Vorsitzende Anke Brunn. Die Frage von Herrn Klein richtete sich auch an Herrn Freyer aus Hessen

Haushalts- und Finanzausschuss (42.) Innenausschuss (25.)

Gemeinsame Sitzung (öffentlich) sr den Einsatz von ca. 300 Dienstkräften aus meiner Behörde konnte eine Einsparung von etwa 1 Million generiert werden. Der Rechnungshof hat explizit bestätigt, dass das auch in Zukunft so sein müsse, dass man also im Prozess der Haushaltskonsolidierung in solchen Fällen auf eigenes Personal zurückgreifen müsse. Und dafür sind wir auch da.

Vorsitzende Anke Brunn: Die Frage von Herrn Klein richtete sich auch an Herrn Freyer aus Hessen. Soweit Sie, Herr Freyer, nach Ihren allgemeinen Erfahrungen gefragt worden sind, bitte ich die Antwort darauf allerdings zurückzustellen. In der ersten Runde, in der wir immer noch sind, sollten Sie nur Auskunft darauf geben, inwieweit sich individuell neue Perspektiven ergeben.

Bertram Freyer (Hessisches Ministerium der Finanzen): Perspektiven waren für uns van Anfang an sehr wichtig. Wenn wir das Matching herzustellen versuchen zwischen der PVS ­ Personalvermittlungsstelle ­, wie bei uns PEM heißt, gemeldeten Personen und einer freigewordenen Stelle und erkennen, dass das Anforderungsprofil durch die Personen nicht erfüllt werden kann, bieten wir zielgerichtet Qualifikationen an. Das ist für uns ein wesentliches Element. Darüber hinaus bieten wir in Hessen unabhängig von einer konkreten Stellenbewerbung eine Vielzahl von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten an. Hier ist ein ganz weiter Bogen zwischen einfachen PC-Grundlehrgängen ­ wenn jemand aus dem Schreibdienst kommt und tatsächlich bisher nur mit einer Schreibmaschine gearbeitet hat ­ bis hin zu Spezialisierungen wie Grundlagen in SAP und SAP-Einzelmodulschulungen zu spannen.

Wir haben in Hessen Perspektiven aufgezeigt durch die Möglichkeit, eine vollständige Ausbildung zum Bilanzbuchhalter zu absolvieren. Wir haben Sachbearbeiter Rechnungswesen/Controlling in einem mehrjährigen Verfahren ausgebildet, das sich jetzt bald dem Ende zuneigt. Insgesamt haben wir von den 6.277 der Personalvermittlungsstelle gemeldeten Personen etwa 1000 qualifiziert oder ausgebildet. Wir denken, damit haben wir ganz massiv die Möglichkeiten der Perspektive genutzt.

Vorsitzende Anke Brunn: Die Fragen des Kollegen Körfges unter anderem zum Stichwort Abstellgleis richteten sich an Herrn Schneider und Herrn Eisenhöfer. ­ Bitte schön, Herr Schneider.

Guntram Schneider (DGB): Ich denke, dass die Möglichkeiten, über PEM einen beruflichen Aufstieg oder Umstieg zu organisieren, sehr begrenzt sind. Die Einrichtung heißt ja nicht Karriereförderungsmanagement, sondern Personaleinsatzmanagement.

Auch in der Philosophie des Hartmann-Gutachtens geht es darum, die Personalkosten des Landes ganz massiv zu senken. Dafür will man Umbesetzungen vornehmen; aber letztendlich will man zu weniger Personal kommen. Ich schließe nicht aus, dass in dem einen oder anderen Fall auch ein beruflicher Aufstieg realisiert werden kann, aber das dürfte wirklich sehr die Ausnahme sein.

Zu den Anreizmöglichkeiten muss ich sagen: Diese können in der einen oder anderen Angelegenheit sehr sinnvoll sein. Politisch bemerkenswert ist meiner Meinung nach,

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Gemeinsame Sitzung (öffentlich) fi dass zumindest vom Finanzministerium ausdrücklich von Altersteilzeit gesprochen wird.

Dieses Instrument soll in der privaten Wirtschaft liquidiert werden. Wir führen es gerade wieder ein, genauso wie wir einen Kampf gegen die Bürokratie führen, aber eine neue Behörde aufbauen wollen. Das lässt einen schon zu bestimmten Überlegungen kommen.

Ich habe die Befürchtung, dass die Anreizinstrumente in erster Linie genutzt werden, um sich von erwerbstätigen Frauen in unteren Einkommensgruppen und Älteren zu verabschieden. Beides ist aus meiner Sicht kontraproduktiv. Wir wissen, dass sich in bestimmten Regierungspräsidien auch die Chefs darüber Gedanken machen, wie sie eine negative Entwicklung in diesen Feldern verhindern. Halbtags beschäftigten Frauen ist nicht zuzumuten, zum Beispiel einen Arbeitsweg von täglich 80 km zurückzulegen.

Dann stimmt der Verdienst ganz einfach nicht. Dann wird ihnen eine Abfindung angeboten. Das geschieht selbstverständlich freiwillig ­ ich weiß sehr genau, wie es in der privaten Wirtschaft mit der Freiwilligkeit verläuft ­, und dann ist die Sache erledigt. Ich befürchte, dass dieses Instrument PEM in diesem Zusammenhang insbesondere die Kolleginnen trifft. Herr Laschet muss da sehr wachsam sein, wenn er seinen Aufgaben nachkommen will.

Ein anderer Punkt: Man kann sich auch vorstellen ­ auch darüber wird nachgedacht ­, dass die Anreizsysteme dazu führen, dass sehr qualifizierte und flexible Beschäftigte des Landesdienstes diesen verlassen, weil sie auf dem Arbeitsmarkt ausgezeichnete Chancen haben. Ich denke hier zum Beispiel an Betriebsprüfer in der Finanzverwaltung, die sich mit dem Gedanken beschäftigen, sich selbstständig zu machen oder in die Steuerberatung zu gehen. Das heißt, hier könnten Mitnahmeeffekte eintreten, die wir angesichts der Haushaltslage des Landes wirklich nicht wollen und eigentlich auch nicht verkraften können.

Noch einmal: Ich schließe mich weitgehend dem an, was der Vertreter des Beamtenbundes eben gesagt hat. Die Anreizsysteme sind nicht schlecht. Allerdings würde ich hinter das Thema Freiwilligkeit mehrere Fragezeichen setzen. Es gibt hier sehr subtile Systeme und Vorgehensweisen, wie sie auch in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt werden können.

Zum Thema Sackgasse ist eigentlich alles gesagt. Die Beschäftigten, die ausgewählt bzw. identifiziert worden sind, werden im Grunde genommen als nicht notwendig betrachtet, und ich kann mir nicht vorstellen, dass man ausgehend von einer solchen Identifizierung eine große Karriere im Landesdienst oder anderswo starten kann. Das ist letztendlich eine Sackgasse.

Ralf Eisenhöfer (dbb nrw): Herr Körfges, ich würde es ­ um es auf den Punkt zu bringen ­ etwas überspitzt Antikarriereförderungsgesetz nennen. Es wird sicherlich Einzelfälle geben, die ich in einer Größenordnung natürlich nicht definieren kann, in denen sich durch ein solches Verfahren positive Aspekte ergeben könnten. Ich bin aufgrund der Erfahrungen aller Menschen aus der Landesverwaltung in diesen Fragen fest davon überzeugt, dass das zum großen Teil negative Folgen hat.

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Perspektiven und Chancen können wir den Menschen, die uns schon mal fragen, was da kommt, nach derzeitigem Kenntnisstand nicht aufzeigen. Ich befürchte eher, dass es im Moment zu einer gewissen Perspektivlosigkeit kommt. Denn was passiert? ­ 12.

Menschen stehen auf dem Tableau, sie kommen ins PEM ­ ich übertreibe jetzt ein bisschen ­, und 10.000 davon kommen am nächsten Tag wieder zurück in ihre Dienststelle, sind aber personalisiert. Dann sagen die Kollegen: Ihr habt eine tolle Karriere gemacht.

Bei uns wird es jetzt richtig abgehen. ­ Das ist ein etwas hartes und ironisches Beispiel.

Dass sich dieser Mensch in der Dienststelle, in der er sich wahrscheinlich 20 Jahre wohlgefühlt hat, unheimlich wohlfühlt, kann man sich vorstellen.

Eine andere Sichtweise; das ist Spekulation: Aufgrund der Möglichkeit, im Gesetz Vereinbarungen mit den Ressorts zu treffen, die darauf hinauslaufen, keine Personalisierung durchzuführen, und aufgrund der fluktuationsbeschleunigenden Maßnahmen, die zwar nicht im Gesetz stehen, aber durch Regierungsbeschluss praktisch im Gange sind, stellt sich die Frage, ob wir das PEMG überhaupt noch brauchen, ob das PEMG überhaupt noch nötig ist. Aufgrund der Maßnahmen ­ ich sagte, dass eine davon mit Einschränkungen durchaus unsere Akzeptanz finden könnte ­ stellt sich die Frage, was das PEMG mit all den offenen Fragen, die zurzeit im Raume stehen, noch soll. Wir haben nämlich die Befürchtung, dass diese 12.000 Menschen ­ vielleicht werden es noch mehr; wer weiß, was noch an Verwaltungsstruktur- und Straffungsgeschichten in diesem Land passiert ­ nicht zufrieden sein werden.

Gleichwertigkeit stelle ich im Gesetz nicht fest. Da steht nicht drin: Es kann eine Umsetzung, Rückversetzung, Abordnung, Übergangseinsatz nur auf einer gleichwertigen Funktion, was das Mindeste wäre, geben; von Karriere möchte ich gar nicht sprechen.

Selbst diesen gleichwertigen Funktionseinsatz haben wir dem Gesetz so nicht entnommen, sodass die Frage ­ diese habe ich eben in anderem Zusammenhang schon beantworten dürfen ­, ob damit eine berufliche Entwicklung verbunden ist, negativ gesehen wird.

Vorsitzende Anke Brunn: Zum ersten Fragenblock mit den Fragen 1 bis 7 liegen noch drei Fragen vor.

Christian Möbius (CDU): Herr Buschmann, wie sieht der rot-rote Berliner Senat und den ihn tragenden Fraktionen die Interessen der Beschäftigen im Lande Berlin angesichts dieses Personaleinsatzmanagements, das Sie beschrieben haben, gewahrt?

(Gisela Walsken [SPD]: Das hatten wir schon, Herr Kollege!)

­ Ich verstehe die Unruhe, die bei der SPD herrscht.

Ist es im Land Berlin durch das dortige Personaleinsatzmanagement zu einer Auszehrung der Behörden oder einer Beeinträchtigung der Behörden gekommen? Und gab es irgendwelche Karrierebeschränkungen, die einige Sachverständige befürchten?

Christian Weisbrich (CDU): Herr Eisenhöfer, wir haben gehört, wie problematisch das alles aus Ihrer Sicht ist.