Abgeltung von Ausgleichsansprüchen

Die sind ja fast wie die Zehn Gebote. Früher haben wir viel mehr gehabt, bevor wir dann auf die 23 % gekommen sind. Um diese 23 % wurde zwar gerungen, aber das stand immer als unterste Grenze fest. Jetzt jedenfalls hört es sich so an, als seien wir drunter. Ich habe noch nicht so ganz begriffen, wo der eigentliche Konflikt entstanden ist. Wer hat denn nun Recht: Das Innenministerium oder die kommunalen Spitzenverbände?

Dr. Dörte Diemert (Städtetag NRW): Ich zitiere jetzt einfach nur § 2 Abs. 1 Satz 2 aus dem jetzigen Entwurf des GFG, Drucksache 14/7002:

Der Verbundsatz enthält 1,17 Prozentpunkte zur vorläufigen pauschalen Abgeltung von Ausgleichsansprüchen aus der Beteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände an den finanziellen Belastungen des Landes aus der deutschen Einheit im Haushaltsjahr 2009.

Diese 1,17 Prozentpunkte werden als Ausgleich gewährleistet für Ansprüche der Kommunen auf Ausgleich einer Überzahlung, wobei diese Überzahlung noch genau abgerechnet und im Einzelnen überprüft werden muss. Über dieses Abrechnungsverfahren befinden wir uns zurzeit in Gesprächen, weil das Land bisher von der Begründung des Lenk-Gutachten als Abrechnungsgrundlage ausgeht. Wenn man das zugrunde legt, dann werden auch diese 1,17 Prozentpunkte ­ jedenfalls teilweise ­ wieder kassiert werden müssen. Wir aber sagen, dass wir eine andere Basis finden müssen. Grundsätzlich wehren wir uns natürlich dagegen, dass der Verbundsatz angegriffen wird und wir möglicherweise in eine Abwärtsspirale nach unten kommen, wenn noch größere Abrechnungsbeträge fällig sein sollten.

Vorsitzender Edgar Moron: Wie viele Euro stehen jetzt hinter diesen 1,17 Prozentpunkten?

(Zuruf: 400 Millionen!)

­ 400 Millionen! ­ Ist das ungefähr der Betrag, um den es geht?

Claus Hamacher (Städte- und Gemeindebund NRW): Das werden wir gleich nachliefern. Ich denke, man muss sich eine Kontrollfrage stellen. Nehmen wir einmal an, der Solidarpakt wäre jetzt im Jahre 2009 ausgelaufen. Was hätten wir dann jetzt hier drinstehen: 23 % oder 21,8 %? ­ Wenn es tatsächlich so ist, dass dies als Ausgleich einer Überzahlung dienen soll, dann wird der Teil in dem Moment wegfallen, in dem er seine Funktion verliert. Anders herum ausgedrückt ­ das hat die Kollegin vorhin auch schon erwähnt ­: Käme das Land jetzt zu dem Ergebnis, dass es keine kommunale Überzahlung für die Lasten der deutschen Einheit gegeben hat, dann müssten diese 1,17 Prozentpunkte konsequenter Weise wieder eingesammelt werden. Sie stehen uns nicht mehr zur Verfügung.

Wir bitten um Verständnis, dass wir bei dieser Sichtweise nicht mehr von einem Prozentsatz von 23 % reden können, der genau dem entspricht, was wir in der Vergangenheit hatten. Es steht zwar noch nominal drin, aber es ist de facto ­ bei dem, was uns zur Verfügung steht ­ weniger. (Parlamentarischer Staatssekretär Manfred Palmen: Unsinn! ­ Weitere Zurufe) Dr. Dörte Diemert (Städtetag NRW): Um das nachzutragen: Auf Seite 56 der Drucksache ist das umgerechnet.

(Weitere Zurufe) Vorsitzender Edgar Moron: Auch wenn die Freundschaft beim Geld aufhört ­ das ist ganz normal ­, habe ich die herzliche Bitte, sachlich zu bleiben. Niemand wird dem Anderen vorwerfen, er sei sachlich inkompetent und hätte überhaupt keine Ahnung, sondern wir bemühen uns alle, die Sachverhalte zu klären. Dafür haben wir auch Sachverständige hier, die wir befragen. Ich bitte sehr herzlich, wenn man eine Frage in dieser Angelegenheit stellt, sozusagen nicht als politisch debil behandelt zu werden. Ich möchte die Sache gerne geklärt haben. Wenn ich nachfragen darf und eine Antwort darauf bekomme, dann habe ich die herzliche Bitte, diese auch ernst zu nehmen. Wenn man später anderer Meinung ist, dann kann man das gerne hier auch sachlich vortragen.

Dr. Dörte Diemert (Städtetag NRW): Dies steht aus mehreren Stellen im Gesetzentwurf hervor. Auf Seite 29 sind 401 Millionen genannt, und auch auf Seite 56 ist die Zahl mit Begründung noch einmal ausgeführt; dort sind die 1,17 Prozentpunkte für die Pauschalierung des Belastungsausgleichs anstelle einer Spitzabrechnung nochmals mit 401 Milliarden beziffert. Dies zur Erklärung, da die Zahl bzw. der Gegenwert in Rede stand.

Vorsitzender Edgar Moron: Damit ist meine Frage so weit beantwortet. Gibt es den Wunsch, noch weitere Fragen zu stellen? Mit dem Innenministerium werden wir zu einem anderen Zeitpunkt über dieses Gesetz diskutieren. Im Augenblick geht es darum, Fragen an die Sachverständigen zu stellen.

Ralf Jäger (SPD): Herr Vorsitzender, ich bin weit davon entfernt, jetzt mit diesem Innenministerium zu diskutieren. Zum einen, weil der Innenminister draußen sitzt und nicht hier drinnen... (Edgar Moron [SPD]: Das ist auch richtig so!)

­ Ich weiß nicht, ob das richtig ist!

... und zum anderen, weil sich der Abgeordnete Palmen noch gar nicht zu Wort gemeldet hat.

Ich habe noch zwei Fragen an die Sachverständigen, um das nachhaltig zu verstehen.

Zu den 1,17 Prozentpunkten: Diese sind nichts anderes als eigentlich den Kommunen zustehende Rückzahlungen, die jetzt als Bestandteil der Verbundmasse deklariert worden sind. Meine Frage ist: Würde ein solcher Rückzahlungsanspruch nicht existieren, dann müsste ­ wenn man die 23 % nicht als Makulatur betrachten wollte ­ die Verbundmasse faktisch um denselben Betrag erhöht werden?

Meine zweite Frage betrifft die Kostenzuschüsse des Bundes für die Betriebskosten U3, die der Bund den Ländern ­ so habe ich das verstanden ­ im Rahmen der Umsatzsteueranteile zur Verfügung stellt, weil nach der Verfassung bestimmte Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen nicht existieren dürfen. Es dürfen also keine direkten Überweisungen vom Bund an die Kommunen stattfinden, sondern es wird immer durch den Landeshaushalt laufen müssen. Der Bund beabsichtigte, zur Unterstützung der Kommunen für die Betriebskosten der U3-Plätze einen bestimmten Betrag zur Verfügung zu stellen. Ich habe gerade gehört, dass dies knapp 22 Millionen sind. Dadurch, dass sie sozusagen als Bestandteil der Umsatzsteuerumlage betrachtet werden, erhalten die Kommunen davon tatsächlich aber nur 23 %.

Meine konkrete Frage ist: Von den 100 %, die eigentlich für die Kommunen angedacht waren, erhalten die nordrhein-westfälischen Kommunen dadurch, dass die Summe im Umsatzsteueranteil des Landes verbleibt, lediglich nur 23 %. Ist das so richtig? ­ Vom Grundsatz her meine ich nur den Anteil des Verbundsatzes, der Ihnen im Rahmen des GFG zugestanden wird. Darf ich die Frage noch ergänzen, und mich erkundigen, wie es in anderen Bundesländern gehandhabt wird?

Dr. Dörte Diemert (Städtetag NRW): Zunächst einmal zweimal: Ja, so ist es. ­ In den anderen Bundesländern laufen momentan natürlich auch Verhandlungen, wie das im Einzelnen weitergeht. Ich weiß, dass es natürlich auch da teilweise Probleme gegeben hat. Dies beruht darauf, dass es einerseits ein dicker Batzen Geld ist, der aufgrund des bestehenden Durchgriffsverbots zwischen Bund und Kommunen vom Bund an die Länder gegeben wird, andererseits aber auch vonseiten der Länder natürlich genau hingeschaut wird, ob man nicht Geld im Landhaushalt belassen kann.

Wo das versucht wird, hat es auch deutlichen Widerstand gegeben. Im Moment wird daran gearbeitet, dass das Geld auch bei den Kommunen ankommt.

Wir wissen selbst, dass sich der Bund in der Sache dahingehend positioniert hat, gegenüber den betreffenden Bundesländern darauf zu pochen, diese Verständigung, die man zwischen Bund und Bundesländern getroffen hat, auch umzusetzen, damit das Geld zusätzlich bei den Kommunen ankommt. Bei Details dazu, muss ich leider passen. Diese kann ich bezüglich genauer gesetzlicher Regelungen zurzeit auch noch nicht liefern.

Vorsitzender Edgar Moron: Gibt es weiteren Erläuterungsbedarf? Gibt es weiteren Bedarf seitens der Sachverständigen, uns etwas zum GFG mitzuteilen? ­ Dies ist nicht der Fall.

Damit schließe ich diesen Teil der heutigen Tagesordnung. Ich bedanke mich bei den Sachverständigen sehr herzlich, dass sie uns heute zur Verfügung gestanden haben. Ich gehe davon aus, dass die Fraktionen ihre Aussagen entsprechend bewerten und wir in einer der nächsten Sitzungen über das GFG abschließend beraten und dann auch entscheiden werden.