Wald

Johannes Remmel (GRÜNE): Abschließend möchte ich ausdrücklich die Naturschutzverbände ansprechen. Dieser Waldverkauf ist ein singuläres Ereignis, aber man muss ihn in eine Gesamtstrategie einordnen, die notwendig ist. Ich nenne die Stichworte Klimawandel, Biodiversitätsstrategie usw. und bitte Sie um eine pointierte Stellungnahme dazu, um das alles in einen größeren Rahmen einzubinden.

Herr Pick, es tut mit leid, wenn ich missverstanden worden bin. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten, sondern positiv unterstreichen, welche Entwicklung in der Diskussion bei Ihnen und auch in der CDU-Fraktion stattgefunden hat. Ich wünschte mir, es gäbe in der CDU-Fraktion mehr Clemens Picks.

(Heiterkeit)

Insofern habe ich dafür geworben und gefragt ­ das will ich gerne noch einmal in die Runde geben ­: Wie können wir eine zusätzliche politische Dynamik gewinnen ­ 90 % der hier Anwesenden einschließlich der Zuhörerinnen und Zuhörer, in der Eifel werden es fast 100 % sein, wollen den Wald nicht verkaufen ­, um die Koalitionsfraktionen insgesamt zu überzeugen? Die Frage steckte dahinter. Sie sind den Weg schon gegangen. Ich würde mir wünschen, dass ihn auch Ihre Kolleginnen und Kollegen gehen. Was können wir noch tun, um die CDU- und die FDP-Fraktion zu überzeugen?

Vorsitzende Marie-Luise Fasse: Ich darf die Beantwortungsrunde aufrufen.

Paul Kröfges: Zu der Frage hinsichtlich der Möglichkeit, den Wald an Stiftungen zu verkaufen: Wir haben es hier, wenn überhaupt, mit einer privaten, nicht gemeinnützigen Stiftung zu tun; mittlerweile stellt sich der Erwerber ja etwas anders dar. Ich frage mich, wo da überhaupt noch irgendein Stiftungscharakter zu erkennen ist. Das Problem besteht aber darin, dass jede Stiftung, zumindest in NRW, mit dem Volumen, das man als Land einnehmen will, wohl überfordert wäre. Selbst die NRWStiftung wäre sofort am Ende, wenn sie für diesen Betrag einstehen sollte.

Das Modell, das Sie aus Mecklenburg-Vorpommern angeführt haben, ist mir nicht präsent. Es wäre sicherlich ein schönes Modell, die emotionale Beziehung der Bürger zum Wald zu nutzen, um eine solche Stiftung zu generieren. Eine Bürgerstiftung Klimawald hat einen gewissen Charme, es ist in der aktuellen Situation aber sicher unrealistisch, dies als Lösung einzubringen. Dafür braucht man vor allen Dingen Zeit.

Die große Bitte und Forderung der Naturschutzverbände lautet, den Verkauf dieser wertvollen Flächen nicht zu vollziehen. Es kann doch nicht wahr sein, dass der Finanzminister die Waldpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen bestimmt. Von allen wird immer wieder heruntergebetet, der Finanzminister habe vorgegeben ­ durch Landtagsbeschluss bestätigt ­, diesen Betrag zu erwirtschaften. Solch ein Beschluss ist doch auch wieder rückgängig zu machen, insbesondere wenn die fiskalischen Voraussetzungen anders sind.

Das Land steht in der Verpflichtung, insbesondere vor dem Hintergrund der Problematik des Klimawandels, der Biodiversität, die ich eben schon angesprochen habe, in der Waldpolitik Verantwortung zu übernehmen. Die zeigt sich nicht darin, dass man bei einer Waldquote von 13 % weitere fast 3.000 ha Wald in Wert setzt und sich damit ein weiteres Stück aus der Verantwortung für die Biodiversität zieht, die maßgeblich durch den Wald gewährleistet wird.

Insofern ein warnender Hinweis auf das, was an Wertsteigerung gesehen wird. Die Wertsteigerung ist da. Vor dem Hintergrund ist es erst recht nicht verständlich, dass man den Wald jetzt loswerden will. Das Land sollte es sich nicht nehmen lassen, das, was über die Biomassenutzung an Wert aus dem Wald herauszuholen sein könnte, maßgeblich mitzubestimmen und dafür zu sorgen, dass Fehlentwicklungen verhindert werden. Wenn diese große Fläche an ominöse Private geht, ist die Gefahr groß, dass hier eine Fehlentwicklung eingeleitet wird. Davor warnen wir. Das Land sollte den Wald behalten und nach guten Lösungen für Natur und Umwelt, Klimaschutz und Biodiversität und nicht nach irgendwelchen Kompromissen suchen, es sollte die Hand daraufhalten.

Gerhard Naendrup: Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald hat vom Grundsatz her Bedenken, dass öffentlicher Wald veräußert wird. Ich möchte noch einmal auf die Entstehungsgeschichte eingehen: Es hat schon 2007 einen entsprechenden Beschluss der Delegiertenversammlung gegeben. Antragsteller war damals eine Kreisgruppe aus Duisburg, und zwar auch unter dem Eindruck der Diskussion in Schleswig-Holstein. Dass das Ganze nicht unbegründet ist, zeigt sich schon heute. Der Staatswaldverkauf hat eine gewisse Signalwirkung. Der Mentor der Stadt Hagen beispielsweise hat die Empfehlung gegeben, dass der Hagener Stadtwald, immerhin 1.800 ha, veräußert werden soll. Die Schutzgemeinschaft hat sich grundsätzlich gegen den Verkauf von öffentlichem Wald ausgesprochen.

Zu der Bemerkung von Herrn Remmel in Bezug auf unsere Landesvorsitzende: Man muss hier zwischen der Mandatsträgerschaft und dem Vorsitz unterscheiden. Die Personen sind als Person gewählt worden. Ich kann Ihnen einige Beispiele nennen, es gibt eine ganze Reihe von politisch Engagierten, die auch in der Schutzgemeinschaft aktiv sind: Herr Dr. Knabe war Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Mülheim und ist einer der Gründungsväter der Grünen. Ich habe vorhin die heftigen Reaktionen in Schleswig-Holstein angesprochen. Dort hat sich die Schutzgemeinschaft gemeinsam mit dem BDF und allen Verbänden sehr entschieden gegen den Staatswaldverkauf geäußert. Die Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein ist Frau Happach-Kasan, fachlich unbestritten eine hervorragende Person und forstpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. So könnte ich die Liste weiter fortsetzen.

Ich will damit nur betonen: Die Schutzgemeinschaft ist ein parteipolitisch unabhängiger Verband, so steht es auch in der Satzung.

Josef Tumbrinck: Herr Remmel hat nach der Bedeutung des Waldes gefragt. Dem Wald kommt eine zentrale Funktion zu, was Klimaschutz, Bioenergie, Naturschutz und Biodiversität betrifft. Das sind langlebige Ökosysteme. Wir haben im Agrarbereich einen ganz schnellen Wechsel, auch eine Intensivierung der Probleme, indem die ganze Feldvogelfauna von einem Jahr auf das andere fast zusammenbricht. Der Wald spielt als langfristiges, möglichst auch stabiles Ökosystem eine zentrale Rolle.

Das Land hat eine wichtige Rolle bei der Frage, was beim Naturschutz im Wald passiert. Die Schutzgebiete sind leider im Wesentlichen mit Grundschutz belegt. Es gab lange politische Diskussionen darüber, viele werden sich daran erinnern. Das führt jetzt dazu, dass man, wenn man in den Privatwald geht oder Landeswald an Private verkauft und dann mehr Naturschutz als den Grundschutz machen will ­ sprich: man darf den Wald nicht in Nadelwald umwandeln ­, Geld in die Hand nehmen muss, weil dies ausgleichspflichtig, weil es ein Eingriff ins Eigentum ist. Wenn ich Naturschutz im Wald machen will, muss ich in Zukunft für die Flächen, die ich verkauft habe ­ dabei sind unstrittig sehr wertvolle Flächen ­, mehr Geld in die Hand nehmen, um etwas zu erreichen. Denn das wird der Privatbesitzer, der auch auf seine Rendite schaut, dann einfordern.

Was den sogenannten Verfahrensfehler angeht, folgender Vorschlag: Ziehen Sie den jetzigen Vertrag ein und machen die Runde noch einmal neu auf. Es hat auch aus unseren Reihen Andeutungen gegeben, dass es möglicherweise Varianten gibt, wie man zumindest Teile der Waldflächen in private Naturschutzstiftungen überführen könnte. Ich sehe die Unruhe auf der Regierungsbank, die Unzufriedenheit mit dem, was man erbringen muss, was man vielleicht sachlich gar nicht will, aber man steckt in diesen Zwängen. Versuchen Sie, eine erneute Runde einzuläuten, um nach einer Alternative zu suchen, die möglicherweise auch die Gemeinden ­ die sich selber zum Sachstand äußern müssen, Herr Poth ­ einbeziehen kann, was Teilflächen betrifft.

2008 sind ja schon Einnahmen in Höhe von 6 Millionen erzielt worden. Man muss nicht mehr alles verkaufen. Meine Bitte ist, weil es meiner Ansicht nach ohnehin einen Verfahrensfehler gibt, den Vertrag zurückzuziehen, eine neue Runde einzuleiten und zu schauen, ob man zumindest, wenn es sein muss, ein Mischmodell findet, bei dem die Flächen im öffentlichen Besitz bleiben ­ beim Land, bei den Kommunen ­ oder an private Naturschutzstiftungen gehen. Die Naturschutzverbände würden sich bemühen, hilfreich zur Seite zu stehen, um eine Lösung zu finden, um aus diesem Konflikt herauszukommen.

Dietrich Graf von Nesselrode: Herr Abgeordneter Pick, Sie haben die Frage nach den höheren Renditen gestellt. Bei der Beantwortung dieser Frage bin ich immer vorsichtig. Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass der Holzpreis durch die zunehmende energetische Nutzung eine Neubewertung erfahren hat. Das hat eine völlig neue Grundlage in den Holzpreis gezogen. Man hatte zunächst einmal die große Hoffnung, dass er sich positiv entwickeln würde. Dann kamen die Weltwirtschaftskrise, der Niedergang der Baukonjunktur und all diese Dinge. Zurzeit kämpfen wir mit sehr schlechten Preisen.

Holz ist ein endlicher Rohstoff, darauf haben Sie hingewiesen. Die Weltbevölkerung steigt. Jeder vernünftige Mensch sollte annehmen, dass in einer gewissen Relation dazu auch der Wert des Holzes zunimmt. Darauf sollten wir hoffen.