Grundschule

Der zweite Fehler: Die neue Regierungskoalition hat das rot-grüne Schulgesetz gegen alle Wahlversprechen zum 1. August in Kraft treten lassen. So ist es nach außen zum schwarz-gelben Gesetz geworden.

Damit sind wir beim eigentlichen Thema.

Grundschuleinzugsbezirke: In der Abschaffung der Grundschuleinzugsbezirke mit der Möglichkeit der Festlegung von Aufnahmekapazitäten durch die Kommunen sehen wir eine willkommene Stärkung des Rechts der Eltern bei der Wahl der Schule für ihr Kind.

Grundschulgutachten: Dieses Thema ist nicht zuletzt aufgrund der Art der Vermittlung an die Eltern aus unterschiedlichen Gründen sehr polemisiert worden. Es ist suggeriert worden, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr dort anmelden könnten, wo sie es wünschten. Die Landeselternschaft der Gymnasien hat von Anfang an vorgeschlagen, dieses Thema dadurch zu entschärfen - vorhin ist schon von einem übergreifenden Konsens die Rede gewesen -, dass ein Wechsel bereits mit dem nächsten Halbjahreszeugnis erneut überprüft wird. Damit sind Druck und Endgültigkeit herausgenommen. Wir begrüßen es, dass diesem Vorschlag entsprochen worden ist.

Der Akzent kann in diesem Bereich nur auf der Formulierung noch nicht geeignet liegen. Die Formulierung völlig ungeeignet halten wir für mehr als bedenklich.

Wichtig ist, dass verbindliche Standards für die Gutachten aufgestellt werden. Sie müssen landeseinheitlich nach identischen Vorgaben verfasst werden. Mir fällt dazu die Formulierung ein: Silke war ein freundliches Kind. Ist das ein Nachruf oder eine Schülerbeschreibung?

Kopfnoten werden bei allen unterschiedlichen Argumentationen von unserem Verband begrüßt. Wir meinen, dass Schüler als Persönlichkeit damit vergleichbarer und gerechter beurteilt und gefördert werden.

Wir unterstützen weiterhin die Oberstufenreform 9+3 als konsequente durchgängige Strukturierung des Gymnasiums mit verbindlichen Kernfächern im Abitur zur Stärkung der Allgemeinbildung.

Drittelparität: Fakt ist, dass Eltern diese mehrheitlich wünschen. Es ist schwierig, der Argumentation zu folgen, die Drittelparität habe sich nicht bewährt. Dazu liegen auch heute noch zu wenige Erfahrungen vor. Dann soll man lieber sagen, aus welchen Gründen man sie nicht wünsche. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, wenn es beispielsweise um die Schulleiterwahl, vor allen Dingen die Wiederholungswahl bei den Schulleitern, geht. Unter dem Strich gibt es gute Gründe für und gegen die alte und die neue Regelung. Unser Verband hat sich wegen der Gleichgewichtigkeit des Feedbacks einer Stellungnahme enthalten. Wir haben die Drittelparität auf der letzten Mitgliederversammlung zur Abstimmung gestellt. Ergebnis war, dass von der Mehrheit der Eltern in unserem Verband die Beibehaltung begrüßt wird.

Kritisch sieht die Landeselternschaft der Gymnasien die Verringerung von Elternmitwirkungsrechten, beispielsweise im Bereich der Disziplinarmaßnahmen oder allgemein im Aufgabenbereich der Schulkonferenz. Es fehlt eine Konkretisierung der Aufgaben der Klassenpflegschaft, wie sie das Schulministerium in seiner Antwort auf die Fragen aus der Mitgliedschaft der Landeselternschaft am 23. Januar 2006 zugesagt hat. Sollte die Seite 73 von 129

Landesregierung - ich komme auf das soeben erwähnte Thema zurück - dabei bleiben, die Drittelparität abzuschaffen, könnte ich mir eine kompromissfähige Lösung noch vorstellen: Man kann die Regelung 50/25/25 dahin gehend verändern, dass es einer Zweidrittelmehrheit bedarf und jeder Gruppe bei hundertprozentiger Ablehnung ein Vetorecht zusteht. Darüber wird in anderen Bundesländern diskutiert.

Elternbeteiligung: Wir wünschen uns - abgesehen von den im Gesetz vorgesehenen, von uns begrüßten künftig möglichen Sofortmaßnahmen eines Schulleiters - wieder eine Beteiligung von Elternvertretern aus der betroffenen Klasse oder Jahrgangsstufe, wenn vonseiten des betroffenen Kindes oder der Eltern nicht widersprochen wird. Auf den Punkt gebracht, wünschen wir die alte Regelung des Schulmitwirkungsgesetzes, um mit besserer Kenntnis der individuellen Verhältnisse näher am Geschehen in der einzelnen Klasse und Stufe zu sein. Ich nenne insoweit die zu überarbeitende Fassung des § 53 Schulgesetz.

Anerkennungs- und Anzeigeverfahren: In der Novelle wird bezüglich der Verbändebeteiligung nur noch ein Anzeigeverfahren vorgesehen. Wir haben es von einer anderen Expertin schon gehört: Auch wir plädieren in diesem Bereich nachdrücklich für eine weitere Prüfungspflicht des Ministeriums als Kontrolle. Man sollte nichts der Beliebigkeit preisgeben. Hier bedarf es der Nachbesserung.

Zehnerprüfung am Gymnasium: In der strikten Ablehnung dieser Prüfung an der Schulform Gymnasium haben wir die umfassende Unterstützung unserer Mitglieder. Auf der letzten Mitgliederversammlung haben wir darüber abstimmen lassen. Es ist eine Gegenstimme abgegeben worden. Es ist beachtlich, mit welcher Bedenkenlosigkeit das Ministerium die Argumente unseres ausführlichen Positionspapiers negiert. Es ist mehr als widersprüchlich, mehr Qualität zu verlangen und gleichzeitig die von Rot-Grün geschaffene Erleichterung der Versetzung in § 26c der APO-SI nicht schleunigst wieder zu ändern. Man kann nicht ernsthaft wollen, dass Schüler eine Fünf und eine Sechs durch eine Drei in einem beliebigen Fach ausgleichen können. Pikanterweise stand die geänderte Fassung nicht einmal in der Synopse des Ministeriums. Fehler oder Absicht?

Zur nochmaligen Klarstellung unserer Position verweisen wir auf unser Positionspapier.

Wir wenden uns nicht gegen eine schriftliche Leistungsüberprüfung in der Klasse 10

Gymnasium, wenn sie als zentral gestellte Klassenarbeit erfolgt und dies mit der Formulierung des § 16 Abs. 4 des Entwurfs für den verkürzten gymnasialen Bildungsgang gemeint ist. Wir lehnen es aber entschieden ab, dass sich die heutigen Jahrgänge 6 bis 9 einer Abschlussprüfung nach der noch von der rot-grünen Landesregierung erlassenen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sekundarstufe I unterziehen müssen.

Für diese Schüler ist die offensichtliche Ungleichbehandlung nicht nachvollziehbar.

Kurz gefasst: Wir sagen Ja zu schulformspezifischen Leistungsüberprüfungen, Nein zu zusätzlichen Abschlussprüfungen innerhalb eines Bildungsgangs. Die Schüler des Gymnasiums brauchen die Lehrerkapazitäten für ihre individuelle Förderung, nicht für sinnlose, dieser Schulform nicht gerecht werdende Abschlussprüfungen in der Klasse 10. Wie sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Kraus, unlängst - um auch ein Zitat anzuführen; das Zitat, das wir vorhin gehört haben, war etwas aus dem Zusammenhang gerissen -: Allein vom Puls- und Fiebermessen wird man nicht gesund, außer man ist ein Hypochonder. - Im Übrigen fordert niemand aus 74 von 129 gründen beispielsweise die Abschlussprüfung Hauptschule im Bildungsgang Realschule.

Ein für die gesamte Novelle geltendes Wort an die Regierungsparteien: Wenn Sie an der Schulgesetzesnovelle noch etwas ändern, sollten Sie sich die Meinung der Experten in einigen Punkten unbedingt zu Eigen machen. Das stellte keinen Gesichtsverlust dar. Im Gegenteil, Sie gewinnen an Profil. In einem solch entscheidenden Bereich wie dem Schulbereich ist es wichtig, eine breite Basis zu haben. Es geht nicht um das parteipolitische Durchsetzen eines unveränderten Textes - das hatten wir beim geltenden Gesetz schon -, es geht um unsere Kinder, und diese haben nur eine Schulzeit.

Schulzeitverkürzung: Man kann es nicht oft genug sagen: Lassen Sie sich rechtzeitig, am besten gestern, etwas einfallen, wie Sie zwei gleichzeitigen Abiturjahrgängen gleiche Perspektiven für Studium und Beruf bieten! Qualität kann man nicht durch Verkürzung steigern, wenn es nicht zu einer kompensierenden Erhöhung der Stundenzahl kommt. Dazu können Nachmittagsunterricht und, je nach Entscheidung der Schule, Samstagsunterricht gehören.

Stellenreserve und Unterrichtsausfall: Letzteres ist ein Lieblingsthema von Eltern. Wir hoffen, dass die unter der neuen Regierung endlich in Angriff genommenen Maßnahmen konsequent fortgeführt werden. Dazu gehört auch eine Stellenreserve; ich komme darauf zurück.

An der Schulleiterwahl gibt es viel Kritik von den Direktorenkonferenzen im Bund und im Land sowie aus den eigenen Reihen der Regierungsmehrheit. Bei einer Schulkonferenz mit Drittelparität kann ich mir, wie schon gesagt, die geplante Schulleiterwahl nicht vorstellen. Die Kommunen haben sehr viel Kritik geübt. Besonders problematisch ist die Wiederwahl. Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die Professor Pechstein in seinem Gutachten erhoben hat, kann man nicht einfach vom Tisch wischen. Wer sich gut verkauft oder anpreist, ist noch lange kein guter Schulleiter. Eine Politisierung mit Wahlkampf hat in den Schulgremien nichts zu suchen. Mir persönlich ist die bisherige Empfehlungsregelung für die Schulkonferenz lieber.

Vorsitzender Wolfgang Große Brömer: Herr Korthauer, ich darf Sie an die Redezeit erinnern.

Burkhard Korthauer: Es muss überall funktionieren, nicht nur dann, wenn sich unter den Eltern Profis aus Assessmentcentern großer Unternehmen befinden. Die Möglichkeit der Sprungbeförderung von A 14-Leuten halten wir andererseits für ein sehr gutes Modell.

Zum Schluss zwei Zitate aus einer Rede von Herrn Kraus, nachzulesen auf unserer Homepage: Ansonsten sollte es Aufgabe des Gymnasiums sein, die sog. Durchsteiger-Quote weiter zu steigern.... Ich schlage dazu einen fünfprozentigen Stundenpool für jede Schule vor. An einem Gymnasium mit rund 800 Schülern bedeutet das rund zusätzliche 50 Wochenstunden. Mit diesen Stunden kann man... Unterrichtsausfall minimieren und... Förderkurse für Spitzen- und Risikoschüler einrichten. Seite 75 von 129