Krankenversorgung

Forschung und Technologie ste die Medizinische Fakultät. Niemand beanstandet das in irgendeiner Weise. Das funktioniert sehr gut. Dabei gibt es keinen Änderungsbedarf. Ich empfehle Ihnen dringend, über das Integrationsmodell nachzudenken. Als letzte Bemerkung möchte ich sagen: Die erfolgreichste hochschulmedizinische Einrichtung auf den Gebieten Lehre und Forschung in Deutschland ist die Medizinische Hochschule Hannover.

Helmut Lemaire (Vorsitzender des Personalrats der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter des Universitätsklinikums Aachen): Als Initiator dieser Frage möchte ich noch einige Bemerkungen dazu machen. Als der Personalrat sein Statement abgegeben hat, ging es im Wesentlichen um die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir fürchten, dass beim jetzigen Modell die Mitarbeiter, die mit der Verwaltung der Geld für Lehre und Forschung beauftragt sind, in eine große Zwickmühle geraten. Sie unterstehen zum einen weisungsrechtlich dem Kaufmännischen Direktor; sie wissen aber zum anderen, dass sie die Daten für den Dekan aufbereiten müssen. Fakt ist: Alle Daten gehen über den Schreibtisch des Kaufmännischen Direktors an den Dekan. Den Hinweis, das könne man im Kooperationsvertrag regeln, halte ich für reine Theorie ­ wie vieles, was heute diskutiert wird. Im wirklichen Leben läuft es, wenn es ums Geld geht, nicht über Kooperationsverträge, sondern über Macht. Wenn Sie diese Positionen nicht im Gesetz eindeutig regeln, schaffen Sie eine große Unsicherheit in allen Universitätsklinika. Ich kann Ihnen dabei nur empfehlen, die Positionen deutlich klarzustellen.

Zum Hinweis, wir bräuchten keine Parallelverwaltung, merke ich an: Der Vorschlag des Aachener Personalrates endet damit, dass diese Maßnahme selbstverständlich personen- und kostenneutral sein sollte. Denn die Aufgaben, die wir zukünftig beim Dekanat sehen, sind in der Verwaltung nicht mehr erforderlich. Insofern können sie problemlos mit den entsprechenden Personen ins Dekanat verlagert werden. Wir bauen nichts Paralleles auf und haben keine zusätzlichen Kosten.

Karl Schultheis (SPD): Ich möchte mich kurz äußern, weil ich diese Debatte sehr interessant finde. Ein Aspekt spielte bisher meines Erachtens keine Rolle. Ich bitte mitzuberücksichtigen, dass die Versicherten den Hauptkostenanteil bei den Universitätskliniken zahlen. Bei allen Überlegungen, wie man Verwaltungen aufbaut und wie man die Finanzströme organisiert, darf man diesen Gesichtspunkt nicht außer Acht lassen. Bisher war mir das zu sehr ausgeblendet, zumal man so tut, als sei das einzig eine Veranstaltung des Landes und womöglich der Fakultäten. Diejenigen, die die Krankenversorgung finanzieren, könnten sich überlegen, in welcher Weise sie mehr Einfluss als durch normale Verhandlungen über die Budgets nehmen könnten. Ich bitte, das wirklich zu beachten, weil dann vielleicht manche Entscheidung leichter wird.

Prof. Dr. Volker Arolt (Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Münster): Entschuldigen Sie bitte, dass ich zurückgreife, aber ein Punkt ist mir sehr wichtig: Ich möchte auf das problematische Wort Parallelverwaltung eingehen. Die Dekane sind sich völlig einig ­ das habe ich gleich zu Anfang gesagt ­, dass in den Deka

Forschung und Technologie ste naten keine Parallelverwaltungen entstehen sollen. Es geht uns nicht darum, eine eigene Finanz- oder Personalverwaltung aufzubauen. Das wäre völlig unsinnig. Ich habe gerade gesagt, es sei eine Gefahr des Kooperationsmodells, dass solche Parallelverwaltungen entstehen können, die nur kostenträchtig sind und viel Ärger verursachen.

Das Dekanat braucht eine eigenständige Verwaltungseinheit, die in der Lage ist, die Aufgabenverwaltung, die an das UK, an das Rektorat oder auch Organisationen außerhalb der UKs abgegeben werden kann, zu steuern und zu monitoren. Wenn man niemanden hat, der das kann und der betriebswirtschaftlich oder personalrechtlich versiert ist, kann diese Auftragsverwaltung überhaupt nicht kontrolliert werden. Aus diesem Zustand müssen wir heraus.

Wir brauchen also keine Parallelverwaltung, sondern einen Steuerungskopf, der funktioniert und der in der Lage ist zu überprüfen, ob die Aufträge im Rahmen der Auftragsverwaltung vernünftig erledigt werden.

Vorsitzender Ewald Groth: Damit sind wir am Ende des Fragenkomplexes Finanzfragen. Dann leite ich über zum Fragenkomplex

c) übergeordnete Fragen und Verschiedenes Heike Gebhard (SPD): Wir kommen damit zu Fragestellungen, die über die Hochschulmedizin hinausgehen. Der Gesetzentwurf sieht sehr wohl auch Aspekte der Zusammenarbeit von Hochschulen vor, die nicht nur die Medizinischen Fakultäten, sondern auch andere Fachbereiche und andere Studiengänge betreffen. Dabei stellt sich die Frage, ob das ausreichend gewürdigt wird.

An die Rektoren richte ich die Frage, ob sie glauben, mit den Vorgaben, die im Entwurf enthalten sind, die Zukunft von Hochschulen gestalten zu können.

Meine nächste Frage richtet sich an die Vertreter der Beschäftigten ­ also sowohl an die Personalräte als auch an die Gewerkschaften ­, weil man gemäß dieses Konstruktes für bestimmte Aufgabenwahrnehmungen Serviceeinrichtungen schaffen kann, was Folgen für die Beschäftigten hat: Ist das ausreichend in diesem Gesetz geregelt?

Dazu gehört auch ­ das ist der dritte Komplex, der stark auf den Medizinbereich fokussiert ist ­, dass Rechtsformänderungen nach dem Gesetzentwurf auch weiterhin möglich sind. Bei der Rechtsverordnung ist zwar eine hohe Beteiligung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie vorgesehen, jedoch frage ich die Gewerkschaftsvertreter: Reicht diese Formulierung aus, um gegebenenfalls einen Schutz der Beschäftigten bei Rechtsformänderungen zu gewährleisten oder müssten dafür noch weitere Bedingungen aufgenommen werden?

Rudolf Henke (CDU): Im Sinne einer übergeordneten Frage würde ich gern das Verhältnis zwischen der Krankenversorgung und der Wissenschaft und Forschung

Forschung und Technologie ste thematisieren ­ auch im Hinblick auf Ausbildung, Studium und Lehre. Bei meiner vorbereitenden Befassung mit diesem Thema habe ich nach und nach den Eindruck gewonnen, dass für die Wissenschaft und Forschung andere Größenkonstellationen im quantitativen Bereich möglich sind, die ein betriebliches Optimum darstellen ­ beispielsweise bei den Fallzahlen ­, als für die Betriebswirtschaft.

Ich nehme zum Beispiel wahr, dass Universitätsklinika sich sehr darum bemühen, ihre Ertragslage orientiert an einem für alle Krankenhäuser gültigen DRG-System in der Weise zu optimieren, dass sie sich darauf konzentrieren, die komplexesten und die am schwierigsten zu behandelnden Patientenkohorten und -kollektive für sich zu gewinnen. Das DRG-System ist fortschreitend gereift und inzwischen in der Unterprima im lernenden System angekommen, nachdem es häufig von Klasse zu Klasse versetzt worden ist; es wird noch zwei- bis dreimal versetzt werden wird, ehe es fertig ist. Dieses DRG-System verspricht dabei Erträge, die anderswo bei einfacheren Fällen nicht zu erzielen sind. Es kann aber durchaus sein, dass es für die einfacheren Fälle einen wichtigen Forschungsbedarf gibt und dass dieser wichtige Forschungsbedarf ­ Herr Schultheis hat an die Versicherten erinnert ­ gesellschaftlich ganz besonders erwünscht ist, weil die Heerscharen von Patienten, die in den ärztlichen Praxen auftauchen und für die die Studierenden ausgebildet werden, vielleicht gar nicht die gleiche Art von Patienten wie in den Universitätsklinika sind.

Deswegen würde ich gern sowohl von den Studierenden als auch von den Dekanen etwas zur Bewertung dieses Spannungsgefüges hören. Denn natürlich rechtfertigt sich universitäre Medizin letztlich im Gegensatz zu sonstiger Maximalversorgung in Trägerschaft von konfessionellen, kommunalen und privaten Einrichtungen in ihrer Spezifität durch die Aufgaben in Studium, Ausbildung, Forschung, Lehre und Wissenschaft.

Mir scheint ein Dilemma zu sein, dass einerseits ein gesellschaftliches, aus gesundheitspolitischen Gründen entwickeltes Finanzierungssystem der Krankenversorgung vorgegeben wird, das nur eine begrenzte Fülle von Instrumenten enthält, um diese Sonderrolle zu berücksichtigen, und dass andererseits dann gesagt wird, die Abweichungen müssten mit den Zuführungsbeträgen geregelt werden.

Speziell an die Studierenden und an die Deutsche Krankenhausgesellschaft habe ich die Frage: Ist die Repräsentativität der Patientinnen und Patienten an Universitätskliniken für das Gesamtkollektiv von Patientinnen und Patienten, das in dieser Gesellschaft zu betreuen ist, eigentlich sichergestellt? Ich weiß, dass zum Beispiel ein Beschluss des Deutschen Ärztetages lautet: Eigentlich sind die Universitätskliniken nicht die Orte, an denen diese Repräsentanz hergestellt wird. Wir brauchen vielmehr die Einbindung normaler Versorgungskrankenhäuser und vieler normaler Versorgungspraxen in das Lehrgeschehen. Dazu würde ich gern einige Worte hören. Haben Sie das Gefühl, dass diese Herausforderungen in den Betriebsleitungen und bei den Vorstandsentscheidungen von Universitätskliniken hinreichend reflektiert werden? Auch Prof. Saß wird etwas dazu sagen können.