Ein paar Worte zu dem Vorverfahren das hier auch angesprochen werden soll Baden-Württemberg hatte wie Sie früher ein Vorverfahren

Ein gewisser Vorteil könnte auch sein, dass man Fachdezernate für alle Fach- und Sonderdienste hat. Aber ich denke - das ist mein Votum -, das alles ist bei entsprechender Ausgestaltung eines zweistufigen Modells ebenfalls zu leisten.

Ein paar Worte zu dem Vorverfahren, das hier auch angesprochen werden soll: hatte wie Sie früher ein Vorverfahren. Es wurde dann abgeschafft. Ich habe mir in den letzten Tagen die Mühe gemacht, mit Mitarbeitern unseres Landgerichts zu korrespondieren und herauszufinden, wie stark die Zahl der Verfahren tatsächlich gestiegen ist. Zunächst einmal: Im Jahr 1999 gab es 71 Verfahren beim Landgericht.

Bis zur Abschaffung des Vorverfahrens gab es vom 01.01.2000 bis zum 31.06.2000 42

Verfahren. Dann kam die Abschaffung. Die Zahl der Verfahren ist auf 63 gestiegen.

2001 waren es 90. Dann ist die Zahl auf 81 zurückgegangen.

Ich habe gestern in unserer Anstaltsleiterdienstbesprechung die Möglichkeit genutzt, meine Kollegen und die Vertreter des Ministeriums zu befragen, wie sich die Situation weiterentwickelt hat. Man kann pauschal sagen, dass es eine gewisse Zunahme der Zahl gibt. Sie ist allerdings wesentlich geringer, als wir selbst es 2000 befürchtet hatten.

Ich mache kein Hehl daraus, dass die Anstaltsleiter 2000 geschlossen gegen die Abschaffung des Vorverfahrens votiert haben. Nun müssen wir aber zugeben, dass wir die Mehrbelastung der Anstalten und der Gerichte durch die Arbeit überschätzt haben.

Deswegen lautet mein Votum bezüglich des Vorverfahrens: Es gibt Vorteile des Vorverfahrens. Ich will sie nicht im Einzelnen nennen. Ich habe das alles synopsenhaft einander gegenübergestellt. Aber ich denke, die Anstalten können - wenn man das insgesamt abwägt - sehr gut mit dieser Entscheidung leben. In Ihren Fragen haben Sie auf eine Verkürzung des Rechtsschutzes Bezug genommen. Ich muss sagen: Im Gegenteil, durch die Abschaffung des Vorverfahrens wird der Rechtsschutz der Gefangenen gestärkt, denn die Verfahren werden gestrafft und verkürzt.

Klaus Jäkel (BSBD Nordrhein-Westfalen): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ich bin Landesvorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten in Nordrhein-Westfalen. Unserer Gewerkschaft gehören ungefähr 90 % aller Beschäftigten an.

Ich sage das, um deutlich zu machen, dass wir eine repräsentative Aussage treffen können.

Zunächst einmal möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass wir heute hier die Möglichkeit haben, einige Ausführungen zu machen. Im Vorfeld ist mir aufgefallen, es ist jetzt ungefähr fünf Jahre her - das war am 29. Mai 2002; einige von Ihnen waren damals schon dabei -, dass wir uns über die Zusammenlegung der beiden Justizvollzugsämter Rheinland und Hamm zu einem Landesjustizvollzugsamt unterhalten haben. Wir haben davor gewarnt. Auch damals war ich derjenige, der die Ausführungen gemacht hat, und ich habe vielleicht auch aus meiner persönlichen Erfahrung davor gewarnt, weil ich noch weiß, warum die Ämter geschaffen wurden.

Das ging damals auf jemandem zurück, den ich auch heute noch sehr schätze, weil er einer der größten Reformer des Vollzugs war: Es war Prof. Dr. Neuberger, der vor dem Hintergrund der besonderen Vorkommnisse Ende der 60er-Jahre in Nordrhein

Westfalen diese Institution geschaffen hatte, nicht nur wegen der Dienstaufsicht, sondern auch wegen der Betreuung, vielleicht aber auch wegen einer gewissen Pufferfunktion der Politik gegenüber. Ich glaube, das war eine sehr weise und gute Entscheidung.

Die Zusammenlegung der beiden Ämter, die 2003 vollzogen wurde, war sicherlich kein glücklicher Schritt. Wir haben zu dem Zeitpunkt vor einer erheblichen Beeinträchtigung des damaligen Organisationsentwicklungsprozesses gewarnt, auf daraus resultierende Konsequenzen für den Vollzug hingewiesen und immer wieder gesagt, es sei besser, überhaupt erst einmal abzuwarten, was sich aus diesem ganzen Organisationsentwicklungsprozess ergibt.

Wir haben hier deutlich gemacht, welche Gefahr eine Zusammenlegung mit sich bringt.

Das haben nicht nur wir getan, sondern es sind auch Vollzugsexperten dazu gehört worden. Die Stellungnahmen erfolgten gerade vor dem Hintergrund eventuell daraus resultierender vollzuglicher Entgleisungen, die man, wie ich meine, mit der Situation in Bayern aber nicht ganz vergleichen kann. Wir haben hier ganz andere Ballungszentren.

In Bayern ist, mit Ausnahme von München, alles mehr auf ein ländliches Gebiet ausgelegt, während es im Ruhrgebiet eine ganz andere Klientel von Gefangenen gibt. Wenn man an die vielen verschiedenen Nationen denkt, denen die Gefangenen angehören, weiß man, welche Brisanz dahintersteckt.

All das ist nicht berücksichtigt worden. Wir haben schon damals auf Folgendes hingewiesen, dass wir, wenn eine Zusammenlegung der Ämter kommt, im Grunde genommen gleich auf ein Vollzugsamt verzichten und sagen können: Wir brauchen gar kein Vollzugsamt, wir brauchen nur eine gut ausgestattete Abteilung Strafvollzug im Justizministerium; das reicht dann auch. - Aber ein Amt reicht nicht aus, damit die Aufgaben so wahrgenommen werden können, wie man es vielleicht von allen erwartet hat.

Das ist dann gemacht worden. Wir haben zwischenzeitlich Erfahrungen gesammelt.

Nun haben wir Folgendes: Nach den Vorkommnissen, die wir in Nordrhein-Westfalen hatten, wird, nach Jahren des Stillstands, endlich eine Menge von Reformen in Angriff genommen - das muss man deutlich hervorheben -, die sicherlich auch noch in den nächsten Jahren ihren Niederschlag finden werden. Wir sind also schon der Meinung, dass die Anstalten eine gewisse Betreuung brauchen. Auch vertreten wir die Auffassung, dass man, wenn das Amt schon geschlossen werden soll, eventuell noch zwei Jahre damit wartet, bis zumindest der Reformprozess Wirkung gezeigt hat.

Allerdings gebe ich zu bedenken, dass dann für die Bediensteten des Vollzugsamts eine recht schlimme Zeit, nämlich die Zeit der Ungewissheit über ihre berufliche Zukunft, weiterginge. Das wäre nicht wünschenswert. Insoweit stellt sich die Frage, ob man dann nicht sagen sollte: Wir schließen das Amt.

Hinsichtlich sage ich aus eigener Erfahrung, als jemand, der 20 Jahre lang mit solchen Aufgaben befasst war: Ich sehe die Gefahr, dass die Gefangenen demnächst dazu neigen, sehr schnell Klage zu erheben. Während jetzt im Rahmen eines Gesprächs, das man mit Gefangenen führt, eventuell auch die Fehler, die in einer Verwaltungsakte stehen - was niemand verhindern kann -, noch geradegebogen werden können, wird so etwas demnächst zu einer Klage führen. Ob das eine glückliche Situation ist, bleibt abzuwarten.

Ich persönliche denke, es wäre besser, das Vorschaltverfahren noch bestehen zu lassen. Natürlich habe ich eben gehört, eine Abschaffung verursache keine Beeinträchtigung. Wir haben keine Erfahrungen damit. Das ist also eine Vermutung, die wir äußern.

Man müsste also abwarten, was sich letztendlich daraus ergibt. Vielleicht stellt das in der Tat eine Vereinfachung dar, die sich dann bei den Anstalten bemerkbar macht. Ob das für die Gerichte eine Vereinfachung ist, weiß ich nicht. Das kann ich nicht sagen.

Damit bin ich im Moment überfragt.

Fazit: Wenn das Amt noch zwei Jahre bestehen würde, wäre es für den Vollzug positiv.

Für die Bediensteten wäre es allerdings - das muss ich an dieser Stelle auch sagen nicht wünschenswert.

Vorsitzender Dr. Robert Orth: Herr Sanker, möchten Sie das, was Herr Jäkel gesagt hat, ergänzen?

Friedhelm Sanker (BSBD Nordrhein-Westfalen): Ja. - Ich bin stellvertretender Bundes- und Landesvorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten. Ich fasse mich relativ kurz. Herr Jäkel hat die Auffassung des BSBD im Wesentlichen vorgetragen.

Noch etwas zur Historie: Die Entstehung der Ämter geht auf Skandale zurück, die es in den 60er-Jahren in Vollzugseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen - aber auch über Nordrhein-Westfalen hinaus - gab. Von daher war es ein konsequenter Schritt, eine Mittelbehörde zu schaffen, aus der Erkenntnis heraus, dass es sich bei der Arbeit im Strafvollzug um eine gefahrengeneigte Tätigkeit handelt, aber auch, weil sich der Strafvollzug gerade in der Entwicklung weg von einem Verwahrvollzug, hin zu einem behandlungsorientierten Vollzug befand, ein Prozess, dem besondere Risiken innewohnten, die abgefedert und kontrolliert werden mussten.

Bei den Vollzugsämtern, die 1970 gegründet worden sind, handelte es sich. In den ersten 20 Jahren ihres Bestehens um Behörden, die die Dienst- und Fachaufsicht wahrgenommen haben. In den letzten 15 Jahren haben sich diese beiden Ämter zu Beratungsinstanzen für die Ortsebenen entwickelt. Das ist von den Anstalten außerordentlich begrüßt worden, während die Sicht in den ersten zwei Jahrzehnten relativ kritisch war.

Darüber hinaus haben es die Vollzugseinrichtungen als sehr hilfreich empfunden, gegen allzu schnelle und allzu drängende Zugriffe der Politik abgesichert zu sein, was das Verhalten der Mitarbeiter der Vollzugseinrichtungen betrifft. Dass eine Ebene dazwischengeschaltet war, hat dem Vollzug insgesamt gutgetan. Wir hatten durch das Strafvollzugsgesetz Rahmenbedingungen gesetzt, die im Laufe der zurückliegenden 30 Jahre kaum veränderbar waren. Dadurch stellte sich für die Praxis vor Ort eine Verlässlichkeit dar. Darüber hinaus haben wir dadurch Kontinuität erfahren, dass wir in der Mittelebene gegen Schnellschüsse und Schnellentscheidungen abgesichert waren.

Das ist dem Vollzug insgesamt gut bekommen, denn der Vollzug ist darauf angewiesen, dass seine behandlungsorientierten Therapieansätze in der Praxis überprüft werden, und zwar bevor eine Entlassung ansteht. Wenn man den Vollzug in dieser Phase auflockert, muss man davon ausgehen, dass diesen Prozessen auch immer ein gewisses Risiko innewohnt.