Wir haben also die Kühlhäuser schon immer kontrolliert

Ich komme noch einmal auf die Kühlhäuser zurück. Natürlich haben wir Kühlhäuser kontrolliert, aber nur, wenn wir von ihnen gewusst haben. Wenn Kühlhäuser nicht gewerblich angemeldet sind, wissen wir nichts von ihnen. Wir haben erst dadurch von ihnen erfahren, dass wir eine vernünftige Kontrolle durchgeführt und gefragt haben: Woher beziehen sie diese Ware? Antwort: Logistikzentrum sowieso. Dann sind wir der Sache nachgegangen und haben auch die Nachbarkreise oder andere Landesstellen informiert, dass die Ware von A nach B transportiert worden ist.

Wir haben also die Kühlhäuser schon immer kontrolliert. Aber wenn sie nicht angemeldet sind, konnten sie leider auch nicht überprüft werden. Wir fahren nicht zu irgendeinem Gebäude und schauen nach, was dort geschieht. An den großen Gefrierkühlhäusern sehen Sie keine Werbung mit der Aufschrift: Hier können tiefgefrorene Lebensmittel eingelagert werden.

Ein anderes Problem ist, wir machen auch Schwerpunktkontrollen mit der Polizei, mit dem Zoll, mit der DEKRA, zum Beispiel Verkehrskontrollen. Jetzt werden wieder schwerpunktmäßig Transportkontrollen von Mercedes-Sprintern durchgeführt. Auf diesen Fahrzeugen steht keine Werbung, und sie haben kein Kühlaggregat obendrauf. Sie werden zur Kontrolle gezielt aus dem fließenden Verkehr herausgenommen.

Prof. Dr. Achim Stiebing: Ich will ergänzend sagen, ich stimme der Aussage zu, man kann ein Gefrierhaus nur stichprobenartig im Verdachtsfall kontrollieren. In einem funktionierenden Eigenkontrollsystem muss aber sichergestellt sein, dass verdorbenes Material nicht verarbeitet wird. Solange es im Kühlhaus lagert, passiert nichts. Es wird vielleicht ein bisschen ranziger, aber Bakterien, die etwa zu Lebensmittelvergiftungen führen können, vermehren sich nicht. Es besteht also kein aktuelles Gesundheitsrisiko. Es wird eventuell erst dann zu einem, wenn es vielleicht durch Täuschung auf den Markt gebracht wird, ohne die Qualitätsanforderungen voll zu erfüllen.

Von daher müssen auch die im Handel Beteiligten dafür sorgen, keine anonyme Ware zu kaufen. Das wurde eben vom Verband schon gesagt: Mitgliedsbetriebe von Verbänden achten darauf, keine anonyme Ware zu kaufen. Denn ein funktionierendes Qualitätssicherungssystem schließt Schnäppchenware aus. Daher müssen wir eher darauf setzen, dass Eigenkontrollsysteme in der Kette greifen. Dann werden solche Verwerfungen langfristig nicht mehr stattfinden.

Dirk Haerten: Der Sachkundenachweis ist nicht irgendeine Bescheinigung, sondern Zeugnis dafür, dass ich genügend Kenntnisse und Fähigkeiten habe, mit einem so sensiblen Produkt wie Fleisch umzugehen. Herr Etteler, es ist sicher bedauerlich - darin unterstützen wir Sie auch -, dass der Sachkundenachweis für Gastronomiebetreiber, die kein Bier ausschenken, entfallen soll.

Es gibt aber noch einen anderen Bereich, in dem wir ebenfalls Sorge haben und den wir für weitreichender halten: Wenn ich mir das EU-Hygienepaket ansehe und feststelle, dass dort in Zukunft der Sachkundenachweis bei der Herstellung von Hackfleisch entfallen soll, wissen wir alle, dass Hackfleisch aufgrund seines Herstellungsprozesses ein außerordentlich empfindliches Produkt ist. Ich zerreiße die Oberflächenstruktur des 46 von 56 sches und mache es anfällig für alle möglichen Bakterien. Da dieser Sachkundenachweis gänzlich wegfallen soll - ich will nicht sagen, auf dem Altar des europäischen Rechts geopfert wird -, lautet unsere Bitte:

Es wird zum europäischen Hygienepaket nationale Durchführungsbestimmungen geben. De jure gibt es schon seit dem 1. Januar 2006 keine Hackfleischverordnung mehr, und in Düsseldorf, Berlin und Brüssel wird stundenlang über die Einhaltung einer Temperatur + 2 ° oder + 4 ° diskutiert. Der Sachkundenachweis soll aufrechterhalten bleiben, wie wir ihn bisher von der Hackfleischverordnung gewohnt waren, da sie sicherstellt, dass nur derjenige Hackfleisch herstellen darf, der, von der Behörde verbrieft, die entsprechende Sachkunde besitzt.

Karl Kress (CDU): Noch einmal zum Thema Eigenkontrollsysteme. Sie haben es eben angesprochen, die Richtlinie der EU-Hygieneverordnung mit dem Baustein HACCP ist von der Europäischen Union schon 1994 verabschiedet worden. 2001/2002 haben wir auch im Landtag eine breit angelegte Diskussion mit Sachverständigen geführt. Wir als CDU-Fraktion haben dazu Anträge gestellt und ein Handlungskonzept zu entwickeln versucht. Herr Dr. Achten hat eben darauf hingewiesen, dass der Rheinkreis Neuss die EU-Verordnung einschließlich der Zertifizierung nach HACCP transparent mit ausgewählten Betrieben im Rahmen eines Interreg III-Projekts umgesetzt hat - mit beachtlicher Kofinanzierung des Landes Nordrhein-Westfalen. Das ist beispielhaft realisiert worden; die wissenschaftliche Begleitung ist durch die Uni Bonn - GIQS - erfolgt.

In dem Zusammenhang irritieren mich einige Ausführungen. Ich habe das Gefühl, dass es Informationsdefizite gibt. Es ist breit berichtet worden; es sind nicht nur schöne, transparente Flyer hergestellt worden, sondern Handlungsrahmen aufgezeigt worden.

Ich fand es ganz beachtlich, was bewegt worden ist. Der Abschlussbericht ist pressemäßig vorgestellt, aber auch öffentlich diskutiert worden. Ist nicht überall angekommen, was da schon gemacht wird? Gibt es Defizite grundsätzlicher Art beim Informationsaustausch, und was sollte verbessert werden? - Herr Dr. Achten, sehen Sie Defizite im Informationsfluss? Könnte man da eine Menge mehr machen?

Zur Entkommunalisierung der Chemischen und Lebensmittel-Untersuchungsämter: Ich habe das immer so gesehen, dass gerade diese Ämter sehr ortsnah arbeiten. Im Bereich der Lebensmittelanalytik gibt es große Probleme, weil die Apparatetechnik weiter fortschreitet, sodass man sich zusammentut. Der Rheinkreis Neuss macht das mit Mettmann, zum Teil auch mit Mönchengladbach. Das funktioniert im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit schon ausgezeichnet. Deshalb kann ich die Aussage nicht verstehen: Man muss versuchen, die Fachämter zu entkommunalisieren. Geht da nicht Ortsnähe verloren? Das würde mich sehr interessieren.

Vielleicht kann der eine oder andere zu der Entkommunalisierung aus seiner Sicht etwas sagen. Ich habe eben mit Erstaunen aufgenommen, dass eine solche Forderung in den Raum gestellt wurde.

Dr. Peter Achten: Herr Kress, unser Eindruck ist, dass Kommunikation verbessert werden kann. Ich habe eben nicht alle Maßnahmen aufgeführt, die beispielsweise unser

Verband unternommen hat. Wir bieten unseren Mitgliedern etwa über den Leitfaden für eine gute Hygienepraxis, abgestellt auf die HACCP-Richtlinien, das entsprechende Informationsmaterial an. Unsere Mitglieder wissen das. Die Öffentlichkeit weiß das natürlich nicht, weil das eine nach innen gerichtete Kommunikation ist.

Deshalb unser Appell: Lassen Sie uns gemeinsam nach Wegen suchen, um deutlich zu machen, dass Lebensmittelskandale zwar ein krimineller Faktor im Wirtschaftsleben sind, der zwar sehr deutlich spürbar wird, aber eine unrühmliche Ausnahme ist! Und lassen Sie uns auch dafür Sorge tragen, dass wir weder die Produktion noch den Handel noch den Einzelhandel mit Fleisch pauschal kriminalisieren! Da gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten für uns alle.

Prof. Dr. Achim Stiebing: Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung muss die Untersuchung einer Probe auf Hydrolysate nicht regional untersucht werden. Wenn Sie das richtig gut machen wollen, kann das in Zukunft nicht von der Kommune vor Ort geleistet werden. Kollege Ruholl kennt die Analysemethoden und den großen apparativen Aufwand dafür. Dabei sind sie immer zweiter Sieger in Bezug auf Know-how und technische Nachweisgrenzen.

Es macht auch keinen Sinn, einen Hersteller aus Gelsenkirchen bundesweit in allen Outlets zu beproben. Wenn ein Hersteller aus Gelsenkirchen bundesweit ein Produkt auf den Markt bringt, reicht es die Produkte in Gelsenkirchen zu kontrollieren. Was soll denn bezüglich irgendwelcher Rückstände auf dem Transport passieren? Man erlebt sehr oft, dass sich draußen alle Untersuchungsämter auf den gleichen Hersteller stürzen. Dann werden bundesweit die gleichen Untersuchungen gemacht, um ein Ergebnis zu produzieren.

Deshalb muss der Prozess kontrolliert werden, und es müssen bestimmte sinnvolle Analysen, bezogen auf den Prozess, durchgeführt werden. Die Analysen können zentral erfolgen. Notwendig ist, dass der Audit kommunal, vor Ort, gemacht wird - gegebenenfalls mit Unterstützung zentraler Stabsstellen. So wird das Know-how in die Kommune getragen. Das hatte ich zu Anfang ausgeführt. Dazu gibt es sehr gute Modelle und Vorschläge von den verschiedensten Seiten.

Das steckt dahinter: Ich habe etwas dagegen, dass man zu stark verästelt und das örtliche Untersuchungsamt - ich formuliere sehr spitz - nur noch Etikettenchemie betreiben kann. Denn dazu braucht man keinen Analyseautomaten, sondern eine Datenbank, um zu bewerten, ob das Lebensmittel verkehrsfähig ist: Ja oder nein.

Es gibt leider die Entwicklung, dass heute nicht nur die Investitionskosten für ein Labor zu Buche schlagen - die Investition könnte man noch vornehmen; sie ist einmalig -, sondern auch Folgekosten entstehen, wenn man es nachhaltig betreiben will. Das ist ein relativ großer Aufwand. Das muss man wirklich auf den Prüftisch bringen, ob das, so, wie es im Moment ist, sinnvoll ist.

Johannes Remmel (GRÜNE): Meine erste Frage richtet sich an die Herren Etteler, Prof. Stiebing, Dr. Schulze Schleithoff und Wolfschmidt. Wenn ich die Diskussion richtig verstanden habe, gibt es hinsichtlich der Stärkung der Eigenkontrolle einen Konsens.