Gesetz

Rhein entlang; manches schwimmt auch durch den Rhein, und anderes versucht, zu Fuß am Rhein entlangzukommen. Der Rhein wird einer der großen Korridore sein.

Um der bereits vorhandene Bundes- und Europaplanung zu diesen Korridoren zu folgen ­ unsere Nachbarn in den Niederlanden sind da übrigens schon sehr vorbildlich ­, müsste das Landschaftsgesetz diese Kategorie aufnehmen. Großräumiger Biotopverbund kann auch zusammen mit der Landwirtschaft funktionieren, um schon gleich diesen Zahn zu ziehen. Das muss nicht alles ohne Landwirtschaft erfolgen. Man kann das sehr gut miteinander harmonisieren ­ und zwar zusammen mit ökologischem Hochwasserschutz, den wir ebenfalls brauchen. Das passt sehr gut ins Landschaftsgesetz hinein, findet sich dort aber nicht wieder.

Man darf auch nicht die geschützten Biotope reduzieren; denn dann entstehen Probleme in Bezug auf viele Sonderflächen, die mit der Novellierung jetzt schon wieder herausfallen sollen. Auch darum muss man sich intensiv kümmern. Diese Flächen muss man ebenfalls besonders schützen.

Lassen Sie mich als letzten Punkt die Biosphärenreservate ansprechen, die im Landschaftsgesetz ebenfalls nicht umgesetzt worden sind ­ vielleicht auch deswegen, weil man mit dem ersten Biosphärenreservat leider ­ leider! ­ gescheitert ist. Auch dieses Instrument kann wichtig sein kann; denn dabei geht es um ein Zusammengehen von Natur und wirtschaftendem Mensch, das in den Kulturlandschaften auch vorbildlich sein soll. Diese Kategorie fehlt allerdings. Solche großräumigen Schutzgebiete mit wirtschaftenden Menschen können aber am ehesten dazu dienen, bei sich wandelnden klimatischen Verhältnissen Dinge abzupuffern und eine Verlagerung von Biotopen möglich zu machen.

Solche Regelungen fehlen einfach. Das Landschaftsgesetz muss auch diese Punkte novellieren. Wenn man zu solchen Lösungen kommt, ist das Landschaftsgesetz nicht mehr nur reagierend, sondern kann in dem einen oder anderen Punkt ­ zumindest indirekt ­ auch aktiv Akzente setzen. Das wird die Diskussion der nächsten Jahre sein, glaube ich.

Deswegen ist Folgendes festzustellen: Die Begründung zu diesem Gesetzentwurf ist zwar ihrer Zeit geschuldet. Die Zeit ist aber weitergegangen.

Klaus Brunsmeier: Frau Schulze, ich würde gerne noch einige Worte zu den Beiräten verlieren, auf die Sie Herrn Prof. Surholt angesprochen haben. Als Mitglied des höheren Landschaftsbeirates bei der Bezirksregierung Arnsberg darf ich sagen, dass sich der Regierungspräsident bei seinem Antrittsbesuch sehr deutlich für die gute Beratungs- und Moderationsfunktion unseres Gremiums bedankt hat. Inzwischen haben wir in Arnsberg aber seit anderthalb Jahren eine rechtsfreie Situation; denn die Amtszeit des alten Beirates ist abgelaufen, und es wurde kein neuer berufen. Mittlerweile läuft die Realität der damaligen Intention allerdings völlig zuwider, wie ich denke; denn als man die ersten Überlegungen angestellt hat, die Beiräte bei den Bezirksregierungen abzuschaffen, ging man wohl davon aus, dass die Bezirksregierungen abgeschafft würden. Inzwischen besteht in Nordrhein-Westfalen nach meiner Einschätzung aber absoluter Konsens, dass die Bezirksregierungen nicht abgeschafft werden.

(Zuruf von Friedhelm Ortgies [CDU])

­ Es gibt aber sehr gewichtige Stimmen, die sich dafür aussprechen. Auch wenn ich kein Prophet sein will, sage ich Ihnen Folgendes: Derzeit sieht es überhaupt nicht danach aus, dass die Bezirksregierungen abgeschafft werden. Wir nehmen vielmehr wahr, dass die Bezirksregierungen außerordentlich gewachsen und gestärkt worden sind.

Daher sollte man diesen alten Gedanken jetzt nicht weiterverfolgen. Zumindest solange die Bezirksregierungen noch vorhanden sind, sollten auch die höheren Landschaftsbeiräte erhalten bleiben, und zwar aufgrund ihrer von Herrn Prof. Surholt dargestellten Funktionen. Das ist eine ganz dringende Bitte von mir.

Zur Verbandsklage, die eben von Herrn Dr. Hellenbroich angesprochen worden ist: Die drei bis vier anerkannten Naturschutzverbänden in Nordrhein-Westfalen haben von 2000 bis 2006 insgesamt 15 Verbandsklagen geführt, also zwei pro Jahr. In Nordrhein-Westfalen finden jährlich 30.000 Verwaltungsgerichtsverfahren statt. Diese Zahlen müssen Sie bei Ihren Überlegungen doch berücksichtigen.

Ich kann Ihnen auch Folgendes berichten: Vor wenigen Wochen sind wir mit einer Klage gegen ein Kohlekraftwerk in Datteln vor das Oberverwaltungsgericht Münster gezogen.

Das OVG hat uns direkt am Eingang glasklar dargelegt, dass aus seiner Sicht kein Zweifel an der Zulässigkeit der Klage besteht ­ und zwar aufgrund der europäischen Richtlinie, nicht aufgrund des Landschaftsgesetzes; denn Klagen gegen ein Kohlekraftwerk sind im Beteiligungskatalog des Landschaftsgesetzes nicht enthalten.

Das bedeutet: Wenn Sie die Klagemöglichkeiten in der nordrhein-westfälischen Gesetzgebung zurückfahren, werden Sie damit große Rechtsunsicherheit produzieren; denn nach dem Europarecht werden wir zu zahlreichen Beteiligungsfällen auch Klagemöglichkeiten erhalten. Unser Sachverstand wird allerdings nicht mehr frühzeitig in die Verfahren eingebracht werden können. Neben dieser großen Rechtsunsicherheit werden auch viele Auseinandersetzungen entstehen. Das können wir uns ersparen, wenn wir an diesen Stellen keine Änderungen herbeiführen.

Frau Schulze, Sie haben gefragt, wie die Auswirkungen des Klimawandels bei der Gesetzesnovellierung berücksichtigt werden sollten. Inzwischen ist völlig klar, dass ein gewaltiger Klimawandel auf uns zukommt. Das ist von der UN über die Europäische Union bis hin zur Bundesregierung inzwischen unisono erklärt worden. Die Experten gehen davon aus, dass es allein klimawandelbedingt zu einem Artenrückgang von 30 % kommen wird. Nur über den Klimawandel werden wir in Nordrhein-Westfalen 30 % der Arten verlieren. Wir müssen uns fragen, wie wir dem entgegenwirken können und dafür sorgen können, dass dies in Nordrhein-Westfalen nicht stattfindet; denn ein gutes Arteninventar, eine hohe Artenausstattung, ist das, was dieses Land lebens- und liebenswert macht.

Wir können dem entgegenwirken, indem wir den Biotopverbund stärken und nicht schwächen. Wir können dem entgegenwirken, indem wir die aus Biotop- und Artenschutzgründen besonders wichtigen Flächen in ihrem Schutz stärken und nicht schwächen. Und wir können dem entgegenwirken, indem wir die Eingriffe in den Auen, in den Wäldern und in den freien Landschaften nicht so leicht möglich machen, wie das bisher der Fall ist.

Genau an dieser Stelle wirkt das hier in Rede stehende Landschaftsgesetz aber in eine andere Richtung. Das bedauern wir sehr. Wir bitten Sie dringend, sich Gedanken zu ma

chen, wie eine Landschaftsgesetznovelle aussehen könnte, die entsprechend den heutigen Erfordernissen des Klimawandels diese Punkte mit aufgreift. Das ist eigentlich überfällig. Die hier vorgelegte Novelle ist wirklich verzichtbar. Sie sollten sie zurückziehen. Das will ich an dieser Stelle noch einmal deutlich wiederholen.

Gerhard Naendrup: In aller Kürze: Das Thema Klimawandel beschäftigt die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald sehr intensiv, insbesondere nach Kyrill. Bei 50.000 ha Sturmbruchfläche ist das wohl auch kein Wunder. In diesem Zusammenhang beschäftigen wir uns allerdings mehr mit der konkreten Frage, wie diese Flächen wiederzubewalden sind, und denken weniger darüber nach, was seitens des Gesetzgebers erforderlich ist. So weit sind wir an dieser Stelle noch nicht.

Frau Schulze, ich möchte auch noch Ihre konkrete Frage beantworten, warum die hessische Seite sich zur Beibehaltung des Alleenkatasters entschieden hat. Ich müsste mich erst bei einem meiner Kollegen sachkundig machen, vermute aber, dass das damit zu tun haben könnte, dass die bundesweite Alleenstraße auch durch Hessen führt. Ob das auch ein Grund ist, könnte ich überprüfen und Sie über das Ergebnis in Kenntnis setzen.

Vorsitzende Marie-Luise Fasse: Ich darf mich an dieser Stelle einmal einklinken und Graf Nesselrode bitten, aus Sicht des Waldbauernverbandes zu diesem Themenkomplex Stellung zu nehmen.

Dietrich Graf von Nesselrode (Waldbauernverband Nordrhein-Westfalen e. V.): Hier geht es um den Klimaschutz, denke ich. In diesem Zusammenhang ist natürlich immens wichtig, dass der Wald als CO2-Senker anerkannt wird. Dieses Anliegen muss von allen verstanden und auch umgesetzt werden.

Was den Flächenverbrauch angeht, sind wir ganz auf Ihrer Seite. Dort bestehen keine Gegensätzlichkeiten.

Das Gleiche gilt für die Frage der CO2-Speicherung.

Es sollte auch möglich sein, verstärkt Ausgleich im Wald, nämlich durch Anpflanzung von Wald, zu leisten. Man sollte alles tun, um dies in irgendeiner Weise zu fördern.

Heinrich Kemper (CDU): Ich habe eine Anschlussfrage an Graf Nesselrode. Bitte äußern Sie sich einmal zu folgenden Stichpunkten: allgemeines Betretungsrecht Forst, Nachfolge Kyrill, Haftungsregelung und Verkehrssicherungspflicht.

Dietrich Graf von Nesselrode: Mit dem Thema Betretungsrecht sollte man sich intensiv beschäftigen, und zwar vor folgendem Hintergrund: Wir alle wissen, dass die Waldbetretung zunimmt. Die Anzahl und vor allen Dingen die Qualität der Waldbetretung haben sich in den letzten Jahren fundamental geändert. Es gibt eine Vielzahl neuer Individualsportarten, die auch im Wald verwirklicht werden.

Gleichzeitig steigt die Bereitschaft, Schadenersatz einzufordern.