Wohlfahrt

Landtag Nordrhein-Westfalen 14/291

17. Sitzung schm öffentlichen Mittel bekommt, im Endeffekt eine Erleichterung, festzustellen, dass die Mittel so ausgegeben worden sind, wie es vorgesehen ist.

Horst Engel (FDP): Die Fragen vom geschätzten Kollegen Müller und die Antworten von Herrn Dr. Linzbach, Herrn Barenhoff und Frau Keisers haben meine Frage erübrigt, sodass mir nur noch verbleibt, mich bei den Experten aus der Sicht der FDP-Landtagsfraktion zu bedanken. Das, was wir mit Ihren schriftlichen Stellungnahmen vorliegen haben und was wir heute hier gehört haben und noch hören werden, wird in die Beratungen einfließen.

Norbert Killewald (SPD): Ich danke Ihnen, Herr Pastor Barenhoff, für die klare Darstellung, dass Sie uns offen dieses Gutachten zur Verfügung gestellt haben. Wir finden es selbstverständlich, dass es zwischen Wohlfahrtspflege und den gesetzlichen Verpflichtungen, die Sie als Spitzenverbände eingehen, ein offenes Miteinander gibt. Insofern herzlichen Dank, dass Sie uns aus Ihrer Sicht auch die Schwachstellen so offen nennen.

Ich habe zu einzelnen Punkten Nachfragen.

Herr Präsident Schneeloch, Sie haben vorhin gesagt, in Sachen Jugendverband müssten Sie es gegebenenfalls ablehnen, diese Mittel anzunehmen. Vielleicht habe ich es akustisch falsch verstanden. Ich verstehe es so: Wenn dieses Verfahren für 2007 so realisiert werden würde, dann müssten es der Verband und seine Untergliederungen gegebenenfalls ablehnen, diese Mittel überhaupt anzunehmen. Das hieße, in der Schlussfolgerung könnten bei der Jugend oder in anderen Bereichen schon von vornherein Bereiche wegbrechen oder Mittel ein neues Ziel suchen.

Was bedeutet dieser Zwist zwischen Landesrecht, Bundesrecht und Europarecht, den Sie anhand des Jugendverbandes dargelegt haben, für die Spitzenverbände im Landessportbund und deren Arbeit, die sie gegenüber dem Land erbringen, und die Arbeit, die sie ihren Untergliederungen entgegenbringen?

An die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege habe ich auch noch eine Frage. Im Gutachten der Kanzlei Redeker wird auf diese besondere Konstellation von Bundesrecht, Landesrecht und Europarecht hingewiesen. Ich nehme jetzt mal den Arbeitsmarktbereich, der von allen drei Finanztöpfen in Nordrhein-Westfalen erheblich abhängt. Ich möchte von Ihnen eine Einschätzung haben, was diese Rechtsunsicherheit, die die Kanzlei Redeker darlegt, die Sie für sich angenommen haben ­ das zeigt zumindest Ihre erste Stellungnahme ­, in Ihrer praktischen Arbeit bedeutet. Wie würde es sich auf die Spitzenverbände und auf die Spitzenverbandsfunktionen, die Sie nach dem Sozialgesetzbuch gesetzlich gegenüber dem Land haben, in Ihrer alltäglichen Arbeit auswirken, also in der Erbringung von Stellungnahmen, in der Erbringung bestimmter Positionierungen als Anwalt der Hilfebedürftigen im Lande?

Walter Schneeloch: Ich hatte es an einem Beispiel ausgeführt. Hier bezieht es sich auf das Bundesprogramm Integration durch Sport. Integration ist eines der wichtigsten Handlungsfelder jetzt und auch für die Zukunft. Das ist unstrittig. Es ist wohl auch 13 von 22

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17. Sitzung schm strittig, welchen Beitrag der Sport gerade zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund leistet. Dieses Programm wird bei uns von der Sportjugend bewirtschaftet ­ das war dieses Beispiel ­, und es wird nicht nur mit Bundesmitteln, sondern auch mit sogenannten Eigenmitteln, sprich Spiel 77-Mittel, wie auch mit Landesmitteln durchgezogen.

Ich habe Folgendes gesagt: Wenn aufgrund des Gutachtens der Kanzlei Redeker diese Rechtsproblematik besteht, dass nach Bundesgesetz diese Doppelförderung nicht durchgeführt werden darf, dann laufen wir bei einer Prüfung Gefahr, dass wir nachträglich ­ so war meine Ausführung ­ diese Mittel zurückzahlen müssen. Das hätte natürlich zur Konsequenz, dass wir erhebliche finanzielle Probleme bekommen und solche Handlungsfelder dann in Zukunft einstellen müssen, weil uns die finanziellen Voraussetzungen fehlen. Das könnte ich auch auf EU-Mittel übertragen, denn sehr wohl profitiert der Sport auch aus Mitteln der EU im Bereich der Gesundheitsförderung, im Bereich des Sports mit Älteren etc. Da gibt es verschiedene Programme, die wir in der Vergangenheit schon mit genutzt haben, die wir auch in Zukunft natürlich gerne weiterhin nutzen würden, um unsere Programmvielfalt auszubauen.

Dr. Moritz Linzbach: Es wird ziemlich deutlich: Wir sind keine Filiale des Staates. Das gilt für die Freie Wohlfahrtspflege und auch für die anderen Destinatäre. Besonders aus der Stellungnahme der Kulturstiftung wird es plastisch deutlich. Das Geld kommt von einem Menschen und ist deshalb von der Allgemeinheit aufgebracht, aber wir sind keine Filiale des Sozialstaates, und diese Arbeit gedeiht nur aus dem Wahlrecht der Menschen in einer Pluralität und in einer privatrechtlichen Freiheit. Das ist der Punkt.

Wir haben Ihnen neben dem Gutachten der Kanzlei Redeker sogar die Gutachtenanfrage mitgeschickt, weil wir überhaupt keine Scheu haben, dass die Öffentlichkeit daran Anteil hat. Wir wollen ja das Richtige suchen.

Wir haben dann von der Anwaltskanzlei gehört ­ auch das sei zur Klarheit gesagt; wir fürchten die Transparenz überhaupt nicht ­: Gut, dann lasst doch den Landesrechnungshof wie die Landesanstalt für Medien. Nur die Landesanstalt für Medien ist eine dem Staat inkorporierte Anstalt; wir sind ein Aliud, und es ist Zeit, über diese Hürde zu springen. Da wir nicht genau wissen wie das geht mit dem Reichshaushaltsrecht ­ wenn ich es mal so sagen darf, denn die Landeshaushaltsordnung ist der Aufguss ­, sind wir der Meinung, die Stunde ist gekommen, darüber nachzudenken, besonders in diesem führenden Land Nordrhein-Westfalen.

Eberhard Neugebohrn: Ich möchte zunächst auf die Frage von Herrn Müller antworten, wie es in anderen Bundesländern gehandhabt worden ist. Ich habe gerade bei unserer Schwesterstiftung in Norddeutschland, der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung, nachgefragt, die für mehrere Bundesländer zuständig ist. Es ist so, dass in Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Erlöse aus der Bingo-Lotterie, einer Veranstaltung der dortigen Landeslottogesellschaften, in den Landeshaushalt übernommen werden, in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern aber unmittelbar Verträge mit der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung bestehen. Also: Es ist möglich.

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In diesem Zusammenhang möchte ich erinnern: Anfang der 90er-Jahre haben die Umwelt- und Naturschutzverbände und die entwicklungspolitischen Hilfswerke versucht, eine eigene bundesweite Lotterie auf den Weg zu bringen, aus der Fördermittel für diese Förderzwecke generiert werden sollten. Diese Sache ist im Wesentlichen am Staatsmonopol gescheitert. Man mag heute den Verbänden vorwerfen, dass sie einen gewissen Beitrag dazu beigetragen haben, das Staatsmonopol zu untergraben.

Fakt ist: Wir können zivilrechtlich derzeit nicht in beliebiger Form Konstruktionen errichten, die uns solche Mittel zuführen, wie es Lotteriemittel sind. Wir sind auf diesen ordnungsrechtlichen Rahmen des Staates angewiesen. Gleichwohl sind es Mittel, die die Zivilgesellschaft aufbringt und die diesen zivilgesellschaftlichen Zwecken zugeordnet sind. Wir haben überhaupt nichts dagegen, dass Landesparlamente diese Frage ordnungspolitisch regeln. Es sind aber keine Steuergelder, sondern es sind andere Mittel, die aus zivilgesellschaftlichen Quellen folgen und für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stehen.

Norbert Killewald (SPD): Herr Präsident Schneeloch, ist es möglich, auf den zweiten Teil meiner Frage einzugehen: Wie wirkt sich das gewählte Verfahren des Finanzministeriums auf Ihre Untergliederungen und auf die praktische Arbeit für die Sportverbände aus? Sie sind ja sehr stark zergliedert, und ich kann mir vorstellen, da gibt es Schwierigkeiten in den Rechtsverbindlichkeiten der Zuwendungen oder wie man es auch immer nennt. Wie steht der Landessportbund dazu?

Dr. Fritz Schaumann: Mir liegt daran, auf den Kern des Problems hinzuweisen, so ähnlich, wie Herr Neugebohrn das auch getan hat.

Beim Landesrechnungshof scheint die Vorstellung zu sein: weil Staatsmonopol, deshalb öffentliche Einnahmen. Dieses Problem der Definition der Einnahmen aus den Wetten als öffentliche Einnahmen werden wir nur durch Ihre Willensbildung aus der Welt schaffen können. Wenn man sagt, es sind öffentliche Einnahmen, ist die Argumentation des Landesrechnungshofes folgerichtig. Ich behaupte aber, es sind keine.

Frau Keisers, eines möchte ich klarstellen, weil Ihre Einlassung so geklungen hat, als würden sich die Destinatäre in dem, was sie tun, nicht kontrollieren.

(Annegret Keisers [LRH]: Nein!)

­ Gut, wenn das nicht beabsichtigt war, dann verzichte ich auf meine Einlassung. Ansonsten hätte ich gesagt: Natürlich prüfen wir uns und werden auch geprüft, und es ist nicht nur der Landesrechnungshof, der prüft.

Pastor Günter Barenhoff: Ich möchte dafür plädieren, in der politischen Willensbildung unseren Vorschlag des Moratoriums noch einmal aufzugreifen. Schon diese kurze Anhörung hat gezeigt, dass es in der inhaltlichen Zielsetzung offensichtlich in diesem Raum von allen Beteiligten keine Differenzen gibt.

Außerdem ist folgender Sachverhalt festzuhalten: Wir bitten, ein Verfahren um ein Jahr zu verlängern, was über mehrere Jahre funktioniert und auch zu keinen rechtlichen Beanstandungen geführt hat.