

Eine immer wieder geübte Kritik aus den Reihen unserer Mitgliedsfirmen ist das Problem der Schulbezirksgrenzen der Berufskollegs. In unserem Verbandsgebiet gibt es eine größere Anzahl von Unternehmen, die sehr nahe an der Stadtgrenze zu Remscheid ihren Sitz haben. Diese Betriebe, vor allem in Radevormwald und in Wermelskirchen, haben seit dem Jahr 2002 ein Problem. Es begann damit, dass das Wermelskirchener Berufskolleg keine Metallfachklasse mehr einrichten konnte und die Auszubildenden nach Gummersbach, Köln, Dieringhausen, Leverkusen oder Opladen mussten. Fahrtzeiten von anderthalb Stunden oder mehr mussten in Kauf genommen werden, um die Schule zu erreichen. Anträge dieser Firmen, dass die Auszubildenden das Berufskolleg Technik in Remscheid besuchen können, wurden 2002 noch alle positiv beschieden, ohne dass es Probleme gab. Das Einverständnis der Schulen lag vor sowie das Einvernehmen der beiden Bezirksregierungen.

2003 gab es erstmals Probleme, da das Berufskolleg Oberberg in Wipperfürth zwei Auszubildende der Firma Ortlinghaus nicht nach Remscheid abgeben wollte. Eine weitere Firma, die Firma GKN Sinter Metals, meldete das gleiche Problem. Auf eine Umfrage bei den Firmen in Wermelskirchen hin erfuhren wir, dass alle Berufsschüler, die nach Köln zum Berufskolleg gemusst hätten, nach Remscheid durften. Auch die Kollegs in Opladen und Leverkusen hatten zwei Auszubildenden der Firma Ortlinghaus den Wechsel nach Remscheid genehmigt. Für einen der beiden Azubis, die jetzt nicht nach Remscheid wechseln durften, sondern nach Wipperfürth fahren mussten, bedeutete dies eine Wegzeit von 90 Minuten, obgleich er zum Berufskolleg nach Remscheid innerhalb von 20 Minuten hätte fahren können.

Es kam hinzu, dass die Auszubildenden jetzt nicht mehr alle zusammen irgendwo an der Berufsschule waren, sondern dass gesplittet wurde und eine Fahrgemeinschaft nicht mehr zustande kam, die möglich gewesen wäre. Die Firma war damals sehr erbost und drohte sogar damit, nicht mehr auszubilden. Sie tut es Gott sei Dank heute immer noch. Wir sind allerdings daraufhin an die Bezirksregierung in Düsseldorf herangetreten, die ihrerseits keine Bedenken gegen einen Wechsel der Azubis gehabt hätte.

Sie hat allerdings, weil das zuständigkeitshalber in den Regierungsbezirk Köln gehört, den Vorgang dorthin abgegeben. Wir erhielten im Januar 2004 eine Ablehnung durch den Landrat des Kreises Oberberg.

Ich habe daraufhin im Februar 2004 alle Landtagsfraktionen angeschrieben und den Vorschlag gemacht, nicht nur den Sitz des Unternehmens, sondern alternativ auch den Wohnort des Auszubildenden zur Grundlage für den Besuch der Berufsschule zu machen. Reaktionen erfolgten damals von der CDU, die dies in einem Arbeitskreis diskutieren wollte, von der FDP, die hieraus eine Landtagsinitiative gemacht hat - das war die

Drucksache 13/5334 vom 20. April 2004 -, und von der damaligen Fraktionsvorsitzenden der Grünen Frau Sylvia Löhrmann, die ihrerseits die Schulministerin Frau Schäfer einschaltete.

Im Mai 2004 wurden wir durch Presseberichte darauf aufmerksam, dass auch im Handwerk bei uns im Bereich ähnliche Probleme vorliegen. Die Firma GKN Sinter Metals machte hierauf den Vorschlag, dass den bis zu einem gewissen Tag gestellten Anträgen stattzugeben sei. Sie schlug also eine Stichtagsregelung vor. So wäre die Vorausberechnung der Schülerzahlen möglich, und die Lehrerzuweisungen könnten zeitgerecht erfolgen.

Ende Mai 2004 versprach die damalige Schulministerin die Prüfung des Maßstabes bei der Ablehnung von Schulwechseln und versprach weiter das Aufgreifen in der nächsten Dienstbesprechung mit den Vertretern der Bezirksregierungen zwecks Liberalisierung.

Ein Ergebnis haben wir leider nie zur Kenntnis bekommen. Danach funktionierten allerdings die Umschulungsanträge wieder, auch wenn es teilweise noch Schwierigkeiten gab.

Obwohl eine Liberalisierung dann im Koalitionsvertrag bereits vorgesehen war, teilte uns im Juli 2005 die Firma GKN Sinter Metals erneut mit, dass drei Auszubildende nicht nach Remscheid in die Berufsschule durften, sondern wiederum nach Wipperfürth in das Berufskolleg gehen müssten, und alle Anträge seien negativ beschieden worden.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Berufskolleg auch für diese Firma nur in anderthalb Stunden erreichbar, während das Berufskolleg Remscheid in 30 Minuten zu erreichen ist. Außerdem werden die Auszubildenden in der Firma GKN Sinter Metals im Remscheider Berufsbildungszentrum ausgebildet. Das Berufskolleg liegt ganz in der Nähe. Eine Zusammenarbeit zwischen dem Berufsbildungszentrum und dem Berufskolleg wäre wesentlich günstiger gewesen, wenn die Möglichkeit bestanden hätte, sie dort unterzubringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe heute auch noch mit einer größeren Firma in Wermelskirchen, der Firma Tente-Rollen, gesprochen, bei der ich vor einiger Zeit auch schon einmal angefragt habe, wie sie es mit ihren Auszubildenden hält. Sie hat sich bislang dem Diktat gebeugt, dass sie ihre Berufsschüler zeitweise sehr weit wegschicken muss. Sie wäre allerdings sehr froh, wenn sie auch die kurzen Wege nach Remscheid nutzen könnte und diese Möglichkeit eröffnet würde.

Anhand dieser Beispiele können Sie erkennen, dass es tatsächlich Probleme gibt, die durch die Schulbezirksgrenzen hervorgerufen werden. Aus meiner Sicht ist es daher dringend erforderlich, tatsächlich einen geordneten Rückzug aus den Schulbezirksgrenzen für Berufskollegs durchzuführen. Mit geeigneten Maßnahmen kann immer noch entgegengesteuert werden, sollten sinnvolle Klassenbildungen möglicherweise nicht mehr zustande kommen und somit eventuell Wegezeiten für andere Auszubildende länger werden.