Dr Bernhard Surholt Frau Vorsitzende Meine Damen meine Herren Ganz kurz Ich sitze nur unter meinem Namen hier

Dafür gibt es angesichts des verantwortungsvollen Umgangs mit der Verbandsklage keine Notwendigkeit ­ zumal die Verwaltungsgerichtsordnung auch vorsieht, dass der Suspensiveffekt vom Gericht quasi nivelliert werden kann, wenn einmal eine reine Verhinderungsklage erhoben werden sollte, die offensichtlich keine Erfolgsaussichten hat. Im Rahmen des § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung haben die Gerichte ja die Möglichkeit, anzuordnen, dass das Projekt trotzdem forciert und fortgeführt werden darf. Sicherungsmechanismen sind also mit Sicherheit in ausreichendem Umfang vorhanden. Ich glaube auch nicht, dass die Wirtschaft und die Konjunktur daran zugrunde gehen, dass die Verbandsklage als Möglichkeit im Raum steht.

Prof. Dr. Bernhard Surholt: Frau Vorsitzende! Meine Damen, meine Herren! Ganz kurz:

Ich sitze nur unter meinem Namen hier. Das stimmt natürlich nicht ganz. Deshalb will ich mich kurz vorstellen. Ich bin seit über 25 Jahren Hochschullehrer der Biologie und seit mehr als 25 Jahren in Beiräten tätig. Ich habe natürlich in einem unteren Beirat angefangen. In der Zwischenzeit bin ich auch in einem höheren Beirat. Zurzeit bin ich Vorsitzender eines unteren Beirates und Vorsitzender des höheren Beirates bei der Bezirksregierung Münster.

Ich habe die ganze Geschichte der Beiräte miterlebt. In der Anfangsphase wurden sie von allen Seiten sehr skeptisch gesehen. Ich war damals einer der wenigen, die gesagt haben:

Wir müssen, und zwar auf allen Seiten, versuchen, in diesem Gremium vernünftig zusammenzuarbeiten; denn wir haben dort eine Plattform gefunden. ­ Das hat sich in der Zwischenzeit für meine Begriffe bewahrheitet. Einige der hier Anwesenden arbeiten mit mir zusammen in Beiräten. Sie können sicherlich bestätigen, dass mit den Beiräten gerade auch bei den höheren Landschaftsbehörden eine Plattform geschaffen worden ist, auf der man sich verständigen kann und auf der man sehr gute Kompromisse und Lösungen findet.

Ich glaube, dass die höhere Landschaftsbehörde ­ deren Existenz ja nicht infrage gestellt ist ­ so etwas ganz dringend braucht und es auch als sehr positiv ansieht, dass man dort Dinge ausdiskutieren kann und Lösungen finden kann, die hinterher auch umgesetzt werden. Wir empfehlen ja nur. Gerade in den letzten Jahren hat sich aber gezeigt ­ und das gilt landesweit; in der Zwischenzeit stehen wir auch in Kontakt mit den Beiräten bei den anderen Bezirksregierungen ­, dass damit jetzt eine Plattform existiert, auf der man zwischen den Verbänden ­ zum Teil von ganz konträren Standpunkten kommend ­ sehr, sehr gute Kompromisse gefunden hat.

Das gilt nicht nur auf der unteren Ebene, sondern ganz besonders auch auf der höheren Ebene; denn viele Dinge überschreiten ja die Grenzen der Kreise und Gemeinden. Ich komme aus Münster. Denken Sie einmal daran, an wie viele Kreise diese Stadt grenzt und wie schnell man aus dem Gebiet eines Kreises heraus und im Gebiet eines anderen Kreises ist. Von daher halte ich es für immens wichtig, dass die höheren Landschaftsbehörden ihre Beiräte behalten, um dort mit Fachleuten zu sprechen. Auf dieser höheren Ebene sprechen eben doch schon ­ damit will ich niemanden auf die Füße treten ­ andere Leute miteinander. Wenn man dort zu einer Lösung kommt, ist es für Außenstehende unheimlich schwer, zu sagen: Ihr wart ja nicht beteiligt. ­ Ich möchte mich hier nicht als Vertreter irgendeines Verbandes darstellen, sondern einfach von meinen in den letzten Jahren gesammelten Erfahrungen berichten.

Sie haben gefragt, was das Ganze kostet. Das Sitzungsgeld beträgt 10,35 oder so ähnlich. Die Fahrtkostenregelung ist in der Zwischenzeit auch heruntergeschraubt worden. Allerdings braucht man einen Ansprechpartner in der Behörde, eine Art Sekretärin. Ich muss gestehen, dass ich als Vorsitzender nicht alles machen kann. Ich bin Hochschullehrer und habe an allen Ecken und Enden zu tun: mit Labor und Landschaft, drinnen und draußen usw. Man braucht also jemanden, den man anrufen und beispielsweise bitten kann, ein Papier vorzubereiten. Das klappt bei uns hervorragend.

Ich kenne nur die entsprechende Stellungnahme der Bezirksregierung Münster dazu ­ wir brauchen uns jetzt auch nicht auf die Bezirksregierung zu kaprizieren; es geht um die höhere Landschaftsbehörde ­, in der sie eindeutig darauf hinweist, wie wertvoll es für sie ist, dass eine Beratung und Diskussion stattfindet, bevor sie entscheidet, anstatt dass sie hinterher Konflikte bekommt. Das ist ihre Argumentation und nicht meine. Ich teile diese Auffassung allerdings und möchte das einfach einmal so vortragen.

Von daher war ich ganz gespalten, als ich die Begründung für diese Gesetzesänderung las ­ auf der einen Seite als Vorsitzender eines unteren Beirates und auf der anderen Seite als Vorsitzender eines höheren Beirates. Ich kam mir etwas abgewatscht vor, muss ich ganz ehrlich sagen ­ nicht im Gesetzestext, sondern hinten in der Begründung, wo es heißt, die einen seien wertvoll und die anderen könne man abschaffen. Man könnte es doch auch so machen, dass man die einen lobt und zu den anderen nichts sagt. Als Hochschullehrer haben wir ja auch mal ein bisschen Pädagogik mitbekommen ­ wenn auch nicht so viel.

Mark vom Hofe: In Bezug auf die Frage nach dem Klimawandel möchte ich auf die Ausführungen meiner beiden Kollegen verweisen ­ und vor allen Dingen auf Folgendes: In diesem Gesetzentwurf werden nicht die geringsten Aussagen zu der Möglichkeit getroffen, mit der wir vielleicht noch am ehesten etwas bewegen könnten. Genau bei dieser Möglichkeit, nämlich dem Biotopverbund, will man jetzt auch noch die Sollvorschrift in eine Kannvorschrift ummünzen. Nach dem gegenwärtigen Gesetz müssen wir mindestens 10 % entsprechender Flächen haben; künftig sollen es nur noch 10 % sein.

Nach unserer Auffassung müsste eher noch über die 10 % hinausgegangen werden, um der heutigen Situation tatsächlich gerecht zu werden. Wir brauchen nur in den großen Gewässersystemen unseres Landes nach entsprechenden Biotopen zu suchen und sie mit den festgesetzten Schutzgebieten zu verbinden. Dann reden wir von einem konkreten Biotopverbund. Bisher ist er in dieser Form in diesem Land nicht vorhanden. Wenn man das Ganze gleichzeitig auch noch auf ein minimalistisches Ziel herunterschraubt und sagt, dieses Ziel solle vielleicht irgendwann einmal erreicht werden, sehen wir darin keine konkrete Absicht, sich diesen elementar wichtigen Aufgaben tatsächlich zu nähern.

Heute müssen wir sogar immer wieder feststellen, dass Kommunen und Landkreise mit den Bezirksregierungen darum rangeln, was man in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten vielleicht doch noch tolerieren kann und was nicht. Die Kommunen und Landkrei se verfolgen das Ziel, doch noch ein wenig in das eigentliche Überschwemmungsgebiet hineinzugehen. Letztendlich sollen sogar Gebäude auf Stelzen in die Talaue gestellt werden. Mir ist jetzt wieder der Fall eines Lidl-Marktes bekannt geworden, der mitten im Überschwemmungsgebiet gebaut werden soll. Das ist wirklich eine totale Fehlentwicklung. Eigentlich müsste der zuständige Landkreis, in diesem Fall der Oberbergische Kreis, sofort die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Stattdessen wird darüber nachgedacht, das Ganze auf Stelzen zu stellen, damit bei größeren Regenereignissen wenigstens darunter geflutet werden kann.

Das können keine Argumentationen sein. So etwas muss man auch über ein Landschaftsgesetz zu verhindern versuchen. Darin müssen entsprechende Formulierungen enthalten sein. Diesbezüglich gibt dieser Gesetzentwurf überhaupt keine Hinweise; darauf haben meine Vorredner bereits hingewiesen. Insofern besteht auch hier erheblicher Nachbesserungsbedarf.

Josef Tumbrinck: Um das Landschaftsgesetz klimawandeltauglich zu machen, müssen Sie natürlich in die Ziele des Gesetzes hineingehen. Das dürfen Sie als Landesgesetzgeber tun. Sie brauchen nicht auf den Bund zu warten und auf eigene Bestimmungen zu verzichten, bis die Diskussion bei ihm angekommen ist. Das kann man in Nordrhein Westfalen schon jetzt regeln; denn das Landschaftsgesetz ist eines der wesentlichen Instrumente, um bestimmte Entwicklungen, auf die wir unweigerlich zulaufen werden ­ man kann sich lediglich noch über einzelne Prozentwerte der Vorhersagen streiten ­, zumindest abzupuffern.

An dieser Stelle kommen Sie unweigerlich wieder zum Thema Eingriffsregelung; denn im Sinne der Natur und Landschaft sowie der Landwirtschaft wird es notwendig sein, die Fläche vor Versiegelung zu sichern. Wir brauchen die Fläche natürlich auch für die landwirtschaftliche Produktion; diesbezüglich besteht Einigkeit zwischen Naturschutzverbänden und Landwirtschaftsverbänden. Wir brauchen sie aber auch als CO2-Speicher. Darüber wird heute noch nicht in dem notwendigen Maße geredet ­ wobei die Landwirte ja schon wissen, dass Boden bei guter Praxis humusbildend ist und einen CO2-Speicher darstellt.

Daher dürfen wir die entsprechenden Quadratmeter nicht länger verlieren. Im Landschaftsgesetz müsste die Eingriffsregelung eigentlich dahin gehend geändert werden, dass sie für Eingreifer so hohe Hürden setzt ­ allerdings nicht in Bezug auf Flächenverbrauch von landwirtschaftlichen Flächen; dort bieten sich auch viele andere Maßnahmen an ­, dass Flächenverbrauch nicht mehr attraktiv ist, sondern man am ehesten auf schon vorhandene Flächen zurückgreift. Hier bestände ein Regelungsbedarf.

Der Biotopverbund ist bereits angesprochen worden. Über die Sollbestimmung von 10 % kann man als Naturschützer nur lachen; denn in Nordrhein-Westfalen haben wir schon heute über 10 % Schutzgebiete, auch wenn sie nicht unbedingt verbunden sind. Da dieser Wert bereits erreicht ist, stellt sich die Frage: Warum ändert man das im Landschaftsgesetz überhaupt? Will man dahinter zurückfallen?

Zukünftig spielt der Biotopverbund im großen Rahmen eine Rolle. Es gibt europaweite Korridore, die wir brauchen, um Arten auch wandern lassen zu können; denn im Zusammenhang mit dem Klimawandel benötigen sie solche Korridore.