Wohngeld

Auf die Möglichkeit eines Datenabgleichs wurden und werden die Wohngeldantragsteller rechtzeitig hingewiesen ebenso wie auf die Möglichkeit strafrechtlicher Verfolgung bei unrichtigen Angaben.

Einleitung von Strafverfahren: Um eine landesweit einheitliche Behandlung der Fälle zu erreichen, wurden den Wohngeldstellen Ende November 2006 mit dem Justizministerium abgestimmte Hinweise zur Einleitung von Strafverfahren bei Verdacht des Betruges durch Wohngeldbezieher/innen über die sogenannte Wohngeld-Infoseite, auf die sämtliche Wohngeldstellen des Landes Zugriff haben, zur Verfügung gestellt. Diese Hinweise begründen keine neuen oder zusätzlichen Pflichten für die Kommunen, sondern verdeutlichen die Rechtslage.

Falsche Angaben eines Wohngeldempfängers bei Antragstellung begründen den Anfangsverdacht auf Betrug oder versuchten Betrug.

Die Wohngeldstellen haben bis auf die Fälle, in denen ein Vorsatz eindeutig auszuschließen ist, nicht die Kompetenz zu entscheiden, ob sich der Anfangsverdacht auf eine Straftat bestätigt, sondern hier greift das sogenannte Legalitätsprinzip, nach dem die Staatsanwaltschaften dieses zu überprüfen haben. Mit dem Justizministerium wurde vereinbart, dass Fälle, in denen unterhalb der steuerrechtlichen Werbungskostenpauschale von 51 liegende Zinseinkünfte nicht angegeben wurden, nicht an die Staatsanwaltschaften weitergeleitet werden müssen, da sich hier keine Änderung in der Wohngeldhöhe ergibt. Die Städte können zudem mit den jeweiligen Staatsanwaltschaften selbst ein praktikables Verfahren gegebenenfalls mit Grenzwerte abstimmen, um übermäßigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden.

Bisherige Erfahrungen mit dem Datenabgleich: Festzustellen ist, dass der Doppelbezug von Wohngeld und Transferleistungen nur untergeordnete Bedeutung hat.

Relativ häufig wurden verschwiegene Zinseinkünfte aufgedeckt, teilweise auch für mehrere Jahre rückwirkend. Schwierig ist dies vor allem deshalb, weil Erträge aus Kapitalvermögen nach den wohngeldrechtlichen Bestimmungen in voller Höhe abzüglich der Werbungskosten von 51 /102 bei zusammen veranlagten Ehegatten - zum Jahreseinkommen gehören, das heißt der steuerrechtliche Sparerfreibetrag ist wohngeldrechtlich ohne Belang.

Bei dem ersten Datenabgleich im ersten Quartal 2006 wurden bei rund 16 % aller Wohngeldempfänger unrichtige Angaben bei Antragstellung aufgedeckt. Dabei handelte es sich überwiegend (rund 90 %) um verschwiegene Zinseinkünfte. Bei dem zweiten Datenabgleich war der Anteil der auffälligen Wohngeldbezieher mit rund 4 % bereits deutlich niedriger. Insgesamt hat der automatisierte Datenabgleich zu Rückforderungen in Höhe von rund 10 Millionen geführt. Wir haben auch festgestellt, dass bei Rückzahlung des Wohngeldes, die gerade in Fällen von verschwiegenen Zinseinkünften sehr schnell erfolgt, die Strafverfahren von den Staatsanwaltschaften in der Regel auch zügig eingestellt werden. Wir werden jedoch den weiteren Verlauf sorgsam beobachten.

Rainer Schmeltzer (SPD) führt aus, in der Presseberichterstattung werde der Leitende Oberstaatsanwalt Braun aus Detmold zitiert, der sehr deutlich zum Ausdruck gebracht habe, mit Ausnahme der Gemeinde Augustdorf würden sich die lippischen Kommunen weigern, einen ministeriellen Erlass zu befolgen, wonach bei jedem Verdacht auf Wohngeldbetrug Strafanzeige erstattet werden müsse. Frau Koeppinghoff habe nun etwas anderes ausgeführt. Nach den ihm vorliegenden Informationen seien rund 40 % der Wohngeldbezieher Rentner. Seiner Ansicht nach seien Aufwand und Ertrag unverhältnismäßig. Der Abgeordnete ist interessiert zu erfahren, wie viele Fälle von Wohngeldbetrug im gesamten Land festgestellt worden seien. Diese Frage stelle er insbesondere vor dem Hintergrund eines Presseartikels am gestrigen Tage, nach dem sich die Staatsanwaltschaften am Rande der Belastbarkeit befänden. Er könne sich nicht vorstellen, dass sich diese Situation ausschließlich im lippischen Bereich abspiele.

Barbara Steffens (GRÜNE) legt dar, laut Presseberichterstattung hätten 86 Ermittlungsverfahren 1.300 eingebracht. Auch ihrer Ansicht nach müssten vor dem Hintergrund des politischen Ziels, Bürokratie abzubauen, Kosten und Nutzen gegeneinander abgewogen werden. Sie habe den Eindruck, dass die Staatsanwaltschaft in einem sehr hohen Maße beschäftigt werde und die Verfahren zum überwiegenden Teil eingestellt würden. Die Abgeordnete möchte wissen, ob es nicht möglich sei, dass die Kommunen die festgestellten Fälle niedrigschwellig behandelten, anstatt direkt Staatsanwaltschaften einzuschalten. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen halte sie in diesem Bereich für nicht notwendig. Diese Kriminalisierung von älteren Menschen sei nicht nötig, sondern überflüssig.

Vorsitzender Günter Garbrecht fragt, ob die Kommunen seitens des Ministeriums angewiesen worden seien, Strafanzeige zu erstatten.

Des Weiteren ist der Vorsitzende interessiert zu erfahren, ob den Kommunen die Vereinbarungen zwischen Wohngeldstellen und Staatsanwaltschaften bekannt seien.

Darüber hinaus möchte er wissen, ob über das in Rede stehende Verfahren mit den kommunalen Spitzenverbänden gesprochen worden sei und welche Auffassung die kommunalen Spitzenverbände hierzu verträten.

Abschließend fragt der Vorsitzende, ob das Verfahren mit dem Bund abgestimmt sei.

Dr. Stefan Romberg (FDP) weist den Vorwurf zurück, dass die Landesregierung ältere Menschen kriminalisiere. Tatsache sei, dass Menschen unrechtmäßig Wohngeld bekommen hätten. Hierbei handele es sich nicht um ein Kavaliersdelikt.

Frau Koeppinghoff (MBV) antwortet, zum Charakter der Hinweise: Die Hinweise begründeten keine zusätzlichen Verpflichtungen der Kommunen bzw. eigene Gestaltungen des Landes, sondern diese wiesen lediglich auf die geltende Rechtslage hin.

Die Rechtslage stelle sich nun einmal so dar, dass bei versuchtem Betrug das Legalitätsprinzip greife. Die Frage, ob nun weitere Ermittlungen einzuleiten seien, könnten die Wohngeldstellen nicht beantworten, denn dafür seien die Staatsanwaltschaften zuständig. Die Hinweise verdeutlichten insofern lediglich die geltende Rechtslage.

Wenn durch den Datenabgleich bekannt werde, dass bei Antragstellung falsche Angaben gemacht worden seien, dann würden Rückforderungen seitens der Wohngeldstelle eingeleitet. Diese würden in aller Regel bei verschwiegenen Zinseinkünften recht zügig beglichen. Die entsprechenden Informationen würden auch an die Staatsanwaltschaften weitergegeben. Das bedeute, die Staatsanwaltschaft erfahre sofort von einem Begleichen der Strafe. Dies stelle dann sicherlich für die Staatsanwaltschaft ein Indiz dar, Verfahren einzustellen.

Aus der Praxis komme in aller Regel der Hinweis, dass die Verfahren eingestellt würden, sobald die Rückzahlung geleistet worden sei.

Pauschale Verdächtigungen von Wohngeldempfängern gebe es nicht. Wenn durch den Datenabgleich falsche Angaben festgestellt würden, dann müsse man dem nachgehen.

Die Einkommensermittlungsvorschriften seien bundesrechtlich vorgegeben. Diesbezüglich bestehe wenig Gestaltungsspielraum. Zurzeit werde jedoch eine Wohngeldnovelle beraten. Auf Antrag von Nordrhein-Westfalen sei eine Art kleiner Sparerfreibetrag für Wohngeldempfänger in die Einkommensermittlung aufgenommen worden.

Sie hoffe, dass dies entsprechend beschlossen werde. Dies dürfte bei den in Rede stehenden Fällen zu einer gewissen Entspannung beitragen. Kleine Zinseinkünfte seien damit zukünftig wohngeldrechtlich irrelevant.

Die Möglichkeit, mit den Staatsanwaltschaften Vereinbarungen über das Verfahren zu treffen, sei den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden mitgeteilt worden.

Barbara Steffens (GRÜNE) sagt, vor dem Hintergrund, dass nach Rückzahlung des zu Unrecht erhaltenen Wohngeldes die Fälle eingestellt würden, sollte hinsichtlich eines Bürokratieabbaus gemeinsam mit dem Bund ein Weg gefunden werden, die Staatsanwaltschaften aus den Verfahren herauszulassen. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen halte sie bei dem in Rede stehenden Bereich für unnötig. Auch seitens der Staatsanwaltschaften werde darauf hingewiesen, dass die Personen nicht betrügen wollten, sondern lediglich Angaben vergessen hätten.

Rainer Schmeltzer (SPD) lässt verlauten, selbstverständlich müssten zu Unrecht erhaltene Gelder zurückgezahlt werden. Er habe bereits ausgeführt, dass 40 % der Wohngeldempfänger Rentner seien. Der Abgeordnete bittet um eine Auskunft darüber, um welche Beträge es gehe.

Er halte es für hanebüchen, dass sich ausgerechnet der Abgeordnete Romberg von der FDP-Fraktion dergestalt äußere, dass es sich nicht um ein Kavaliersdelikt handele und dass so gehandelt werden müsse, wie gehandelt worden sei. Gerade die FDP-Fraktion schreibe sich den Bürokratieabbau auf die Fahnen. Darüber hinaus verweise er auf ein Gerichtsurteil vom gestrigen Tage, nach dem den Gebietskörperschaften 450 Millionen unrechtmäßig entzogen worden seien. Wenn der Abgeordnete Romberg schon von Unrechtmäßigkeit spreche, dann sollte er das in jedem Zusammenhang sehen.