Spenden

Das wollte ich persönlich noch einmal dazu sagen; denn die vom Gesetzgeber gesehene Perspektive der Stärkung der Eigenverantwortung und das gleichzeitige Kaputtmachen von Strukturen, die Eigenverantwortung befördern, kriege ich einfach nicht zusammen ­ bis heute nicht.

Franz-Josef Strzalka (Zeppelin-Zentrum ­ Beratungsstelle für Arbeitslose, Herne): Den Ausführungen meines Vorredners kann ich mich nur anschließen. Ich arbeite schon seit über 20 Jahren im Arbeitslosenzentrum Herne und möchte einmal versuchen, die Finanzierung unserer Einrichtung darzustellen. Da finde ich auch das wieder, was in Herford passiert.

Unsere Einrichtung wird von den katholischen Kirchengemeinden in Herne getragen.

Sie sind mit einem geringfügigen Mitgliedsbeitrag ­ so viel ihnen eben möglich ist ­ Mitglied in unserem Verein. Zusätzlich werden wir von vielen katholischen Vereinen und Verbänden unterstützt, die seinerzeit die Schwerpunktsetzung der Bischöfe im Erzbistum Paderborn ernst genommen haben, etwas für arbeitslose Menschen zu tun. Wir haben ungefähr 100 Mitglieder. Dabei handelt es sich um Kirchengemeinden in Herne und Wanne-Eickel, katholische Vereine und Verbände und auch viele Einzelmitglieder, die allerdings häufig nur in der Lage sind, mit einem geringfügigen Mitgliedsbeitrag ­ manchmal von nur 12 im Jahr ­ zu unserer Arbeit beizutragen, denen diese Arbeit aber einfach wichtig ist. Dieser Teil deckt ungefähr ein Drittel unseres Etats ab. Um das Arbeitslosenzentrum in Herne betreiben zu können, sind übrigens ungefähr 80.000 im Jahr notwendig.

In der Vergangenheit war es immer schwierig, diese Finanzierung aufrechtzuerhalten. Ich denke, dass das für viele Einrichtungen gilt; denn sicherlich muss nicht nur bei uns viel Energie nicht nur in die Arbeit mit den zu Beratenden gesteckt werden, sondern immer auch in die Finanzierung, um die Einrichtung offenhalten zu können.

Eine Möglichkeit, die wir gesehen haben, um unsere Einrichtung weiter bestehen zu lassen, war die Durchführung einer Altkleidercontainersammlung. Diese haben wir mit einem Anbieter für Verwertung durchgeführt, bei dem uns das auch verträglich erschienen ist.

Das letzte Drittel wurde immer durch die ESF-Mittel bestritten. Sie haben das letzte Drittel aber auch nicht völlig gedeckt, sodass es bis heute stets notwendig war, Sponsorenveranstaltungen durchzuführen und Spenden zu akquirieren. Da war der Vorstand immer sehr engagiert. Auch in solche Sponsorenveranstaltungen wie beispielsweise eine Sponsorenradtour mit dem ADFC zugunsten des Arbeitslosenzentrums wird unheimlich viel Zeit und unheimlich viel Energie gesteckt ­ obwohl in der Folge auch nur relativ bescheidene finanzielle Mittel hereinkommen, die in keinem Verhältnis zu der Arbeit stehen, die von einem ehrenamtlichen Vorstand und von vielen ehrenamtlichen Helfern geleistet wird.

Der Vorstand des Arbeitslosenzentrums Herne hat mittlerweile ein Durchschnittsalter von 70 Jahren; diese Menschen begleiten unsere Arbeit schon seit 20 Jahren. Sie stellen sich zum Beispiel im Winter in die Fußgängerzone, um für diese Einrichtung Waffeln zu backen. So werden Gelder konkret beschafft. In einem solchen Vorstand steht die inhaltliche Arbeit eigentlich schon seit Jahren im Hintergrund. Wir fragen uns also gar nicht mehr in erster Linie, was wir den Betroffenen eigentlich anbieten können, weil bei jeder Vorstandssitzung die Frage im Vordergrund steht, wie wir überhaupt die Finanzierung dieser Einrichtung aufrechterhalten können.

Alle sind sehr engagiert und tun das ehrenamtlich. Man darf nicht nur die Eigenmittel sehen, die wir mitbringen, sondern muss auch das ehrenamtliche Engagement berücksichtigen, das eine große Rolle spielt und mit der Schließung einer solchen Einrichtung natürlich verloren gehen würde. Wir haben 13 Leute, die engagiert im Vorstand mitarbeiten. Wir haben jemanden, der ehrenamtlich Entschuldungsberatungen anbietet. Wir haben jemanden, der ehrenamtlich die Finanzbuchhaltung führt. Wir haben einen Rechtsanwalt, der ehrenamtlich unsere Beratungsarbeit unterstützt.

Wenn Veranstaltungen wie die gerade genannte Sponsorenradtour anstehen, erklären sich sehr schnell 30 Leute aus den Kirchengemeinden bereit, sie mit dem Notwendigen auszustatten. Es werden also von verschiedenen Leuten unentgeltlich unheimliche Anstrengungen unternommen, um diese Einrichtung aufrechtzuerhalten.

Ich habe gerade angesprochen, dass auch Vereine und Verbände bei uns Mitglied sind. Das sind die ehrenamtlichen Caritaskonferenzen, die dann 1.000 Mitgliedsbeitrag leisten. Diese Summe haben sie aber auch mit sehr viel Aufwand an den Türen gesammelt. ­ Das ist der große Aufwand, der getrieben wird. Das ist sehr viel Engagement, das eine Vielzahl von Menschen mitbringt.

Wenn die 15.000 aus der ESF-Förderung jetzt auch noch wegfallen, bricht im Grunde genommen ein Drittel unseres Etats vollkommen weg. Für Altkleider bekommen Sie heute auch nicht mehr viel. Dann ist unsere Arbeit akut gefährdet.

15.000 mögen im ersten Moment nicht viel erscheinen. Wenn die uns jetzt aber auch noch genommen werden, bedeutet das im Grunde das Aus für diese Einrichtung.

Das, was ich hierzu geschildert habe, gilt sicherlich für viele Arbeitslosenzentren und -beratungsstellen im Land, die ebenfalls versuchen, ihre Arbeit mit viel Mühe aufrechtzuerhalten, weil sie ihnen seit Jahren eine Förderung wert ist.

Hans-Peter Sokoll (MALZ ­ Moerser Arbeitslosenzentrum e. V.): Wir sind Träger dreier Arbeitslosenzentren und einer Beratungsstelle. ­ Zur Finanzierung kann ich Folgendes sagen ­ das ist ja auch schon von Frau Eicker-Bix angesprochen worden ­: Die Arge finanziert uns nur insofern, als dass wir die Landesmittel mitbringen.

Die Arge finanziert die Personalstellen in unseren Einrichtungen, also die Sozialberater, während mit der Landesförderung ja nur die Sach- und Betriebskosten bezuschusst werden. Wenn ich diese 15.000 für ein Arbeitslosenzentrum nicht habe, habe ich auch keinen Arbeitsplatz. Dann kann ich in diesen Einrichtungen auch keine Kolleginnen und Kollegen im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mehr beschäftigen.

Der springende Punkt bei der Landesförderung ist auch, dass das Land Nordrhein Westfalen meines Wissens überhaupt keine 50 % mehr dazugibt, sondern nur noch EU-Mittel weiterreicht, sozusagen als durchlaufender Posten. Wir vor Ort müssen eine Kofinanzierung generieren; ansonsten würde diese Finanzierung gar nicht zustande kommen.

Für uns im Kreis Wesel würde das Folgendes bedeuten: Wir bekommen bei der von uns derzeit vorgehaltenen Struktur rund 95.000 vom Land im Rahmen der ESFFörderung, rund 184.000 von der Arge in Form von Personalstellen im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und rund 7.500 an kommunalen Mitteln. Der kommunale Anteil liegt also bei 2,6 %. Bricht die Landesförderung weg, wird eigentlich auch die Argeförderung obsolet; denn dann haben wir gar keine Einrichtung mehr, in der wir Personal beschäftigen können. Das ist unser großes, dringendes Problem.

Wie ich in einem Ausschussprotokoll gelesen habe, hat ein Abgeordneter der CDU-Fraktion die Auffassung vertreten, das Land könne sich diesbezüglich nicht weiter verschulden. Es verschuldet sich doch gar nicht! Es sind ESF-Mittel, die als durchlaufender Posten weitergereicht werden und von uns, von allen Einrichtungen vor Ort, durch eine Kofinanzierung komplettiert werden.

Günter Garbrecht (SPD): Für die zweite Fragerunde, die ich hiermit eröffne, habe ich mich auf die Rednerliste gesetzt. Ich bin ja nicht nur Ausschussvorsitzender, sondern in Bielefeld im Bereich der Arbeitsmarktpolitik auch Kampferprobter.

Als ich mir die Stellungnahmen angeschaut habe, habe ich darin eine Zweiteilung gefunden. Kostenträger und Verantwortungsträger beschreiben juristische Sachverhalte, reden von Zuständigkeiten und Nichtzuständigkeiten und sagen: Wir haben es schon, wir haben persönliche Ansprechpartner, wir machen diese Beratungsarbeit usw. ­ nach dem Motto: Alles ist gut.

Das ist in meinen Augen der Unterschied zwischen der Theorie und der Praxis vor Ort, wie die Menschen sie erleben. Das in diesen Stellungnahmen Ausgeführte ­ es gibt natürlich Differenzierungen; ich will nicht den Stab darüber brechen; ich möchte einfach einmal meinen klaren Eindruck schildern ­ hat mit der Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort ­ jedenfalls so, wie ich sie als Abgeordneter wahrnehme; und das ist schon abgehoben ­ wenig zu tun.

(Rudolf Henke [CDU]: Da spricht der Ausschussvorsitzende, der die Anhörung auswertet?)

­ Nein. Das ist der Abgeordnete Garbrecht, der sich zu Wort gemeldet hat und der, bevor er eine Frage stellt, zunächst einmal die vorliegenden Stellungnahmen aus seiner Sicht bewertet. Dieses Recht hat der Abgeordnete Garbrecht. Als Ausschussvorsitzender werde ich gleich wieder tätig.

Gestern Abend habe ich im NDR-Fernsehen eine Sendung über Helmut Schmidt gesehen. Da ist mir noch einmal in Erinnerung gekommen, was er vor über 40 Jahren über nicht lesbare Stromrechnungen gesagt hat. Gegen die Leistungsbescheide nach dem SGB II waren die Stromrechnungen vor 40 Jahren, die Helmut Schmidt kritisiert hat, allerdings ein Ausbund an Klarheit, Transparenz und Durchsichtigkeit.

Vor diesem Hintergrund stelle ich folgende Frage: Wie wird eigentlich der Grundsatz des SGB I, dass die Leistungsträger eine Aufklärung gewährleisten müssen und die Berechtigten ein Recht auf Beratung haben, gegenüber den betroffenen Menschen realisiert ­ unabhängig von Weisungen.