Integration

Forschung und Technologie sz wenn man ihnen Gestaltungsmöglichkeiten gibt und auch einen gewissen Handlungsspielraum einräumt, werden sich ­ dessen bin ich durchaus sicher Persönlichkeiten für diese Aufgabe finden, zumal die Fakultät sicherstellen kann, dass eine Unterstützung durch Prodekane gewährt wird. Der Betreffende steht nicht allein da.

Prof. Dr. Karl-Heinz Jöckel (Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen): Ich stimme meinen Vorrednern insofern zu, dass sich, wenn man den Markt öffnet, ein Markt bilden wird. Man wird Personen finden, die das übernehmen. Gleichwohl glaube ich, dass das Reservoir an wirklich hoch qualifizierten Dekanen, die selbst Potenz in der Forschung haben, nicht unermesslich groß ist, denn sie gewinnen zu der Komplexität beim Ärztlichen Direktor noch etwas dazu. Ich weiß auch nicht, ob ich mir, wenn ich jetzt den Dekanshut absetze, wünschen würde, von einem hauptamtlichen Dekan regiert zu werden.

Vielmehr würde ich mir wünschen, dass der Betreffende wirklich hoch qualifiziert in der Forschung ist. Da ist ein Widerspruch ins sich. Kann der Betreffende in die Forschung, in die Wissenschaft und in die Lehre zurückgehen? Ich glaube, das wird er nach einem längeren Zeitraum nicht können. Spätestens nach fünf Jahren ist der Zug abgefahren, und das ist ein Risiko.

Ich glaube, dass man diese Marktöffnung zulassen sollte. Insofern haben wir nichts gegen eine Kann-Bestimmung. Aber gegen eine Soll-Bestimmung würde ich massiv votieren.

Detlef Klimpe (Kaufmännischer Direktor des Universitätsklinikums Aachen): Ich möchte ganz kurz auf die Mitgliedschaft des Kanzlers im Aufsichtsrat eingehen.

Wenn der Gesetzentwurf so durchgeht, wie er vorgelegt worden ist, ändert sich gegenüber der jetzigen Situation etwas: Das Vetorecht des Kaufmännischen Direktors in wirtschaftlichen Angelegenheiten fällt weg. Für einen gesamtverantwortlich handelnden Vorstand ist das in Ordnung.

Aber damit fällt auch das Vetorecht der Fakultät in wirtschaftlichen Angelegenheiten weg. Es geht auf den Kanzler über. Der Kanzler würde dann Entscheidungen des Vorstands beanstanden. Der Vorstand legt das dem Aufsichtsrat zur Entscheidung vor. In dieser Situation wird der Kanzler mit Sitz und Stimme sowohl an der Beratung als auch an der Entscheidung im Aufsichtsrat beteiligt. Man muss sich überlegen, ob man das will oder nicht. Ich habe nicht den Eindruck, dass der Kanzler, zumindest in Aachen, im Aufsichtsrat gestört hätte. Aber es hat sich an der rechtlichen Voraussetzung etwas geändert.

Prof. Ulf Pallme König (Kanzlerkonferenz der Universitäten NRW): Ich glaube, jetzt muss ich doch ein paar Dinge klarstellen. Erstens. Schon nach den derzeit geltenden Errichtungsverordnungen ist der Kanzler nach wie vor Beauftragter für den Haushalt bezogen auf den Zuführungsbetrag der Medizinischen Fakultät. So steht es ausdrücklich drin. In § 15 ist das geregelt.

Forschung und Technologie sz Zweitens. Wenn das Gesetz so, wie es geplant ist, in Kraft träte, müsste man sich einmal die Stellung von § 31b Abs. 2 ansehen. Abs. 2 bezieht sich auf den vorhergehenden Absatz und besagt, dass der Fachbereich Medizin über die Verwendung der Mittel entscheidet. Darauf bezieht sich das Beanstandungsrecht des Kanzlers. § 19 wird entsprechend angewendet. Ich lese also den Gesetzentwurf so, dass das Vetorecht des Kanzlers mitnichten Entscheidungen des Vorstands betreffen kann, sondern nur Entscheidungen des medizinischen Fachbereichs. Alles andere würde übrigens keinen Sinn ergeben.

Detlef Klimpe (Kaufmännischer Direktor des Universitätsklinikums Aachen): Herr Pallme König, in der entsprechenden Anwendung des § 19 Abs. 2 Hochschulfreiheitsgesetz hat der Kanzler die Entscheidung des Vorstands zu beanstanden, und der Vorstand hat dann die Pflicht, wenn er keine Abhilfe schaffen möchte, sie dem Aufsichtsrat vorzulegen.

In § 19 Abs. 2 heißt es im Original, dass der Kanzler ­ oder der Vizepräsident für Wirtschaft ­ Entscheidungen des Präsidiums beanstandet und dass das Präsidium dies dann dem Hochschulrat vorlegt. In der entsprechenden Anwendung muss man aus dem Hochschulrat den Aufsichtsrat machen und aus dem Präsidium den Vorstand.

Vorsitzender Ewald Groth: Ich möchte die Diskussion eigentlich nicht fortführen, denn ich bin ganz sicher, dass die Fraktionen und auch die Landesregierung all das noch einmal prüfen werden. Die Hinweise sind hier angekommen. ­ Herr Pallme König, Sie können abschließend etwas dazu sagen.

Prof. Ulf Pallme König (Kanzlerkonferenz der Universitäten NRW): § 19 Abs. 2 Satz 2 ist auslegungsfähig und auslegungsbedürftig und kann sich nur auf Entscheidungen des medizinischen Fachbereichs beziehen, also mitnichten auf den Vorstand. Das Präsidium ist nicht mit dem Vorstand gleichzusetzen. Darauf möchte ich nur hinweisen, Herr Klimpe. Das können aber die Gesetzesväter oder diejenigen, die sich den Gesetzentwurf ausgedacht haben, noch einmal genauer sagen.

Vorsitzender Ewald Groth: Ich bin ziemlich sicher, dass sie das tun werden. Damit sind wir am Ende des Themas Strukturfragen angelangt. Ich eröffne nun die zweite Runde:

b) Finanzfragen Rudolf Henke (CDU): Ich weiß nicht, ob Sie es ähnlich beurteilen. Aber der Kernpunkt bei den Finanzierungsfragen scheinen mir der Mittelfluss und die Aussage zu sein, dass die Mittel für Forschung und Lehre, also die Zuschüsse für den laufenden Betrieb, in Zukunft vom Land der Universität für den Fachbereich Medizin, jedoch

Forschung und Technologie sz nicht mehr unmittelbar dem Universitätsklinikum zur Verfügung gestellt werden ­ gesonderte Zuweisungen an die Universität. In der Begründung heißt es: Die Universität hat die Mittel ungeschmälert und unverzüglich an den Fachbereich Medizin weiterzugeben.

Daraus ergibt sich die Frage: Wenn sie denn ungeschmälert und unverzüglich weiterzugeben sind, was spräche dagegen, sie dem Fachbereich Medizin ungeschmälert und unverzüglich direkt vom Land zuzuweisen?

Daran knüpft sich eine Frage an, die ich aufgrund eines Hinweises des Personalrats des Universitätsklinikums Aachen stelle. Der Personalrat hat darauf hingewiesen, dass die Kontrolle und die Bereitstellung von Daten zum Finanzstrom zwischen dem Universitätsklinikum und dem Fachbereich Medizin auf der Tatsache beruhen, dass die Daten, die dann für den Fachbereich aufzubereiten wären, durch den Kaufmännischen Direktor des Universitätsklinikums freigegeben werden müssten, denn die Mitarbeiter, die das für den Fachbereich Medizin machen, sind Mitarbeiter des Universitätsklinikums, und deren Dienstvorgesetzter ist wiederum der Kaufmännische Direktor.

Deswegen schlägt der Personalrat in Aachen in seiner Stellungnahme vor, im Organisationsbereich des Dekanats eine Gruppe zu schaffen, die sich mit dem Datenstrom beschäftigt. In meiner Wahrnehmung hätte das zur Folge, dass somit der Dekan der Dienstvorgesetzte dieser Mitarbeiter wäre. Ich würde gern von den Rektoren, den Kanzlern, den Vorstandsmitgliedern und den Dekanen hören, wie sie eine solche Konstruktion bewerten würden.

Heike Gebhard (SPD): Ergänzend dazu möchte ich sagen: Ich glaube, es ist schon in der ersten Runde zum Teil deutlich geworden, dass diese Finanzströme der entscheidende Punkt sind. In dieser Hinsicht schließe ich mich eigentlich nur der Frage von Herrn Henke an.

Ich möchte dem aber eine Frage hinzufügen, die sich insbesondere an die Kaufmännischen Direktoren richtet. Die Frage ist, ob, wie es in einigen Stellungnahmen angedeutet wird, mit steuerrechtlichen Komplikationen zu rechnen ist und, wenn ja, welcher Art sie sind, wenn die Zuweisung der Mittel über die Hochschule erfolgt.

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Ich schließe mich der Frage von Frau Gebhard an.

Vorsitzender Ewald Groth: Dann können wir die Antwortrunde eröffnen.

Prof. Dr. Volker Ronge (Landesrektorenkonferenz der Universitäten NRW): Es ist klar, dass die Integration des gesamten Bereichs Medizin ­ Fakultät plus Klinik ­ in die Universität eine sensible und riskante Angelegenheit ist. Im Grunde steht dieser Bereich dadurch, dass er die Klinik hat und führt, immer mit einem Fuß außerhalb der Universität.