Hochschule

Amtsgerichte in Herne-Wanne und Mönchengladbach-Rheydt seien für 80.000 Gerichtseingesessene zuständig. Sie alle arbeiteten effektiv auch für das jeweilige Umland, sodass fraglich sei, ob eine Zusammenlegung mit größeren Gerichten wirtschaftlicher wäre. Die Zeit des Einverleibens sollte vorbei sein. Falls erforderlich, müsse man nach anderen Formen der Kooperation suchen.

Hinzu komme, dass Duisburg mit 50 Richterstellen zu einem Präsidialamtsgericht werde, obgleich es dafür keine festen Größenordnungen gebe. Präsidialamtsgerichte könnten aufgrund der Personalhoheit ganz eigene Probleme für den Landgerichtsbezirk schaffen. Vermutlich würden an einigen Standorten auch zumindest mittelfristig neue Raumkapazitäten gebraucht.

Mit Blick zum Beispiel auf das Amtsgericht Rahden mit zwei Richterstellen sei ferner zu befürchten, dass die Zusammenlegung von Gerichten, die zum Teil über mehr als zehn Richterstellen verfügten, mit anderen Gerichten der Auftakt sein könnte, sich - wie in Hessen - aus ökonomischen Gründen aus der Fläche zurückzuziehen. Dies lehne man ab.

Bei den Gerichtstagen der Arbeitsgerichtsbarkeit sei immer deutlich gesagt worden, dass es nicht darum gehe, Kosten zu externalisieren, sondern darum, zu vermeiden, dass das nächste Arbeitsgericht für den Rechtssuchenden allzu weit entfernt liege. Es mache keinen Sinn, kommunal gut eingepasste Gerichte abzuschaffen, die dazu beitrügen, die Mittelzentren der Großstädte stabil zu halten.

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE) ist dagegen, Organisationsentscheidungen am Reißbrett zu treffen, wie es bei Fusionen im Hochschulbereich der Fall gewesen sei. Man dürfe Finanzgerichte und Amtsgerichte nicht über einen Kamm scheren, sondern müsse, wenn konkrete Entscheidungen anstünden, jeden Einzelfall auf die sachlichen Argumente hin prüfen, zum Beispiel ob wirklich Ortsnähe gegeben sei oder ob nicht wie bei den ohnehin schon großen Finanzgerichten eine Mammutbehörde entstehe, die wieder zu Effizienzverlusten führe.

Dr. Robert Orth (FDP) pflichtet Herrn Sichau grundsätzlich bei, dass Gerichte ortsnah sein müssten und man sich nicht aus der Fläche zurückziehen dürfe. Dies stehe anders als bei der seinerzeitigen Diskussion über den Abzug der auswärtigen Gerichtstage der Arbeitsgerichtsbarkeit aus einzelnen kleineren Gemeinden allerdings auch nicht infrage.

Die ÖPNV-Verbindungen von einer kleinen Gemeinde in die nächstgelegene kleine Gemeinde seien ungleich schwieriger als die ÖPNV-Verbindungen zum Beispiel innerhalb Duisburgs. Angesichts der zukünftig geringen Zahl an Finanzämtern und Polizeibehörden stelle sich jedoch die Frage nach der Notwendigkeit mehrerer Amtsgerichte in einer Großstadt.

In den von der FDP-Fraktion begrüßten ergebnisoffenen Entscheidungsprozess sollten auch rein praktikable Fragen einbezogen werden wie die, dass man als Anwalt in Duisburg oder Essen ständig nach dem jeweils zuständigen Gericht suchen müsse und dass zudem manche Straßennamen doppelt vorkämen.

Nach Ansicht von Harald Giebels (CDU) lassen sich die von Herrn Dr. Scheiff zu Beginn der Sitzung geschilderten Synergieeffekte, die bei der Zusammenfassung von Gerichten in einem Justizzentrum entstünden, auf die Zusammenlegung von Amtsgerichten übertragen. Es sei unvernünftig, alle Gerichte baulich separat unterzubringen und jeweils eigene Eingangskontrollen, Bibliotheken usw. vorzuhalten.

Ziel sei nicht, dass sich das Land aus der Fläche zurückziehe. Wie von der Ministerin soeben aufgezeigt, gehe es vielmehr darum, anhand bestimmter Faktoren zu prüfen, ob es zukünftig weiter Sinn mache, in Städten wie Gelsenkirchen oder Essen mehrere Amtsgerichte beizubehalten, deren Bezirke manchmal innerhalb einer Straße aneinander grenzten. Bezogen auf die Siedlungsstruktur ließen sich Gelsenkirchen und Essen mit Köln vergleichen, das mit über einer Million Einwohnern mit nur einem Amtsgericht auskomme. Rechtssuchenden oder etwaigen Prozessbeteiligten sei auch nicht unzumutbar, das Amtsgericht für eine Verhandlung aufzusuchen.

Man warte gespannt auf die Ergebnisse der vom Ministerium anberaumten Prüfung und wisse, dass die Entscheidung nicht nur von der Zahl der betroffenen Einwohner und der Siedlungsstruktur abhänge, sondern auch davon - dies müsse ein weiterer Prüfungsschritt zeigen -, welche konkreten baulichen Möglichkeiten es vor Ort gebe, wie der Bestand aussehe und ob vielleicht durch sinnvolle Investitionen in einen Neubau ähnliche Ergebnisse wie in Aachen erreicht werden könnten.

Frank Sichau (SPD) entgegnet, dass das Justizzentrum in Aachen sinnvoll sei, habe man schon in der letzten Legislaturperiode immer wieder diskutiert. Dies sei aber etwas anderes als die vom Ministerium angedachte Zusammenlegung von Gerichten.

In Essen-Borbeck und in Essen-Steele mit jeweils 100.000 Einwohnern jeweils ein Amtsgericht vorzuhalten habe eine andere Qualität, als beispielsweise zwei Essener Finanzämter in einem Gebäude unterzubringen.

In Mönchengladbach-Rheydt wie natürlich auch in Herne-Wanne würden deutlich sichtbar wieder die Wunden der kommunalen Neugliederung aufgerissen. In Herne-Wanne, Essen-Borbeck und anderswo seien Gebäude gerade erst saniert worden. Die Standorte hätten als sicher gegolten. Die Überlegungen des Ministeriums ließen sich vor allem dann nicht nachvollziehen, wenn die Standorte, an denen zusammengelegt werden solle, überhaupt nicht den dafür notwendigen Platz hätten. Es komme einer Salamitaktik gleich, wenn man zunächst behaupte, es gebe genug Platz, dann sage, man müsse doch anmieten, und schließlich um einen Anbau nicht herumkomme.

Die durchaus begrüßenswerte eingehende Prüfung sollte der Meinungsbildung dienen.

Wahrscheinlich habe sich der Rat der Stadt Essen, der sich dank dem Kollegen Kutschaty mit diesem Thema befasst habe, für die Beibehaltung der dortigen Amtsgerichte ausgesprochen, weil sie dazu beitrügen, die Mittelzentren in Steele und Borbeck zu stabilisieren.

Die durchaus kritische bis distanzierte Haltung der SPD-Fraktion gegenüber der angedachten Zusammenlegung beziehe sich auch auf das Finanzgericht in Düsseldorf.

Christian Möbius (CDU) betont, hier gehe es noch nicht um Standorte, sondern erst einmal um die Prüfung einer möglichen Verschlankung des Staates, die sich die Regierung auf die Fahne geschrieben habe. Außer im Justizbereich denke man auch bei den Finanzämtern, den Forstämtern, bei Straßen NRW etc. über Strukturoptimierung und Rückzug des Staates nach.

Es mache keinen Sinn, dass eine Stadt wie Essen, die nach außen als Stadt auftrete, über drei Amtsgerichte verfüge. Auch das Entfernungsargument ziehe nicht, denn verglichen mit Essener Verhältnissen stelle der Weg vom Kölner Stadtteil Porz zum Kölner Amtsgericht eine Weltreise dar.

Des Weiteren sei es viel zu früh, über Präsidialamtsgerichte nachzudenken. Zunächst sollte die Evaluierung des Justizministeriums abgewartet und dann über die Ergebnisse diskutiert werden.

Frank Sichau (SPD) erinnert an seine bereits in der letzten Legislaturperiode aufgestellte Forderung, eindeutige Kriterien für Präsidialamtgerichte festzulegen. Offensichtlich könnten zusätzliche Präsidialamtsgerichte Ärger mit dem Finanzminister hervorrufen. Noch immer könne er nicht nachvollziehen, so der Abgeordnete, dass ein Gericht mit 50 Richtern Präsidialamtsgericht sei, ein anderes jedoch nicht. Duisburg habe schon jetzt mehr als 50 Richter, ohne jedoch Präsidialamtsgericht zu sein. Gegebenenfalls werde man darüber aber noch in einem Gesetzesverfahren diskutieren.

Unbestritten sei, dass das Amtsgericht in Gelsenkirchen-Buer ersetzt werden müsse.

Natürlich könne man an der Stelle weiterdenken. Man habe sich aber der politischen Diskussion vor Ort und in diesem Ausschuss zu stellen, wenn man auch das Arbeitsgericht von Gelsenkirchen woanders unterbringen wolle, obgleich dies in einem gerade erst sanierten Gebäude in der Südstadt untergebracht sei.

Sie wolle zu den zahlreichen Gesichtspunkten wie den Präsidialamtsgerichten derzeit nicht Stellung nehmen, so Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter. Bei den Oberlandesgerichten trete man erst gar nicht in die Prüfung ein, da sie bereits so groß seien, dass eine Zusammenlegung zu bombastischen Gerichten führen würde. Die Versorgung mit Amtsgerichten in der Fläche werde beibehalten. Bei den innerstädtischen Gerichten gebe es viele Zufälligkeiten. Ihre Heimatstadt, die Hansestadt Lennep, so die Ministerin, sei mit dem Bauerndorf Remscheid zusammengelegt worden und habe dann auch noch das Amtsgericht an Remscheid verloren.

Vorsitzender Dr. Robert Orth weist an dieser Stelle noch einmal darauf hin, dass die ursprünglichen Punkte 10 und 11 in der nächsten Sitzung aufgerufen würden.

10 Verschiedenes Vorsitzender Dr. Robert Orth erinnert an die Vereinbarung im Rechtsausschuss vom 8. November 2006, zu dem Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/2414 Bundesratsinitiative zur Dopingbekämpfung starten zunächst kein Votum abgeben zu wollen,