Auswirkungen des Berichts des Hessischen Rechnungshofs

Der Hessische Rechnungshof hat die hohe Zahl krankheitsbedingter Ausfälle im Justizwachtmeisterdienst und die damit zusammenhängende hohe Belastung des Personalhaushalts des Einzelplans 05 beanstandet. Hierbei wurde auch auf Versäumnisse bezüglich der Dienstaufsicht hingewiesen.

Vorbemerkung des Ministers der Justiz: Ungeachtet der Tatsache, dass die Prüfungsmitteilungen des Hessischen Rechnungshofs sich auf die Haushaltsrechnung 1998 beziehen und damit zeitlich die Verantwortlichkeit der früheren Landesregierung betreffen, bin ich der Auffassung, dass die Gründe für den hohen Krankenstand im Justizwachtmeisterdienst nicht in mangelnder Dienstaufsicht der Behörden liegen, sondern eher strukturbedingt sind. Schwerpunktmäßig dürften der problematischen Arbeitsplatzsituation und der hohen Belastung wesentliche Anteile zukommen. Dies ist auch in der Stellungnahme der Landesregierung zu den Bemerkungen 1999 des Hessischen Rechnungshofs zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Hessen (Haushaltsrechnung 1998) ausgeführt worden.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen wie folgt:

Frage 1. Wie hoch war der Krankenstand in den Jahren

a) 1998,

b) 1999,

c) 2000 (bis 30. Juni 2000)?

Der Krankenstand im Justizwachtmeisterdienst belief sich in den Jahren

- 1998 auf 11.850 Arbeitstage (entspricht 53,87 Stellen),

- 1999 auf 12.280 Arbeitstage (entspricht 55,81 Stellen),

- 2000 (bis 30. Juni) auf 7.073 Arbeitstage (entspricht 31,48 Stellen).

Die Krankheitstage wurden nach Personen, die Stellen unter Addition von Arbeitszeitanteilen errechnet.

Frage 2. Wie viele Justizwachtmeisterstellen waren in den Jahren

a) 1997,

b) 1998,

c) 1999,

d) 2000 (bis 30. Juni 2000) besetzt?

Im Justizwachtmeisterdienst waren in den Jahren

- 1997 498 Stellen,

- 1998 498 Stellen,

- 1999 498 Stellen,

- 2000 (bis 30. Juni) 493 Stellen besetzt.

Die rückläufige Zahl der besetzten Stellen im Jahr 2000 ist darauf zurückzuführen, dass im Haushalt 2000 fünf Stellen des Justizwachtmeisterdienstes in den mittleren Dienst gehoben worden sind.

Frage 3. Wie viele Justizwachtmeisterstellen waren in den genannten Jahren jeweils unbesetzt?

Freie Stellen des Justizwachtmeisterdienstes werden regelmäßig mit ausgebildeten Justizoberwachtmeisteranwärterinnen und -anwärtern, in Ausnahmefällen mit zur Übernahme in das Beamtenverhältnis heranstehenden Justizaushelferinnen oder Justizaushelfern, besetzt. Die Anwärterinnen und Anwärter werden nach Möglichkeit so rechtzeitig in den sechsmonatigen Vorbereitungsdienst eingestellt, dass eine sofortige Wiederbesetzung frei werdender Stellen sichergestellt ist. Somit entstehen allenfalls in Einzelfällen kurzfristige Vakanzen, die sich kalenderjährlich schätzungsweise auf maximal 2 Stellen, für das erste Halbjahr 2000 dementsprechend auf 1 Stelle, summieren.

Darüber hinaus wurde lediglich in der Verwaltungsgerichtsbarkeit eine Stelle des Justizwachtmeisterdienstes im Berichtszeitraum durchgängig für eine Angestellte im Telefondienst in Anspruch genommen; eine weitere Stelle war dort im 1. Halbjahr 2000 frei.

Unter Berücksichtigung dessen bei der Beantwortung der Fragen 2 und 3 waren nicht mit Beamtinnen oder Beamten des Justizwachtmeisterdienstes besetzt:

- 1997 3 Stellen,

- 1998 3 Stellen,

- 1999 3 Stellen,

- 2000 (bis 30. Juni) 3 Stellen.

Frage 4. Wie begründet das Ministerium die vom Rechnungshof beanstandete fehlende Dienstaufsicht im Zusammenhang mit dem hohen Krankenstand der Justizwachtmeister?

Die Anregungen des Hessischen Rechnungshofs, wie im Rahmen der Personalführung der Krankenstand im Justizwachtmeisterdienst eingedämmt werden sollte, verstehe ich nicht als Beanstandung fehlender Dienstaufsicht. Die Berichte der nachgeordneten Behörden, denen die unmittelbare Dienstaufsicht obliegt, machen vielmehr deutlich, dass die Möglichkeiten der Dienstaufsicht weitestgehend ausgeschöpft werden. Insbesondere werden, soweit Veranlassung dazu besteht, Dienstunfähigkeitsbescheinigungen bereits mit dem ersten Tag der Erkrankung eingefordert. Festzustellen ist aber, dass die Ergebnisse der durchgeführten Erhebung der Krankheitszeiten in diesem Bereich von häufigen - teilweise auch amtsärztlich attestierten - Langzeiterkrankungen geprägt sind, die zwischenzeitlich zum Teil zu Ruhestandsversetzungen geführt haben. Ursächlich dafür sind neben den hohen körperlichen Anforderungen des Justizwachtmeisterdienstes nicht selten auch Unfälle im dienstlichen und privaten Bereich, insbesondere auch aufgrund von Sportverletzungen.

So haben zum Beispiel allein von seinerzeit 10 Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeistern eines Präsidialamtsgerichts im Jahr 1998 eine Beamtin 2 Monate, im Jahr 1999 ein Beamter 3 Monate und im gesamten ersten Halbjahr 2000 wegen Krankheit gefehlt und sind letztlich wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Hinzu kommt, dass ein Beamter wegen eines schweren Dienstunfalls in den Jahren 1999 und 2000 an insgesamt 117 Arbeitstagen ausgefallen ist und ein weiterer Beamter im Jahr 1998 einen Herzinfarkt erlitt, der einen Ausfall von 49 Arbeitstagen verursachte.

Auch der Hessische Rechnungshof sieht einen Zusammenhang zwischen der Aufgabenstruktur und dem Krankenstand im Justizwachtmeisterdienst. Ich teile diese Auffassung, halte aber im Unterschied zum Rechnungshof nicht eine latente Unzufriedenheit der Bediensteten wegen unterwertiger Beschäftigung für eine wesentliche Ursache, sondern die für eine Laufbahn des einfachen Dienstes mit relativ niedrigem Einkommen und eng begrenzten beruflichen Perspektiven außergewöhnlich schwierige Arbeitssituation und die hohe Belastung dieses Dienstzweiges. Diese wird durch zahlreiche Tagesabordnungen im Zuge sicherheitsrelevanter Verfahren besonders deutlich. Die seit Jahren steigenden Anforderungen im Sitzungs-, Vorführungs-, Sicherheits- und Ordnungsdienst machen bei den immer häufiger werdenden Bedarfsspitzen die Inanspruchnahme auch solcher Beamtinnen und Beamter erforderlich, die diesen Aufgaben aus Alters- oder erforderlich, die diesen Aufgaben aus Alters- oder Gesundheitsgründen nicht mehr uneingeschränkt gewachsen sind.

Angesichts der Tatsache, dass die im Jahr 1975 beschlossenen Richtlinien der Landesregierung für die Aufstellung von Personalausfallstatistiken im Bereich der gesamten Landesverwaltung im Jahr 1984 aufgehoben worden sind (StAnz. 1984 S. 466), sehe ich auch keinen Anlass, das Fehlen von Krankenstatistiken für den Justizwachtmeisterdienst zu beanstanden.

Frage 5. Was gedenkt das Ministerium konkret gegen den hohen Krankenstand zu unternehmen?

Die zu Gebote stehenden Maßnahmen der Mitarbeiterführung, wie

- zeitnahe Prüfung der Dienstfähigkeit durch Amts- bzw. Anstaltsärzte,

- Mitarbeitergespräche (Rückkehrgespräche),

- motivationsfördernde Maßnahmen (zum Beispiel Fortbildung),

- arbeitsmedizinische Betreuung,

- Verwendung an einem anderen Arbeitsplatz oder heimatnähere Beschäftigung werden im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten weitestgehend ausgeschöpft.

Die Präsidentin des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht haben gleichwohl durch gemeinsame Rundverfügung vom 17. Mai 1999 die Beschäftigungsbehörden auf die Prüfungsmitteilungen des Hessischen Rechnungshofs und nochmals auf die üblichen Maßnahmen der Mitarbeiterführung ausdrücklich hingewiesen.

Die vom Ministerium der Justiz flächendeckend durchgeführten Fortbildungsseminare für Geschäftsleiterinnen und Geschäftsleiter auf dem Gebiet der Mitarbeiterführung und Zusammenarbeit haben sich ebenfalls ausführlich mit der Problematik, insbesondere auch mit der Führung entsprechender Mitarbeitergespräche, befasst.

Wie in der Stellungnahme der Landesregierung zu den Prüfungsbemerkungen des Hessischen Rechnungshofs bereits ausgeführt ist, bereitet das Ministerium der Justiz derzeit die Umsetzung des von einer Arbeitsgruppe erarbeiteten und im Geschäftsbereich breit diskutierten Personalentwicklungskonzepts vor. Dieses hat im Kontext des Modernisierungsprozesses der hessischen Justiz Personalförderung im weitesten Sinne zum Ziel und schließt die Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister ein. Das Konzept wird auch dazu beitragen, der Leitungsebene der Behörden das Instrumentarium der Mitarbeiterführung konzentrierter als bisher an die Hand zu geben, aber auch durch Mitarbeiterbeteiligung und Entwicklungsplanung die Arbeitsplatzzufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu steigern. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass sich dieses Konzept mittelfristig auch als Beitrag zur Senkung des Krankenstandes auswirken wird. Der praktischen Erfahrung der nächsten Jahre wird deshalb auch insoweit besonderes Augenmerk zu gelten haben.

Zur Motivation der Beamtinnen und Beamten des Justizwachtmeisterdienstes trägt auch bei, dass im Haushalt 2000 fünf Stellen der Besoldungsgruppe A6 für Erste Justizhauptwachtmeisterinnen, Erste Justizhauptwachtmeister nach Besoldungsgruppe A7 (Obersekretärin/Obersekretär) gehoben und damit Möglichkeiten zum prüfungsfreien Aufstieg in den mittleren Dienst eröffnet worden sind. Die Stellen sind mit Inhaberinnen und Inhabern besonders exponierter Dienstposten besetzt worden. Im Entwurf des Haushaltsplans für das Jahr 2001 ist die Hebung von weiteren zwei Stellen vorgesehen.

Ein- und Anstellungsuntersuchungen für den Justizwachtmeisterdienst wurden bereits seit 1995 zentral durch die Anstaltsärztin bei der Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main II durchgeführt, um eine möglichst streng am Anforderungsprofil der Laufbahn orientierte Überprüfung der gesundheitlichen Eignung der Bewerberinnen und Bewerber sicherzustellen. Da sich diese Maßnahme bewährt hat, erfolgen seit November 1999 sämtliche Dienstfähigkeitsuntersuchungen für den Justizwachtmeisterdienst durch die Anstaltsärzte bei den Justizvollzugsanstalten Frankfurt am Main I und Kassel I.

Frage 6. Welche Maßnahmen wird das Ministerium ergreifen, um die von ihm selbst beklagte Überbelastung im Bereich der Justizwachtmeister zu heben?

Der hohen Belastung der Justizwachtmeister wird durch zunehmende Entlastung von nicht hoheitlichen Aufgaben begegnet. Aus diesem Grund werden bei den größeren Justizbehörden die Pfortendienste durch private Sicherheitskräfte wahrgenommen. Für den Bereich der Einlasskontrollen sind im Jahr 2000 insgesamt Fremdkräfte für 1.170 Wochenstunden (rechnerisch 29,23 Fremdkräfte) eingestellt worden. Für diesen Zweck sind im Haushalt 2001 rund 2,1 Mio. DM vorgesehen und damit rund 400.000 DM mehr als in 2000.

Im Übrigen werden vermehrt die Aufgaben der Zuführung und Abholung der Brief- und Paketsendungen externen Unternehmen übertragen, um den bisher hierdurch entstehenden Zeitaufwand im Justizwachtmeisterdienst zu verringern.

Darüber hinaus wird die flächendeckende Einrichtung von Serviceeinheiten bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften im Zuge des Modernisierungsprozesses der hessischen Justiz zu einer fühlbaren Verringerung des vom Justizwachtmeisterdienst abzuwickelnden Aktenumlaufs führen.

Die durch die Fremdvergabe und interne Umorganisation von Arbeitsabläufen frei werdenden personellen Kapazitäten kommen dem Einsatz des Justizwachtmeisterdienstes im Sitzungs-, Vorführungs-, Sicherheits- und Ordnungsdienst zugute. Dies trägt zur Entlastung der in diesem Bereich eingesetzten Beamtinnen und Beamten und damit zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit bei.

Den stark gestiegenen Anforderungen auf diesem Sektor soll außerdem durch eine weitere Intensivierung der Fortbildung der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister Rechnung getragen werden. Hierfür wird im Ministerium der Justiz von einer zu diesem Zweck eingesetzten Arbeitsgruppe ein Konzept einer flächendeckenden ständigen Fortbildung erarbeitet.

Im Übrigen wird bei Neu- und Umbauten von Justizbehörden darauf geachtet, dass die Zugänge zu den Gebäuden so gestaltet werden, dass der Besucherzugang durch möglichst wenige Aufsichtskräfte kontrolliert werden kann.