Es ist richtig dass wir im Moment nicht einschätzen können wie viele Rentenbezugsmitteilungen auf die Finanzverwaltung zukommen

Haushalt- und Finanzausschuss 17.01.

Der andere Punkt, auf den ich kurz eingehen möchte, sind die Rentenbezugsmitteilungen. Da sprechen wir von der Arbeitsbelastung der Finanzverwaltung insgesamt.

Es ist richtig, dass wir im Moment nicht einschätzen können, wie viele Rentenbezugsmitteilungen auf die Finanzverwaltung zukommen. Allerdings möchte ich an der einen oder anderen Stelle zumindest die geschätzten Zahlen erwähnen, damit man weiß, was denn hier läuft.

Das Alterseinkünftegesetz sieht vor, dass im Laufe des Jahres 2008 ­ dann liegt das ID-Merkmal vor ­ alle Rentenbezugsmitteilungen an die Finanzverwaltung gerichtet werden sollen. Man rechnet damit, dass bei 14 Millionen Rentnern und 2,2 Mitteilungen pro Rentner ­ das ist der erwartete Durchschnitt ­ pro Jahr rund 30 Millionen Rentenbezugsmitteilungen ausgestellt werden müssen. Diese werden im Jahre 2008 für die Jahre 2005, 2006 und 2007 nachträglich den Finanzämtern zugestellt. Das bedeutet, bundesweit reden wir von 90 Millionen Rentenbezugsmitteilungen. Wie viele davon auf Nordrhein-Westfalen entfallen, vermag ich nicht zu sagen; eine Zahl von unter 10 Millionen wäre unrealistisch. Diese sollen dann maschinell zugeordnet werden, und wir sind gespannt, wann dieses einheitliche ID-Merkmal, das uns der Bund zur Verfügung stellen soll und wahrscheinlich auch wird, kommt. Verzögerungen von einem halben Jahr sind bereits eingetreten. Wann es auf uns zurollt, wissen wir nicht.

Fakt ist: Die Rentenbezugsmitteilungen werden in den Finanzämtern dazu führen, dass wir die Rentner und Pensionäre in einer zweiten Runde anschreiben und feststellen müssen, ob sie denn der Steuerpflicht unterliegen oder nicht.

Fakt ist auch ­ das habe ich von der Bundesebene als relativ neue Information gehört ­, dass die AO-Referenten der Länder beschlossen haben, dass es hier keine Bagatellgrenzen zum Aufgriff geben soll. Da kann ich nur hoffen, dass wir im Lande Nordrhein-Westfalen schlauer sind und dass das Risikomanagement, das wir im Bereich von Werbungskosten und Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit auf 400 bis 500 ausdehnen, auch im Bereich der Steuerfestsetzungen für Rentner Anwendung findet. Ansonsten wird dies wieder eine Sonderbelastung werden.

Eines muss man dazu auch noch sagen: Nach getaner Arbeit nachzurechen, wie viele dafür nötig gewesen wären, ist schlicht und ergreifend personalpolitischer Unsinn und kein verantwortungsvoller Umgang.

Herbert Hahn (Finanzamt Aachen-Stadt): Herr Peschkes, zum Thema Betriebsprüfungen ein kleiner Hinweis. Ich habe natürlich auch irgendwann lernen müssen, und es ist schön, dass wir mittlerweile die letzten Kollegen, die sich vor einem Umgang mit dem Computer gesträubt haben, in Pension geschickt haben. Die Zeit heilt alle Wunden. Aber was kommt danach?

Die uns zur Verfügung gestellte also die Daten von den Beratern maschinell zur Verfügung gestellt zu bekommen, ist zwar eine schöne Idee, hat aber zu sehr viel Frust auch bei den Kollegen geführt. Denn es ist nicht so einfach, wie es sich nach außen hin oder zum Ministerium hoch darstellt. Es ist nicht so, dass wir zum Berater gehen, ihn begrüßen und sagen: Jetzt gib mir mal die CD, und

Haushalt- und Finanzausschuss 17.01. dass wir dann fünf Minuten später das Mehrergebnis haben. Vielmehr fangen damit die Probleme erst an. Die vielfältigen Programme, die draußen auf dem Markt sind, sind für den normalen Betriebsprüfer auf seinem Rechner fast gar nicht sofort umsetzbar. Das ist das große Problem.

Wir steuern natürlich dagegen. Ein Kollege von mir ist jetzt bei der Groß- und Konzernbetriebsprüfung IT-Leiter. Er fährt die Hälfte seiner Arbeitszeit raus zu den Kollegen, um dort Hilfestellung zu geben. Wir haben jetzt im OF-Bereich Rheinland Kollegen, die an mindestens sechs Ämter abgeordnet sind, um den Betriebsprüfern, die per Handy um Hilfe rufen, weil sie mit den Daten nicht zurechtkommen, vor Ort zu helfen.

Fakt ist: Wir haben für diese Klein-, Kleinst- und Mittelbetriebe einen ganz geringen Umfang an Zeit zur Verfügung, um unsere Jahres-Controlling-Zahlen zu erreichen.

Wir müssen erst einmal im Innendienst die Eingaben aus den Akten abtippen. Das heißt, das kann auch jede Tippkraft von früher machen. Das machen wir auch schön und brav, weil wir einfach noch nicht auf die Daten der Berater und Steuerpflichtigen zurückgreifen.

Dann kommt die nächste Hürde, wenn wir rausgehen und prüfen. Wir brauchen teilweise einen bis anderthalb Tage, um die Daten, die wir vom Berater zur Verfügung gestellt bekommen haben, gebrauchsfähig anzuwenden. Die Dauer der Prüfung von Klein- oder Mittelbetrieben beträgt zwei oder drei Tage. Da frage ich mich, wie jemand eine vernünftige Rundumprüfung machen will. Das ist gar nicht möglich.

Natürlich, das Risikomanagement soll in der Betriebsprüfung kommen. Natürlich habe ich auch heute schon Prüfungsschwerpunkte, welche ich abarbeite. Aber was sollen wir mit dem Medium Datenübertragung, das uns an die Hand gegeben wird, wenn wir es nicht nutzen dürfen und wenn es auch solche Schwierigkeiten bringt? ­

Wir schütteln im Rahmen der Betriebsprüfung den Kopf darüber, was alles möglich ist.

Vorsitzende Anke Brunn: Ich stelle noch einmal die Frage des Kollegen Peschkes an die Praktiker, wie man die Gleichmäßigkeit der Besteuerung unter Nutzung eines Risikomanagements sicherstellen kann; das war die eine Frage. Die andere Frage war, ob Ihnen bekannt ist, dass sich Leute systematisch darauf einstellen, die Steuerverwaltung im Zuge des Risikomanagements zu unterlaufen.

Norbert Szech (Finanzamt Düsseldorf-Süd): Wir wussten schon immer, dass wir die Hälfte der Veranlagungen gar nicht prüfen müssen. Diese konnten wir abschreiben. Das ist ein Erkenntnisstand, der sehr alt ist.

Wir sind auf der Suche, um herauszufinden, welche Erklärungen in sich das Risiko eines Steuerausfalls tragen, und dazu brauchen wir ­ das ist beschrieben worden ­ ein Risikomanagementsystem. Dieses System muss ein intelligentes System sein.

Das heißt, wir müssen sehr viele Daten in den Rechner geben, um zu Vergleichszahlen zu kommen. Das wiederum erzeugt einen enormen Datenfütterungsaufwand.

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Denn ohne gespeicherte Daten kann ich diese Zahlen gar nicht vergleichen. Ich bin jetzt nur beim Zahlenwerk, Frau Brunn.

Diese Zahlen zu vergleichen, ist nur die eine Hälfte der Miete. Das Risiko des Steuerausfalls steckt in einer Steuerakte irgendwo im Detail. Da gibt es komplizierte Sachverhalte, die man mit einem Risikofilter gar nicht abgreifen kann. Wir entwickeln und bauen ein Risikomanagementsystem auf. Das sind zum Beispiel Themen wie Erstmaliger Beginn einer selbstständigen oder gewerblichen Tätigkeit, Beendigung einer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit, Kapitaleinkünfte ab einer gewissen Größenordnung. Wir haben auch Prüffelder, die wir einziehen und jährlich ändern. Beispielsweise beschäftigen wir uns mit den Fragen: Liegt eine Liebhaberei vor? Werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt? ­ Diese Frage ist im Erstjahr sehr wichtig, um die Abschreibungsgrundlagen genau festzustellen. Das muss bei Dauersachverhalten wie Renten, Raten und dauernden Lasten einmal richtig eingestellt werden.

Das sind intellektuelle Prüfungen, und diese benötigen Personal, das zur Verfügung stehen muss. Da kann man nicht einfach sagen: Die IT-Unterstützung ist erforderlich. ­ Das sehe ich auch, aber man braucht auch einen intellektuellen Zwischenschritt, und auf diesen wird man niemals verzichten können. Es gibt ein Gutachten einer Arbeitsgruppe ­ das ist schon ein paar Jährchen alt ­ aus der damaligen Oberfinanzdirektion Düsseldorf, in dem es die Frage ging, inwieweit man den Begleiter mittlerer Dienst komplett abschaffen und auf ihn verzichten kann; ich meine, es ging um Aufgabenoptimierung bei der Veranlagungsbegleitung. Das Ergebnis dieses Gurtachtens war: Wir können auf die Ressource Mensch nicht verzichten. ­ Wir müssen also sehr vorsichtig sein und aufpassen, dass wir intelligente Risikomanagementsysteme schaffen, die sich gegenseitig ergänzen.

Dabei ist einerseits die IT-Komponente zu sehen, andererseits bleibt aber immer ein gewisser personeller Aufwand. Das muss man zusammenführen. Ich bin der Überzeugung ­ ich glaube, die Praktiker werden diese Überzeugung teilen müssen ­, dass wir jetzt aufpassen müssen, dass wir Personal weiterhin nicht zu stark abbauen. Denn wir wollen doch ein Risikomanagementsystem entwickeln. Zurzeit ist das ein ganz hoher personeller Aufwand für die Erfassung. Zum Beispiel gibt es bei Neuaufnahmen ­ das ist angesprochen worden ­ diesen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung. Den kann man nicht scannen. Der muss händisch gefüllt werden. Es gibt eben beratene Steuerpflichtige, aber auch eine Großzahl unberatener Steuerpflichtiger, die diesen Fragebogen beantworten müssen.

Ähnlich ist es bei der Einnahmenüberschussrechnung. Das kann man nicht scannen.

All das wird in unserem Finanzamt ­ in den anderen natürlich auch ­ händisch bedient. Ebenso werden möglichst alle Daten, die wir haben, bei Vermietung und Verpachtung im Erstjahr eingegeben. Da bekomme ich von meinen Beschäftigten großen Widerspruch. Sie fragen: Warum muss das so sein? Warum müssen wir das zusätzlich zur Rentnerberatung und zu weiteren Informationen, die wir so nebenbei geben, machen? ­ Das muss man zusammenführen. Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir uns nicht so stark runterrechnen, dass sogar für das Risikomanagementsystem ein Risiko besteht.