Wir sind der Auffassung dass wir nicht ein Teil des Problems sondern ein Teil der Lösung

Haushalt- und Finanzausschuss 17.01. von 11,70, wenn man das unter Industriegesichtspunkten mit Aspekten wie Urlaub und bezahlten Feiertagen rechnet. Ein Steuersekretär hat 9,60. Die Mindestlohndiskussion wollen wir hier bitte nicht führen, aber diese 2 Unterschied machen die tatsächlichen Ersparnisse aus. Und ich meine, es müsste einer Verwaltung wie der Steuerverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Land wert sein, dieses Investment zu bringen, um in der Zukunft eine Steuerverwaltung zu haben, die ein Niveau hat, das dieses Land verdient hat, und letztendlich dazu beiträgt, die finanziellen Probleme mit 116 Milliarden Staatsverschuldung des Landes mit zu lösen.

Wir sind der Auffassung, dass wir nicht ein Teil des Problems, sondern ein Teil der Lösung sind.

Herbert Hahn (Finanzamt Aachen-Stadt): Sehr geehrte Frau Vorsitzende Brunn!

Liebe Abgeordnete! Das Finanzamt Aachen-Außenstadt hat am 31.10. letzten Jahres seine Pforten geschlossen, und hier spricht jetzt der Personalkommissionsvorsitzende des fusionierten Amtes Aachen-Stadt. Vielen Dank, dass Sie mir Gelegenheit geben, hier Stellung zu nehmen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es Sie als SPD-Fraktion ehrt, einen Antrag zum Thema Initiative Finanzverwaltung: Einnahmeverwaltung stärken ­ Effizienz verbessern ­ Gerechte Steuererhebung gewährleisten zu stellen. Das ist schon seit Langem eine Forderung der Basis, und von dieser komme ich. Ich komme von dem jetzt größten Festsetzungsamt des Landes Nordrhein-Westfalen. Wir müssen die Einnahmeverwaltung stärken, und die Schritte in den letzten Jahren sind der falsche Weg; meine Kollegen haben bereits darauf hingewiesen: Die kw-Vermerke, die natürlich rein rechnerisch vorhanden sind, auszubringen und dann immer weniger Personal in den Ämtern vorzuhalten, ist der falsche Weg. Wir müssen wieder umkehren.

Wir, die Beschäftigten in den Ämtern, rechnen uns an, eine moderne, eine fachlich hochkompetente Verwaltung zu sein, und Sie bzw. die Finanzverwaltung oder das Ministerium an der Spitze sind auf dem Weg, das zu verschleudern. Wir haben ­ wie in der Wirtschaft üblich ­ moderne Instrumentarien eingeführt, unter anderem das Controlling. Warum nutzen wir sie nicht, obwohl wir feststellen, dass wir mehr Personal brauchten, um Einnahmen zu steigern?

Es wird ein Risikomanagement eingeführt, um wieder etwas Neues vorzeigen zu können. Nur, das Personal ­ immer weniger Personal ­ ist damit nicht einverstanden. Sie sind in Nordkirchen hervorragend ausgebildet worden, aber werden dazu degradiert, nur noch einen ganz geringen Teil ihrer Arbeitszeit darauf zu verwenden, dieses Steuerrecht anzuwenden, weil auch die Automationsunterstützung ­ das ist mehrfach angesprochen worden ­ einfach nicht da ist. Und wenn Automationsunterstützung vorhanden ist, müssen wir für uns oder die Kollegen in den Festsetzungsämtern sinnlose Eintipparbeiten machen, weil die Unterstützung nicht da, dass es durch Scannen direkt in die Masken übernommen wird.

Was wird gemacht? Es wird PEM eingeführt. PEM ­ wir haben es schon von der Basis aus gesagt ­ wird die hochqualifizierten, berufserfahrenen Kolleginnen und Kollegen, auch die des mittleren und gehobenen Dienstes, aus den Ämtern hinaus

Haushalt- und Finanzausschuss 17.01. fegen. Genau das ist eingetreten. Wir verlieren erfahrene Rechtsbehelfsstellenbearbeiter, erfahrene Sachgebietsleiter, erfahrene Betriebsprüfer, vor allen Dingen Großbetriebsprüfer. Und wo kommen die erfahrenen Großbetriebsprüfer her? Sie müssen ihre Erfahrung in der Betriebsprüfung erst in den Festsetzungsämtern bekommen, und hier spricht jemand, der seit 1978 in der Betriebsprüfung tätig ist. Wir könnten mit einer effizienten und groß angelegten und von mindest 3.555 Betriebsprüferstellen getragenen Arbeit die Einnahmen des Landes mit Sicherheit steigern; dies gilt auch für die Festsetzungsämter.

Die Zahl 700.000 ist eben schon angeklungen; sie resultiert aus den Prüfungen von allen Betriebsprüfern. Selbst in kleinen Festsetzungsämtern, die Mittel-, Klein- und Kleinstbetriebe prüfen, werden durchschnittliche Mehrergebnisse von 350.000 bis 400.000 erzielt. Controlling weist dies jedes Jahr aus, jeder Vorsteher weiß es, jeder Oberfinanzpräsident weiß es, und jeder im Ministerium müsste es wissen, weil sie diese Zahlen mit uns vereinbaren und wir sie locker erbringen. Ich sage es mal so, weil es die Erfahrung draußen zeigt.

Meine Kollegen Betriebsprüfer wären dankbar, wenn sie bessere IT-Unterstützung bekämen, die wir selbst erstellen würden, damit wir nicht die nehmen müssten, die aus der Wirtschaftsprüfergarde vorgearbeitet worden ist.

Um diese Erfahrung in den Betriebsprüfungs- und dann auch in den Großbetriebsprüfungsstellen zu bekommen, müssten wir eigentlich Einstellungen vornehmen, die in wenigen Jahren das auffangen müssten, was wir jetzt zum 01.01. durch PEM verschleudert haben. Ich bin selbst seit drei Jahren jedes Jahr wochenlang damit beschäftigt, Auswahlgespräche zu führen. Im Moment dürfen wir in der größten Dienststelle der Finanzamtverwaltung Nordrhein-Westfalens zwei Finanzwärter einstellen ­ zwei, die wir ausbilden. Das ist ein Hohn angesichts des Potenzials, das sich jetzt anbiedert, bei uns tätig zu werden. Ich würde jetzt schon fünf mit Kusshand nehmen. Wir dürfen zwei ausbilden. Das ist einfach nicht zu verstehen.

In wenigen Jahren werden sich die Bewerberzahlen drastisch verringern. Ich habe bereits vor Jahren darauf hingewiesen: Die Bewerberlage wird immer dünner. Demografische Zahlen liegen allen Politikern vor. Es wird noch dramatischer werden, und dann nehmen wir das in Kauf, was noch auf dem Markt da sein wird. Wir müssen dann noch 30 oder 40 Jahre mit den Kollegen zusammenarbeiten.

Dann auch noch die Stellen der Finanzanwärter zu kürzen und zu sagen: Wir stellen mittleren Dienst ein, ist mit Sicherheit der falsche Weg. Ich habe ­ das hat Herr Hartmann gerade gesagt ­ vorgestern eine hervorragende 16-jährige Bewerberin gehabt, die wir mit Sicherheit einstellen und zum Finanzwirt ausbilden werden. Aber, welche Perspektiven haben diese Kollegen, die dann in zwei Jahren fertig sind? ­

Dann noch 40 Jahre im mittleren Dienst an der Existenzgrenze zu arbeiten, empfinde ich als Hohn. Das muss umgekehrt werden. Insofern unterstütze ich diese Initiative.

Ein Wort noch zur Fusion. Mein Kollege Manns sieht das Damoklesschwert über sich. Ich habe es schon hinter mir. Wir haben in der Finanzverwaltung auch eine Mitarbeiterorientierung. Ich brauche dazu nicht viel zu sagen, denn sie ist im Moment am Boden. Meine Kolleginnen und Kollegen halten rein gar nichts davon. Wir haben

Haushalt- und Finanzausschuss 17.01. zwei sehr gut funktionierende Ämter zu einem ­ ich weiß nicht, wann es war ­ zusammengeschlossen, weil es genauso gut funktioniert. Im Moment ist es Demotivation, und man fühlt sich nur noch als Nummer in einem Riesenamt. Diese Situation stellt keine Vereinfachung der Personalpolitik für Vorsteher, Personalräte, Geschäftsstellen- und Sachgebietsleiter dar.

Wenn weitere Fragen bestehen, stehe ich gerne zur Verfügung.

Hans Jürgen Manns (Finanzamt Altena): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Auch ich bedanke mich für die Einladung. Da die Experten schon einiges über die Situation sagten, werde ich nun versuchen, über die Empfindungen der Kollegen zu sprechen, die teilweise ­ wie ich ­ schon sehr lange dieser Verwaltung angehören.

Wir waren über viele Jahre und Jahrzehnte eine sehr schlagkräftige kleine Truppe in einem Sauerländer Landfinanzamt, aber irgendwann ist auch bei uns die Stimmung gekippt. Es ist alles schon erzählt worden: Die Kürzungen empfinde ich als dramatisch. Denn entgegen der landläufigen Meinung haben wir nicht nur die Superverdiener in unseren Reihen. Ich nenne beispielhaft dramatische Kürzungen bei der Besoldung oder die Verlängerung der Arbeitszeit. All das ist noch mehr oder weniger geschluckt worden.

Nun machen sich allerdings die Abgänge durch PEM bemerkbar. Und da kommt richtig Frust auf. Uns haben Leistungsträger verlassen; das muss man ganz klar sagen: Leute in Hauptsachbearbeiterfunktion, Multiplikatoren, Leute mit sehr langer Berufserfahrung. Und da fragt man sich: Hat das eigentlich keiner in der Politik gemerkt? ­ Die Uruntersuchung von KPMG ist mehr als zehn Jahre her. Da ist irgendwann etwas festgestellt worden. Das ist alles schon ausgeführt worden. Eine Fortschreibung hat nie stattgefunden. Insofern muss man mal schauen, was mit den Menschen, mit den Bearbeitern geschieht. Es ist gerade das Stichwort Mitarbeiterorientierung gefallen. Diese sehen auch wir nicht mehr. Da können sich selbst die Vorsteherinnen und Vorsteher vor Ort ein Bein ausreißen: Da geht nichts mehr. Das muss man einfach mal so sehen. Die Kollegen werden uns krank.

Es gibt im Bereich der Oberfinanzdirektion Münster eine Untersuchung des Es ist versucht worden, die Gesundheit der Kollegen im Rahmen der Mitarbeiterorientierung zu durchleuchten. Man hat festgestellt: In Teilen der Festsetzungsfinanzämter werden Burn-out-Werte gemessen, die seitens des noch nirgendwo festgestellt wurden. Dies gilt gerade im Bereich unserer Erhebungsstellen. Das ist auch so ein Gewächs aus der Uruntersuchung, als man die ehemaligen Finanzkassen, die Stundungsstellen und die Vollstreckungsstellen zusammengepackt hat. Dort ist ein derartig erschreckender Wert gemessen worden, und man hat angesichts des knappen Personals keine Möglichkeit, in irgendeiner Form gegenzusteuern. Es wird keine Rücksicht darauf genommen, dass meine Kolleginnen und Kollegen einfach krank werden.

Es ist alles Mögliche schon gesagt worden. Mein Stichwort ist natürlich schon gefallen: Fusion.