Altenpflege

Zu den Heimgrößen. Ich habe schon gestern auf die Entwicklung hingewiesen, dass sich die durchschnittliche Bewohnerzahl der Pflegeheime in Nordrhein-Westfalen immer weiter vom Bundesdurchschnitt entfernt. Der Trend geht zu immer größeren Einrichtungen. Sofern eine vollstationäre Versorgung stattfindet, brauchen wir allerdings kleine Einrichtungen, die in die Wohnquartiere, in den sozialräumlichen Kontext, in vernetzte Versorgungsstrukturen gemeinwesenorientiert eingebunden sind.

Dafür braucht man kleine Einrichtungen, die wirtschaftlich nicht darauf angewiesen sind, einen großen Einzugsbereich zu unterhalten, um ihre Belegung zu gewährleisten.

Ich fordere Sie auf: Bitte unterstützen Sie dieses Anliegen! Auch im Interesse der Normalisierung bzw. der Überschaubarkeit sollten Begrenzungen vorgesehen werden. In den Heimen anderer Bundesländer sind schon heute durchschnittliche Bewohnerzahlen zu verzeichnen, die in Nordrhein-Westfalen von interessierter Seite für undenkbar erklärt werden.

Ich weise ausdrücklich auf die große Missbrauchsanfälligkeit der Ausnahmeregelungen zur Befreiung im Hinblick auf die Wohnqualität hin, die immer dann möglich sein soll ­ und zwar ohne dass die Heimaufsicht dann noch etwas unternehmen kann ­, wenn eine Einverständniserklärung des Bewohners zur Abweichung vorliegt. Das ist eine Regelung, die in der Lebenswirklichkeit außerordentlich missbrauchsanfällig ist.

Die Beispiele, die in der Begründung des Gesetzentwurfes genannt sind, erhärten diesen Verdacht. Diese Befreiungsregelungen müssen auf das Maß des Unerlässlichen beschränkt werden, will man nicht Entwicklungen, die später niemand gewollt haben will, Tür und Tor öffnen.

Heike Nordmann (Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen): Ich kann mich in vielen Punkten sowohl Frau Markus als auch Herrn Theisohn anschließen, auch im Hinblick auf die Befürchtung, dass die Befreiung bezüglich der Wohnqualität nur mit Einverständniserklärung der Bewohnerinnen und Bewohner möglich sein soll. Ich denke, das ist ein ganz zentraler Punkt, bei dem es darauf ankommt, dass Aufsichtsbehörde und Betreiber definieren, welche Ausstattung für eine bestimmte Einrichtung oder ein bestimmtes Heim ­ welche Wohnform auch immer ­ angemessen ist. Hier kann man, auch wenn das Konzept stimmig ist, sicherlich diverse Ausnahmeregelungen treffen, vielleicht bis hin zur Variante der Mehrbettzimmer, wenn das nach dem Konzept der Pflegeoase praktisch möglich ist.

Trotzdem gilt natürlich die Devise: Das Einzelzimmer ist das Maß der Dinge. Ich frage Sie alle, die Sie hier sitzen: Wollen Sie mit einer Ihnen völlig fremden Person in ein- und demselben Zimmer wohnen? Ich glaube, das will niemand von uns. Insofern sollte das Ziel Einzelzimmer verfolgt werden. Bisher heißt es allerdings, dass das Zweibettzimmer das Minimum ist, nicht das Einzelzimmer.

Jetzt möchte ich noch auf die Veröffentlichung der Prüfberichte eingehen; auch dieser Aspekt wurde in dieser Runde angesprochen. Die Verbraucherzentrale begrüßt außerordentlich, dass die Prüfberichte veröffentlicht werden sollen. Wir plädieren aber dafür, dass nicht nur das Gesamtergebnis veröffentlicht wird, sondern dass die Ergebnisse den interessierten Bewohnerinnen und Bewohnern und anderen in verschiedene Bereiche unterteilt zugänglich gemacht werden.

Das bedeutet natürlich, dass die Ergebnisse auch Beratungsinstitutionen, Pflegeberatungsstellen, Wohnberatungsstellen etc. zur Verfügung stehen müssen, damit sie den Menschen, die sich für eine Wohnform oder eine Einrichtung interessieren, adäquate Entscheidungshilfen geben können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Ergebnisse auch in die vorhandenen Datenbanken ­ ich denke zum Beispiel an das Vorhaben der BIVA, ein Heimverzeichnis zu konzipieren ­ eingepflegt werden. Es sollte eine Verpflichtung zur Datenübergabe geben.

Angesichts der Kürze der Zeit möchte ich jetzt nur noch auf die Stellungnahme der Verbraucherzentrale zum Referentenentwurf hinweisen, der nicht viele inhaltliche Unterschiede beinhaltet. Diese Stellungnahme ist dem Ministerium und den Abgeordneten zugegangen. Sie finden sie aber auch auf der Homepage der Verbraucherzentrale.

Manfred Oehlerking (Landesverband der Pflegekassen, AOK Rheinland/Hamburg): Ich sehe hinsichtlich der Umsetzung von § 12 des Gesetzentwurfes überhaupt keine Probleme. Im Grunde genommen steht dort das, was in Nordrhein-Westfalen bisher Standard ist. Die Stichworte lauten: 50%ige Pflegefachkraftquote und soziale Betreuung. Außerdem sind die einzelnen Berufsgruppen aufgeführt. Den Abbau von Qualitätsstandards kann jede Einrichtung vornehmen. Ich warne aber davor; denn in Zukunft kommen die MDKs häufiger vorbei. Das ist ab 1. Juli geltendes Recht. Ich sehe hier aber überhaupt kein Problem.

Ein Problem stellt für mich allerdings die Förderung von Kleinsteinrichtungen dar. Bei acht Plätzen braucht man 5,5 Pflegekräfte. Ich frage mich: Wer soll das bezahlen?

Dabei kommen astronomische Preise heraus. Denn Ordensschwestern, die diese Last übernehmen, bekommt man heutzutage nur noch unter erschwerten Bedingungen.

(Heiterkeit) Dr. Heinz Buszello (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Nordrhein):

Ich will kurz auf zwei Paragrafen eingehen.

Zunächst zu § 13, der Zuständigkeit. Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Rechtsfigur der Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung vorgesehen ist. Ich betone das deshalb, weil gestern eine Vertreterin der kommunalen Familie in ihrem Statement dargelegt hat, dass bei der Heimaufsicht in der Vergangenheit alles in Ordnung war und sie dafür überhaupt kein Verständnis hat. Der MDK hat mit allen Heimaufsichten Kontakt. Wir arbeiten mit sehr vielen Heimaufsichten sehr gut zusammen; das möchte ich ausdrücklich betonen. Aber wir wissen auch, wie bunt und vielfältig das Bild ist.

Der Grund dafür ist, dass die personelle Ausstattung von der Quantität her höchst unterschiedlich ist. Sie ist auch von der Qualität her sehr unterschiedlich. Deshalb werden die Aufgaben, sowohl inhaltlich als auch bezüglich der Frequenz, sehr unterschiedlich wahrgenommen. Aus diesem Grunde begrüßen wir diese Regelung aus drücklich. Wir können Sie nur ermuntern, an dieser Stelle nichts am Gesetz zu ändern.

Meine zweite Bemerkung bezieht sich auf § 17, die Förderung der Zusammenarbeit.

In § 17 Abs. 1 befürworten Sie die Zusammenarbeit der entsprechenden Personen und Institutionen ausdrücklich; das halten auch wir für sinnvoll. Wenn Sie allerdings eine Arbeitsgemeinschaft bilden wollen, die unter anderem die Aufgaben hat, Empfehlungen bezüglich der Verfahrensregeln zur Koordination der Prüftätigkeit und der inhaltlichen Ausgestaltung der Prüfungen im Rahmen der Überwachung zu erarbeiten, dann sollten in dieser Arbeitsgemeinschaft aus unserer Sicht auch die beiden Medizinischen Dienste in Nordrhein-Westfalen vertreten sein.

Dr. Jörg Steinhausen (LAG FW): Zur Überwachung der Wohnqualität und zur Veröffentlichung der Prüfberichte hat gestern schon Herr Altenbernd, der Vorsitzende der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, gesprochen. Wir sehen insbesondere Differenzen zwischen der Zielgruppe der älteren Menschen und der Zielgruppe der Menschen mit Behinderung. Ich würde Frau Löhken-Mehring und Frau Seichter bitten, diese beiden Punkte näher zu erläutern.

Gertrud Löhken-Mehring (LAG FW): Nach unserer Auffassung müssen die Anforderungen an die Wohnqualität im Recht eindeutig definiert werden. Es kann nicht sein, dass Anforderungen, die im stationären Bereich gelten, dann, wenn der Geltungsbereich so nebulös bleibt, wie er derzeit ist, automatisch auf andere Wohnformen übertragen werden; das betrifft Außenwohngruppen, das betreute Wohnen, Wohn- und Hausgemeinschaften etc. Dann brechen diese Systeme zusammen. So geht das aus unserer Sicht nicht.

Was § 12, die personellen Anforderungen, betrifft, schließen wir uns im Großen und Ganzen der Einschätzung der Pflegekassen an. Ich denke, es ist die Aufgabe und Verantwortung der Partner im stationären Bereich, insbesondere im stationären Bereich der Altenpflege, die Qualität, und zwar auch die personelle Qualität, gemeinsam zu vereinbaren, um den Ansprüchen des SGB XI, auch seinen Qualitätsansprüchen, gerecht zu werden.

Ich denke, dass durch die Norm, die aufgenommen worden ist, das Ist fortgeschrieben wird. In den Pflegesatzverhandlungen muss aber sehr genau verhandelt und abgewogen werden: Um welchen Personenkreis handelt es sich, welche personelle Besetzung braucht man, und welche Qualifikationen benötigt man? Ich denke, die größere Sicherheit ergibt sich an dieser Stelle aus dem SGB XI und aus dem Verhandlungsauftrag.

Noch eine Anmerkung: Die Verpflichtungen bezüglich der personellen Anforderungen richten sich nach dem Gesetzestext an die Einrichtungsleitung und an den Träger.

Wir denken, hier müssen die Träger stärker in die Verantwortung genommen werden. Wenn ein Träger Maßgaben, auch arbeitsrechtliche Maßgaben, oder Budgets vorgibt, dann ist es sehr schwierig, die Einrichtungsleitung per Gesetz in die Verantwortung zu nehmen. Hier müsste die Trägerverantwortung viel stärker betont werden.