Weiterbildung

Schule auch getan werden kann, gebracht werden müssen.

Wir rechnen bei uns - auch das sage ich vielleicht zum Abschluss - sehr punktgenau ab, aber auch mit Pauschalen, die mit dem Kollegium und mit dem Lehrerrat vereinbart sind und die jede Lehrkraft jedes Vierteljahr, aufs Schuljahr bezogen, für sich noch einmal dokumentiert bekommt, damit jeder weiß, wo seine quantitative Arbeitszeit gerade steht.

Wir können sagen - ohne das Modell jetzt beendet zu haben, denn wir befinden uns im ersten Jahr der Umsetzung, nachdem wir ein Jahr zuvor eine Parallelrechnung durchgeführt haben -, dass sich die Strukturen immer klarer darstellen, dass wir aus unserer Sicht gute Lösungen für Fortbildungsanrechnungen usw. haben, dass wir damit auch den Nachweis der schulischen Arbeit bringen können und - was uns ganz wichtig ist; das sage ich zum Abschluss, Herr Vorsitzender -, dass wir die Schule als solche auch steuern können.

Das hat noch nichts mit einer qualitativen Bewertung zu tun. Ich sage das vielleicht noch als einen weiteren Aspekt, weil ich das aus Ihren Fragen mitgenommen hatte. Jedes Arbeitszeitmodell bedeutet zunächst immer - egal, wo wir es finden, ob in der Wirtschaft oder in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes - erst einmal eine quantitative Erfassung. Erst wenn man die quantitative Erfassung hat, kann man auf der Grundlage dieser Quantitäten überhaupt weiter über Qualitäten nachdenken. Das meine ich nicht in dem Sinne, dass wir jetzt keine Qualitäten hätten. Aber es gibt so etwas wie eine Ressourcenzuordnung, und die muss man auch im öffentlichen Bereich, auch im Bereich der Schulen durchführen.

Wenn Ihnen das erst einmal als erste Stellungnahme reicht, dann hätte ich die Zeit, glaube ich, eingehalten.

Helmut Breitkopf-Inhoff (Louis-Baare-Berufskolleg - Kaufmännische Schule 1, Bochum): Meine Damen und Herren! Ich bin der Schulleiter des in Bochum. Wir sind eine Schule mit 3.000 Schülern und 120 Lehrern. Ich sage vorab: Ich kann in weiten Teilen dem zustimmen, was Herr Paul gesagt hat. Aber in Details unterscheiden wir uns doch wesentlich.

Wenn ich vom Hamburger Modell ausgehe - das ist dort auch formuliert -, dann wird da ausgesagt, dass ein Kollege, der nur Unterricht gibt, im Schnitt zwei Stunden mehr arbeiten muss. Das ist für mich ein Punkt, bei dem ich sage: Das kann es schon einmal nicht sein, weil im nordrhein-westfälischen Modell bisher die Verpflichtung eines Lehrers in Bezug auf seine Arbeitszeit mit 25,5 Stunden abgegolten war. Ich kann nicht zulassen, dass ein Arbeitszeitmodell dazu benutzt wird, die Arbeitszeit von Lehrern zu verlängern.

Ich kann für meine Schule nur sagen: Wir haben durch Entwicklung, Konzeption und Neuordnung nachgewiesen, dass mit den Stunden, die allein dafür gebraucht werden, keinesfalls eine Arbeitszeiterhöhung verbunden werden kann. Das ist das eine.

Im Gegensatz zu anderen Schulen ist ein Berufskolleg so organisiert, dass wir an meiner Schule 38 verschiedene Bildungsgänge haben. Das geht vom arbeitslosen Jugend lichen, entlassen aus Sonderschulklasse 6, bis zum Abiturbildungsgang und zur Fachschule im Bereich der Weiterbildung. Wenn ich da die Pauschalisierung oder Gewichtung im Fach Deutsch vornehmen würde - ich unterrichte es auch selbst -, dann müsste mir erst einmal jemand zeigen, wie ich das in einer Klasse von arbeitslosen Jugendlichen bis zum Abitur oder zur Weiterbildung mit einem pauschalen Faktor machen soll.

Das ist undenkbar. Die Belastung ist wesentlich zu groß.

Das Dritte, was ich als Problem sehe, ist tatsächlich, dass die Verteilung auf Unterrichtszeiten und nicht mit Unterricht verbundenen Zeiten auch äußerst problematisch ist.

Ich kann nicht einfach sagen: Es ist ein Faktor da, und damit die Korrekturzeiten und alles andere mit berücksichtigen. Das trifft so nicht zu. Wir haben ganz unterschiedliche Bedingungen. Ich könnte mir ein Modell vorstellen, wo das, getrennt von den einzelnen Fächern oder den einzelnen Unterrichtsstunden, gemacht wird. Aber in diesem Modell wird das so nicht gemacht.

Das soll erst einmal reichen.

Vorsitzender Wolfgang Große Brömer: Der benannte Experte Herr Edler aus Hamburg musste leider absagen. So ist Herr Oberstudiendirektor Gralla der nächste Experte.

Christoph Gralla (Herder-Gymnasium, Minden): Herr Vorsitzender! Ich darf Sie recht herzlich begrüßen. Ich leite ein Gymnasium mit 1.300 Schülerinnen und Schülern.

Ich bin seit zehn Jahren Schulleiter dieses Gymnasiums. Als ich vor zehn Jahren begonnen habe, waren 850 Schülerinnen und Schüler bei uns an der Schule. Das heißt, wir haben einen enormen Entwicklungsprozess mitgemacht. Das war unter anderem nur deshalb möglich, weil ich ein Kollegium habe, das sowohl unterrichtsmäßig als auch schulentwicklungsmäßig sehr intensiv gearbeitet hat.

Das jetzige Pflichtstundenmodell, das wir fahren, beinhaltet zunächst einmal ganz allein nur den Unterricht. Ich habe 75 Kolleginnen und Kollegen, die einerseits teilzeitbeschäftigt, andererseits auch vollzeitbeschäftigt sind. Dafür gibt es Entlastungsstunden, einen sogenannten Kollegiumstopf von 59 Stunden, die ich für Korrekturen oder andere sonstige Tätigkeiten an der Schule, zum Beispiel Schulentwicklung, verteilen kann.

Bisher ist es so gewesen, dass diese Entlastungsstunden grundsätzlich für Korrekturen genommen worden sind. Die Schulentwicklung ist mit aktiven Kolleginnen und Kollegen, die dafür nicht eine Minute angerechnet bekommen haben, nebenbei gelaufen. Das heißt, aus meiner Sicht ist dieses Modell, das wir zurzeit haben, nicht geeignet, um über Jahre hinweg ein motiviertes Kollegium zu haben. Die Kollegen sind nach einer gewissen Zeit verbraucht und sagen: Moment, hier geht es nicht mehr weiter.

Deswegen habe ich gemeinsam mit Herrn Paul das Hamburger Modell sehr genau studiert. Wir waren der Meinung, wir sollten uns einmal Gedanken darüber machen. Dass dieses Modell entwicklungsfähig ist, wissen wir alle. Wir können jetzt nicht auf Einzelheiten herumreiten. Aber die Rahmenbedingungen bzw. den Ansatz, die in dem Hamburger Modell enthalten sind, sollten wir unbedingt beherzigen. Schule ist nicht allein nur Unterricht, sondern Schule bedeutet Schulentwicklung und wer weiß, was alles. Dafür brauche ich ein motiviertes Kollegium.

Das Kollegium ist motiviert, wenn die Arbeitszeit gerecht verteilt wird - jedenfalls wenn sie das Gefühl haben, dass sie gerecht verteilt wird. Das ist mit dem Pflichtstundenmodell nicht der Fall.

Ich kann aus meiner Schule berichten: Vor einem Jahr habe ich versucht, mit dem Kollegium gemeinsam eine Parallelrechnung nach dem Mindener Modell in meinem Kollegium durchzubekommen. Es ist mir nicht gelungen. 33 Kolleginnen und Kollegen waren dafür, 41 dagegen.

Am Montag hatte ich wieder eine Konferenz. Da ist aus dem Kollegium der Antrag gekommen: Wir wollen versuchen, im kommenden Schuljahr zum Pflichtstundenmodell danach wird die Unterrichtsverteilung vorgenommen - eine Parallelrechnung über alle Tätigkeiten zu machen, die von meinem Kollegium vollbracht werden. Es waren 76 % dafür, dass wir das unbedingt machen müssen, um danach zu entscheiden: Gehen wir diesen Weg weiter?

Deswegen kann ich nur unterstützen, dass wir versuchsweise so mit Modellen weiterarbeiten, wie es auch vorgesehen ist. Das alte Modell ist für mich tot, weil das Kollegium damit über lange Zeit nicht motiviert ist. Ich kann es so nicht halten.

Prof. Dr. Klaus Klemm (bfp - Arbeitsgruppe Bildungsforschung/-planung an der Universität Duisburg-Essen): Ich möchte mich zuerst entschuldigen. Ich habe keine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Ich habe das aber bei meiner Teilnahmezusage gesagt. Die Erklärung dafür ist: Ich bin gerade damit beschäftigt, meinen Lehrstuhl abzuwickeln, weil ich in sechs Wochen in den Ruhestand gehe. Das macht erheblich Arbeit. Ich habe es daher nicht geschafft, eine Stellungnahme einzureichen. Ich habe aber jetzt etwas Schriftliches dabei, was ich anschließend zu Protokoll geben kann.

Zweitens: Ich bin in dieser Frage möglicherweise parteiisch, und zwar nicht im Sinne von parteipolitisch, aber parteiisch. Ich habe in den späten Neunzigerjahren bis 2000 der ersten Hamburger Arbeitszeitkommission vorgesessen. Gemeinsam mit Herrn Schmitz haben wir da zusammengearbeitet. Das ist ein Modell, an dem ein Stück weit mein Herz hängt. Vielleicht bin ich deshalb nicht so kritisch, wie ich eigentlich sein müsste. Das will ich zumindest zu bedenken geben.

Mich motivieren drei Punkte, die eigentlich für die Grundsätze eines solchen Modells sprechen, mich dafür zu positionieren. Der erste ist: Ich halte es für dringend nötig, dass das große Ausmaß außerunterrichtlicher Tätigkeit - ein Ausmaß, das in den letzten Jahren auch über die Schulreformprozesse, über selbstständige Schulen, die Autonomisierung in vielen Bereichen und über Schulentwicklungsaufgaben insgesamt zugenommen hat - sichtbar und spürbar aufgewertet wird. Das halte ich für eine Prämisse für alle künftigen Arbeitszeitmodelle, wie immer sie auch aussehen mögen.

Der zweite Punkt ist - das kann ich ganz kurz sagen, weil es auch die Vorredner angesprochen haben -: Es gibt eine in meiner Wahrnehmung kaum mehr erträgliche Aufspreizung der Arbeitsbelastungen zwischen den Schulformen, in jeder einzelnen Schulform zwischen den Schulen und in jeder einzelnen Schule nochmals zwischen den Kol