Der Personalrat macht einen Interessenausgleich weil er seine Leute kennt gibt den Betroffenen das Gefühl der Sicherheit

Innenausschuss (28.) und Haushalts- und Finanzausschuss (46.)

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Hintergrund. Dies ist bei uns nicht so. Wir haben in der Finanzverwaltung Bandbreitenbewertungen. Hier kann ich von A 6 bis A 9 mit Zulage im mittleren Dienst und von A 9 bis A 12 im gehobenen Dienst die gleiche Tätigkeit machen, muss aber schrittweise einzelne Positionen durchlaufen, um das Spitzenamt erreichen zu können. Deswegen ist das für uns sehr gravierend. Es ist ein wahnsinniger Unterschied, ob ich Steuerfestsetzungen mache, ob ich Recht anwende oder ob ich in der Erhebung ­ das sind die Vollzieher, Vollstrecker, die einen sehr harten Job machen, die mit Morddrohungen, körperlichen Angriffen arbeiten müssen ­ bin. Das sind gravierende Unterschiede, wo ein Dienststellenleiter, der öfter wechselt, möglicherweise die Hintergründe bei den einzelnen Leuten nicht kennt. Der Personalrat, der 20, 30 Jahre im Finanzamt ist, kann sagen: Der sieht nur so hart aus, aber in Wirklichkeit ist das ein ganz großes Sensibelchen. Er darf nicht in die Erhebungsstelle. Das kann er nicht. Lasst ihn in der Rechtsbehelfsstelle Recht sprechen. Da ist er Spitze. Das würde der Dienststelle erheblich mehr nützen.

Der Personalrat macht einen Interessenausgleich, weil er seine Leute kennt, gibt den Betroffenen das Gefühl der Sicherheit. Ohne dieses Gefühl der Sicherheit, das der Personalrat vermittelt, bliebe möglicherweise nur der Klageweg. Für die Verwaltung wäre das ein Rückschritt. Dies wäre zeitaufwendig, ärgerlich und nicht erforderlich. Ich schlage vor, dass wir den Mitbestimmungstatbestand so lassen, wie er ist. Erste Alternative wäre, zu sagen: Umsetzung innerhalb der Dienststelle für eine Dauer von mehr als drei Monaten, die der Personalentwicklung dienen. Die zweite Alternative, aber diese nur hilfsweise, ist eine Umsetzung innerhalb der Dienststelle für eine Dauer von mehr als drei Monaten bis zur Besoldungsgruppe A 13 gehobener Dienst und vergleichbare Tarifbeschäftigte. Das wäre hilfsweise eine Möglichkeit, die unseren Belangen vor Ort Rechnung tragen würde.

Zur Freistellung der Personalvertretung nur ein Satz: Versprechen des Ministerpräsidenten sollte man einfordern. Wir fordern das ein: 1:1-Umsetzung des Bundespersonalvertretungsgesetzes, kein Abstrich, kein Hinzufügen. Das reicht uns völlig aus. Das wäre Status quo, und zwar sowohl in § 42 Abs. 3 als auch in § 51 Satz 2.

Zu den Mitwirkungsverfahren könnte ich sehr lange Ausführungen machen, weil wir eine sehr gute Streitkultur in der Finanzverwaltung haben. In meiner Tätigkeit als Vorsitzender des Hauptpersonalrats, die mittlerweile ins 14. Jahr geht, bin ich leider, weil es ein sehr ehrenwerter und schätzenswerter Mann ist, nur dreimal mit Prof. Schnellenbach, dem Vorsitzenden der Einigungsstelle, zusammengekommen.

Drei Verfahren in 14 Jahren Tätigkeit als HPR-Vorsitzender zeigen, dass wir eine Streitkultur haben, die beispielhaft, wunderbar ist. Wir haben während meiner Tätigkeit ganze fünf Stufenverfahren im Hauptpersonalrat gehabt. Alles andere wird zum größten Teil auf Ortsebene erledigt. Wenn Sie wollen, dass das schlechter wird, wenn Sie die Verwaltungseffizienz schwächen wollen, dann machen Sie das mit dem Mitwirkungstatbestand so, wie beabsichtigt. Wenn nicht, dann lassen Sie es so, wie es ist. Das hat gut und wunderbar funktioniert.

Vorsitzender Winfried Schittges: Herr Schnieber, mir tut es immer gut, wenn ich Praktiker höre und wir davon lernen können.

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(Monika Düker [GRÜNE]: Das wäre schön!)

­ Frau Kollegin, wir tragen das gesondert aus. Darauf können Sie sich verlassen.

Herbert Uebler (Hauptpersonalrat Polizei, Innenministerium): Da schon vieles im Detail gesagt worden ist, will ich mich aus Sicht des Polizeihauptpersonalrates auf einige wesentliche Punkte beschränken, aber es auch auf den Punkt bringen. Aus unserer Sicht geht es beim vorliegenden Gesetzentwurf nicht um eine Modernisierung der Sozialpartnerschaft in der Arbeitswelt des öffentlichen Dienstes, sondern um die Durchsetzung des Hier-im-Hause-Standpunktes, um modernes Kurfürstentum in NRW. Das in die Jahre gekommene Bundespersonalvertretungsgesetz als Vorbild für eine umfassende Novellierung im 21. Jahrhundert zu nehmen, zeigt, worum es tatsächlich geht: Partnerschaftliche Zusammenarbeit, Diskussion auf Augenhöhe werden mit Inkrafttreten des Gesetzentwurfs abgeschafft. 1974, als das Bundespersonalvertretungsgesetz geschaffen wurde, liefen wir als Polizisten noch mit dem Fahndungsbuch in der Hand herum, hatten als Arbeitsplatz den VW Käfer und haben nicht darüber nachgedacht, ob wir zur Bekämpfung der Terroristen PCs überwachen.

Was dieser Gesetzentwurf für die Beschäftigten und ihre Personalvertretung bedeuten wird, kann ich als Vorsitzender des Polizeihauptpersonalrates sehr wohl erahnen, wenn ich nur daran denke, in welcher Form in den vergangenen Wochen und Monaten das Polizeiorganisationsgesetz II unter dem heute geltenden LPVG umgesetzt wurde, nämlich indem man sofort den Polizeihauptpersonalrat und sonstige Personalvertreter aus dem Projekt POG II ausgeschlossen hat. Aus welcher inneren Überzeugung sollen Polizistinnen und Polizisten in Zukunft Recht und Demokratie schützen, wenn sie in ihren Behörden keine Demokratie mehr erfahren? Der vorliegende Entwurf zum Personalvertretungsgesetz reduziert Mitbestimmung und Mitverantwortung der Beschäftigten auf ein Minimum und beschädigt bei den Beschäftigten ihre Identifikation mit diesem Staat.

Zusammenfassend stelle ich fest: Die Verkürzung der Fristen im Mitbestimmungsverfahren, der Wegfall der Erörterung, die Begrenzung der Freistellungen werden den Polizeihauptpersonalrat als einzige Stufenvertretung im Polizeibereich von 50 Polizeibehörden sehr schnell an den Rand der Funktionsfähigkeit bringen. Wird dann wie vorgesehen der Schutz des einzelnen Mitglieds vor Umsetzungen in der Dienststelle abgeschafft, ist vorauszusehen, wann wir die Grenzen zur Wahrnehmung unserer gesetzlichen Pflichten nach dem LPVG durch die Gerichte überprüfen lassen werden. Der PHPR ist die einzige Stufenvertretung der Polizei für zahlreiche Verfahren bei Versetzungen, Beförderungen, Besetzung von Funktionen, Inregressnahmen usw. Durch den Wegfall der Erörterung bei diesen Verfahren sind wegen der Wahrscheinlichkeit der Nichteinigung aufgrund der verkürzten Fristen Einigungsstellenverfahren vorprogrammiert. Ich kann nur meinem Vorredner beipflichten: Mehr als 90 % aller Stufenverfahren werden im Rahmen der Erörterung erledigt. Das wird zukünftig nicht mehr so sein.

Von einer gewünschten Beschleunigung von Verfahren wird somit kaum gesprochen werden können. Wir werden zum Beispiel zur Wahrnehmung der gesetzlichen Pflichten auf mindestens eine wöchentliche Sitzung des Polizeihauptpersonalrates umstellen müssen. Durch die vorgesehene Begrenzung der Freistellung auf fünf Mitglieder im PHPR wird die anlassbezogene Aufgabenwahrnehmung für die Personalratstätigkeit im

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PHPR neben den Freistellungen die Regel werden. Sollten daneben die notwendigen Kosten der Personalvertretung budgetiert werden, sind gerichtliche Auseinandersetzungen wegen der Kostenübernahme für Personalratstätigkeit sehr wahrscheinlich. Durch das Polizeiorganisationsgesetz hat das Innenministerium zusätzliche Aufgaben an sich gezogen, die personalvertretungsrechtlich durch den PHPR abzuarbeiten sind, zum Beispiel behördenübergreifende Personalauswahl, Ernennungen, Entlassungen, Versetzungen in den Ruhestand für Beamte des höheren Dienstes, Versetzungen zu anderen Dienstherren, Zuweisung zu anderen Dienstherren usw. Aus meiner Sicht ist die Novellierung des LPVG in dieser Form überflüssig und für die Modernisierung des öffentlichen Dienstrechtes schädlich. Ich kann an Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, nur appellieren: Verhindern Sie, dass dieser Gesetzentwurf in der heutigen Fassung in Kraft tritt.

Klaus Böhme (Landespersonalrätekonferenz der Hochschulen NRW): Für die Landespersonalrätekonferenz, die anstelle der mit dem Hochschulfreiheitsgesetz untergegangenen Hauptpersonalräte im Hochschulbereich unter anderem auch die örtlichen Personalräte ein wenig koordiniert, möchte ich zu einigen Punkten konkret Stellung nehmen.

Erstens, die vorgesehene Streichung des § 111 a, der nur für den Bereich der Hochschulen auch nach derzeitigem Recht gilt, das heißt die Pflicht zur Unterrichtung über die Haushaltsplanung und wirtschaftliche Entwicklung: Diese Vorschrift ist mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulreform ohnehin Anfang 2005 erst in Kraft getreten. Mit Ihrem Einverständnis, Herr Vorsitzender, würde ich gerne aus zwei Protokollen der vorhergehenden Beratungen in diesem Hohen Hause zitieren. In der 49. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung ­ das war die seinerzeitige öffentliche Anhörung zum HRWG ­ hat sich der seinerzeitige Sprecher der Universitätskanzler, Herr Dr. Stückradt, heute Staatssekretär im MIWFT, auf eine entsprechende Frage des Abgeordnete Dr. Wilke (FDP) wie folgt geäußert: Zu Ihrer Frage, Herr Prof. Wilke, ob man die Unterrichtung über den Finanz- und Personalplanungsbedarf in die Halbjahresgespräche mit dem Personalrat einbauen könnte, kann ich sagen: Das halte ich für sehr sinnvoll. Wir haben das beispielsweise an der TH Aachen praktiziert. Genauso wie die Organe der Selbstverwaltung diese Informationen bekommen, bekommt sie auch der Personalrat.

Im Protokoll über die 50. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, in der abschließend über Änderungsanträge zum HRWG entschieden wurde, wird der Abgeordnete Dr. Sodenkamp (FDP) wie folgt zitiert: Einige Änderungsvorschläge von SPD und Grünen deckten sich mit den Vorstellungen der FDP. Das betreffe vor allen Dingen die Unterrichtung des Personalrats, also die Einführung des § 111 a. Darüber könne sehr schnell eine Verständigung erfolgen.

Es ist schon schwer nachzuvollziehen, dass es jetzt ein FDP-geführtes Ministerium ­ die Federführung liegt ja beim IM ­ ist, das die gleiche Vorschrift wieder streichen will, und dies mit einer äußerst fragwürdigen Begründung.