Im Übrigen Herr Ortgies gibt es bisher keine privaten Betreibermodelle in Deutschland es gibt Betriebsführungsmodelle

Ich sehe einen Unterschied zwischen privaten Unternehmen und Wasserverbänden.

Im Übrigen, Herr Ortgies, gibt es bisher keine privaten Betreibermodelle in Deutschland, es gibt Betriebsführungsmodelle. Unternehmen übernehmen die Aufgabe Abwasserentsorgung ohne weitere Verantwortlichkeiten im Auftrag der Kommunen. Dafür gibt es positive wie negative Beispiele in Deutschland, sogar bei ein und demselben Unternehmen. Wie ich höre, läuft es in Rostock mit einem privaten Unternehmen zufriedenstellend bis gut, in Potsdam hat es mit dem gleichen Unternehmen nicht funktioniert; die Stadt hat die Aufgabe zurückübernommen.

Herr Professor Bode hat darauf hingewiesen, dass in anderen Ländern diese Aufgabe nicht hoheitlich ist, sondern weitgehend von Privaten erledigt wird. Alle Parameter, insbesondere die Umweltparameter, was Anschlussgrade, Qualität der Abwasseraufbereitung angeht, sind wesentlich schlechter als in den Ländern, in denen die Aufgabe hoheitlich erfüllt wird. Österreich und Deutschland liegen bei allen Parametern an der Spitze. Das Vereinigte Königreich und Frankreich liegen bei den gleichen Parametern am Ende des Qualitätsvergleichs.

Zum Thema Ausschreibung und OLG Celle! Die Entscheidung des OLG Celle gilt selbstverständlich nur für den betreffenden Fall im Einzugsgebiet des Landes Niedersachsen, wo es sondergesetzliche Wasserverbände nicht gibt. Der zugrunde liegende Einzelfall war die Stadtentwässerung Hamburg, die die Abwasserentsorgung für eine Kommune in Niedersachsen mitübernehmen sollte und wollte. Das OLG Celle hat festgestellt: Falls die Gemeinde ausschreibt - sie ist dazu verpflichtet -, darf sich die Stadtentwässerung Hamburg an der Ausschreibung nicht beteiligen. Die beiden Länder und die Kommunen haben sich abgestimmt und den Weg des Staatsvertrags gefunden, um das trotzdem öffentlich zu regeln. Die Stadtentwässerung Hamburg ist etwas anderes als ein sondergesetzlicher Wasserverband in Nordrhein-Westfalen. Das Einzugsgebiet eines Wasserverbands in Nordrhein-Westfalen ist gewissermaßen deckungsgleich mit den Kommunen, die ihm ihre Kanalnetze übertragen wollen. Das war in Hamburg und Niedersachsen von vornherein nicht der Fall. Aber es besteht das Risiko, dass die Oberlandesgerichte in Nordrhein-Westfalen ähnlich urteilen wie Celle und das Celler Urteil auf die Wasserverbände übertragen, ohne weiter darüber nachzudenken.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu Herrn Beckmann sagen! Ich glaube nicht, dass man die Wasserverbände hätten private Mitglieder, weshalb Inhousegeschäfte ausgeschlossen seien, 1:1 umsetzen kann. Der hat ziemlich deutlich geurteilt: Private Mitglieder oder Miteigentümer sind für Inhouse tödlich, weil bei einem privaten Anteilseigner Gewinnerzielungsabsicht vorliege und sich der Charakter des Unternehmens völlig ändere. Die privaten Mitglieder der Wasserverbände sind Zwangsmitglieder, sie sind allein wegen der Erledigung der öffentlichen Aufgabe Abwasserbeseitigung und des Zwangsanschlusses Mitglied. Insofern besteht hier keine Gewinnerzielungsabsicht von Privaten. Durch die privaten Mitglieder - die im Übrigen in der Minderheit sind - ändert sich auch der Charakter der Veranstaltung Wasserverband nicht.

Ich will das Thema Inhouse für Wasserverbände nicht ausschließen. Gleichwohl bedarf es der rechtlichen Klarstellung.

Johannes Remmel (GRÜNE): Herr Dr. Zimmermann, Sie haben bezüglich der Kanalnetzübertragung, die durch das Verwaltungsgerichtsurteil ermöglicht worden ist, meines Wissens Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht. Können Sie das in wenigen Sätzen sachlich begründen und uns den Stand des Verfahrens schildern?

Zweitens. Wir sind allmählich ein Wanderzirkus; jedes Jahr treffen wir uns zu diesem Thema wieder. Herr Lattmann hat daran erinnert, dass er schon im August bezüglich des Vergaberechts Einfallstore durch die EU sah. Wie hätten Sie - die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und der Wasserverbände - angesichts der Entscheidung des Verwaltungsgerichts und der sich ergebenden rechtlichen Folgen reagiert, um das Einfallstor zu schließen? Es geht nicht um die Zugriffsrechte, es geht um die Schließung des Einfallstors. Mir wäre sehr daran gelegen, wenn Sie uns dazu andere, bessere Vorschläge machen könnten. Bisher kann ich keine erkennen. Schließung des Einfallstors, um Privatisierung über die EU - die Hintertür - zu verhindern, das ist die eigentliche Frage. Ansonsten lässt man die Sache laufen und wartet das Ergebnis der Beschwerde ab.

Drittens. Sind der BDE, die kommunalen Spitzenverbände und die Wasserverbände in Überlegungen oder die Konzeption der Landesregierung für ein Planspiel Privatisierung - Umsetzung des § 18 Wasserhaushaltsgesetz einbezogen? Welche Meinung haben Sie dazu?

Dr. Ulrich Zimmermann (Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e. V. [BDE]): In der Tat: Der BDE hat in Brüssel bezüglich der Vergabe in Hamm Beschwerde eingelegt. In unserer Beschwerdeschrift folgen wir exakt der Argumentation, die Professor Burgi im August letzten Jahres - wir haben über das Landeswassergesetz gesprochen - hier vorgetragen hat. Er hatte, analog zu dem, was Professor Beckmann gesagt hat, ausgeführt, dass die Übertragung in Hamm nicht ausschreibungsfrei stattfinden dürfe. Er hat als Grund unter anderen angeführt, vor der europäischen Rechtsprechung habe ein solcher Paragraf keinen Bestand. Daraufhin wurde die Genehmigung versagt. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat der Beschwerde des Lippeverbandes Recht gegeben. Das Umweltministerium ist in Berufung gegangen, hat sie aber gegen die Vereinbarung zurückgenommen, dass auch die Klage vor dem VG Gelsenkirchen zurückgenommen wird.

Wir haben diesen Fall nach Brüssel getragen, weil wir das Vergaberecht verletzt sehen.

Als Verband selbst können wir nicht vor die Vergabekammer gehen, uns bleibt nur der Weg nach Brüssel frei. Weil wir, analog zu den Ausführungen der Professoren, das Vergaberecht verletzt sehen, haben wir diesen Weg gewählt.

Von einem Planspiel Privatisierung ist mir nichts bekannt. Wir haben letztes Jahr über das Landeswassergesetz gesprochen. Als Erstes ist die Teilprivatisierungsoption für die Kommunen gestrichen worden. Im neuen Entwurf des Landeswassergesetzes gibt es keine Privatisierungsoption mehr. Im Vorblatt zum Landeswassergesetz steht, dass durch eine Gesetzesfolgenabschätzung die Vor- und Nachteile einer Teilprivatisierungsoption gutachterlich zu klären sind. Wenn Sie mit Planspiel die Gesetzesfolgenabschätzung meinen, weiß ich nur so viel: Sie erfolgt aufgrund einer Bundesrichtlinie und wird durch das federführende Umweltministerium in Auftrag gegeben.

Stephan Keller (Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen): Ich beginne mit der Frage von Herrn Remmel, ob wir in mögliche Planspiele des MUNLV einbezogen worden seien. Das ist nicht der Fall. Uns sind Überlegungen in dieser Richtung nur insofern bekannt, als wir das Vorblatt des Gesetzentwurfs für ein neues Landeswassergesetz kennen. Darüber hinaus ist über die Thematik nicht mit uns gesprochen worden.

Herr Remmel hat gefragt, ob man das vergaberechtliche Einfallstor schließen könne.

Das Vergaberecht, ein gemeinschaftsrechtlich sehr gut durchstrukturiertes Rechtsgebiet, wird es wahrscheinlich nicht zulassen, dass der Landesgesetzgeber hier Einfallstore schließt. Bestimmte Kooperationsformen der öffentlichen Hand auf landesgesetzlicher Ebene vergaberechtsfrei zu stellen ist schwierig, wie ein Urteil aus 2005 zu einem Fall in Spanien gezeigt hat. Ich gehe davon aus, dass die Frage, über die wir diskutieren, ob es sich um vergabepflichtige Fälle handelt, letztlich auf der Basis des europäischen Rechts entschieden wird. Meine knappe Antwort auf Herrn Remmel: Ich glaube, der Landesgesetzgeber kann dieses Einfallstor nicht schließen - wenn es denn besteht.

Wir haben in unserer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass man zwei Fragen auseinanderhalten muss. Wir diskutieren heute eigentlich nur darüber, ob es bei der Kanalnetzübernahme eine Möglichkeit der Kooperation zwischen Kommunen und den Wasserverbänden geben soll. Wir sagen: Diese Option muss offengehalten werden. Die Frage, wie sie rechtlich abzuwickeln ist, stellt sich erst dann, wenn grundsätzlich die Möglichkeit besteht, so zu kooperieren. Es gibt eine Vielzahl von Kooperationsformen zwischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder zwischen Öffentlichen und Privaten, die vergaberechtlich äußerst umstritten waren. Der letzte in Nordrhein-Westfalen markante Fall betrifft das Thema im Raum Aachen, die Erledigung der Abfallbeseitigung durch einen Zweckverband. Auch hier war die Frage, ob das ohne Ausschreibung möglich ist. Niemand ist auf die Idee gekommen, das gesetzlich zu untersagen, weil vielleicht die Vergaberechtspflichtigkeit drohe. Man muss das Ob und das

Wie auseinanderhalten.

Die Frage, ob der konkret vorliegende Fall vergabepflichtig ist, muss entschieden werden. Das sollte meines Erachtens aber nicht durch den Gesetzgeber geschehen, indem er diese Option verbietet. Sie muss vielmehr auf dem Weg entschieden werden, auf dem Vergaberechtsstreitigkeiten geklärt werden, nämlich im Vergabenachprüfungsverfahren oder über eine Beschwerde in Brüssel, wie sie der BDE betreibt. Im Lichte dieser Klärung müssen wir über die anstehenden Fragen neu diskutieren. Aber Handlungsbedarf für den Landesgesetzgeber ergibt sich daraus nicht.

Hans-Bernd Schumacher (Arbeitsgemeinschaft der Wasserwirtschaftsverbände in Nordrhein-Westfalen): Aus der Sicht der agw besteht ein vergaberechtliches Problem nicht. Es handelt sich eindeutig um eine Aufgabenübertragung und -übernahme.

Das ist unsere grundsätzliche Meinung zu diesem Thema.

Sollte der Gesetzentwurf verabschiedet werden, heißt das aber, dass eine Übertragung auf die Verbände nicht stattfinden darf, wenn im Landeswassergesetz nicht neue Regelungen geschaffen werden. Wann das der Fall sein wird und welche Auswirkungen sich ergeben, können wir im Augenblick nicht beurteilen.