Arbeitgeber

Innenausschuss (28.) und Haushalts- und Finanzausschuss (46.)

Gemeinsame Sitzung (öffentlich) roe-hoe

Karl-Ulrich Langer (Kommunaler Arbeitgeberverband NRW): Ich wundere mich etwas darüber, Herr Silberbach, dass Sie so ohne Weiteres die Zahl 90 % bestätigen. Ich bin selber Mitglied in drei oder vier Einigungsstellen und zumindest in einer auch Vorsitzender. Ich muss sagen, es hängt sehr von den agierenden Personen vor Ort ab. Der Bürgermeister, der gut mit seinem Personalrat auskommt, und der Personalrat, der auch mal fünf gerade sein lässt und nicht auf formale Einhaltung der Mitbestimmungstatbestände besteht, brauchen die Einigungsstelle in der Regel natürlich nicht. Das kann ich für eine kleine Gemeinde im Münsterland bestätigen. Für große Städte kann ich aber nicht bestätigen, dass dort 90 % aller Fälle irgendwie erledigt werden. Das ist nicht der Fall.

Das Erörterungsgespräch bringt in der Regel keine Lösung, weil wir nämlich - was immer man davon halten mag - in der Praxis immer häufiger beobachten, dass die Personalräte von vorneherein Nein sagen und deutlich machen: Ich will gar keine Erörterung, die ändert sowieso nichts an meiner Meinung. - Dann ist man in der Einigungsstelle.

In der Einigungsstelle allerdings - das gebe ich zu - werden häufig relativ gütliche Regelungen getroffen. Aber das gilt sicherlich nicht für 90 % der Fälle. Denn wenn ich erst einmal in der Einigungsstelle bin, dann wird es sozusagen grundsätzlich. Jeder erhält seinen Standpunkt aufrecht, sodass irgendwann die Arbeits- oder Verwaltungsgerichte zur Entscheidung aufgerufen sind.

Unter dem Strich glaube ich nicht, dass der Wegfall der Erörterung zu mehr Kosten führen wird, weil die Erörterung schon heute im Grunde genommen keine Lösung bringt.

Erst die Einigungsstelle und notfalls das Verwaltungsgericht oder das Arbeitsgericht bringt die Lösung.

Der Wegfall der Erörterung ist aus unserer Sicht deswegen begrüßenswert, weil durch die Erörterung eine Verzögerung eintritt. Was nützt mir eine Erörterung, die ich als Bürgermeister verpflichtet bin durchzuführen - ich darf ja nicht darauf verzichten -, bei der ich unter dem Strich genau weiß, dass der Personalrat bei seiner Meinung bleiben wird? Der hat nämlich schon vorher erklärt: Ich stimme der Umsetzung, Kündigung usw. nicht zu, egal, was wir erörtern.

Ich hoffe, Ihre Fragen sind damit einigermaßen beantwortet.

(Monika Düker [GRÜNE]: Das ist bemerkenswert, weil Personalräte genau das Gegenteil sagen!) Vorsitzender Winfried Schittges: Es gibt Wortmeldungen des Kollegen Engel, der Kollegin Beer, des Kollegen Körfges, des Kollegen Stüttgen und der Kollegin Horst Engel (FDP): Ich habe zwei kurze Fragen, die ich an Herrn Woelk, an Herrn Wendt und an Herrn Schnieber richten möchte. Die erste Frage betrifft den Komplex der sogenannten Umsetzung, die zweite Frage - das wurde eben noch einmal diskutiert den gesamten Bereich des sogenannten Erörterungsgesprächs.

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Zur ersten Frage, der Umsetzung: Könnten die Herren in etwa, in Prozent, Pi mal Daumen angeben, wie viel Arbeit das Umsetzungsverfahren im Personalrat bedeutet? Sind das 10 %, 50 %, 70 %, 80 %? Könnten Sie das in etwa einschätzen?

Zur zweiten Frage, dem Erörterungsgespräch: In den vielen Gesprächen, die wir im letzten Jahr geführt haben, habe ich gelernt, dass Sie gerne statt des Erörterungsgespräches den Begriff Friedensgespräch gebrauchen. Insofern hat mich die Stellungnahme von Herrn Langer eben ein wenig gewundert. Von den genannten drei Herren hätte ich also gerne eine Einschätzung zu der Frage: Wie erfolgreich ist das sogenannte Erörterungsgespräch? Sie benutzen gerne den Begriff Friedensgespräch.

Ralf Woelk (DGB, Bezirk NRW): Mit Ihrem Einverständnis gebe ich die Frage an Herrn Sikorski weiter, der sie als Praktiker beantworten kann.

Andreas Sikorski (BCE): Herr Engel, Sie hatten eine Frage zur Praxis vor Ort gestellt.

Zu meiner Person: Ich bin Vorsitzender des Hauptpersonalrates im Geschäftsbereich von Frau Thoben und auch Mitglied eines örtlichen Personalrats der Bezirksregierung in Arnsberg, 2.200 Beschäftigte.

Die Umsetzung ist ein Thema, das uns verständlicherweise beschäftigt. Sie als Landesregierung haben ja viele Reformvorhaben auf den Weg gebracht, unter anderem zu Beginn dieses Jahres das große Vorhaben, Sonderbehörden zu integrieren. Da wurde das Türschild ausgewechselt, sie wurden in die Bezirksregierung integriert. Das Stichwort Umsetzung ist in den Personalräten derzeit also ein großes Thema. Es geht darum, gemeinsam im Sinne der Beschäftigten das abzufedern, was Sie als Landesregierung hier auf den Weg gebracht haben.

Wenn wir das Instrument der Erörterung nicht mehr haben - ich spreche jetzt als Personalrat, der seit 1993 in Personalräten tätig ist -, dann werden Sie feststellen - ich kann nur bestätigen, was die Kollegen gerade gesagt haben -, dass wir uns bei Maßnahmen, die normalerweise nicht innerhalb der Stufe zu diskutieren sind, sehr schnell in Rechtsstreitverfahren befinden werden.

Die Erörterung als Gespräch, um Kriegsschauplätze zu beseitigen, findet so nicht statt.

Von dieser Darstellung muss ich mich entschieden distanzieren. Die Erörterung dient, wenn auf der einen Seite eine versierte Verwaltung und auf der anderen Seite ein versierter Personalrat sitzt, dazu, sich auszutauschen. Ich muss dem Vertreter der Kommunen hier entschieden widersprechen, der meint, dies würde zu einer zeitlichen Verzögerung führen. Die Erörterung dient genau dazu, Personalmaßnahmen, so schmerzhaft sie auch sind, im Sinne der Beschäftigten auf den Weg zu bringen. Sie werden feststellen: Der Wegfall dieses Gesprächs, dieses formalen Instruments wird - trotz der vorgesehenen Fristverkürzung - zu mehr Zeitaufwand führen. Motivierte Personalräte werden sich auf die rechtssichere Seite begeben, ablehnen und in die Stufe gehen.

Das betrifft insbesondere das Thema Umsetzung, jetzt festgemacht an einer Bezirksregierung. Ich bin bei der Bergverwaltung beschäftigt. Die Bergämter sind integriert worden. Das ist ein hautnahes Thema. Wir müssen damit umgehen. Wenn wir die Erörterung nicht mehr haben, wird alles noch viel schwieriger.

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Rainer Wendt (Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB, Landesverband NRW): Zu der Frage, wie viel Arbeit das Umsetzungsverfahren im Personalrat bedeutet: Das ist höchst unterschiedlich. Das hängt immer auch mit der Aktivität der Landesregierung und ihrer Organisationsfreude zusammen. Zurzeit beschäftigen wir uns viel mit Umsetzungen. Das wird in Zukunft hoffentlich mal weniger.

Aber grundsätzlich hat die Mitbestimmung bei der Umsetzung eine ausgesprochen wichtige Schutzfunktion gegenüber den einzelnen Beschäftigten. Ich will deshalb gerne noch einmal die Gelegenheit wahrnehmen, an Sie ganz eindringlich zu appellieren: Lassen Sie die Finger davon, in dieser Frage die Mitbestimmung zu kappen! Das, was uns der Ministerpräsident gesagt hat, dass er die Flexibilität bei Führungskräften - ich rede von Führungskräften! - erhöhen will, diese Absicht kann ich mittragen. Das kann im Umkehrschluss aber doch nicht bedeuten, dass die Schutzfunktion für einfache Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestrichen wird. Das hat auch etwas mit der Kultur in einer Behörde zu tun. Herr Kollege Hartmann hat darauf hingewiesen. Ich fand es sehr beeindruckend, dass sogar die Behördenleiter selbst sagen: Wir wollen das im Einvernehmen mit der Belegschaftsvertretung machen und die Verantwortung hierfür nicht alleine tragen. Wir wollen diese Verantwortung gerne mit der Belegschaft teilen. - Deshalb muss man an diesen Punkt noch einmal dringend herangehen.

Was die Erörterungsgespräche angeht, kann ich Ihnen sagen: Sie können sie abschaffen - wir werden sie trotzdem führen.

(Heiterkeit) Sie können sie aus dem Gesetz streichen - die Erörterungen finden trotzdem statt. Zurzeit finden sie zwischen der Behördenleitung und dem Personalrat statt. Demnächst finden sie zwischen der Behördenleitung und dem Verwaltungsgericht statt. Stattfinden werden sie auf jeden Fall; da können Sie ganz sicher sein.

Hans-Jürgen Schnieber (Hauptpersonalrat im FM Düsseldor): Ich habe das Glück, dass ich Ortspersonalratsvorsitzender war, in einem Bezirkspersonalrat war, jetzt im Hauptpersonalrat beim Finanzministerium bin. Deswegen kann ich das wohl ganz gut einschätzen. Bei der Finanzverwaltung wird die Zeit, die ich als Ortspersonalrat für Umsetzungen brauche, eher 70 bis 80 % als weniger betragen. Wenn ich auch Vorgespräche usw. einrechne, wird also ein ganz dicker Batzen an Zeit erforderlich sein, um den Frieden in der Dienststelle zu halten. Bei der Mittelinstanz, beim Bezirkspersonalrat werden das allenfalls noch 5 % sein; das kommuniziert natürlich mit der Frage von vorhin. Im Hauptpersonalrat werden wir uns weniger als 1 % unserer Zeit mit Umsetzungen beschäftigen.

Um das deutlich zu machen, ein Beispiel: Da ruft ein Ortspersonalrat bei einem Bezirkspersonalrat an. Der verständigt mich und fragt: Könnt ihr da ein Stufenverfahren mitmachen? Die haben sich da verbissen. - Das kommt vor. Ich bin dann zu dem Ortspersonalrat gefahren und habe mit dem ganzen Personalrat gesprochen. Im Ergebnis habe ich denen gesagt: Wir können das nicht mitmachen. Ihr liegt falsch! - Spätestens wir im Hauptpersonalrat müssen sagen: Die Dienststelle hat recht. Also lasst es, stimmt zu, der Fall ist erledigt! Die Zeit können wir uns sparen. - So arbeitet man, denke ich, vernünftig zusammen.