JVA

Die gegebenenfalls erforderlichen Mittel werden zusätzlich bereitgestellt.

Darüber hinaus gibt es in Lippstadt in den Häusern 3 und 15 insgesamt vier Dreibettzimmer mit Nachteinschluss, von denen aber nur drei mit jeweils drei Patienten belegt werden. Bei zwei Zimmern handelt es sich um überdurchschnittlich große Räume auf zwei relativ kleinen Langzeitstationen in Haus 3 mit zurzeit je 13 Patienten. Die Patienten haben sich freiwillig für diese Stationen gemeldet. Das Konfliktpotenzial ist insgesamt gering. Eingesetzt wird eine Nachtwache pro Station sowie eine gemeinsame Bereitschaftswache für beide Stationen. Kontrollgänge werden stündlich durchgeführt. Das dritte dieser Dreibettzimmer befindet sich auf einer hoch gesicherten und überbelegten Regelstation in Haus 15. Die Nachtwachenbesetzung entspricht der in Haus 3. Ich gehe davon aus, dass die Klinik sehr sorgfältig geprüft hat, ob die Patienten auf diesen Zimmern gut miteinander auskommen. Der Landesbeauftragte wird jedoch noch einmal ausdrücklich anordnen, dass diese Prüfung schriftlich dokumentiert und die Belegung bei Hinweisen auf Spannungen verändert wird. In Haus 15 wird zusätzlich geprüft, ob eine Dreierbelegung dieser Zimmer grundsätzlich untersagt wird.

Trotz dieser strukturellen Unterschiede gibt es auch im Maßregelvollzug Zwischenfälle zwischen Patienten und Angriffe auf Beschäftigte - auch schwere Zwischenfälle. Aber schwere sind Gott sei Dank absolute Ausnahmen.

Ich denke, das muss auch so bleiben. Denn Sicherheit im Maßregelvollzug ist nicht nur Sicherheit nach außen, sondern auch Sicherheit nach innen, für die Beschäftigten und ebenso für die Patienten vor Mitpatienten.

Ich will Ihnen die aktuellen Daten zur inneren Sicherheit im Maßregelvollzug nennen:

Im laufenden Jahr wurden von den Kliniken insgesamt 44 Zwischenfälle zwischen Patienten oder zwischen Patienten und Beschäftigten gemeldet. Bei bislang etwa 750.000 Betreuungstagen entspricht dies ungefähr einem Zwischenfall je 17.

Betreuungstage. Die schwersten Zwischenfälle waren zwei Selbstmorde. Darüber hinaus wurden zehn versuchte Suizide gemeldet. Die meisten wurden durch Pfleger und/oder Mitpatienten rechtzeitig verhindert, einzelne scheiterten. Gemeldet wurden des Weiteren 20 sogenannte besondere Vorkommnisse zwischen Patienten sowie elf Vorfälle zwischen Patienten und Beschäftigten. Fast alle diese Tätlichkeiten bestanden aus Schlägen oder Tritten nach einem Streit auf der Station oder bei Interventionen des Personals. Nichts von alldem ist mit den Vorfällen in der JVA Siegburg auch nur annähernd vergleichbar. Gleichwohl nehme ich diese Meldungen ernst, denn sie sind zum Teil Ausdruck der unverändert angespannten Platzsituation im Maßregelvollzug.

Ein Drittel der gemeldeten Vorfälle betrifft die Häuser 28 und 29 in Bedburg-Hau.

Aber: Das hat nichts mit dem dortigen Nachteinschluss zu tun, sondern das ist die unmittelbare Folge der Überbelegung in einem frühen und deshalb besonders schwierigen Behandlungsstadium. Diese Situation müssen und werden wir mit dem Ersatzbau in Bedburg-Hau sowie der Diagnostik in Essen ändern.

Die Grünen haben an den Anfang ihres Antrags für die heutige Aktuelle Viertelstunde die Frage gestellt: Welche Auswirkungen hat die geplante Vollzugsumkehr im Maßregelvollzug vor dem Hintergrund der Ereignisse in Siegburg? - Sehr geehrte Frau Steffens, ich muss gestehen: Ich habe ein bisschen Mühe gehabt, diese Frage zu verstehen, denn das eine hat mit dem anderen aus meiner Sicht nichts zu tun. Ich will das kurz begründen.

Erstens. Die Behauptung, die Landesregierung plane eine grundsätzliche Umkehr der Vollstreckungsreihenfolge im Maßregelvollzug, ist schlicht falsch - und das wissen Sie. Richtig ist: Ich will, dass suchtkranke Straftäter mit langen Begleitstrafen - nur um die geht es! - zuerst in den Strafvollzug und dann in die Therapie gehen. Auch die Gründe kennen Sie: Eine erfolgreiche Suchtbehandlung dauert ein Jahr, vielleicht anderthalb Jahre, dann ist die Therapie beendet. Diese Therapie ist auf ein anschließendes Leben in Freiheit gerichtet; mit zunehmendem Therapieerfolg erhalten die Patienten mehr und mehr Lockerungen. Eine Entlassung auf Bewährung ist aber nur möglich, wenn mindestens die Hälfte der Begleitstrafe abgelaufen ist. Das ist immer häufiger erst nach zwei oder drei Jahren der Fall. Was sollen wir so lange mit diesen Patienten machen? Sollen wir sie wirklich auf teuren und knappen Therapieplätzen behalten, obwohl sie ausbehandelt sind? Sollen wir sie erfolgreich auf ein Leben in Freiheit vorbereiten und dann in das Gefängnis schicken? Beides kann doch nicht richtig sein. Deshalb sind sich alle Länder und der Bund einig: Wir wollen, dass solche Täter erst dann in die Therapie kommen, wenn sie im Anschluss an eine erfolgreiche Behandlung auch auf Bewährung entlassen werden können.

Zweitens. Diese Änderung hat zur Konsequenz, dass die Belegung des Strafvollzugs mit suchtkranken Straftätern etwas zunehmen, die des Maßregelvollzug etwas abnehmen wird. Dabei reden wir über vielleicht 100, vielleicht 150 Personen verglichen mit zurzeit etwa 18.000 Strafgefangenen. Mit dem Mord in Siegburg hat das nicht das Geringste zu tun. Niemand wird sterben, weil die Vollstreckungsreihenfolge umgekehrt wird.

Drittens. Die Grünen fragen, wie diese Änderung der Vollstreckungsreihenfolge umgesetzt werden soll und ob es dafür ein abgestimmtes Konzept zwischen meinem Haus und dem Justizministerium gibt. Voraussetzung für die Umkehr der Vollstreckungsreihenfolge ist eine Änderung des Strafgesetzbuches. Dazu liegen Gesetzentwürfe des Bundesrates und der Bundesregierung vor, die im Bundestag beraten werden. Die Landesregierung unterstützt diese Gesetzentwürfe. Diese Haltung ist zwischen allen Ressorts abgestimmt.

Über die tatsächliche Vollstreckungsreihenfolge entscheiden heute und in Zukunft ausschließlich die Gerichte. Sie setzen die Regelung in Urteile um, nicht die Landesregierung. Wenn die Gerichte anordnen, dass ein bestimmter Teil der Strafe zuerst vollzogen wird, dann wird die Justizverwaltung dies tun. Wenn diese Frist abgelaufen ist, werden wir die Patienten auf Maßregelvollzugsplätzen unterbringen und alles daransetzen, den Betroffenen eine suchtfreie Perspektive in Freiheit zu eröffnen. Dazu gibt es schon jetzt eine enge Abstimmung mit der Justiz, insbesondere über die regelmäßigen Fachgespräche des Landesbeauftragten mit den

Gerichten. Außerdem hat das Land einen Forschungsauftrag zur Situation der suchtkranken Straftäter in Nordrhein-Westfalen vergeben. In der nächsten Woche findet zudem in Münster eine Fachtagung von forensischen Psychiatern und Juristen ebenfalls zu diesem Thema statt.

Vorsitzender Günter Garbrecht weist darauf hin, dass die Berichterstattung durch den Minister fast eine Viertelstunde gedauert habe, erinnert an die Ermahnung in der letzten Sitzung, die 15 Minuten einer Aktuellen Viertelstunde nicht wesentlich zu überschreiten, will den Abgeordneten jedoch eine Runde an Wortbeiträgen zugestehen.

Barbara Steffens (GRÜNE) stellt klar, dass gemäß Antrag für diese Aktuelle Viertelstunde nach den Auswirkungen der von Minister Laumann geplanten Vollzugsumkehr im Maßregelvollzug von Therapie vor Strafe in Strafe vor Therapie gefragt werde, was nicht bedeute, dass der Minister diese Umkehr grundsätzlich wolle.

Es interessiere, ob der auch für Drogenpolitik zuständige Minister Laumann gemeinsam mit Justizministerin Müller-Piepenkötter für diejenigen 70 drogenabhängigen Patienten und Patientinnen ein Konzept entwickelt habe oder entwickeln wolle, die bei einer Vollzugsumkehr aus dem westfälischen Maßregelvollzug zusätzlich in bereits überbelegte und durch die Entzerrung von Drei- auf Zweibettzimmer belasteten Justizvollzugsanstalten verlegt würden. Man erwarte nicht Mord und Totschlag. Aber der Justizbereich sei mit der Drogenproblematik völlig überfordert und verfüge wahrscheinlich in ganz Nordrhein-Westfalen über weniger Entzugsbetten als manche Maßregelvollzugseinrichtung.

Die Ausführungen des Ministers zu Gefahren und Risiken der Mehrfachbelegung beim Nachteinschluss auch im Bereich des Maßregelvollzugs überzeugten nicht. Diese könnten nach Aussagen der dort Beschäftigten nicht ausgeschlossen werden. Der Minister sei gegen eine Drei- oder Vierfachbelegung beim Nachteinschluss in neuen Einrichtungen des Maßregelvollzugs und müsste angesichts des Skandals in Siegburg auch in den bereits bestehenden Einrichtungen des Maßregelvollzugs schnell Konsequenzen ziehen und Mehrfachbelegungen beim Nachteinschluss verhindern. Die Frage laute, in welchem Zeitrahmen entsprechende Maßnahmen eingeleitet würden.

Elisabeth Veldhues (SPD) dankt dem Minister für dessen umfangreichen Bericht und spricht sodann die drei Maßnahmen an, mit denen das Ministerium der Überbelegung im Maßregelvollzug begegnen wolle.

Erstens: Longstay-Einrichtungen. Die SPD-Fraktion warte nach wie vor auf das von ihr angeforderte Konzept hierzu.

Zweitens: Nachteinschluss. Es werde sehr begrüßt, dass der Nachteinschluss laut Minister künftig nur noch in Ein- und Zweibettzimmern zugelassen sei. Noch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage habe er Mehrbettzimmer nicht ausgeschlossen.

Drittens: Umkehr der Vollstreckungsreihenfolge. Mit Blick auf den Vorfall in Siegburg mache es wenig Sinn, der Überbelegung im Maßregelvollzug dadurch zu begegnen, dass man kranke Menschen in total überbelegten Justizvollzugsanstalten unterbringe.

Es interessiere, ob es ein Konzept gebe, zuerst die Drogenentwöhnung in einer Maß regelvollzugsklinik vorzusehen und anschließend den Strafvollzug und die langfristige Therapie. Vor diesem Hintergrund sollte auch über die Wiedereinführung einer externen Drogenberatung als Begleitmaßnahme für Patienten in Justizvollzugsanstalten nachgedacht werden, die vor nicht allzu langer Zeit gestrichen worden sei.

Vorsitzender Günter Garbrecht betont, dem Antrag auf Aufnahme dieser Aktuellen Viertelstunde wegen der Aktualität des Themas entsprochen zu haben. Im Ausschuss bestehe allerdings die Absprache, bestimmte Detailfragen zum Maßregelvollzug im Kreis der Obleute zu klären. Dies gelte auch für die gerade gestellten zahlreichen Fragen. Dieser Punkt werde daher jetzt abgeschlossen, zumal der Minister seinen Bericht dem Ausschuss sicher noch in schriftlicher Version zuleiten werde.

Barbara Steffens (GRÜNE) reklamiert, eine Aktuelle Viertelstunde sei für Fragen und Antworten zu einem aktuellen Thema vorgesehen. Sei dies nicht möglich, weil allein der Bericht des Ministers eine Viertelstunde in Anspruch nehme, müsse man einen zusätzlichen Punkt für die Beantwortung der gestellten Fragen auf die Tagesordnung nehmen und feste Zeitkontingente für Berichterstattung sowie Frage- und Antwortrunden einführen.

Vorsitzender Günter Garbrecht teilt abschließend mit, das Ministerium habe soeben die sofortige schriftliche Beantwortung aller aufgeworfenen Fragen zugesagt. Mit diesem Verfahren könnten sich sicher alle einverstanden erklären.

2 Wohnen und Pflege im normalen Wohnumfeld - selbstständiges Leben durchgängig sichern helfen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

- abschließende Beratung und Abstimmung gemäß Vereinbarung der Fraktionen Vorsitzender Günter Garbrecht verweist auf den hierzu nach langer Zeit von allen vier Fraktionen eingebrachten Antrag Wohnen und Pflege im vertrauten Wohnumfeld selbstständiges Leben fördern (siehe Anlage) und schlägt vor, auf Seite 7 unter Nr. 11 die Wörter unter Einbeziehung der DIN einzufügen, die im September für das betreute Wohnen eingeführt worden sei. - Der Ausschuss ist damit einverstanden.

Der Ausschuss nimmt den gemeinsamen Antrag aller vier Fraktionen (siehe Anlage) mitsamt der vom Vorsitzenden vorgeschlagenen Ergänzung unter Einbeziehung der DIN auf Seite 7 unter Nr. 11 einstimmig an.

Sodann äußert Vorsitzender Günter Garbrecht die Hoffnung, dass Verabredungen, einen gemeinsamen Antrag zu erstellen, künftig ein wenig schneller umgesetzt würden.