Wasserversorgungskonzept

Wasserschutzgebiete bei einer Entnahme von mehr als 1 Million Kubikmetern pro Jahr bis zum Jahre 2015 auszuweisen sind. Es ist schwer zu verstehen, dass man an dieser Stelle dem Vorsorgegedanken ausweicht und das Wassergesetz etwas verwässert.

Ein weiterer Punkt ist, dass das Wasserversorgungskonzept als solches aufgegeben wird, wie Herr Prof. Exner schon angesprochen hat.

Außerdem wird an einer Stelle festgeschrieben, dass praktisch nur Daten, die über die Trinkwasserverordnung und deren Kriterien ermittelt werden, bei der Beurteilung der Wasserversorgung anzuwenden sind. Dort muss eine Öffnung dahin gehend erfolgen, dass auch durch andere Verfahren ermittelte Erkenntnisse bei der Ausweisung von Trinkwassergebieten berücksichtigt werden müssen. An dieser Stelle fehlt eine ganz wichtige Größe.

Dass der Stand der Technik nicht durch das Umweltministerium definiert werden kann, sehen wir ebenfalls als Problem an. Es wird sicherlich Aufgabe der Wasserwirtschaft sein, die Möglichkeiten und die Technologien zu beschreiben und zu definieren. Die Politik sollte sich dieses Instrument, den Stand der Technik verbindlich vorzugeben, aber nicht aus der Hand nehmen lassen. Der PFT-Skandal hat gezeigt, dass gerade bei der Aufbereitung dann auch Schwächen und Lücken entstehen und unterschiedliche Interpretationen seitens der Wasserwirtschaft, was zuzumuten ist und was in Kauf genommen werden kann, bestehen. Das muss definitiv geändert werden.

In Sachen Klimaschutz fehlt im Landeswassergesetz ­ sowohl in diesem Entwurf als auch im bestehenden Landeswassergesetz ­ eine ganze Menge. Der Hauptpunkt ist sicherlich, dass Gewässer in einer heißer werdenden Atmosphäre eine ganz besondere Bedeutung für das Kleinklima und das Klima im Lande insgesamt haben und Gewässer als Lebensraum eine stärkere Entwicklung zurück zu einem natürlichen Zustand brauchen. Insofern fordern wir als Naturschutzverbände die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ein und wollen hier wieder den Grundsatz nach vorne stellen, dass die Gewässer Raum brauchen. Diese Forderung ergibt sich auch vom Hochwasserschutz her. An den Gewässern muss wirklich eine ganze Menge verbessert werden. Das ist für den Klimaschutz ein sehr wichtiger Faktor.

Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Problematik der Entwässerungsgräben. Mittlerweile steht fest, dass gerade durch die Entwässerung der Landschaft gewaltige Mengen an CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden. Man hat das in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg untersucht und ist zu wirklich erschreckenden Erkenntnissen gekommen. Deswegen muss dem Trend, Entwässerung so festzuschreiben und durchzuführen wie bisher, entgegengetreten werden.

Daher fordern wir auch, dass die Entwässerungsgräben nicht einfach als laufendes Geschäft der Verwaltung oder als Angelegenheit der Landwirtschaft gesehen werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Niederschlagswasserbeseitigung. In dieser Novelle fehlt eine klare Vorgabe für den Umgang mit Niederschlagswasser und die Einlei tung in die Gewässer. Wir würden uns wünschen, dass endlich das BWK M3 als verbindliche Vorgabe umgesetzt wird, damit wirklich alle im Land wissen, wie sie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen mit dieser Problematik umgehen, dass hier also ein Umdenken stattfindet.

Bezeichnend ist auch, dass jetzt in § 2 eingeführt werden soll, dass bestimmte Grundsätze aus dem WHG übernommen werden, die aber überwiegend die Nutzung der Gewässer betreffen. Wir vertreten die Forderung, dass man auch den Grundsatz wieder aufnimmt, Gewässer so zu bewirtschaften, dass sie einerseits dem Nutzen dienen, dass andererseits aber auch vermeidbare Beeinträchtigungen ihrer ökologischen Funktionen und Rückwirkungen auf die damit verbundenen Landökosysteme und Feuchtgebiete vermieden werden. Das ist ein Grundsatz, der gerade unter Klimaschutzgesichtspunkten in das Landeswassergesetz hineingehört und dabei oberste Maxime sein sollte.

Prof. Dr.-Ing. Johannes Pinnekamp (Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen): Gestatten Sie mir einen Kommentar zum Thema Stand der Technik ­ neue Schadstoffe. Der Stand der Technik ist nicht statisch, sondern dynamisch. Die Technik entwickelt sich. Mit dem Aufkommen und der Diskussion neuer Schadstoffe entwickeln sich auch neue Technologien. Wenn diese neuen Technologien einige Male ­ nicht an vielen Stellen, sondern an einigen Stellen ­ großtechnisch mit Erfolg eingesetzt worden sind, sind sie Stand der Technik. Dann können sie auch an anderer Stelle gefordert werden.

Insofern denke ich, dass die Streichung des Satzes 2 in § 48 Abs. 2, nach dem die oberste Wasserbehörde den Stand der Technik festlegen konnte, logisch und richtig ist. Es gibt weiterhin genügend Möglichkeiten, Forderungen auch über die allgemein anerkannten Regeln der Technik hinaus zu stellen.

Dr. Ulrich Oehmichen (Arbeitsgemeinschaft der Wasserwirtschaftsverbände in Nordrhein-Westfalen): Ich werde mich kurz zur Frage nach dem Klimawandel und den Auswirkungen auf das Landeswassergesetz äußern. Mein Kollege Herr Haneklaus wird sich dann mit der Frage der organischen Spurenstoffe in den Gewässern befassen.

Der Klimawandel ist eine Sache, die wir natürlich aufmerksam beobachten. Wir müssen feststellen, dass es gewisse Trends gibt, die sich möglicherweise schon abzeichnen: Starkregenereignisse; eventuell die Zunahme von Hochwasserereignissen; bis hin zu einer Verschiebung der Niederschlagsmaxima in das Winterhalbjahr, was wiederum Auswirkungen beispielsweise auf die Grundwasserneubildung hat. Für entscheidend halte ich allerdings Folgendes: Ein Landeswassergesetz soll die strukturellen Voraussetzungen dafür schaffen, mit diesen Fragen umzugehen, aber nicht die Sachfragen im Einzelnen beantworten, weil sie zum Teil regional und lokal beantwortet werden müssen.

Deswegen stellt die Existenz von Wasserwirtschaftsverbänden, die in der Lage sind, ganzheitlich Großräume zu bewirtschaften, in meinen Augen schon einen unglaubli chen Wettbewerbsvorteil für das Land Nordrhein-Westfalen dar. So etwas suchen wir in anderen Bundesländern vergeblich. Mit der Existenz dieser Verbände haben wir eigentlich auch schon die Voraussetzung dafür, mit diesen Fragen ganz anders umgehen zu können als andere Bundesländer. Wir müssen natürlich schauen, wie sich bestimmte Teilaspekte entwickeln werden. Die sich jetzt abzeichnende Problemstellung müssen wir sicherlich immer im Auge behalten. Man sollte aber prüfen, inwieweit die Aufgaben der Verbände und die Tätigkeiten der Verbände in dieser Frage noch gestärkt werden können, wenn hier wirklich neue Herausforderungen auf das Land Nordrhein-Westfalen zukommen.

Dr. Winfried Haneklaus (Arbeitsgemeinschaft der Wasserwirtschaftsverbände in Nordrhein-Westfalen): Ich bin Jurist und für den Ruhrverband tätig, heute aber für die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwirtschaftsverbände hier. ­ Herr Remmel, ich habe natürlich Verständnis für Ihre Frage. Mir ist aus der letzten Legislaturperiode allerdings auch bewusst, welche prinzipiellen Einwände vor allen Dingen gegen die Ruhrwasserwirtschaft in Ihrer Fraktion zu bestehen scheinen ­ ich drücke mich einmal ganz vorsichtig aus ­ und auch in der abgelösten Landesregierung unter Bärbel Höhn, jedenfalls im Umweltministerium, bestanden haben, nämlich Skepsis gegenüber der Ruhrwasserwirtschaft im Hinblick auf die Nutzung von Oberflächenwasser der Ruhr für Trinkwasser.

Sie erlauben mir aber, dass ich zumindest hier auf der Ebene des Landeswassergesetzes allzu hohe Erwartungen an die Steuerungskraft gesetzlicher Vorschriften skeptisch beurteile; denn auf Gesetzesebene kann man die Komplexität des Geschehens, das sich in der Problematik der Spurenstoffe im Oberflächenwasser widerspiegelt, schlechterdings nicht regeln.

Wir haben ­ darauf hat Herr Prof. Pinnekamp ja hingewiesen ­ den Stand der Technik als dynamischen Stand der Technik im Wasserrecht verankert. Gerade was die Wasserentnahme zu Trinkwassergewinnungszwecken angeht ­ nichts anderes regelt das Landeswassergesetz ja ­, haben wir meines Erachtens ausreichende Instrumentarien. Da teile ich auch die Sorge von Herrn Prof. Exner im Hinblick auf die Anforderungen an die Trinkwasserhygiene nicht.

Wir müssen an dieser Stelle verschiedene Regelungsgegenstände unterscheiden.

Auf der einen Seite haben wir das Chemikalienrecht mit seinen Anforderungen. Wir sind uns wohl alle einig, dass es hier in erster Linie anzusetzen ist, vor allen Dingen unter Berücksichtigung des im Umweltschutz unbestreitbar wichtigen und bedeutsamen Verursachungsprinzips. Auf der anderen Seite haben wir das Trinkwasserrecht, das ja Lebensmittelrecht ist und auf der Bundesebene zu regeln ist. Hier haben wir nun das Landeswasserrecht. An dieser Stelle geht es um die Anforderungen an die Wasserentnahmen zur Trinkwasserversorgung, übrigens nicht um die Anforderungen an die Trinkwasserversorgung direkt.

Ich meine in der Tat, dass die Instrumente ausreichend sind.