Altenpflege

Kritisch am vorliegenden Gesetzentwurf finde ich allerdings die Priorität, die der MDK bekommt. Wir haben eben gehört ­ das ist auch so ­, dass die Heimaufsichten in Nordrhein-Westfalen sehr unterschiedlich ausgestattet sind. Einige haben Pflegefachkräfte, andere nicht, einige können sich Pflegegutachter leisten, andere nicht.

Wie ist die Situation zum Beispiel im Bereich der Eingliederungshilfe? Mir ist nur bekannt, dass die Kollegen in Bonn eine Sozialpädagogin haben, die aus diesem Bereich kommt; das gilt zumindest für den Regierungsbezirk Köln. Wie es bei anderen Heimaufsichten aussieht, weiß ich nicht.

Diese inhaltliche Überprüfung ist sicherlich sehr schwierig. Aber der MDK überprüft nur die Pflegeeinrichtungen. Er überprüft nicht die Einrichtungen der Eingliederungshilfe, und er überprüft nicht die psychosozialen Einrichtungen. Das macht nur die Heimaufsicht. Insofern macht die Regelung des § 18 in Bezug auf die anderen Einrichtungen wenig Sinn. Hierfür gibt es nur die Heimaufsicht. Die Heimaufsicht überprüft die Strukturqualität, die Prozessqualität und natürlich die Ergebnisqualität. In der Vergangenheit hat der MDK den Prüfrhythmus, den er sich jetzt vorgenommen hat ­ jährliche Überprüfungen ab 2011 ­, nicht einhalten können.

Bei uns in Leverkusen sind die letzten Einrichtungen nach elf Jahren überprüft worden, und zwar regelmäßig nur von der Heimaufsicht, und das jedes Jahr. Wir haben natürlich alle Facetten überprüft, auch mit Pflegegutachtern. Ich finde, es ist sehr wichtig, zu berücksichtigen, dass die Heimaufsichten durchaus qualitativ hochwertige Prüfungen durchführen, die, wenn sie mit Pflegegutachtern ausgestattet sind, mit den MDK-Prüfungen sicherlich gleichwertig sind. Hier muss man miteinander abstimmen, wie so etwas stattfinden kann.

Die Heimaufsichten werden allerdings in die zweite Reihe gestellt. Wenn eine MDKPrüfung stattgefunden hat, soll die Heimaufsicht nicht mehr prüfen. Das ist schön und gut, und das kann man sicherlich so machen. Man könnte es umgekehrt aber genauso machen; das würde einen Bürokratieabbau bedeuten. Ich würde mir wünschen, dass hier eine bessere Abstimmung mit dem MDK erfolgt.

Die Personalbemessung ist natürlich ein schwieriges Thema. Das, was Herr Oehlerking gestern sagte ­ Stichwort: Auflagen der Heimaufsicht nur in Abstimmung ­, geschieht nach meiner Kenntnis und nach dem, was ich in Gesprächen mit meinen Kollegen erfahren habe, auf jeden Fall. Man spricht mit der Pflegekasse und auch mit dem MDK darüber, was sinnvoll ist.

Wir befinden uns allerdings in einem großen Dilemma: Als Heimaufsichten sind wir nur für das Ordnungsrecht und den Verbraucherschutz zuständig, haben mit dem Leistungsrecht und der Personalausstattung aber leider nichts zu tun. Man muss berücksichtigen, dass die Pflegekräfte eine wichtige Aufgabe haben und eine schwere Arbeit verrichten. In guten Einrichtungen arbeiten sie viele Jahre, wenn das Betriebsklima gut ist. Dann werden sie natürlich teurer. An dieser Stelle sind wir leider beim Leistungsrecht. Die Personalbemessung wird dann nicht mehr nach irgendwelchen Schlüsseln, die es zur Orientierung gibt, sondern vor allen Dingen nach dem vorhandenen Budget bemessen.

Hier befinden wir uns in einem Zwiespalt. Wir könnten sagen, dass eigentlich mehr Personal erforderlich wäre. Hier kommt es oft zu einem Disput, da wir Kommunen als Sozialhilfeträger und als Heimaufsicht womöglich mit gespaltener Zunge sprechen müssen. Das ist eine sehr schwierige Situation. Insofern kann ich nur dazu raten, die Personalbemessungen möglichst verbindlich zu gestalten, damit es einheitliche Regelungen gibt.

So viel vor mir. Alle andern Details sind der Stellungnahme zu entnehmen.

Wolfgang Voelzke (Stadt Bielefeld): Ich danke für die Gelegenheit, hier Stellung nehmen zu dürfen. Zu dem, was in meiner schriftlich eingereichten Stellungnahme steht, möchte ich mich nicht äußern. Ihnen liegt übrigens auch eine Stellungnahme des Seniorenrates der Stadt Bielefeld vor. Ich möchte im Hinblick auf die Punkte, die wir heute Vormittag erörtern, auf einige Forderungen des Seniorenrates hinweisen.

Bereits gestern wurde kurz etwas zur Mitbestimmung und zur Mitwirkung gesagt.

Auch der Behindertenbeirat fordert, den Wirkungskreis, auf den sich Mitbestimmung und Mitwirkung beziehen, nicht auf Heimordnung, Verpflegung und Freizeitgestaltung zu begrenzen, sondern auch Unterkunft, Betreuung und Aufenthaltsbedingungen miteinzubeziehen. Auch im bisherigen Heimrecht waren die Leistungs-, Vergütungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinbarungen Gegenstände der Mitwirkung. Das muss so bleiben.

Was die Qualität angeht, fordern sowohl der Beirat für Behindertenfragen als auch der Seniorenrat Einzelzimmer als Standard, möglichst mit Nasszelle.

Im Hinblick auf die Abweichungen von der Wohnqualität nach § 11 Abs. 3 Satz 2 schätzen wir die Gefahr des Missbrauchs als sehr groß ein.

Wir fordern die konsequente Umsetzung der Barrierefreiheit, nicht nur bezüglich einiger Teilaspekte.

Zu den personellen Anforderungen ist schon vielfach gesagt worden: Was benötigt wird, ist die Einigung auf eine Mindestpersonalausstattung. Davon kann man dann eine 50-%-Quote berechnen. Wenn keine ausreichende Ausstattung vorhanden ist, reicht eine 50%ige Fachkraftquote nicht aus, insbesondere deshalb nicht, weil die Problemlagen angesichts eines immer größeren Anteils von Menschen mit Demenzerkrankungen in den Einrichtungen eine gute Personalausstattung erfordern.

Es wurde bereits gesagt ­ darauf legt der Seniorenrat großen Wert ­, dass langfristig eine gleichgeschlechtliche Pflege sicherzustellen ist.

Jetzt komme ich auf den letzten Bereich zu sprechen ­ im Hinblick auf die Tätigkeit der Heimaufsicht ist dieser Aspekt von meinem Vorredner schon sehr ausführlich und gut dargestellt worden ­: Der Seniorenrat und der Behindertenbeirat fordern eine ganzheitliche Tätigkeit der Heimaufsicht. Sie darf nicht auf die Strukturqualität begrenzt sein, sondern muss die Struktur-, die Prozess- und die Ergebnisqualität umfassen.

Völlig zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass im Bereich der Behindertenhilfe keine Prüfungen des MDK stattfinden. Es ist erforderlich, dass die Heimaufsicht ihre Aufgabe unabhängig und ganzheitlich wahrnehmen kann. Sie muss in den Einrichtungen alle drei Aspekte der Qualität prüfen. Das muss sich auch in den Prüfberichten niederschlagen.

Eckehard Sundermann (Diakonie Ruhr): Ich möchte deutlich machen, dass ich für die Behindertenhilfe und die Psychiatrie spreche.

Ich möchte zu den personellen Anforderungen und zu § 13 Stellung nehmen.

Erstens. Wir freuen uns sehr, dass im Gesetz berücksichtigt wird, dass die Konzepte und die Lebenswirklichkeiten von zu pflegenden älteren Menschen, behinderten Menschen und psychiatrieerfahrenen Menschen unterschiedlich sind. Was die zweite Gruppe betrifft, ist sehr häufig eine lebenslange Unterstützung notwendig. Wir sind guter Hoffnung, dass wir in Zukunft vielen bisher noch in Heimen untergebrachten Menschen die Möglichkeit eröffnen können, in einer eigenen Wohnung zu leben. Dadurch verändert sich der Charakter der Heime.

Das Problem in diesem Bereich ist: In Heimen werden dann vornehmlich Menschen leben, die sehr wohl eine Pflegeeinstufung haben, die aber nicht aufgrund des Pflegeaufwands in der Eingliederungshilfe, in der Psychiatrie oder im Heim sind, sondern wegen psychischer Auffälligkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten. Im Hinblick auf die Frage, welche Fachkräfte dafür geeignet sind, insbesondere in der Nacht, bedeutet dies, dass dieses Problem nicht mit Pflegekräften, Krankenpflegern und Altenpflegern zu lösen ist, sondern dass in der Regel andere fachliche Qualifikationen notwendig sind.

Wenn die Menschen in unseren Einrichtungen in der Nacht Pflegebedarf haben oder medizinische Unterstützung brauchen, rufen wir den Pflegedienst oder einen Notarzt an. Dennoch haben unsere Fachkräfte in der Nacht sehr viel zu tun. Denn die Menschen haben Tag-Nacht-Rhythmus-Verschiebungen und Ängste oder sind in psychotischen Situationen, in denen etwas ganz anderes als Pflege gefordert ist: Wir müssen den Menschen die Angst nehmen und ihnen erläutern, in welcher Situation sie sind. Hier sind die Anforderungen andere. Insofern finde ich sinnvoll und notwendig, was getan wurde: dass man sich an den Konzepten der Einrichtungsträger orientiert und es ihnen überlässt, fachlich angemessen auf solche Situationen zu reagieren, ohne dies im Hinblick auf die Nacht einzugrenzen.

Die Realität sieht so aus, dass die Heime ­ das ist schon gesagt worden ­ sehr häufig eine Unsicherheit verspüren, die dazu führt, dass sie in Konflikte mit den Heimaufsichten geraten, weil sie in Ermangelung anderer Systeme sehr häufig die Konzepte der Pflege und der Altenheime auf die Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Psychiatrie übertragen ­ mit fatalen Auswirkungen. Es macht einen Unterschied, ob Krankenpflegekräfte oder ob Heilpädagogen, Erzieher und andere in Eingliederungshilfeeinrichtungen arbeiten. Daher fänden wir es sinnvoll und notwendig, hier keine explizite Festlegung vorzunehmen.

Zweitens. Wir freuen uns, dass Sie durch § 13 für eine einheitliche Anwendung Sorge tragen wollen und dass darüber hinaus eine Möglichkeit besteht, das, was ich gerade angesprochen habe, nordrhein-westfalen-weit einheitlich zu regeln.