Beurlaubungen von Bediensteten

1. Prüfungsgegenstand:

Anhand der Personalakten der im Stellenverzeichnis auf 147 Leerstellen-Abordnung geführten Bediensteten hat der Rechnungshof in 45 Fällen u. a. die Beurlaubungen von Bediensteten für Tätigkeiten bei Einrichtungen außerhalb der Verwaltung geprüft. Die Feststellungen hat er sowohl mit den betroffenen Dienststellen als auch mit der SKP als der zur Zeit der Genehmigungen zuständigen obersten Dienstbehörde erörtert. Die Erörterungen sind noch nicht abgeschlossen.

2. Beurlaubung von Beamten für eine Tätigkeit bei einer Beteiligungsgesellschaft

Für Tätigkeiten bei verschiedenen Beteiligungsgesellschaften sind eine Reihe von Beamten beurlaubt. Grundlage dieser zwischen 1984 und 1996 genehmigten Beurlaubungen war in allen Fällen § 26 der Verordnung über den Urlaub für Beamte und Richter in der Fassung vom 11. Oktober 1982 (Brem.GBl. S. 301).

Danach kann Urlaub unter Wegfall der Besoldung bis zur Dauer von sechs Monaten gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Die für die Entscheidung zuständige oberste Dienstbehörde kann Ausnahmen von der zeitlichen Begrenzung beschließen.

Die Auswertung der Personalakten ergab zusammengefasst folgendes Bild:

· Überwiegend wurden die Beamten ohne zeitliche Begrenzung für die Dauer der Tätigkeit bei der Gesellschaft beurlaubt.

· Bis auf eine Ausnahme wurde ohne nähere Begründung bestätigt, dass die Tätigkeit öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient.

· Zumeist wurde eine Gewährleistungsbescheinigung gemäß § 5 Sozialgesetzbuch VI erteilt und entschieden, dass die Zeit der Beurlaubung ruhegehaltfähig ist, wobei dies zum Teil davon abhängig gemacht wurde, dass dem Beamten für diese Zeit keine weitere Versorgung von der Beteiligungsgesellschaft gewährt wird.

· In mehreren Fällen wird eine betriebliche Versorgung aufgebaut.

· Ein Versorgungskostenzuschlag wird nicht in allen Fällen erhoben.

· Die Personalakten enthalten kaum Angaben zur Tätigkeit bei der Beteiligungsgesellschaft. Der nach § 26 notwendige wichtige Grund für eine Beurlaubung wurde nicht ausdrücklich benannt. Ebenso ist nichts über das Fehlen dienstlicher Hinderungsgründe erwähnt.

Aus Sicht des Rechnungshofs sollte ein Urlaub in besonderen Fällen für eine Tätigkeit bei Beteiligungsgesellschaften oder Betrieben nur unter folgenden Voraussetzungen (Tz. 134 bis 140) genehmigt werden:

Der nach § 26 notwendige wichtige Grund muss tatsächlich vorliegen und Hinderungsgründe dürfen tatsächlich nicht bestehen. Zum anderen ist § 6 Abs. 1 Nr. 5 Beamtenversorgungsgesetz zu berücksichtigen. Danach kann die Zeit der Beurlaubung als ruhegehaltfähige Dienstzeit angerechnet werden, wenn spätestens bei Beendigung des Urlaubs zugestanden worden ist, dass dieser öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient. Die Berücksichtigung der Beurlaubungszeit als ruhegehaltfähig und die Erteilung einer Gewährleistungsbescheinigung stellt immer eine Ausnahme dar. In den geprüften Fällen ist nicht klar - und auch nicht in den Personalakten dokumentiert -, wodurch die Ausnahmen begründet sind. Allein die Tatsache, dass der Beamte bei einer Beteiligungsgesellschaft arbeitet, reicht nach Meinung des Rechnungshofs nicht aus.

Bremen soll sich nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO an privatrechtlichen Unternehmen nur beteiligen, wenn hieran ein wichtiges Interesse vorliegt. Hieraus folgt aber nicht der Umkehrschluss, dass jede Tätigkeit eines bremischen Bediensteten bei einer solchen Gesellschaft im dienstlichen Interesse liegt, öffentlichen Belangen dient oder einen wichtigen Grund i. S. d. darstellt.

Hierzu hat die SKP lediglich geäußert, sie halte an ihrer Auffassung fest, dass die im Interesse des Dienstherrn liegende Tätigkeit eines bremischen Bediensteten bei einer Beteiligungsgesellschaft einen solchen wichtigen Grund darstellen könne.

Nach Auffassung des Rechnungshofs muss in jedem Einzelfall untersucht und dokumentiert werden, ob ein wichtiger Grund für eine Beurlaubung vorliegt.

Beurlaubungen sollten befristet werden.

Für den Rechnungshof ist nicht ersichtlich, warum den Beamten - abhängig vom Bestand des Arbeitsvertrages mit der Gesellschaft - eine jederzeitige Rückkehrmöglichkeit eingeräumt wurde, andererseits die Freie Hansestadt Bremen auf Dauer ihren Einfluss auf ein Ende der Beurlaubung aufgibt. Durch eine Beurlaubung für die Dauer einer Tätigkeit, deren Ende nicht feststeht, nimmt sich der Dienstherr selbst die Möglichkeit, auf geänderte Verhältnisse, Rechtslagen oder Einschätzungen reagieren zu können. So konnte in zwei Fällen ein zum Zeitpunkt der erstmaligen Beurlaubung offenbar noch nicht üblicher Versorgungskostenzuschlag erst bei einer notwendig gewordenen erneuten Entscheidung über die Beurlaubung eingefordert werden: zum einen bei der Verlängerung einer befristeten Beurlaubung; zum anderen beim Wechsel des Beamten zu einer anderen Beteiligungsgesellschaft.

Die SKP hat der Einschätzung des Rechnungshofs im Grundsatz zugestimmt, dass Beurlaubungen nur befristet gewährt werden sollten. Aber auch bei Beurlaubungen, die für die Dauer einer anderweitigen Beschäftigung ausgesprochen würden, sei nicht ausgeschlossen, durch eine Aufhebung der Beurlaubung die Möglichkeit zu eröffnen, auf geänderte Verhältnisse, Rechtslagen oder Einschätzungen reagieren zu können. Dies beträfe insbesondere die Durchsetzung eines bisher noch nicht vereinbarten Versorgungskostenzuschlags.

Der Rechnungshof erwartet, dass die SKP nach Möglichkeit diejenigen Beurlaubungen aufhebt, bei denen noch kein Versorgungskostenzuschlag erhoben wird.

Vor einer Verlängerung einer Beurlaubung sollten alle finanziellen Belastungen geprüft und zugeordnet werden, die für Bremen dadurch entstehen, dass ein Beamter eine auf Dauer angelegte Tätigkeit bei einer Beteiligungsgesellschaft anstrebt. Eine Beurlaubung sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn eine Vergleichsrechnung ergibt, dass der Fortbestand des Beamtenverhältnisses wirtschaftlicher ist als den Beamten mit der Folge der Nachversicherung zu entlassen. Hierbei sind auch die zu erwartenden Aufwendungen für eine Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz und die Zukunftssicherungsleistungen der Beteiligungsgesellschaft zu berücksichtigen.

Es sollte bereits bei Beginn der Beurlaubung geprüft werden, ob eine betriebliche Versorgung neben der staatlichen aufgebaut wird.

In der Regel wird die Zeit der Beurlaubung nicht als ruhegehaltfähig anerkannt, wenn eine zusätzliche betriebliche Versorgung aufgebaut wird. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird zum Teil erst bei Eintritt des Versorgungsfalls geprüft.

Die Tatsache einer evtl. zusätzlichen betrieblichen Versorgung sollte jedoch bereits bei den Bewertungen der öffentlichen Belange und dienstlichen Interessen und bei der Entscheidung über die Ruhegehaltfähigkeit der Beurlaubungszeit mit herangezogen werden.

Die SKP hat in ihrer Stellungnahme dazu ausgeführt: Die Frage, ob und in welchem Umfang neben der beamtenrechtlichen Versorgung auch eine betriebliche Altersversorgung aufgebaut werde, könne bei der Entscheidung über die Ruhegehaltfähigkeit der Zeit der Beurlaubung ohne Dienstbezüge berücksichtigt werden. Allerdings müsse diese betriebliche Altersversorgung die beamtenrechtliche Versorgung nicht nur ergänzen, sondern ersetzen. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt sei, könne der Beamte im Einzelfall auf die betriebliche Altersversorgung verwiesen werden.

Der Rechnungshof erwartet, dass die SKP die notwendigen Prüfungen gleichzeitig mit der Entscheidung über eine Beurlaubung vornimmt.

Ein Versorgungskostenzuschlag ist in jedem Fall zu erheben.

Auch wenn dieser Versorgungskostenzuschlag von den Beteiligungsgesellschaften aufzubringen ist und damit letztlich aus bremischen Mitteln geleistet wird, dient das Verfahren der Haushaltsklarheit. Die SKP hat mitgeteilt, dass ein Versorgungskostenzuschlag in jedem Fall zu erheben sei.

Entscheidungen und Interessenabwägungen müssen in der Personalakte ausreichend dokumentiert und begründet werden.

Die SKP hat eingeräumt, dass in den Beurlaubungsfällen die tatsächlichen Grundlagen, die zu der Einschätzung, der Urlaub diene öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen, geführt haben, nicht ausreichend in den Personalakten dokumentiert sind.

3. Zuweisung von beamteten Lehrkräften an eine Privatschule:

Einer Privatschule sind sieben beamtete Lehrkräfte zugewiesen. Zwischen der Freien Hansestadt Bremen und der Privatschule wurden Personalüberlassungsverträge mit folgendem Inhalt geschlossen, denen die Beamten jeweils zugestimmt haben:

· Die Privatschule hat das fachliche Weisungsrecht.

· Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis zwischen der Freien Hansestadt Bremen und den Beamten werden nicht berührt; so erhalten die Lehrkräfte weiter ihre volle Besoldung von der Freien Hansestadt Bremen.

· Die Verträge enden mit dem Eintritt der Beamten in den Ruhestand, wobei die Freie Hansestadt Bremen ausdrücklich auf eine Kündigungsmöglichkeit verzichtet, es sei denn, die Privatschule kommt den vertraglichen Pflichten nicht nach.

· Die laufende monatliche Besoldung wird - nach Funktion der Lehrkräfte gestaffelt - zu 75 %, 80 % oder 85 % von der Privatschule erstattet.

Die Zuweisungen stützten sich auf einen Beschluss des Senats vom 18. März 1986 und sollten der Unterbringung eines Lehrerüberhanges, einer zusätzlichen Haushaltsentlastung und der Förderung der Privatschulen dienen. Als erste mögliche Form des Einsatzes von Lehrern öffentlicher Schulen an Privatschulen wurde - vor der Personalüberlassung - die Beurlaubung unter Wegfall der Besoldung und unter Anerkennung öffentlicher Belange genannt. Bei Abschluss von Personalüberlassungsverträgen wurde ein Erstattungssatz von weniger als 90 % der Besoldung unter den Zustimmungsvorbehalt des Senators für Finanzen gestellt.

Der Rechnungshof hat die Zuweisungen der Beamten für rechtlich nicht zulässig gehalten:

Das Verhältnis zwischen Dienstherrn und Beamten ist öffentlich-rechtlicher Natur; Rechte und Pflichten sind abschließend gesetzlich geregelt. Eine Festlegung der Rechtsstellung ist nicht durch Vereinbarungen zwischen Dienstherrn und Beamten möglich. Vor 1990 waren lediglich Abordnungen zu anderen Dienstherren zulässig. Die Privatschule ist eine private Einrichtung ohne Dienstherreneigenschaft, so dass die überwiegend vor 1990 abgeschlossenen Personalüberlassungsverträge unzulässig waren. Der Beschluss des Senats konnte die gesetzlichen Vorschriften nicht verändern.

Erst durch das Fünfte Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Mai 1990 (BGBl. I S. 976) wurde 1990 durch § 123 a Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) die Möglichkeit geschaffen, einem Beamten eine Tätigkeit bei privaten Einrichtungen zuzuweisen. Bei Einführung dieser Regelung hätte geprüft werden müssen, ob die Zuweisungen auf Grund der engen Voraussetzungen dieser gesetzlichen Vorschrift möglich waren.

Nach § 123 a BRRG ist die Zuweisung einer Tätigkeit bei einer anderen - nicht öffentlichen - Einrichtung nur zulässig, wenn dringende öffentliche Interessen dies erfordern. Die Zuweisung darf nur vorübergehend erfolgen und ist ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt. Sie kann - ohne Zustimmung des Beamten und ohne Einvernehmen mit der betroffenen Einrichtung - durch die oberste Dienstbehörde wieder aufgehoben werden.

Die Zuweisungen auf Grund der Personalüberlassungsverträge erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Sie erfolgten nicht nur vorübergehend und sollen erst bei Eintritt der Beamten in den Ruhestand enden. Nach den Vereinbarungen kann die Freie Hansestadt Bremen die Zuweisungen nur bei Vertragsverletzungen durch die Privatschule beenden.

Die Vereinbarungen über den Einsatz der Lehrkräfte an der Privatschule schöpfen den Spielraum des Senatsbeschlusses in einem für den bremischen Haushalt ungünstigen Maß aus.