Versicherung

Heutzutage hat fast jeder Bürger eine Rechtsschutzversicherung. Wenn irgendwo ein Schaden eingetreten ist, aktiviert er diese Rechtsschutzversicherung auch und führt einen Prozess.

Derzeit werden vermehrt Premium-Wanderwege ausgewiesen: der Rothaarsteig, der Sauerland-Höhenflug, der Rheinsteig und in jüngster Zeit auch der Eifelsteig. Mit diesen Premium-Wanderwegen werden verstärkt Menschen mit massiver Werbung in die Wälder gelockt. In der Folge steigt zwangsläufig die Grauzone und damit auch das Haftungsrisiko der Waldbesitzer.

Wir plädieren sehr dafür, dass ein modernes Waldbetretungsrecht dem Rechnung trägt.

Dabei geht es vor allen Dingen um eine konkretere Ausformulierung des Grundsatzes:

Das Betreten des Waldes erfolgt auf eigene Gefahr.

In unserer Stellungnahme haben wir verschiedene Modelle aufgezeigt, die als Vorbild dienen können. Beispielsweise wird im Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung Niedersachsen in Form einer Insbesondere-Regelung ganz konkret dargestellt, wann das Betreten des Waldes auf eigene Gefahr erfolgt, zum Beispiel nach Stürmen, zur Nachtzeit und auf Großwanderwegen. Das ist das eine Modell. Außerdem liegt Ihnen als Anlage zu unserer Stellungnahme die Ausarbeitung des Arbeitskreises Waldbau und Naturschutz NRW Gesetzliche Regelungen zur Verkehrssicherungspflicht im Wald vor, in der ebenfalls ein konkreter Vorschlag enthalten ist.

Erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Verordnung zu § 59 des Landschaftsgesetzes zurückzukommen, die nach meiner Kenntnis eine Beteiligung aller Grundstückseigentümer vorsieht. Die kommunalen Spitzenverbände haben eben dazu Stellung genommen. Auch wir sehen durchaus das Problem, dass es aufgrund dieser Regelung bei einem Großwanderweg, der durch klein strukturierten Privatwald führen soll, zur Beteiligung einer Vielzahl von Waldbesitzern und damit zu ganz praktischen Problemen kommen würde.

Bevor man einen Papiertiger produziert, nämlich ein Gesetz, das praktisch nicht umsetzbar ist, sollte man in jedem Falle die Verbände der Waldbesitzer und die Landwirtschaftsverbände an diesen Projekten beteiligen. Eine solche Bestimmung ist im Landschaftsgesetz bisher nicht enthalten. Wir halten es für ungemein wichtig, eine solche Regelung in das Landschaftsgesetz bzw. in die Verordnung zur Durchführung des Landschaftsgesetzes aufzunehmen.

Bisher sind die Planungen im Wesentlichen ohne Waldbesitzer und ohne Landwirte durchgeführt worden. Wie Sie alle wissen, hat das zu Unruhe geführt ­ vor allen Dingen in den Bereichen des Sauerlandes, in denen Premium-Wanderwege ausgewiesen werden.

Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, die Waldbesitzer ­ und auch die Landwirte ­ zu beteiligen, wenn man so weit gehende Entscheidungen trifft, die Auswirkungen auf das Eigentum der Waldbesitzer haben.

Heinrich Kemper (CDU): Die in unserem Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen zu den Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden vonseiten der Naturschutzverbände sehr stark kritisiert. Bitte nehmen Sie doch einmal konkret zu folgendem Sachverhalt Stellung: Für den Lückenschluss der A 30 wird eine Fläche von etwa 32 ha benötigt. Die dafür ausgewiesenen Ausgleichs- und Ersatzflächen umfassen 172 ha. Das ist ein Verhältnis von etwa 1:5. Bei den 32 ha handelt es sich zu 85 % um Kulturland, also landwirtschaftliche Fläche; bei den 172 ha handelt es sich zu 100 % um Kulturland.

Ein Ziel des hier vorliegenden Gesetzentwurfes ist es, in Bezug auf den Verbrauch dieses Kulturlandes umzusteuern. Ich finde es schade, dass man nicht qualitativ besser und intelligenter vorgeht und zum Beispiel Maßnahmen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ­ Beseitigung von Querbauwerken in vorhandenen Flüssen ­ prioritär umsetzt, anstatt ganz bewusst invasiv in die Kulturlandschaft einzugreifen, die doch gebraucht wird, um Nahrungsmittel und Energie zu erzeugen.

Dazu bitte ich um Ihre Einschätzung; denn Sie haben ja gesagt, die alte Regelung sei sehr viel besser ­ und ich hatte gedacht, als Landesregierung hätten wir hier einen Wurf gemacht.

Klaus Brunsmeier: Herr Kemper, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie diesen Punkt angesprochen haben; denn im Detail wird doch vieles klarer ­ neben der grundsätzlichen Linie, die dahintersteckt.

Die von Ihnen genannte Flächengröße verschwindet in Nordrhein-Westfalen in acht Tagen. Wir verbrauchen 20 ha am Tag ­ und zwar jeden Tag und nicht nur einmal für die A 30. Das bedeutet, dass wir ein grundsätzliches Problem des Flächenverbrauchs haben.

Dieses grundsätzlichen Problems haben wir uns angenommen ­ und zwar mit genau der von Ihnen angesprochenen Intention. Wir haben uns nämlich mit den Landwirtschaftsverbänden zusammengesetzt und überlegt, wie wir diese Frage gemeinsam schultern und lösen können.

Als Erstes haben wir Folgendes festgestellt: Natürlich wollen wir qualitative, gute, funktionierende, langfristig angelegte Ausgleichsmaßnahmen. Darüber sind wir uns doch alle einig. Selbstverständlich sieht es im Hochsauerlandkreis anders aus als im Kreis Heinsberg.

Auch in Münster oder im Rhein-Erft-Kreis liegen jeweils andere Voraussetzungen vor. Zusammen mit den Landwirtschaftsverbänden sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir gemeinsam erarbeitete Konzepte brauchen, die auf die jeweilige naturräumliche Situation zugeschnitten sind, um Ausgleich und Ersatz im Sinne der entsprechenden Kulturlandschaft, im Sinne der Artenvielfalt und im Sinne des Naturschutzes sinnvoll umsetzen zu können.

Unsere gemeinsame Forderung lautete: Wir schaffen einen gemeinsamen Flächenpool.

Wir treffen eine gemeinsame Zielvereinbarung. Wir haben ein gemeinsames Paket, mit dem Ausgleich und Ersatz qualitativ und quantitativ vernünftig umgesetzt werden können.

In diesem Zusammenhang können wir uns auch vorstellen, dass Aufwertungen in einem kleineren Bereich, die dafür eine höhere Auswirkung haben ­ zum Beispiel Gewässerrenaturierung oder Gewässeroptimierung ­, Bestandteil eines solchen Konzeptes sein können.

Das haben wir ausdrücklich zum Ausdruck gebracht und gemeinsam festgehalten. Diese regionalen Flächenkonzepte sind auch unter dem derzeit gültigen Landschaftsgesetz voll umsetzbar.

Wir kritisieren, dass Sie dieses von uns gemeinsam mit dem Landwirtschaftsverband erarbeitete Konzept für ein sinnvolles Vorgehen jetzt unterlaufen, indem Sie durch die in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Eingriffsregelungen rechtliche Unsicherheit schaffen.

Durch die stringente Festlegung der 1:1-Regelung fahren Sie die Möglichkeiten, gemeinsame Konzepte zu entwickeln, an die Wand. Dann können wir nicht mehr darüber reden, weil das Ganze gesetzlich festgeschrieben ist. Damit drängen Sie uns in einen rechtsunsicheren Raum hinein, obwohl es doch völlig selbstverständlich ist, dass sich die Naturschutzverbände für die Belange von Natur und Landschaft einsetzen müssen und dafür sorgen müssen, dass auch das Beste für die Natur herausgeholt wird. Wie dringend notwendig das ist, haben wir ja eben in Bezug auf den Klimaschutz diskutiert.

Besonders bedaure ich an dieser Formulierung in Ihrer Gesetzesnovelle, dass die Landwirte, die sich jetzt im guten Glauben ­ und auch mit guter Absicht und guten Zielsetzungen ­ auf den Weg begeben, Ausgleich und Ersatz nach Ihrem neuen Gesetz zu schaffen, die Dummen sein werden. Nach der Umwelthaftungsrichtlinie und den entsprechenden Rechtsauseinandersetzungen werden sie nämlich für die nicht ordnungsgemäße Umsetzung des Bundesnaturschutzgesetzes geradestehen müssen. Das bedaure ich sehr.

Von daher bitte ich Sie nochmals dringendst, diese Rechtsunsicherheiten aus der Eingriffsregelung herauszunehmen und auf die Basis des von uns und den Landwirtschaftsverbänden gemeinsam erarbeiteten Papiers, das eine optimale Umsetzung der Eingriffsund Ausgleichsregelung gewährleistet, zurückzukehren. Das wäre im Sinne von ganz Nordrhein-Westfalen ein guter Weg.

Josef Tumbrinck: Gestatten Sie mir eine Ergänzung. Ich komme zwar nicht aus dem Bereich der A 30, kenne aber eine ganze Reihe anderer Beispiele. Sie dürfen in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass Sie schon nach der jetzigen Regelung die Möglichkeit haben, den Ausgleich in den naturräumlichen Einheiten vorzunehmen. Ferner ist es schon heute möglich, Maßnahmen zu poolen. Auch die Forderung Vorrang für Flächenpools kann man bereits erfüllen, wenn es Akteure gibt. Darüber hinaus haben wir das Ökokonto.

Wir als Naturschutzverbände haben uns bei der letzten Novellierung des Landschaftsgesetzes unter Rot-Grün ja dagegen gewehrt. Jetzt ist es da. Ich kenne mehrere Landwirte, die mittlerweile für ihre gesamten Flächen ein Ökokonto eingerichtet haben und nun ihre Ökopunkte wie sauer Bier anbieten.

Aus meiner Sicht stellt sich in Zukunft auch nicht die Frage, ob es geeignete Maßnahmen gibt, sondern die Frage der Flexibilität. Dabei denke ich an die Straßenbaulastträger. Wir müssten uns eigentlich einmal darüber unterhalten, wie diese das handhaben, was eigentlich schon möglich ist, Herr Kemper.

Es kann auch nicht darum gehen, 32 ha und 172 ha gegeneinander auszuspielen. Vielmehr muss man sich fragen, wie man das vorhandene Instrumentarium ­ die Ökopunkte, die angeboten werden; das Poolen in sinnvollen Maßnahmen ­ nutzbar macht. Das halte ich für den richtigen Weg. Es kann doch nicht darum gehen, ein solches Beispiel eines Falles, bei dem es noch schlecht läuft, für die gesamte Politik herzunehmen. Bislang sehe ich auch keinen Widerspruch gegen meine Aussage, dass das Instrumentarium jetzt schon vorhanden ist. Man muss es nur sinnvoll nutzen.