Ihre Frage zur Dienst und Fachaufsicht haben wir auch in unserer schriftlichen Stellungnahme aufgegriffen

Rainer Wendt (Deutsche Polizeigewerkschaft NRW): Ich habe ausgeführt, dass die Abteilung 4 im Innenministerium in der Tat grundsätzlich reformiert und neu aufgestellt werden muss, nämlich aufgabenorientiert. Das geht überhaupt nicht anders, um Ihre Frage zu beantworten, es sei denn, man würde künftig dazu übergehen, ein Kommunikationsmanagement zwischen Innenministerium, Landesoberbehörden und Kreispolizeibehörden zu entwickeln. Sonst müssten völlig unterschiedliche Organisationsstrukturen miteinander kommunizieren. Ohne ein Management ginge das überhaupt nicht. Das muss also ohnehin grundsätzlich geändert werden.

Ihre Frage zur Dienst- und Fachaufsicht haben wir auch in unserer schriftlichen Stellungnahme aufgegriffen. Wir halten die Konstruktion, dass es möglich ist, Aufgaben auf welche Landesoberbehörde auch immer zu delegieren, für falsch. Die Dienst- und Fachaufsicht muss dort angesiedelt sein, wo die Kompetenz liegt und wo alles gemacht wird. Im Innenministerium und zwar in der Abteilung 4 werden Sie hierfür ein eigenes Referat oder Dezernat - nennen Sie es, wie Sie wollen - brauchen. Es muss also eine personelle und organisatorische Verstärkung der Abteilung 4 geben.

Wir haben die schlimme Befürchtung - das haben wir auch schon in der Vergangenheit festgestellt -, dass ansonsten aus der Abteilung 4 heraus alle Einzelheiten bis in die Behörden geregelt werden, etwa auch wo Halbtagskräfte eingesetzt werden und wo es eine Stelle mehr oder eine Stelle weniger gibt. Aber die wichtigste Aufgabe, nämlich die Dienst- und Fachaufsicht, wird irgendwohin delegiert. Das heißt, wir ordnen zwar an, wir regeln, wir machen und tun etwas bis ins kleinste Detail; die Verantwortung für die Umsetzung übernehmen und regeln aber bitte andere. Wir wollen uns nicht damit auseinandersetzen. Die Auseinandersetzungen mit dem, was vor Ort stattfindet, delegieren wir auf eine Landesoberbehörde. - Das ist nach unserer Auffassung eine Fehlkonstruktion dieses Gesetzes.

Regierungspräsidentin a. D. Renate Drewke, Hagen: Frau Düker, wenn die Dienstund Fachaufsicht tatsächlich auf das Innenministerium übertragen wird, führt das schon zu einer Aufstockung der Abteilung 4; anders wird das überhaupt nicht zu machen sein.

Ein Großteil der Stellen, die in den Bezirksregierungen gewonnen werden, werden in der Abteilung 4 des Innenministeriums landen. Ich habe in meiner schriftlichen Stellungnahme auch darauf hingewiesen, dass damit in Bezug auf die Abteilung 4 ein Ungleichgewicht innerhalb des Ministeriums entsteht. Nach dem Landesorganisationsgesetz ist überhaupt nicht vorgesehen - das entspricht auch nicht den Grundsätzen der Verwaltungsmodernisierung -, dass gerade die operativen Aufgaben von einem Ministerium wahrgenommen werden, das eigentlich für strategische Aufgaben zuständig sein sollte.

Die Führungsspanne haben alle Experten sowohl in ihren schriftlichen als auch in ihren mündlichen Stellungnahmen thematisiert. Das Problem bleibt bestehen, auch wenn die vorgesehene Delegation durch Rechtsverordnung der Fach- und Dienstaufsicht auf die Landesoberbehörden vorgenommen wird. Dass dabei nicht die Zustimmung des Parlaments erforderlich ist, finde ich ganz ungewöhnlich. Auch dann haben wir noch eine Führungsspanne - nicht mehr über 50 Behörden, sondern nur noch über 47 Behörden im jeweiligen Bereich. Diese Führungsspanne widerspricht gewissermaßen jeglicher Verwaltungsbetriebslehre.

Wenn Sie danach fragen, wie es denn richtig sein müsste, sage ich Ihnen: Ich glaube, dass die Führungsspannen, die sich derzeit bei der Zuständigkeit der Bezirksregierung ergeben, wenn man es wirklich bei diesen 47 Kreispolizeibehörden belässt, optimal ist.

Von daher sollte man das aus meiner Sicht auch so lassen.

Wilfried Albishausen (Bund Deutscher Kriminalbeamter NRW): Frau Düker, ich sage ganz klar Ja zu der Dienst- und Fachaufsicht im Innenministerium. Das ist im Übrigen auch heute schon so. Die Frage ist nur, inwieweit man die Dienst- und Fachaufsicht wahrgenommen hat beziehungsweise wahrnimmt. Das beziehe ich völlig wertfrei auf die jetzige und auf die vorherige Landesregierung. Darüber hinaus ist mit der Dienstund Fachaufsicht im Innenministerium natürlich ein Personalzuwachs verbunden, der sicherlich zu einem Teil durch den Abbau des Overheads der Dezernate 25 und 26 aufzufangen ist. Jeder hier weiß, dass man bei Organisationsänderungen in der Regel damit rechnen kann, dass ein Drittel des Personals freigesetzt wird; das ist unbestritten.

Dieser Wert ist eine Messlatte, die man anlegen kann. Das gilt beispielsweise auch für die Einsatzleitstellen bei den Bezirksregierungen.

Darüber hinaus hatte ich vorhin die Frage der straffen Durchorganisation der Kreispolizeibehörden und der Landesoberbehörden bis in das Innenministerium hinein angesprochen. Ich versuche, das mit wenigen Worten darzulegen. Soweit ich informiert bin, gibt es heute sieben Referate; ich habe schon mit allen sieben zu tun gehabt. Wenn man die Struktur wirklich stringent und straff mit Personalzuwachs durchorganisiert, dem Innenministerium zusätzliche Aufgaben zuweist, aber auch Aufgaben auf die Kreispolizeibehörden verlagert, kämen wir in der Regel mit maximal drei oder vier Referaten aus. Die anderen Referate wären nicht bezüglich ihrer Arbeit entbehrlich, aber man könnte sie auflösen, um sie in den drei oder vier anderen Referaten aufgehen zu lassen. Damit verhindert man entsprechende Schnittstellen bereits im Ministerium bis hinein in die Kreispolizeibehörden. Um weitere Schnittstellen zwischen der Abteilung 4, den Landesoberbehörden und den Kreispolizeibehörden zu verhindern, erscheint es mir wichtig, die Abteilung 4 des Innenministeriums umzuorganisieren.

Ich glaube, dass das Übergewicht in der Abteilung 4 des Innenministeriums gegenüber den anderen Abteilungen zu vernachlässigen ist, denn bei der Landesregierung und dem Innenministerium geht es nicht um Machtverhältnisse in einem Ministerium, sondern um eine geeignete Dienst- und Fachaufsicht und um die strategische Führung der Polizei; so habe ich das jedenfalls immer verstanden. Ein Wohnungseinbruch ist in Bielefeld genauso ein Wohnungseinbruch wie in Kleve. Eine Einsatzkonzeption zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus gilt für alle Kreispolizeibehörden gleichermaßen. Insofern gibt es aus meiner Sicht überhaupt keine Notwendigkeit, auf die verschiedenen Regionen innerhalb der Polizei Rücksicht zu nehmen. Eine Umorganisation der Abteilung 4 des Innenministeriums scheint dringend geboten. Dann kommen wir tatsächlich zu einer aufgabenorientierten Polizeiorganisation vom Innenministerium nach unten oder von den Kreispolizeibehörden bis hin zum Innenministerium.

Frank Richter (Gewerkschaft der Polizei NRW): Frau Düker, weil immer mit der Zahl der Planstellen um sich geworfen wird - das sage ich einmal etwas rustikal -, darf ich eine Vorbemerkung machen: Im Kapitel 03 310 stehen im Moment 160 Kolleginnen und

Kollegen im Ist und nicht im Soll. Davon muss man die Kolleginnen und Kollegen der jeweiligen Leitstelle abziehen, die nach dem POG I in die Leitstellen nach Münster usw. gehen. Deshalb sollte man die Zahlen der Kolleginnen und Kollegen, die dann tatsächlich aus den Bezirksregierungen kommen, etwas relativieren.

Zur Frage nach der Fach- und Dienstaufsicht kann ich sagen: Wir können uns dem anschließen. Als Erstes hätte man das Innenministerium umorganisieren müssen, denn die Treppe wird immer von oben nach unten gekehrt. Das wäre auch hier notwendig gewesen. Dass deshalb die Schnittstellenproblematik wegfallen würde, sehen wir nicht.

Denn dadurch gibt es im Grunde genommen keinen zweistufigen Aufbau. Wir wissen in dieser Frage immer noch nichts Genaues über die drei Landesoberbehörden. Das ist momentan eine ganz große Unbekannte.

Frau Düker, viele Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Wenn dieses Gesetz verabschiedet wird und das Innenministerium dadurch das Recht erhält, durch Rechtsverordnung - wie in § 5 und § 13 - etwas zu übertragen, stellt sich die Frage, welchen Spielraum man dem Innenministerium geben will, oder ob diese Regelungen nicht besser unter dem Vorbehalt des Parlaments stehen sollten, was wir uns sehr viel eher wünschen würden. Denn sonst erhält das Innenministerium in dieser Frage mehr oder weniger eine Generalermächtigung.

Polizeipräsident Erwin Südfeld, Bielefeld: Ich möchte auf die Frage von Frau Düker zur Regelung der Dienst- und Fachaufsicht antworten. Im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf besteht natürlich auch die Möglichkeit, die Chance zu nutzen, die Dienstund Fachaufsicht zu verschlanken. Wie ich am Beispiel der Dienstaufsicht in meiner schriftlichen Stellungnahme dargelegt habe, heißt das: Wenn man bestimmte Rahmenbedingungen für die Kreispolizeibehörden schafft - zum Beispiel einen festen Stellenplan mit der Möglichkeit seiner Bewirtschaftung - und darüber hinaus ein Gutteil der beamtenrechtlichen Entscheidungen abzont - ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man Stellen bis A 14 auf die Kreispolizeibehörden delegieren kann -, dann hat man bei der Dienstaufsicht natürlich deutlich weniger Entscheidungen der Landesoberbehörden oder des Innenministeriums. Das sollte durchaus in die Überlegungen einbezogen werden.

Thomas Hendele (Landkreistag NRW): Frau Düker, das greife ich gerne auf. Die jetzige Situation ist folgende, dass wir heute in den Kreispolizeibehörden 80 bis 90 % aller Probleme mit der Bezirksregierung lösen; das ist eine begründete Schätzung. Nur der Rest ist vorlagepflichtig an das Innenministerium. Das heißt, diese Entscheidungen fallen relativ kurzfristig. Das wird zukünftig schwieriger werden. Dann haben wir drei Landesoberbehörden. Wenn die Dienst- und Fachaufsicht beim Innenministerium verbleibt, kann ich mir aus der Verwaltungspraxis heraus nicht vorstellen, dass das Innenministerium ohne diese drei Landesoberbehörden entscheiden wird.

Diese Situation unterscheidet sich auch aus Sicht des Innenministeriums von der bisherigen Situation. Bisher standen dem Innenministerium fünf regionale Bezirksregierungen gegenüber. Zukünftig gibt es eine fachliche Unterscheidung, denn dann gibt es drei Landesoberbehörden, die sich mit bestimmten Bereichen beschäftigen.