Auch das Mindener Modell haben wir uns in der SPD-Fraktion sehr intensiv angeschaut

Gerechtere und flexiblere Lehrerarbeitszeiten schaffen!

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Öffentliche Anhörung von Sachverständigen Vorsitzender Wolfgang Große Brömer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung, Herzlichen Dank dafür, dass Sie der Einladung gefolgt sind.

(Es folgen einige organisatorische Hinweise zum Ablauf der Anhörung.) Ute Schäfer (SPD): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst einmal möchte ich mich bei allen anwesenden Expertinnen und Experten zum Thema Lehrerarbeitszeit bedanken: einmal für die Arbeit, die sie tatsächlich auch in den Schulen schon für den Modellversuch investiert haben, und zweitens auch für die Stellungnahmen, die uns als Abgeordneten noch einmal die Möglichkeit gegeben haben, uns sehr intensiv mit diesem wirklich schwierigen, aber auch sehr wichtigen Thema zu beschäftigen.

Auch das Mindener Modell haben wir uns in der SPD-Fraktion sehr intensiv angeschaut. Es enthält mit Sicherheit sehr viele überlegenswerte Aspekte, die man auch auf das gesamte Land übertragen kann.

Allerdings würde ich jetzt eine erste Fragerunde an einzelne Experten richten wollen mit der Frage: Wie schätzen Sie die Anwendung eines solchen Systems - auch eines Systems der Pauschalierung - auf kleine Schulen ein? Denn wir haben im Land Nordrhein Westfalen über 6.000 Schulen. Die kleinen Systeme sind davon mit 3.500 Schulen die Mehrheit. Das betrifft auch die Aufgaben der Schulleitung.

Meine zweite Frage wäre: Welche Unterstützung erwarten Sie zur Entwicklung und Fortentwicklung eines solchen Modells von der Landesregierung? Wie sollten Ihrer Meinung nach Rahmenbedingungen für die Lehrerarbeitszeit aussehen, und zwar auch im Hinblick auf die Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit von Schulen?

Ich würde in der ersten Fragerunde dazu einmal die beiden anwesenden Vertreter des Mindener Modells, Herrn Paul oder Herrn Gralla, dann auch Herrn Prof. Klemm - von dem ich noch keine schriftliche Stellungnahme vorliegen hatte - und auch Andreas Meyer-Lauber sowie weiter Herrn Voß um eine Stellungnahme bitten. Jetzt weiß ich nicht, wer von der Schulleitungsvereinigung da ist. Das habe ich noch gar nicht sehen können. Dann bitte ich dazu auch Herrn Saupp um seine Stellungnahme. Das wäre meine erste Frage in dieser Runde.

Michael-Ezzo Solf (CDU): Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben gesehen: Wir haben uns eben kurzgeschlossen. Bei der Art des Vorgehens - das beantragen zumindest wir von der CDU, und ich glaube, die FDP sieht das auch so - halten wir es für gut, wenn jeder der Geladenen ein ganz kurzes Vorabstatement von einer Minute abgibt, damit wir uns mit unseren Fragen nachher besser fokussieren können.

Wenn schon vorher Fragen aufgenommen worden sind, können Sie ja direkt darauf antworten. Aber ich halte es für besser, dass Sie abseits dessen, was Sie uns dankenswerterweise schriftlich hereingereicht haben, noch einmal auf die Ihnen besonders wesentlich erscheinenden Punkte eingehen können. Ich glaube, dass das für die Kommunikation die beste Methode ist.

Sigrid Beer (GRÜNE): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entschuldigen Sie bitte im Augenblick die Verständigung hier im Ausschuss. Wir haben das Verfahren etwas umgestellt. Wir hatten uns in der Tat im Obleutegespräch darauf verständigt, dass noch einmal als Kernfrage am Anfang aufgerufen wird, was Ihnen an dieser Stelle zentral wichtig ist. Wir wollten das Verfahren nicht dadurch verzögern, dass jeder ein Statement von zehn Minuten Länge abgibt. Aber Sie sollten am Anfang noch einmal die Möglichkeit haben, das zugespitzt auf den Punkt zu bringen. Die Verwirrung liegt aber jetzt nicht bei der Kollegin Schäfer, die sich an das gehalten hat, was wir vereinbart hatten.

Aber das ist jetzt vom Ablauf her etwas durcheinander geraten. Ich würde auch das unterstützen, was Herr Solf gesagt hat, weil wir uns im Ausschuss genau darauf verständigt haben.

Vorsitzender Wolfgang Große Brömer: Dann bringen wir ganz schnell wieder Ordnung hinein. Wir haben jetzt keine Wortmeldungen vorliegen. Gehen wir doch einfach so vor, da jetzt sowieso alle Expertinnen und Experten angesprochen worden sind. Der Bitte um das Ein-Minuten-Statement bzw. der Beantwortung der Frage nach dem zentralen Schwerpunkt jedes Einzelnen können wir ja jetzt in der ersten Antwortrunde nachkommen und die speziell zu stellenden Fragen dann direkt im Anschluss daran abhandeln.

Ute Schäfer (SPD): Eine Anmerkung muss erlaubt sein. Ich traue Ihnen ja unglaublich viel zu, weil Sie alle in der Schule arbeiten und dort tätig sind. Ich glaube aber nicht, dass Sie in einer Minute ein Statement abgeben können. Ich finde, dann muss man den Prozess, bitte schön, komplett so ermöglichen, dass hier jeder auch die ihm oder ihr wichtigen zentralen Botschaften geben darf. Darauf lege ich jetzt einen gesteigerten Wert, weil ich mich an andere Dinge gehalten hatte, die wir auch verabredet hatten.

Dann bitte auch ordentlich und in aller Ausführlichkeit.

Vorsitzender Wolfgang Große Brömer: Dann machen wir es doch so: Jede Expertin und jeder Experte in der Runde antwortet jetzt möglichst kurz. Ich versuche dann auch, an die Zeit zu erinnern, falls, sagen wir einmal, zwei Minuten extrem überschritten sein sollten. Dann können wir in die spezielle Fragerunde eintreten.

Ich schlage vor, dass wir das dann auch in der Reihenfolge der Sitzordnung machen.

Es wäre für den Protokollanten sehr hilfreich, wenn jeder Einzelne dann zunächst ein mal seinen Namen und auch die Organisation nennt, die er vertritt. Dann beginnen wir hier vorne.

Michael Paul (Freiherr-vom-Stein-Berufskolleg, Minden): Ich bin Schulleiter des Freiherr-vom-Stein-Berufskollegs in Minden und Bad Oeynhausen. Ich leite dort als Oberstudiendirektor eine Schule mit ca. 2.700 Schülerinnen und Schülern. Ich unterrichte selbst die Fächer Wirtschaftswissenschaften, Deutsch und Sport.

Wir sind verantwortlich für das sogenannte Mindener Modell. Die Überlegung der Gruppe war ganz lange Zeit einfach die andauernde Diskussion über eine bessere und besser nachvollziehbare Bemessung von Lehrerarbeitszeit. Sie sollte vor allem besser und nachvollziehbarer sein als das sogenannte Pflichtstundenmodell, das weder den unterschiedlichen Aufwand für Unterricht in den jeweiligen Fächern berücksichtigt noch die vielfältigen sonstigen Aktivitäten und Arbeiten von Schule erfasst. Mit Blick auf diese schulischen Tätigkeiten und die weiter wachsenden Anforderungen ist es aus unserer Sicht unumgänglich, dass die Arbeitszeit im Bereich der Schulen neu bemessen und neu bewertet wird.

Wir möchten gern, dass es dort eine legitimierte juristische Grundlage gibt, die diese deutlich gerechtere Bemessung und Erfassung der Arbeitszeiten auch ermöglicht. Uns geht es im Wesentlichen um die Vergleichbarkeit von Arbeitszeiten zunächst einmal in quantitativer Hinsicht, um die Steigerung der Flexibilität von Schulen sowie die Sicherung einer Minimierung des Unterrichtsausfalls.

Einer der wesentlichen Aspekte ist für uns natürlich ganz deutlich die Vergleichbarkeit der Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern mit der Arbeitszeit des öffentlichen Dienstes, weil wir sicher sind, dass es dann den Effekt gibt, dass das Image von Lehrkräften in der Bevölkerung enorm gestärkt würde. Sie alle kennen den berühmten Halbtagskraft-Negativpopulismus. Wir sind sicher, mit dem Nachweis der schulischen Arbeit wäre dieser dann weg.

Dafür muss aus unserer Sicht - ich nenne das als Stichpunkte - der Unterricht eine einheitliche Bewertung bekommen. Wenn wir die Hamburger Faktoren, die wir derzeit verwenden, die im Wesentlichen zunächst aus Untersuchungen von Mummert + Partner aus dem Jahr 1999 in Nordrhein-Westfalen entstanden sind, nehmen, nenne ich Ihnen gern einmal ein Beispiel aus der Sekundarstufe I - obwohl wir das nicht sind; aber das kann man daran so schön deutlich machen - für ein dreistündiges Fach in einem Normschuljahr. Für Mathematik in Klasse 10 gäbe es zum Beispiel eine Anrechnung von 186 Zeitstunden für die Lehrkraft für die mit dem Unterricht zu tun habenden Dinge, die dort definiert sind. Alle anderen Bereiche wären sogenannte Systemzeiten. So heißen sie bei uns. Sie heißen nicht, wie in Hamburg, A- und F-Zeiten, sondern werden zu Systemzeiten zusammengefasst. Darin ist alles enthalten, von der Stundenplanung bis zur Fortbildung und von der Klassenfahrt bis zur Unterrichtsentwicklung.

Zunächst einmal vielleicht zum Abschluss: Wir sind sicher - zumindest nach dem derzeitigen Stand dessen, was wir bei uns ermitteln -, dass etwa 75 % der schulischen Arbeitszeit im Unterricht und ca. 25 % in sonstigen Tätigkeiten stecken.