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Vorsitzender Wolfgang Große Brömer: Als nächsten Experten rufe ich Herrn Steuwe, den Vorsitzenden von BPN der CDU NRW auf. Herr Steuwe, bitte erklären Sie uns, was BPN bedeutet.

Rolf Steuwe (Bildungspolitisches Netzwerk der CDU NRW): Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren! BPN steht für Bildungspolitisches Netzwerk. Es handelt sich um einen losen Zusammenschluss von bildungspolitisch und schulpolitisch Interessierten innerhalb der CDU, die einen intensiven Erfahrungsaustausch aus der Praxis heraus pflegen und die sich naturgemäß mit Fragestellungen, wie sie hier erörtert werden, beschäftigen.

Ich danke für die Einladung und die Möglichkeit, hier Stellung nehmen zu können. Ich möchte mich auf die Frage der Bestellung von Schulleiterinnen und Schulleitern beschränken. Ich schicke eine kurze Bemerkung voraus, was die gemeinsame Bildungsverantwortung von Kommunen und Schulen angeht. Ich möchte an die Ausführungen von Herrn Kahlen anknüpfen. Zu der Trennung von inneren und äußeren Schulangelegenheiten, die verfassungsrechtlich unterlegt sind, möchte ich sagen, dass das zumindest in der Praxis inzwischen anders als vor 20 Jahren gelebt wird, was ausdrücklich zu begrüßen ist.

Was jetzt die Wahl der Schulleiterinnen und Schulleiter angeht, so haben wir in der Tat von mehreren Vorrednern gehört, dass die gegenwärtige Praxis sehr unbefriedigend ist.

Wir haben faktisch in einigen Bereichen als Kommunen kaum noch eine Auswahlmöglichkeit, was verbrieft ist. Das Vorschlagsrecht geht dann ins Leere, wenn wir nur noch eine Bewerberin oder einen Bewerber haben. Insofern ist die gegenwärtige Praxis sicher äußerst unbefriedigend. Die neue Regelung sieht jetzt vor, dass eine Vorauswahl der Bewerberinnen und Bewerber durch die Schulaufsicht stattfinden soll, und zwar sollen dem Wahlgremium der Schulkonferenz mindestens zwei Bewerberinnen und Bewerber vorgestellt werden, was schon einmal gegenüber der gegenwärtigen Praxis ein Fortschritt ist, was die Bewerbungssituation angeht.

Auch die geplante vorherige Qualifikation von Bewerberinnen und Bewerbern ist ein Fortschritt. Ich denke, dass dies erstens dazu beitragen kann, die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber für das Amt zu vergrößern, zweitens auch die Qualität, die sie mitbringen, zu verbessern. Drittens ist das für uns auch ein Kriterium, an dem sich Bewerberinnen und Bewerber messen können, wenn sie mit den vielschichtigen und vielfältigen Aufgaben von Schulleitungen konfrontiert werden. Ich denke, dass dies ein Weg wäre, die Breite des Feldes zu verbessern.

Anschließend erfolgt der Wahlvorgang in einer Schulkonferenz, es folgt die Bestätigung durch die Schulaufsicht. Ich möchte den Blick über den Zaun wagen. In Schleswig Holstein haben wir bereits eine vergleichbare Regelung. Dort gibt es die Bildung eines Schulleiterausschusses, in dem Vertreterinnen und Vertreter der Schulen, nämlich aus der Elternschaft und der Lehrerschaft, paritätisch auf der anderen Seite Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen sitzen. Dort funktioniert das. Ich habe nicht gehört, dass da die Welt zusammengebrochen sein soll. Das heißt, es gibt unterschiedliche Wege, dies zu praktizieren.

Wichtig ist aus meiner Sicht die letzte Verantwortung des Landes, des Staates an dieser Stelle. Wir haben in der Landesverfassung Artikel 58, in dem geregelt ist, dass Landesbeamte im Wege eines formal und materiell existierenden Rechtes vom Land aus ernannt werden. Dies muss auch weiterhin gewährleistet sein und auch im Prozess als solchem erkennbar sein.

Fakt ist heute in der Tat, dass die Schulaufsichtsbehörde vorgeschlagene Kandidatinnen oder Kandidaten nach pflichtgemäßem Ermessen ernennen muss, wobei zum pflichtgemäßen Ermessen gehört, dass das Votum der Kommune später, wenn dieses Gesetz Wirklichkeit werden sollte, auch der Schulkonferenz herangezogen werden muss. Die ist ein positives Vorschlagsrecht der Kommune, was nun durch ein Vetorecht abgelöst werden soll. Vetorecht bedeutet in diesem Fall, mit Zweidrittelmehrheit einen Vorschlag der Schulkonferenz ablehnen zu können. In der Praxis ist dieses Vetorecht in der Auswirkung härter zu beurteilen als das bisherige Recht. In der Praxis bedeutet das für die Zukunft, dass die Kommunen allenfalls verhindern, allerdings selbst keine positiven Vorschläge machen können.

Ich gehe davon aus, dass Herr Silbernagel gleich noch die verfassungsrechtlichen Bedenken vortragen wird, sodass ich diese außen vor lasse. Ich möchte mich auf ein praktisches Problem konzentrieren, nämlich die Frage der Wiederwahl. Das ist letztlich kein Problem rechtlicher Natur, sondern eher faktischer Natur. Dann nämlich, wenn die Schulkonferenz ein zweites Mal über die Bestellung eines Schulleiters, einer Schulleiterin entscheiden muss, kann es - das gilt erst recht bei einer erweiterten Dienstvorgesetzteneigenschaft des Schulleiters, mit der auch unangenehme Pflichten verbunden sind - zu dem Problem kommen, dass nicht nur sachliche, sondern auch sachfremde Motive für eine Wiederwahl des Schulleiters oder der Schulleiterin herangezogen werden könnten. Dies ist in der Tat ein praktisches Problem, genauso wie es in der gegenwärtigen Praxis ein Problem ist, dass dann, wenn sich Schulkonferenzen nicht konsequent für eine Bewerberin oder einen Bewerber entscheiden, dies dazu führen kann, dass in einer Schule, in einer Schulgemeinde Risse entstehen, die möglicherweise nicht mehr oder kaum noch zu überbrücken sind.

Meine Anregung in diesem Fall: Überdenken Sie noch einmal diese Neuregelungen!

Vielleicht ist es möglich, einen Weg zu finden, bei dem die Kommune und auch die Schulaufsicht als Sachwalter eine Entscheidung treffen oder zumindest vorbereiten können, um diese Wiederwahl von Schulleiterinnen oder Schulleitern vorzunehmen.

Ich sehe überhaupt kein Problem in der Frage der Kopplung eines Vetorechts an eine Zweidrittelmehrheit - ganz im Gegenteil. Hier ist gesagt worden, das wäre im Prinzip nur noch eine theoretische Möglichkeit. In der Praxis sieht es so aus, dass schnell politische Mehrheiten für eine solche Entscheidung gefunden werden können. Vetorecht mit Zweidrittelmehrheit, mit qualifizierter Mehrheit würde in diesem Fall bedeuten, dass man sich auch über Fraktionsgrenzen hinweg verständigen müsste, wenn irgendeine Person tatsächlich für die Aufgabe ungeeignet wäre. Ich sehe das im Prinzip als eine Möglichkeit der Entpolitisierung einer solchen Entscheidung.

Bei den Bewerbungen, die innerhalb des Hauses selbst erfolgen können, sehe ich sehr wohl das Motiv, dass in einer Schule qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer auf dem Sprung stehen könnten und qualifiziert sein könnten, die Schulleitung zu übernehmen.

Auf der anderen Seite sind sie in diesem System groß geworden. Es wäre sicherlich eine kluge Entscheidung, die Bewerbung an einer anderen Schule auszusprechen, einfach deswegen, weil wahrscheinlich der pädagogische Austausch, der zwischen der Schulgemeinde und der Schulleitung stattfinden, dann fruchtbarer verlaufen könnte.

Man müsste auch einmal darüber nachdenken - das fiel mir eben ein, als ich die Vergleiche mit der Wirtschaft hörte -, ob nicht nach gewissen Zeiträumen dem pädagogischen Führungspersonal nahe gelegt werden sollte, einen Schulwechsel anzustreben, weil das zu lange Verbleiben in einer Institution möglicherweise den von mir eben beschriebenen pädagogischen Austausch nicht so begünstigen würde. Ich weiß, dass ich damit in ein Wespennest steche. Ich sage es aber trotzdem.

Was ich richtig gut fände, wäre, wenn Kommunen bereits im Stadium der Qualifizierung, nicht nur bei der Auswahl von Schulleiterinnen und Schulleitern eingebunden würden.

Es gibt eine Fülle von Aufgaben - meine Vorredner haben es beschrieben -, die hinzugekommen sind, auch im Zuge einer größeren Selbstständigkeit von Schule für Schulleiterinnen und Schulleiter, die auch in der Zusammenarbeit zwischen Schule und Kommune verortet sind. Deshalb mein Wunsch, meine Bitte an den Landesgesetzgeber, auch institutionell abzusichern, dass die Kommunen frühzeitig in die Qualifizierung und Auswahl der geeigneten Bewerberinnen und Bewerber eingebunden werden.

Letzte Bemerkung zur Frage der Schulaufsicht - ich möchte nur ein kurzes Streiflicht darauf lenken -: Zunächst einmal halte ich es für wichtig, dass man mit Blick auf die Qualität von Bildungsergebnissen Schulaufsicht in der Fläche ermöglicht. Ich setze mich bewusst von Vorrednern ab, die gesagt haben: Wir müssen Schulaufsicht stärker in den Fokus der Kommunen rücken. Ich meine, dass für eine Beurteilung von Qualität von Bildungsprozessen die Betrachtung der Fläche unabdingbar ist.

Zweitens ist die Kopplung an Schulformen aus meiner Sicht dann zwingend, wenn man schulformbezogen weiter in der Gliederung des Schulwesens vorhalten will.

Drittens. Ich erinnere daran, dass die Kopplung von Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht in gegebener Weise berücksichtigt werden muss.

Viertens. Ich bitte den Landesgesetzgeber, darüber nachzudenken, dass aufgrund des besonderen Charakters von Schulaufsicht gegenüber anderen Verwaltungen die Möglichkeit geprüft werden sollte, Schulsonderbehörden einzurichten, so wie wir sie vor der Funktionalreform hatten, zumindest im gymnasialen Bereich. Auch das wäre eine Möglichkeit, das Beispiel aus NRW im gymnasialen Bereich aufzugreifen und die Erfahrungen anderer Bundesländer mit einzubeziehen.

Vorsitzender Wolfgang Große Brömer: Der nächste Redner wäre Heinz Klein, der Schulleiter der Martin-Luther-King-Schule. Er ist nicht anwesend. Dann erteile ich Herrn Silbernagel vom Philologenverband-Verband NW das Wort.

Peter Silbernagel (Nordrhein-Westfälischer Lehrerverband): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Erstens. Grundsätzliches zum Freiraum einer Selbstständigen Schule.