Dr Peter Achten Herr Remmel auch ich werde versuchen mich kurz zu fassen weil sehr viel schon vorweggenommen worden

Konrad Etteler: Herr Remmel, ich habe eben schon vieles gesagt. Was wir über den freien Markt fordern, ist zum Beispiel, dass die Verbände endlich ihre Leitlinien erarbeiten, damit wir auch vor Ort besser mit den Firmen kommunizieren können. Das ist eine ganz große Forderung von uns. Leider ist dies von einigen Berufsverbänden noch nicht gemacht worden. Der DEHOGA zum Beispiel hat es schon gemacht. Das wäre auch für uns sehr hilfreich. Dann haben wir nämlich die Möglichkeit, dort zu sagen: So, liebe Leute, so und so müsst ihr arbeiten; jetzt arbeitet auch danach.

Die anderen Forderungen hatte ich schon vorgetragen. Deswegen lasse ich es dabei.

Dr. Peter Achten: Herr Remmel, auch ich werde versuchen, mich kurz zu fassen, weil sehr viel schon vorweggenommen worden ist.

Wir halten den Rechtsrahmen für ausreichend. Uns geht es darum, dass man ihn zunächst einmal ausschöpfen und alle beteiligten Marktpartner inklusive aller überwachenden und überprüfenden Institutionen auf denselben Wissensstand darüber bringen soll, wie der Rechtsrahmen auch konsequent angewendet werden kann.

Vom Grundsatz her stehen wir immer mehr den marktgeneigten Lösungen aufgeschlossen gegenüber. Wir unterstützen alle Maßnahmen und regen auch an, sich hier Gedanken darüber zu machen, wie vielleicht von staatlicher Seite noch Anreiz- und Förderaspekte gesetzt werden können, damit der Dialog zwischen Überwachung, Produktion und Handel noch weiter gefördert werden kann.

Das ist eben an anderer Stelle gesagt worden: Es muss bekannt sein, was von wem hergestellt und zwischengehandelt wird, um daran eine risikoorientierte Kontrolle festmachen zu können. Wenn dies gewährleistet ist, ist auch eine Zulassung beispielsweise für Lebensmitteleinzelhandelsbetriebe in jedem Fall entbehrlich. Davon sind wir nicht unbedingt ein Freund.

In Bezug darauf, neue Qualitätssiegel einzuführen, bin ich eben vielleicht auch ein Stück weit falsch verstanden worden. Darum muss es nicht gehen. Das regionale Siegel berührt eine ganz andere Facette. Es geht darum, regionale Produkte stärker in den Vordergrund zu rücken. Das sagt auch nicht unbedingt immer etwas über die Qualität.

Bei den vorhandenen Siegeln zielt unser Ansatz dahin, die Nachfrageseite zu stärken.

Wir müssen es auch in den Fokus der Verbraucher rücken zu fragen. Es muss die Frage gestellt werden: Liegt in dem Betrieb ein Qualitätsmanagementsystem sowohl aufseiten der Produktion als auch aufseiten des Handels vor? Und wir müssen ein Bewusstsein darüber schaffen, dass so etwas wie ein CE-Zeichen - ein gängiges Zeichen, das dem Markt bekannt ist - bei Lebensmitteln in adäquater Art und Weise einen Wert und einen Preis hat. Damit gelingt es zum einen, die Qualität hoch zu halten, und zum andern regionale und vertikale Preisdifferenzierungsmöglichkeiten zu bieten.

Dr. Heinrich Ruholl: Ich möchte auch kurz zusammenfassen, welchen Bedarf ich sehe. Ich glaube auch, dass wir genug rechtliche Regelungen haben, vor allem vor dem Hintergrund des EU-Hygienepakets. Ich fange einmal von unten an.

Die Unternehmen, die Lebensmittel produzieren oder auch damit handeln, müssen ein Qualitätsmanagementsystem haben. Sie sollten sich dieses Qualitätsmanagementsystem von privaten, evaluierten Organisationen zertifizieren lassen. Das zahlen dann nämlich die Betroffenen selbst und nicht der Staat oder der Steuerzahler.

Der Staat kommt in das Spiel hinein, wenn er sich die Zertifikate, also die unabhängige Anerkennung eines etablierten Qualitätsmanagementsystems, vorzeigen lässt. Deswegen können wir hier mit weniger Staat auskommen.

Der Staat muss ebenfalls eigene Kompetenzen haben - auch eigene Laborkompetenzen. Das sehe ich auch so. Denn er muss mitreden können. Ich glaube nicht, dass er mehr braucht, sondern tendenziell mit weniger auskommen kann, weil der Fokus ein anderer sein muss. Der Staat muss wirklich stärker darauf schauen: Sind zertifizierte, anerkannte Qualitätsmanagementsysteme in den Betrieben eingesetzt?

Ich nenne ein Beispiel: Schauen Sie sich das in der Pharmaindustrie an! Arzneimittel sind auch Produkte, an die wir hohe Qualitätsmaßstäbe stellen. Ich weiß das aus dem eigenen Unternehmen. Es gibt im Pharmabereich die Good Manufacturing Practice.

Das ist ein ganz diffiziles Regelwerk. In dieses Regelwerk sind die Unternehmen eingebunden. Auch Externe, zum Beispiel Prüflaboratorien, sind darin eingebunden mit dem Ziel, am Ende wirklich verlässliche Qualität liefern zu können.

Das wird von staatlicher Seite überwacht. Sowohl die Hersteller werden überwacht, und es wird überprüft, ob es ein entsprechendes System gibt, als auch die Laboratorien.

Das ist wohl ein gutes Beispiel dafür, wie man mit Managementsystemen und der staatlichen Überwachung der Etablierung zu guten Ergebnissen kommt.

Rainer Weidmann: Herr Remmel: Was wir tun können? Wir sollten die Kontrolle auf die Unternehmen fokussieren, die bisher nicht kontrolliert wurden. Denn bei der Analyse der Geschehnisse in den letzten Monaten ist eines aufgefallen: Da waren einige Unternehmen dabei, die in der Fleischbranche relativ unbekannt waren - wenn man jetzt einmal zum Beispiel von der Firma Berger absieht. So etwas gibt es natürlich auch.

Das heißt Folgendes: Sie brauchen heute nur eine gewerberechtliche Anzeige und können schon mit Fleisch handeln. Das kann es nicht sein. Man kann es nicht dabei bewenden lassen. Die von uns vertretenen Unternehmen haben das Lebensmittelrecht wirklich in das Zentrum der Verbandsarbeit gestellt. Wir tun da sehr viel. Ich habe das auch in unserer Stellungnahme aufgeführt. Wir informieren ständig über die Anforderungen. Wir machen Schulungen und mehr für die Multiplikatoren in den Unternehmen.

Das wird exerziert. Wir haben auch Leitlinien für eine gute Hygienepraxis erstellt. All das ist vorhanden.

Aber es gibt, wie gesagt, daneben auch Unternehmen, die gar nichts machen. Nicht ohne Grund sitzen Leute nur mit einem Koffer bewaffnet im Hotel und gehen dort ihren Geschäften nach. In Gelsenkirchen war das wohl so. Da müsste man auch verstärkt kontrollieren. Dann wäre schon einiges im Sinne einer Verbesserung getan.

Von Ihnen kam die Frage nach einem Verbot, Subunternehmer einzusetzen. Ich weiß nicht, ob das ein Ansatz ist, in dieser Weise in das Zivilrecht und in zivilrechtliche 41 von 56 taltungsmöglichkeiten einzugreifen. Ich halte es für sinnvoller, diese Leute stärker zu kontrollieren.

Das Thema Werkverträge ist ein ganz verrücktes Thema. Auf der einen Seite wird es von der Bundesregierung gefördert. Seinerzeit sind mit allen möglichen Staaten bilaterale Abkommen geschlossen worden. Die Landesarbeitsämter haben das geprüft und abgesegnet. Wenn es zu solchen Missständen kommt, wie sie die Herren von der Gewerkschaft dargestellt haben, ist auch der Staat gefragt, sich neu zu orientieren.

Ich würde empfehlen, diese Subunternehmer staatlich zu auditieren, wenn sie tätig werden. Das sollte nicht so ablaufen, wie die Landesarbeitsämter das bisher gemacht haben. Offensichtlich gibt es da sehr große Defizite.

Hygieneprüfung der Mitarbeiter: Ja, uneingeschränkt. Das muss sein.

Zulassung der Betriebe: Die großen Schlacht- und Zerlegebetriebe und die Kühlhäuser sind alle zugelassen. Das ist Realität. In unseren Schlachtbetrieben steht von morgens bis abends der amtliche Tierarzt mit seinem Team. Es ist zu überlegen, ob man das noch auf andere Bereiche ausweitet.

Matthias Wolfschmidt: Ihre Frage war: Was sollen wir als Land tun?

Erstens. Sorgen Sie dafür, dass die kommunale Zuständigkeit für die Lebensmittelkontrolleure aufhört. Sorgen Sie dafür, dass das zentralisiert wird und - je nachdem, welche Strukturen sich hier vorfinden - entweder in die Obhut des zuständigen Landesministeriums kommt oder meinetwegen auf Bezirksebene organisiert wird. Ich plädiere für die Landesebene. Das heißt nicht, dass man die Kontrolleure vor Ort abziehen sollte, sondern es geht darum, dass man weiß, was zu tun ist.

Zweitens. Wichtig ist die Rotation der Kontrollen. Das wird auch in dem Papier der Staatsanwaltschaft Oldenburg genannt; Herr Südbeck hat diesen Vorschlag erfreulicherweise aufgegriffen. Er schlägt einjährige Rotationszeiträume vor. Man kann darüber reden, ob das ein Jahr oder zwei Jahre sein sollen. Sorgen Sie dafür, dass rotiert wird!

Drittens. Sorgen Sie für Transparenz! Das können Sie als Land tun. Sie können einfach entscheiden, dass das, was die staatlichen Kontrolleure, die in unser aller Auftrag arbeiten, in Erfahrung bringen, auch tatsächlich allen zugänglich ist. Sorgen Sie dafür, dass die Kontrollergebnisse öffentlich gemacht werden!

Dabei ist es weniger bedeutsam, ob Sie ein Smiley-System vorschlagen, das sich über kurz oder lang in der ganzen Republik durchsetzen wird - davon bin ich überzeugt; da sind Sie dann nämlich Vorreiter - und Ihnen und Ihren Wirtschaftsbeteiligten letztlich Marktvorteile bescheren wird. Denn die Transparenz zahlt sich auch über die Grenzen von NRW hinaus aus. Die ganze Lebensmittelwirtschaft wird den Ruf der Transparenz bekommen. Das halte ich für realistisch.

Danish Crown als ein ganz bestimmt nicht kleiner Player in der Fleischwirtschaft in Europa war am Anfang völlig gegen die Transparenz der Überwachungsergebnisse. Das berichteten die dänischen staatlichen Lebensmittelkontrolleure.