Grundschule

Marlene Stähn (Initiative Pro Hauptschule): Sehr verehrter Herr Vorsitzender! Sehr verehrte Damen und Herren! Als Vertreter der Hauptschulen sind wir dankbar, dass die Hauptschulen durch das jetzt anstehende Gesetz einen neuen Stellenwert bekommen.

Insbesondere begrüßen wir die Verbindlichkeit der Grundschulgutachten, um den immensen Zufluss von gescheiterten Schülern an die Hauptschulen zu verhindern. Die gescheiterten Schüler erschweren das Lernen für die Schüler, die nach der Grundschule direkt in die Hauptschule kommen, enorm. Wir begrüßen das Konzept Fördern statt Sitzenbleiben. Wenn eine weitere Schule auf der Grundschulempfehlung genannt werden kann, so sollte sich das auf Ausnahmen beschränken.

Außerdem lehnen wir den Zusammenschluss von Haupt- und Gesamtschulen ab. Denn gerade in der derzeitigen Schul- und Klassengröße der Hauptschulen sehen wir den großen Vorteil für unsere Schüler.

Wir hoffen, dass Sie mit dem neuen Gesetz die Unterstützung bekommen, um die wir uns schon seit vielen, vielen Jahren vergeblich bemüht haben. Insbesondere möchte ich Sie bitten, sich von der in der Gesellschaft vorherrschenden Meinung, an den Hauptschulen werde kein guter Unterricht gegeben und keine gute Arbeit geleistet, freizumachen. Eltern, deren Kinder in die Hauptschulen wechseln, sind immer wieder über das gute Klima in den Hauptschulen überrascht. Im Übrigen finde ich es nicht unanständig, wenn man ohne Abitur seinen Lebensweg gestaltet.

Regine Schwarzhoff (Elternverein Nordrhein-Westfalen e. V.): Herr Vorsitzender!

Meine Damen und Herren! Vor knapp zwei Jahren haben wir zu dem jetzt noch geltenden Schutzgesetz an dieser Stelle eine Stellungnahme abgegeben, die sich auf Schwerpunkte unserer Kritik beschränkte. Das werden wir auch dieses Mal tun, und zwar haben wir zwei Schwerpunkte der positiven Kritik, also der Zustimmung, ausgewählt und zwei der eher negativen Beurteilung. Sie stimmen mit denen aus dem Jahre 2004 überein.

Erster wichtiger Schwerpunkt: Art des Schulwesens. Wir begrüßen sehr, dass das Schulrechtsänderungsgesetz den Bestrebungen eine grundsätzliche Absage erteilt, die Unterschiede zwischen den Schulformen Hauptschule, Realschule und Gymnasien zu nivellieren und den Weg für integrierte Schulen zu ebnen. Statt Schulsysteme des Auslands heranzuziehen, kann uns ein Blick auf andere Bundesländer viel weiter helfen.

Sie sind schließlich demselben Grundgesetz verpflichtet, dass Schule als staatliche Aufgabe definiert.

Bei allen internationalen und deutschen Vergleichsuntersuchungen haben immer die Länder Bayern und Baden-Württemberg, die keine weiterführenden integrierten Regelschulen führen, wesentlich bessere Schülerleistungen aufzuweisen als Nordrhein Westfalen. Jeder mag seinen Teil dabei denken. Wie wir in unserer schriftliche Stellungnahme ausführen, ist die Differenzierung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium eine Leistungsdifferenzierung. Hauptziel von Schule muss guter Unterricht sein, der alle Schüler anspricht und mitnimmt.

Schon im 4. Grundschuljahr ist es oft sehr schwierig, wissbegierige Schnelldenker und kindliche Träumer in gleichem Maß zu fördern. Die unterschiedlichen Schulformen ab Seite 61 von 129

Klasse 5 erlauben - anders als leistungsgemischte Gruppen - einen fordernden und zugleich fördernden Unterricht, der nachgewiesen den höchsten Leistungszuwachs für alle Schüler gewährleistet. Mehrere groß angelegte Untersuchungen des für Bildungsforschung haben dies in den letzten Jahren eindrucksvoll immer wieder bestätigt.

Besonders begrüßen wir, dass diese Landesregierung die Hauptschulen mit mehr Lehrerstellen und dem Ausbau von Ganztagsbetrieb deutlich zusätzlich fördert. Dies wird dazu führen, dass unsere Hauptschulen ihrer Bedeutung entsprechend Anerkennung finden und in ihrer Leistungsfähigkeit in kurzer Zeit zu den angesehen bayerischen Hauptschulen aufschließen, trotz aller Versuche, auch hier wieder diese Schulform zu diffamieren.

Einen Blick in die Bewerbungen zum deutschen Hauptschulpreis der letzten Jahre und auch des kommenden Jahres 2007 kann ich den Miesmachern Hauptschule nur empfehlen. Hier muss ich deutlich werden: Ich kann diese Diffamierungen, diese ständige Schlechtrederei nicht mehr hören.

(Beifall) Zweiter Schwerpunkt: Wir begrüßen das Gebot zu individueller Förderung der Schülerinnen und Schüler, die nun ein anderes Gewicht erhalten sollen. Sicher haben schon immer sehr viele Lehrerinnen und Lehrer darauf geachtet, die ihnen anvertrauten jungen Menschen individuell bestmöglich zu fördern. Das neue Schulgesetz wird nun eine Handhabe bieten, einen solchen Einsatz von allen Lehrkräften zu verlangen. Drohendem Leistungsversagen und anderen Beeinträchtigungen soll die Schule vorbeugende Maßnahmen entgegensetzen. Besonders begabte Schüler sollen beraten und durch ergänzende Bildungsangebote gefördert werden. Sehr wichtig finden wir, dass bei Gefährdung der Versetzung die Lern- und Förderempfehlungen durch schulische Förderangebote ergänzt werden müssen, um die Leistungsdefizite zu beheben.

Die Effektivität dieser Regelung wird allerdings von ihrer - ich spreche vor allem die Abgeordneten an, von denen ich leider nur sehr wenige hier sehen kann - politischen Unterstützung und der konsequenten Förderung des schulischen Auftrags abhängig sein.

Hier schließen wir uns den Forderungen einiger Vorredner nach Fortbildung der diagnostischen Kompetenzen der Lehrerschaft deutlich an.

In der Erprobungsstufe ist nach jedem Halbjahr in den übrigen Klassen der Sekundarstufe I bei jeder Versetzungsentscheidung zu prüfen, ob den Eltern leistungsstarker Kinder ein Schulwechsel in eine intellektuell anspruchsvollere Schule zu empfehlen ist.

Auch dieses Vorhaben begrüßen wir. Jungen Menschen muss auch von uns Eltern verdeutlicht werden, dass ihre Bildungschancen gut sind, sie aber auch ihren Teil zum Erfolg beitragen müssen.

Als dritten Schwerpunkt betrachten wir die Behandlung von Bildungsinhalten. Wie in der Anhörung im Jahre 2004 kritisieren wir, dass sich das Schulgesetz über die Inhalte von Bildung ausschweigt und weiter ausschweigen soll. Es kann nicht Aufgabe eines Schulgesetzes sein, Bildungsinhalte aufzuzählen, erst recht nicht, wenn ein Schulgesetz darauf abzielt, Vorschriften zu konzentrieren. Das sehen wir. Bei aller Zustimmung zu 62 von 129 sen Ziel der Konzentration bestand jedoch kein Grund, aus dem Schulordnungsgesetz folgende Gebote nicht zu übernehmen - ich zitiere -: ... die Jugend auf der Grundlage des abendländischen Kulturgutes und deutschen Bildungserbes in lebendiger Beziehung zur wirtschaftlichen und sozialen Wirklichkeit sittlich, geistig und körperlich zu bilden und ihr das für Leben und Arbeit erforderliche Wissen und Können zu vermitteln.

Wir fordern erneut, die Elemente dieser Aussagen aus § 1 Abs. 3 Schulordnungsgesetz in das Schulgesetz aufzunehmen. Mit dem Zusammenwachsen von Europa gewinnt das abendländische Kulturgut neue Bedeutung, denn es ist die gemeinsame Basis und erleichtert den Aufbau des Miteinanders in Europa. Zugleich bedarf es der Vermittlung des deutschen Bildungserbes, um der eigenen Identität Halt zu geben. Wir müssen unseren jungen Menschen ersparen, von Ausländern beschämt zu werden, die beispielsweise Goethe-Worte zitieren, die in unserer Schule nie vorgekommen sind.

Und warum fehlt im neuen Gesetz bei den Prinzipien für die schulische Bildung die lebendige Beziehung zur wirtschaftlichen und sozialen Wirklichkeit, wenn doch Berufswahlvorbereitung und ökonomische Bildung von allen an der Diskussion Beteiligten für nötig gehalten werden?

Wie schon schriftlich ausgeführt, ist eine solide Allgemeinbildung für die heranwachsende Generation eine wertvolle Hilfe zur Bewältigung des späteren Lebens. Von Allgemeinbildung aber kann man nur sprechen, wenn ein breiter gemeinsamer Wissenskanon vorgegeben wird. In Verbindung mit den Bestrebungen, den Schulen mehr Eigenverantwortung zu geben, muss das Schulgesetz einen grundsätzlichen Rahmen für Inhalte des Unterrichts vorgeben, den die Lehrpläne neben erforderlichen Kompetenzen jeweils durch einen Kanon unverzichtbarer Unterrichtsinhalte ausfüllen. Nur so kann den jungen Menschen eine gemeinsame Kommunikationsbasis dauerhaft gesichert werden.

Viertens. Unser vierter Schwerpunkt ist § 33 zur Sexualerziehung, der unverändert bestehen bleiben soll. Die jetzige Fassung war in dem Regierungsentwurf eingefügt worden, nachdem der Referentenentwurf aus dem Schulministerium zunächst die vorher geltende Regelung aus dem Schulordnungsgesetz übernommen hatte. Unsere schon 2004 gegen § 33 erhobenen Einwendungen gelten auch heute uneingeschränkt. Ich erlaube mir, sie zu wiederholen. Wir tragen sie deshalb nochmals vor. Gerade in der heutigen Zeit sollte ein positives Ziel der Sexualerziehung an erster Stelle in dem Sinne stehen, dass Kindern und Jugendlichen die Sexualität als Kraft der Bindung und des Lebens verdeutlicht wird. Dies steht nicht im Gesetz.

Eine solche Sicht menschlicher Sexualität steht im Einklang mit dem an den Staat und damit auch an die öffentlichen Schulen gerichteten Gebot des Grundgesetzes, Ehe und Familie besonders zu schützen. Selbstverständlich darf die Entwicklung gesellschaftlicher Auffassungen auch zur Homosexualität, Bisexualität, Transsexualität nicht unberücksichtigt bleiben. Da bedarf es des Lernzieles der Toleranz gegenüber anderen sexuellen Lebensweisen, die auch bisher auch schon zu Recht im Schulordnungsgesetz verankert waren.