Wohlfahrt

Der letzte Punkt, auf den ich hinweisen möchte, ist noch gar nicht angesprochen worden. Im Änderungsantrag zum Gesetzentwurf ist immer noch § 17 ­ Investitionsprogramm und Bewilligung der Pauschalmittel ­ enthalten. Dabei handelt es sich jetzt um einen Fremdkörper. Ich weiß nicht, was der Satz, dass das Land über eine Rechtsverordnung Investitionsprogramme auflegt, soll. Wenn dieser Satz eine Hommage an den Bundesgesetzgeber ist und dazu beitragen soll, dass man keine rechtlichen Probleme bekommt, ist das in Ordnung. Wenn man ihn aber inhaltlich füllt, ist das ein direkter Widerspruch zur Pauschalfinanzierung. Ich bitte Sie, sich darüber noch Gedanken zu machen.

Rolf Lübke (Marburger Bund NRW): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich kann mich kurzfassen, weil in dieser Runde schon vieles übereinstimmend gesagt worden ist. Auch der Marburger Bund begrüßt die geplante Umstellung und das Vorhaben, die Finanzierung im Wege der Baupauschale zu realisieren und von der Einzelförderung Abstand zu nehmen. Allerdings stellen wir uns die Frage, weshalb es zwei unterschiedliche Pauschalen geben soll. Man könnte darüber nachdenken, diesen Schritt konsequent zu gehen und die gesamte Förderung durch eine einzige Pauschale zu verwirklichen.

Verschiedentlich wurden hier Forderungen nach gegenseitiger Deckungsfähigkeit erhoben, und zwar berechtigterweise. Bei der Frage, was zu Ziffer 1 und was zu Ziffer 2 gehört, entstehen Abgrenzungsprobleme. Daher sollte man sofort reinen Tisch machen und überlegen, ob man nicht alles in eine einzige Investitionspauschale überführt. In meinen Gesprächen mit Vertretern einzelner Krankenhäuser hatte ich den Eindruck, dass ein solches Vorgehen vor Ort durchaus begrüßt würde.

Ein Monitoring ist sicherlich erforderlich; hier kann ich mich inhaltlich voll und ganz meinem unmittelbaren Vorredner anschließen. Die Wirkungen des Verteilungssystems bzw. die Konsequenzen, die die Verteilung der Pauschale auf die einzelnen Häuser hat, sind zu überwachen. Insofern ist der rechtstechnische Weg, über eine Rechtsverordnung nachzusteuern, der unmittelbare und richtige Weg, wenn auch die Grundsätze der Förderung natürlich im Gesetz festzulegen sind.

Zur Höhe der Pauschale. Es wird Sie sicherlich nicht verwundern, dass auch wir der Auffassung sind, dass die Fördermittel in der Vergangenheit zu gering waren und dass sie auch in Zukunft zu gering sein werden. Wir beobachten sogar, dass es seit der Änderung der Krankenhausfinanzierung in den 90er-Jahren deutliche Verlagerungen zulasten des vormaligen Personalbudgets gegeben hat. Das hat sich auf die Personalstruktur und in puncto Gehälter etc. auf die finanzielle Ausstattung der in diesem Bereich Tätigen negativ ausgewirkt. Ein Effekt war, dass Krankenhäuser in diesem Bereich Gelder abgezweigt und sie nach unseren Kenntnissen für Investitionen genutzt haben. Das versuchen sie nach wie vor, zum Teil sogar durch Gehaltskürzungen im Rahmen von Notlagentarifverträgen. Dem muss man natürlich einen Riegel vorschieben. Das ist für den Landesgesetzgeber schwierig. Insofern gilt umso mehr unsere Forderung, im investiven Bereich für eine ausreichende finanzielle Ausstattung zu sorgen.

Die Frage nach Übergangsregelungen ist sicherlich sehr schwer zu beantworten.

Vielleicht ist das auch eine philosophische Frage. In der Vergangenheit hat es in der Tat Gewinner gegeben, nämlich diejenigen, die den besten diplomatischen Dienst und eventuell auch das richtige Parteibuch hatten. Sie saßen bei der Verteilung der Mittel näher am Topf als andere. Manche Krankenhäuser sind noch nicht einmal alle zehn Jahre zum Zug gekommen; sie waren die Verlierer.

Möglicherweise wird die absolute Zahl der Krankenhäuser, die in Zukunft zu den Gewinnern zählen, sogar höher sein als die der Verlierer. Insofern ist die Forderung nach Übergangsregelungen möglicherweise zu relativieren. Dass sich im Hinblick auf die Aussicht auf eine Förderung bei dem einen oder anderen Krankenhaus am Horizont ein wenig Frustration breitmacht, ist für die betroffenen Häuser etwas schmerzhaft. Für die Masse der zumeist kleineren Häuser in der Peripherie kann der Effekt, der sich aus einem möglichst schnellen Umsteigen auf das neue System ergibt, aber durchaus von Vorteil sein. Das muss man im Einzelfall im Rahmen des Monitorings abwägen.

Schlussendlich ist natürlich auch die Frage der Nachhaltigkeit von Bedeutung. Aus unserer Sicht muss es objektivierte Bemessungskriterien geben, die gewährleisten, dass die Festlegung der Gesamtsumme der Investitionsförderung nicht der politischen oder haushalterischen Beliebigkeit unterworfen wird. Hier muss man sich parteiübergreifend auf eine eindeutige Festlegung einigen. Es muss ein klares Bekenntnis des Landes geben, in welchem Umfang die Krankenhäuser gefördert werden, und zwar gemessen an den Leistungen, die in Nordrhein-Westfalen im stationären Bereich erbracht werden.

Klaus Bremen (Gesundheitsselbsthilfe NRW/Wittener Kreis): Herr Vorsitzender!

Meine Damen und Herren! Ich bin heute in einer für mich etwas ungewohnten Rolle hier. Normalerweise betreue ich die Arbeitsgemeinschaft Paritätischer Krankenhäuser. Wir sind Mitglied der Krankenhausgesellschaft und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen. Insofern können Sie erahnen, wie die eine Hälfte meines Herzens schlägt, wenn ich mich zu diesem Gesetzentwurf äußere; denn an der Formulierung der Stellungnahmen der Kollegen waren wir natürlich beteiligt. Wir schließen uns diesen Stellungnahmen an.

Wir sind heute allerdings in einer anderen Rolle eingeladen. Unser Verband, der Paritätische, betreut den sogenannten Wittener Kreis. Er ist ein Zusammenschluss der Selbsthilfeverbände in Nordrhein-Westfalen. Ihm gehören fast alle Selbsthilfeverbände auf Landesebene an. Nachdem wir die Einladung aus Ihrem Hause erhalten haben, haben wir mit den Vertretern der Selbsthilfeverbände vor etwa drei Wochen einen Workshop zu diesem Thema durchgeführt. Dabei ging es nicht nur um die Baupauschale, sondern wir haben auch über den vorliegenden Gesetzentwurf gemeinsam mit Menschen, die keine Experten sind und keine Ahnung von diesem Thema haben, diskutiert. Das hat einen ganzen Tag in Anspruch genommen. Gott sei Dank wurden wir dabei von einem Mitarbeiter unserer Arbeitsgemeinschaft unterstützt. Manche der Damen und Herren, die an dem Workshop teilgenommen haben, haben sich zum ersten Mal mit dem Thema Krankenhausfinanzierung beschäftigt.

Ich möchte Ihnen jetzt zwei Ergebnisse dieses Workshops vorstellen und die Auffassung dieses Personenkreises vortragen. Vielleicht ist nicht in erster Linie wichtig, welche Resultate ich Ihnen vorstelle, sondern wer der Absender ist.

Die Menschen, die sich in diesen Organisationen engagieren, sind zumeist ehrenamtlich tätig. Häufig sind es chronisch kranke und zum Teil auch ältere Personen.

Wenn man die demografische Entwicklung und die Entwicklungen des Krankheitsspektrums in unserem Lande berücksichtigt, muss man sagen: Diese Menschen sind eine wichtige und zukunftsträchtige Klientel der Krankenhäuser.

Zwei Aspekte sind von Bedeutung: Erstens. In dieser Gruppe war eine interessante Ambivalenz festzustellen ­ diese Ambivalenz habe ich heute auch in diesem Kreis beobachtet ­, als es um die Frage ging: Sollte man ein pauschales und die Unternehmen in ihrer Autonomie stärkendes Verfahren anwenden, das in Richtung Gesundheitswirtschaft geht, oder sollte man an der bisherigen Förderung festhalten, die ein klassisches, staatsgebundenes Verfahren darstellt? In dieser Frage haben sich die Teilnehmer nicht entscheiden können. Es wurden die beiden Meinungen vertreten, die heute auch hier zu hören waren. Ich verrate Ihnen aber sicherlich kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, dass die geplanten Änderungen die Menschen, die jeden Tag mit anderen Kranken zu tun haben, durchaus mit einer gewissen Sorge erfüllen.

Zweitens. Da sich die Gruppe in dieser Frage nicht entscheiden konnte, wurde die Auffassung vertreten: Wenn ein pauschales Verfahren angewendet wird, dann muss auf jeden Fall sichergestellt sein, dass alles, was im Interesse der Patientinnen und Patienten kurzfristig notwendig ist, realisiert werden kann, und zwar auch dann, wenn es nicht unbedingt in das wirtschaftliche Leistungsportfolio eines Krankenhauses hineinzugehören scheint.

Was heißt das? Wenn man sich heute als Krankenhaus mittlerer Größe die Frage stellt, wie man zukünftig zum Beispiel demenzkranke Patienten versorgen möchte, dann kommt man vielleicht auf die Idee, für diese Patienten eine eigene Station bzw. eigene Räumlichkeiten einzurichten oder Umbaumaßnahmen usw. vorzunehmen.

Bei einer pauschalen Finanzierung wird ein Krankenhaus das nur dann tun, wenn das in seinem Portfolio insgesamt Sinn macht, wenn das also zum Beispiel einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Aus Sicht der Patientinnen und Patienten und unter dem Gesichtspunkt der Versorgung wäre es natürlich wünschenswert, wenn das Krankenhaus so vorgehen könnte, dort die notwendigen Erfahrungen vorhanden wären und man vor Ort sagen würde: Das ist versorgungspolitisch notwendig.

Um im Rahmen eines Pauschalverfahrens die notwendige Flexibilität zu gewährleisten, haben einige Kollegen in diesem Raum vorgeschlagen, einen Teil der Gesamtsumme für solche Sonderfälle zu reservieren. Das scheint mir ein sehr pragmatischer und sinnvoller Weg zu sein. Denn dadurch könnte auch den Anliegen der Patienten vor Ort Rechnung getragen werden.