Oberfinanzpräsident Ulrich Müting Oberfinanzdirektion Rheinland. Es gibt aber eine Größenordnung

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Wie hoch ist die Quote der Fälle mit Steuerberater?)

­ Ich will Ihnen jetzt keine falsche Zahl sagen. Ich weiß nicht, ob es darüber eine Statistik gibt.

Oberfinanzpräsident Ulrich Müting (Oberfinanzdirektion Rheinland): Es gibt aber eine Größenordnung. Bei den Gewerbebetreibenden liegt die Steuerberatungsquote bei schätzungsweise 60 bis 65 %. Bei den Arbeitnehmerveranlagungen müssen wir die Lohnsteuerhilfevereine, die einen erheblichen Teil abdecken, einbeziehen, und dann liegen wir bei knapp 50 %. Vorsitzender Martin Börschel: Herzlichen Dank, Herr Kaldenhoff. Das war Ihr Beitrag zur ersten Runde. ­ Wir können jetzt in eine weitere Runde einsteigen, für die es vier Wortmeldungen gibt. Ich bitte die Fragenden zu bedenken, dass wir die Folgesitzung für 16 Uhr vorgesehen haben. ­ Herr Kollege Klein, dann Herr Kollege Möbius.

Volkmar Klein (CDU): Die wesentlichen Antworten sind schon gegeben worden.

Christian Möbius (CDU): Für mich haben sich jetzt weitere Fragen ergeben. Zum einen war von Herrn Müting der Ausspruch gefallen, wie wertvoll doch die Steuerberater für die Finanzverwaltung seien. Dazu fällt mir das Beispiel ein ­ vielleicht können Sie dazu noch etwas ausführen ­: Bei der Absetzbarkeit von Steuerberatungskosten gibt es ja wohl erhebliche Dissonanzen.

Dann habe ich eine Frage an Herrn Kaldenhoff. Es hörte sich fast so an, als ob Sie eine Bundessteuerverwaltung bevorzugen würden, weil Sie ja von unterschiedlichen Fällen gesprochen haben, die in den Ländern unterschiedlich gehandhabt würden.

Dadurch könnte es natürlich auch zu einer Steuerungerechtigkeit kommen. Vielleicht können Sie dazu noch einmal etwas sagen. Das klang eben auch bei Herr Dr. Vinken an, als er von einem Bundesrechenzentrum gesprochen hat. Teilen Sie die Auffassung, die teilweise vertreten wird, dass eine Bundessteuerverwaltung sinnvoll ist?

Im Gegenzug habe ich an Herrn Kaldenhoff noch die Frage, wie die Vorteile einer Landessteuerverwaltung für die Beschäftigten in der nordrhein-westfälischen Landesverwaltung sind.

Bei den Themen Gerechtigkeit und Administrierbarkeit geht es ja auch um das Alterseinkünftegesetz. Dazu ist vor kurzem der Vorschlag gemacht worden, so eine Art Bagatellgrenze von 500 pro Steuerpflichtigem einzuführen. Wie sehen Sie das ­ insbesondere vielleicht Herr Dr. Vinken ­ vor dem Hintergrund der Steuergerechtigkeit und insgesamt der Administrierbarkeit dieses Alterseinkünftegesetzes?

Bernd Krückel (CDU): Ich möchte zuerst Herrn Müting etwas fragen. Geben die Erfahrungen mit der Anlage EÜR Anlass zu der Hoffnung, dass daraus einmal richtig etwas werden kann? Und könnte das die Vorlage für eine Verkennzifferung von Bilanzen sein? (Lachen von Angela Freimuth [FDP])

­ Ich meine das jetzt nicht dispektierlich. Sondern: Die Erfahrungen waren am Anfang ja nicht so, dass man große Hoffnung hätte schöpfen können. Aus Ihren Erläuterungen vorhin habe ich aber entnommen, dass Sie solche Hoffnungen schon haben.

(Harald Schartau [SPD]: Was ist das genau, Herr Kollege?)

­ Die Einnahmenüberschussrechnung wird in der Anlage EÜR verkennziffert und wird damit elektronisch vergleichbar und prüfbar. Das könnte auch der Aufschlag sein, eine möglicherweise verkennzifferte Bilanz in einer vergleichbaren Anlage zu prüfen.

Dann habe ich eine Frage an Herrn Müting und Herrn Grigat. Insbesondere Herr Müting sagte, die Qualität der Arbeit stehe in direktem Zusammenhang mit der Quantität. Meine Frage: Wenn es zu diesem Moloch Erbschaftsteuergesetz kommt, wie es sich im Moment abzeichnet, können dann die Schwerpunktfinanzämter die damit verbundene Arbeit überhaupt leisten, oder wird es nahezu zwingend dazu kommen, dass die Qualität in der Bearbeitung nachlässt? Und hätte das auch Auswirkungen auf die anderen Tätigkeiten dieser Schwerpunktfinanzämter? Es werden ja nicht alle Finanzämter davon betroffen sein.

Dann eine letzte Frage in die gesamte Runde: Können Sie sich vorstellen, dass der Reform der Erbschaftsteuer das gleiche Schicksal droht wie der Vermögensteuer?

Vorsitzender Martin Börschel: Herr Kollege Krückel, das hat allerdings mit dem Antrag nicht unmittelbar etwas zu tun, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. ­ Frau Kollegin Freimuth.

Angela Freimuth (FDP): Was mich gerade in den Äußerungen der Sachverständigen nachdenklich gemacht hat, ist zum einen die Frage der Abstimmung der elektronischen Datensysteme zwischen der Finanzverwaltung und den Steuerberatern. Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft hat ja geschildert, dass es zu häufigeren und großflächig auftretenden Netzausfällen kommt. Da würde mich interessieren, von den Oberfinanzdirektionen und von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft darüber etwas zu hören, ob die Ursachen bekannt sind und ob man schon an der Behebung dieser Probleme arbeitet. Ansonsten werden ja sicherlich viele Klagen in einem ganz anderen Kontext zu stellen sein.

Sie haben gerade schon darauf hingewiesen, dass die Anhörungen im Deutschen Bundestag völlig anders ablaufen. Dort dürfen Sie nur reden, wenn Sie konkret etwas gefragt werden, und keinerlei darüber hinausgehende Stellungnahmen abgeben. Ich persönlich glaube, dass wir das in Nordrhein-Westfalen klüger machen, indem wir versuchen, auch die Expertise, die die Sachverständigen außerhalb der Weisheit unserer Fragen an uns adressieren können, für uns nutzbar zu machen.

Für mich bleibt nach wie vor die offene Frage: Wir als Landesparlament können uns natürlich in das Verfahren einklinken. Herr Müting hat ja gerade salopp festgestellt, dass das Land ja auch im Bundestag nein sagen kann. In der Tat hat das Land Nordrhein-Westfalen diese Möglichkeit. Aber könnten Sie sich vorstellen, dass es sinnvoll wäre, hier eine am Parlament angesiedelte Sachverständigenkommission mit denjenigen, die hier sitzen, und vielleicht noch ein oder zwei weiteren Persönlichkeiten, auf die man sich verständigen kann, zu installieren, die ihren Fokus auf die Administrierbarkeit der Steuergesetzgebung des Bundes hat? Denn bei bundesgesetzlichen Beratungsverfahren sind oft materielle Fragen des Steuerrechts ­ auch bei den Einlassungen der Sachverständigen ­ und weniger die Fragen des Steuervollzugs und der Administrierbarkeit im Vordergrund. Die materiellen Fragen interessieren uns natürlich auch. Aber könnten Sie sich vorstellen, dass man so eine Kommission hier am Landesparlament angedockt sinnvoll installieren kann und dafür Freiwillige findet?

Vorsitzender Martin Börschel: Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. ­ Mein Blick geht zunächst in Richtung der Kolleginnen und Kollegen: Gibt es weitere Fragen? ­

Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Liste der Fragestellungen. Ich schlage vor, wir drehen die Reihenfolge bei den Antworten der Sachverständigen um. Herr Kaldenhoff wäre dann der Erste.

Hans-Werner Kaldenhoff (Deutsche Steuer-Gewerkschaft, Landesverband NRW): Ich fange mit Frau Freimuth an. Selbstverständlich würde sich die gerne für ein Beratungsgremium zur Verfügung stellen, was zur Folge hätte, dass die Gesetze einfacher und administrierbar wären und dass direkt Gesetzesvorschläge in den Bundesrat kommen, die vorher schon überprüft sind. Ich glaube, das ist die Tendenz aller, die hier am Tisch sitzen, dass man vorher darüber nachdenken sollte, was eigentlich mit einem Gesetz passiert. Ich kann für die sogar ohne Absprache sagen: Wir sind jederzeit bereit, dort mitzuarbeiten, weil es unmittelbar zu einer Entlastung unserer Kollegen vor Ort führen würde.

Zu den Netzausfällen: Ich habe das vorhin durchaus bewusst angemahnt, weil jeder Netzausfall, der auch durch Technik verursacht wird, zugleich ein Arbeitsausfall ist.

Bei der engen Personaldecke, die wir haben, bitte ich, alle denkbaren Unterstützungsmöglichkeiten, die uns als Steuerverwaltung zur Verfügung stehen, zu optimieren. Möglichst wenige Ausfälle helfen uns schon weiter, die Arbeit unter den gegebenen Umständen erledigen zu können. Deswegen sollte man darauf achten, dass auch, wie man so schön sagt, das Equipment in dieser Angelegenheit stimmt.

Herr Möbius, ich habe eben ­ damit gar kein falschen Wort hereinkommt ­ nicht der Bundessteuerverwaltung das Wort geredet. Ich habe lediglich Herrn geantwortet, dass es meines Wissens keinen einheitlichen Vollzug der Steuergesetze in den einzelnen Ländern gibt, und zwar aufgrund unterschiedlicher Ausstattung. Eine Bundessteuerverwaltung wäre aus unserer Sicht eine Riesenverwaltung. Wir haben ähnliche Verwaltungen auf Bundesebene mit der Bundesagentur für Arbeit usw., die nicht gerade dadurch glänzen, dass sie einwandfrei funktionieren, und die man als Beispiele anführen könnte, warum wir nicht unbedingt eine Bundessteuerverwaltung bräuchten.