Hartz

Wir selbst haben eine eigene Bauverwaltung, für die ich bei der Bundesregierung verantwortlich bin, also für alle Bauprojekte, die wir selbst verwirklichen. Meine Leute sagen mir, dass sie in den verschiedensten Fällen Angebote, die sie von der Bauwirtschaft erhalten hätten, durchkalkuliert hätten. In vielen Fällen könnten sie den Unternehmen nachweisen, dass die Preise nicht auskömmlich seien. Die Frage ist: Wie kommen die dann zustande? - Ich könnte meinen Leuten sagen: Kümmert euch nicht drum! Prüft das gar nicht! Nehmt doch die schönen niedrigen Preise und spart so für unsere Haushalte! - Das ist aber nicht die Auffassung der Bundesregierung.

Wir wollen den Unternehmen - wie es auch im Vergaberecht angelegt ist - die Preise zahlen, die sie brauchen, um vernünftig kalkulieren zu können. Und das beinhaltet, dass sie auch ihre Sozialabgaben zahlen und ihre Ausbildungsleistungen erbringen können.

Das ist der Punkt.

Diese Punkte müssen auch die Kommunen als größte öffentliche Auftraggeber mit im Blick haben. Denn - machen Sie sich nichts vor; das sagt Ihnen jeder Ökonom -: Wenn Sie versuchen, an einer Stelle Kosten zu sparen, an der es gar nicht geht, dann werden Sie diese Kosten später an anderer Stelle zahlen müssen, und zwar nicht nur über Nachträge. Für die Kommunen macht sich das in Form von Arbeitslosenunterstützung, Hartz IV, Wohngeld, sozialem Unfrieden und Arbeitslosigkeit bemerkbar. Denn das sind die Rückwirkungen, wenn wir diese Systeme nicht insgesamt betrachten, sondern versuchen, bei den Bauausgaben mit Macht zu sparen.

Ich halte das nicht für richtig, und deswegen wollte ich das System hier aufwerfen. Es geht hier um eine Korsettstange. Und deswegen appelliere ich nachhaltig und nachdrücklich an die Kommunen, sich um diese Preisgestaltung zu kümmern. Denn nur wenn sich die Kommunen diesem System anschließen, sorgen sie dafür, dass es Erfolg hat und dass eine Win-Win-Situation entsteht. Ich hoffe insofern, dass Sie an Ihre Kommunen appellieren werden, solche Nachweise einzufordern.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Trotz des spröden Themas versucht man, ein bisschen Spannung herauszuholen. Vielleicht ist mir das ein bisschen gelungen. Ich sage nur: Insgesamt geht es uns um Wirtschaftlichkeit des gesamten Systems. Wenn es funktionieren soll, brauchen wir Transparenz in allen Bereichen. Nur so bekommen wir einen vernünftigen Wettbewerb hin. Gerade die öffentlichen Hände sind zu arm, als dass sie sich solche Preise leisten könnten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall) Vorsitzender Wolfgang Röken: Vielen Dank, Herr Halstenberg. - Als nächstem Redner darf ich Herrn Schubmann-Wagner - er ist geschäftsführender Gesellschafter und Seniorberater der Bielefeld - zum Thema Kosteneinsparung durch Präqualifikation das Wort erteilen.

a. D. Dieter Schubmann-Wagner: Guten Morgen, Herr Vorsitzender! Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Präsident Schmieg! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie mich als Vertreter der aus Bielefeld eingeladen haben, um hier heute zu den

Kosteneinsparungsmöglichkeiten durch Präqualifikation vorzutragen. Den sehr engagierten Vortrag von Herrn Halstenberg kann ich in einzelnen Punkten sogar noch mit Zahlen untermauern; ich hoffe, dass es mir gelingt.

Ich möchte Ihnen heute zum Ausgangspunkt unserer Untersuchung, nämlich dem Auftrag der OWL Marketing vortragen. Dann möchte ich Ihnen etwas zu dem von uns eingesetzten Messinstrument, nämlich dem Standardkostenmodell - kurz: SKM berichten, und zwar sowohl in Deutschland als auch in Europa. Um die Ergebnisse unserer Untersuchung richtig einordnen zu können, ist es unerlässlich, zu den methodischen Grundlagen des SKM auszuführen. Am Ende schildere ich Ihnen ausführlich die Vorgehensweise bei unserer Messung und die Ergebnisse.

Ausgangspunkt war ein Auftrag der OWL Marketing im Januar/Februar 2006.

Dazu muss man wissen, dass die OWL Marketing seit 2003 in den Bürokratieabbauprozess koordiniert. Sie versucht, die gesammelten Vorschläge und Ideen, die es in unserer Region gibt, den parlamentarischen Gremien im Land und im Bund zu vermitteln. Es erfolgte jüngst auf Initiative des nordrheinwestfälischen Innenministeriums die landesweite Übertragung des Bürokratieabbaugesetz OWL auf ganz Nordrhein-Westfalen.

Die OWL Marketing ist sehr früh und begrüßenswerterweise auf die Idee gekommen, uns zum einen unter Verwendung des neuen Instruments SKM und zum anderen zum Bereich Präqualifikation im Vergabeverwesen mit dieser Untersuchung zu beauftragen, die die Frage zum Ziel hatte: Gibt es durch Präqualifikation Einsparungsmöglichkeiten? - Dabei war unser Auftrag darauf beschränkt, Einsparungsmöglichkeiten aufseiten der Bauwirtschaft zu messen.

Lassen Sie mich etwas zum Stand des Standardkostenmodells sagen. Das Standardkostenmodell ist Ende der 90er-Jahre in den Niederlanden erfunden worden. Es ist ein Instrument, mit dem systematisch bürokratische Lasten und Vorschläge zum Abbau dieser Lasten ermittelt werden können. Ich gehe fest davon aus, dass hier im Saal des Hohen Hauses eine Menge Menschen sitzen, die das Wort Bürokratieabbau kaum noch hören können, weil es seit 25 bis 30 Jahren die verschiedensten Ideen und Vorschläge gegeben hat, um Bürokratie abzubauen. Ich glaube, ich übertreibe nicht, dass der Erfolg selten den Aufwand gerechtfertigt hat. Darum ist es umso interessanter, das SKM so, wie es in den Niederlanden eingeführt worden ist, etwas näher zu beleuchten. Ich bin von der Strahlkraft und Wirkungskraft des Standardkostenmodells ehrlich und fest überzeugt. Es scheint mir wirklich ein Instrument zu sein, das dabei hilft, Bürokratie und bürokratische Lasten abzubauen. - Wieso das möglich ist, werden Sie meinen späteren Ausführungen hoffentlich entnehmen.

Die Niederländer haben dann eine sogenannte Bestandsmessung mit Stichtag 31.12.2002 für ihre Bundesgesetze gemacht und bei dieser Messung festgestellt, dass die niederländische Wirtschaft im Jahr in einem Umfang von 16,4 Milliarden mit bürokratischen Lasten belegt ist. Vorsichtig, wie die Niederländer sind, haben sie dann gesagt: Wir wollen versuchen, 25 % davon in den nächsten vier Jahren abzubauen; das wären 4,1 Milliarden. - Das haben sie geschafft. Sie haben insgesamt 190 Gesetze einstimmig im Reichstag verabschiedet, und es ist ihnen tatsächlich gelungen, diese

4,1 Milliarden für die niederländische Wirtschaft pro Jahr einzusparen. Jetzt läuft die zweite Phase in den Niederlanden.

Das Standardkostenmodell als Instrument zur Identifizierung und Messung von bürokratischen Lasten gibt es auch in vielen anderen europäischen Ländern. Ich nenne beispielhaft Großbritannien, Dänemark, Österreich, Schweden sowie andere skandinavische Länder. In Brüssel hat es im Januar mit Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft eine Sitzung gegeben, an der Bundeswirtschaftsminister Glos und EU-Kommissar Verheugen teilgenommen haben und in der festgelegt wurde, dass die EU ihre EGRechtsverordnungen messen lassen will. Es läuft zurzeit eine sehr große europaweite Ausschreibung zu dem Thema. Und bis 2012 soll auf EU-Ebene eine Reduktion um 25 % erfolgen. Die Zahl 25 % wird Ihnen gleich noch einmal begegnen, weil es die Marge ist, die man im ersten Schritt eines Bürokratieabbauprozess mit dem SKM anstrebt.

Auch in Deutschland ist das Standardkostenmodell das auf Bundesebene eingeführte Instrument, und unsere Messung VOB betrifft eine bundesrechtliche Regelung. Insofern ist es sehr gut, dass Anfang letzten Jahres das Thema § 8 VOB/A als Untersuchungsthema identifiziert worden ist.

Im November 2005 hat die Große Koalition beschlossen, in Deutschland die bundesgesetzlichen Informationspflichten mit dem SKM zu messen. Im April 2006 hat das Kabinett in einem Beschluss zum Bürokratieabbau und zur besseren Rechtssetzung den Fahrplan festgelegt. Der Fahrplan sieht so aus, dass im Sommer letztens Jahres das Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrat beschlossen worden ist.

Das ist ein unabhängiges ehrenamtliches Gremium, das mittlerweile jeden Referentenentwurf in Deutschland, jeden Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett zu beschließen beabsichtigt, zur Vorprüfung erhält. Und dieser Normenkontrollrat achtet darauf, dass das SKM in Deutschland korrekt eingesetzt wird.

Das Bundesamt für Statistik in Wiesbaden hat dann auftragsgemäß die deutschen Informationspflichten aufgrund von Bundesgesetzen identifiziert. Es sind 10.700 Informationspflichten aus Bundesgesetzen, die zu messen sind, und diese Messung soll mit Stichtag 30.06.2007 erfolgen. Wenn das Abbauziel 25 % bis 2011 in Deutschland erreicht würde, dann würde das bedeuten, dass die deutsche Wirtschaft jährlich um 20,1 Milliarden entlastet würde.

In meinen Ausführungen haben Sie mehrfach den Begriff Informationspflichten gehört.

Das ist im Grunde der magische Einstieg in das Thema Methode des Standardkostenmodells, und ich muss Ihnen dazu etwas methodisch Grundsätzliches sagen, weil man sonst unsere Messung bei der VOB mit und ohne Präqualifikation nicht versteht. Mir ist insbesondere nach den Ausführungen von Herrn Halstenberg sehr daran gelegen, dass nachvollziehbar ist, warum sein vehementes Plädoyer für die Präqualifikation als Hintergrund harte Zahlen und Fakten hat.

In meinen Unterlagen finden Sie eine Folie mit der Überschrift Standardkostenmodell; in Abschnitt III werden die methodischen Grundlagen aufgezeigt. Der erste Schritt des Standardkostenmodells sieht vor, dass man die gesetzliche Regelung identifiziert, die man näher untersuchen will; das liegt völlig nah. Wenn man dann eine gesetzliche Regelung hat, in der eine Informationspflicht enthalten ist, dann kann es nach dem SKM richtig losgehen.